Vom Naturzustand zum Staat bei Thomas Hobbes


Seminararbeit, 2006

18 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Einordnung
2.1 Antike: Platon und Aristoteles
2.2 Mittelalter: Niccolò Machiavelli
2.3 Thomas Hobbes

3 Der Naturzustand
3.1 Der Kriegszustand
3.2 Naturrecht und Naturgesetz
3.3 Das Wesen der Menschen

4 Die Staatsbildung
4.1 Der Vertrag
4.2 Unterwerfung
4.3 Der Souverän

5 Gründe für den Menschen, den Naturzustand zu verlassen
5.1 Handlungswahl
5.2 Das Gefangenendilemma
5.3 Das Konzept der strategischen Rationalität

6 Rationalitätsbegriffe
6.1 Homo Oeconomicus
6.2 Der subjektive Rationalitätsbegriff
6.2.1 Nutzenbefriedigendes statt Nutzenmaximierendes Verhalten
6.2.2 Angemessenheit

7 Etablierung des Leviathans durch strategische Rationalität?
7.1 Das Superspiel

8 Schlussfolgerungen

1 Einleitung

Thomas Hobbes (1588-1679) war ein englischer Staatstheoretiker und Philosoph. Vor allem durch seine Theorie des Gesellschaftsvertrags, die er in seinem Hauptwerk Leviathan begründete, wurde er berühmt.

In seiner Zeit wurde er wegen seinen radikalen Theorien angefeindet, heute verdankt er diesen, seine Position als einer der größten Klassikern der politischen Philosophie. Seine Vorstellung von der Staatsbildung und dem damit verbundenen Naturzustand ist auch heute noch ein wichtiges, und immer wieder diskutiertes Thema in der politischen Theorie.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Übergang von Hobbes` Modell des Naturzustands zum Staat. Es wird danach gefragt, wieso die Menschen einen Staatsvertrag eingehen wollen. In Hobbes` Konzept ist das eine Entscheidung der strategischen Rationalität. Diese These soll genauer untersucht und diskutiert werden.

Um Hobbes These und die daraus folgende Diskussion besser darstellen zu können, soll diese Arbeit auch die wichtigsten Grundlagen vermitteln:

Im Teil der Einordnung soll Thomas Hobbes’ politische Philosophie im Zusammenhang mit seinen Vordenkern kurz dargestellt werden. Was sind die wichtigsten Unterschiede zu Platon, Aristoteles und Niccolo Machiavelli? Was lässt uns von einem Paradigmawechsel sprechen?

In Kapitel 3 und 4 sollen die Grundlagen der Hobbes`schen politischen Philosophie dargelegt werden. Wie stellt sich Hobbes den Naturzustand vor? Durch welche Gegebenheiten ist er charakterisiert? Was für ein Menschenbild zeichnet er in diesem Zusammenhang? Was führt schliesslich dazu, dass der Naturzustand zurückgelassen wird und es zu einer Staatsbildung kommt? Welche Wege führen bei Hobbes zur Staatsbildung?

Im Hauptteil soll die These erläutert werden, dass der Grund für den Vertragsschluss und damit für die Staatsbildung, ein Entschluss ist, welcher der strategischen Rationalität entspringt. In diesem Zusammenhang wird auf das berühmte, spieltheoretische Gefangenendilemma verwiesen und anschliessend die These diskutiert. Es eröffnet sich die Diskussion über einen objektiven und einen subjektiven Rationalitätsbegriff, und damit die Frage, ob Thomas Hobbes These auch mit einem subjektiven Rationalitätsbegriff haltbar ist. Dieser Frage wird wiederum mit dem spieltheoretischen Superspiel des Gefangenendilemmas nachgegangen. Im Teil der Schlussfolgerungen werden die wichtigsten Ereignisse kurz dargestellt.

2 Einordnung

Thomas Hobbes` politische Philosophie verkörpert einen revolutionären Bruch mit der Staatsphilosophie der Antike, des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Es darf gesagt werden, dass Thomas Hobbes ein Paradigmawechsel herbeiführt. Die gravierendsten Unterschiede zu der bis dahin geltenden politischen Philosophie sollen im Folgenden kurz skizziert werden.

2.1 Antike: Platon und Aristoteles

In der Antike wird der Mensch wird als Wesen gesehen, das auf ein Leben in einer grösseren Gesellschaft („Polis“) angelegt ist. Das ist seine natürliche Zweckbestimmung (Zippelius 2003: S.27). Damit dies gelingen kann, ist eine Integration in einen Staat notwendig. Der Mensch ist ein „ Zoon Politikon“, ein von Natur aus geselliges Wesen. Nur in der Gemeinschaft, im Zusammenwirken mit anderen Menschen, findet der Mensch seine Erfüllung. Damit sind die Staatsgründung und eine politische Betätigung notwendige Bedingungen für ein erfülltes Leben. Platon und Aristoteles sind damit frühe Vertreter eines eudämonistischen Modells (Horn 2003: 26 ). Ausserdem liegt die Betonung in der Antike sehr stark auf der moralischen Aufgabe des Staates. Ohne Moral war Politik, nicht vorstellbar. Vielmehr sollten Moral und Politik zu einer Einheit werden.

2.2 Mittelalter: Niccolò Machiavelli

Nicccolo Machiavellis Staatstheorie war für das Mittelalter sehr radikal. Auch sie stellte einen Bruch dar. Einerseits den Bruch mit den gängigen Werten des Mittelalters: Der Staat wird nicht durch die Religion legitimiert, ist nicht gottgewollt, sondern entspringt allein der vernünftigen Eigenleistung der Menschen.

Ebenfalls stellt sie einen Bruch mit der Staatstheorie der Antike dar. So trennte Machiavelli seine Politik völlig von jeglicher Moral. Denn Machiavelli vertrat eine skeptische Anschauung von Moral: Moral ist korrupt, kann man zurechtbiegen und ist von wandelbaren Normen abhängig. Einzig das Bestreben, den Staat stabil und beständig zu halten, also dessen Existenz zu sichern, zwingt den Herrscher, sich am Wohl der Bürger zu orientieren und ihnen Sicherheit und Zufriedenheit zu bieten. Diese Grundidee bereitete zugleich den Weg für den modernen Souveränitätsgedanken, wie ihn Hobbes weiter ausformuliert.

2.3 Thomas Hobbes

Auch Thomas Hobbes trennt seine Politik strikt von jeglicher Ethik. Gewissen ist Privatsache und nicht Angelegenheit des Staates. Nicht die staatliche Gemeinschaftsform ist die „natürliche“ menschliche Ordnung. Die Menschen leben im Naturzustand vielmehr in einem natürlichen Kriegszustand, also in einem nicht-staatlichen Zustand. Es herrscht Krieg aller gegen alle. Dies ist eine klare Abtrennung vom Aristotelismus, der den Menschen als ein politisches Wesen versteht und die politische Gemeinschaft als die natürliche Lebensform des Menschen. Hobbes’ Auffassungen bedeuteten einen Bruch mit dieser Tradition.

Der Mensch orientiert sich an den eigenen Bedürfnissen. Das Leben ist nicht auf ein höchstes, übergeordnetes Ziel ausgerichtet, wie in der Antike, sondern ist nichts weiter als ein fortlaufendes Streben nach Gütern. Da jedoch nur eine begrenzte Anzahl an Gütern zur Verfügung steht, wird die kriegerische Eskalation des Machtstrebens im Naturzustand provoziert. Der Machterwerb, um an Güter zu gelangen, dient dabei der Selbsterhaltung. Daraus entsteht ein fortwährendes und rastloses Verlangen nach immer mehr Macht. Durch die natürliche Angst vor dem Naturzustand streben die Menschen danach, den Naturzustand zu verlassen, und suchen nach langfristigen Strategien zur Bedürfnisbefriedigung und Selbsterhaltung. Diese Strategie finden sie durch ihre natürliche Vernunft. Der Tausch, den sie dabei eingehen, lautet nicht mehr, wie im Mittelalter, Gnade gegen Glauben, sondern Unterwerfung gegen Sicherheit.

3 Der Naturzustand

Die Idee des Naturzustandes ist grundlegend für die politische Philosophie von Thomas Hobbes. Es ist dabei wichtig, festzuhalten, dass es sich bei dieser Idee um ein reines Gedankenexperiment[1] handelt. Der Naturzustand ist ein staatenloser Zustand. Es ist der Zustand, der entsteht, wenn man sich den Staat weg denkt.(Ottmann 2006: 287) Der Staat wird also in Gedanken aufgelöst. Es gibt keine menschengemachten Gesetze. Der Mensch lebt ohne Staat und ohne Gesetze. Dadurch herrscht ein Zustand der Anarchie, welchen Hobbes als Kriegszustand charakterisiert. Es herrscht Krieg aller gegen alle. („bellum omnium contra omnes“)

3.1 Der Kriegszustand

Warum charakterisiert Hobbes den Naturzustand als Kriegszustand? Er nennt verschiedene Gründe dafür, die im Folgenden erklärt werden:

Der Mensch hat ein nie zur Ruhe kommendes Machtstreben. Hobbes nimmt sein Bild aus der Körperlehre: Es gibt nichts, was die Bewegung begrenzt, nur durch einen Aufprall kann sie aufgehalten werden. Genauso wenig ist das Machtstreben begrenzt. Da alle Menschen unaufhaltsam nach mehr Macht streben, entsteht eine Instabilität.

Ein weiterer Grund für den Krieg liegt in der Gleichheit der Menschen. Jeder Mensch ist gleich und frei, und jeder hat das natürliche Recht und auch die gleiche Begabung seine egoistische Natur unbegrenzt, auch gegen den Widerstand anderer, durchzusetzen.[2] Damit ist nicht eine physische oder psychische Gleichheit gemeint, sondern allein die Tatsache, dass jeder Mensch die gleiche Tötungsfähigkeit besitzt. Selbst der Schwächste kann den Stärksten mit den geeigneten Mitteln töten. „Die gleiche Tötungsfähigkeit ist ein anarchisches Grundfaktum der menschlichen Existenz.“ (Ottmann 2006: 288)

Hobbes nennt ausserdem Konkurrenz, Misstrauen und Ruhmsucht als Gründe für den Kriegszustand. Die Konkurrenz dreht sich vor allem um Güter. Da eine ständige Güterknappheit herrscht, muss der Mensch um die Güter und den damit verbunden Gewinn konkurrieren. Im Naturzustand herrscht eine ständige Unsicherheit. Niemand kann niemandem vertrauen. Misstrauen ist eine absolut notwenige Eigenschaft, um dieser Unsicherheit nicht vollkommen zu verfallen. Auch um Ruhm wird ein ständiger Konkurrenzkampf geführt. Auch das ist ein knappes Gut.

[...]


[1] Verweis: Für Hobbes war der Naturzustand ein rein fiktiver Zustand, anders als z. B. bei John Locke, der den Naturzustand als historische Realität sah.

[2] Verweis: Widerspruch zu der aristotelischen Auffassung, dass es Herrscher und Sklaven gibt.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Vom Naturzustand zum Staat bei Thomas Hobbes
Hochschule
Universität Luzern  (Politikwissenschaftliches Institut)
Veranstaltung
Einführung in die Politikwissenschaften
Note
2
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V117688
ISBN (eBook)
9783640200627
ISBN (Buch)
9783640206186
Dateigröße
449 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Naturzustand, Staat, Thomas, Hobbes, Einführung, Politikwissenschaften
Arbeit zitieren
Regine Gerber (Autor:in), 2006, Vom Naturzustand zum Staat bei Thomas Hobbes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117688

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