Vergangenheitstempora in der Übersetzung Französisch - Deutsch am Beispiel ausgewählter Texte aus Albert Camus "L'Etranger"


Hausarbeit (Hauptseminar), 1998

29 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Résumé des Romans L’Etranger

III. Kontrastive Linguistik und Übersetzungswissenschaft nach Eugenio Coseriu

IV. Der Gebrauch von Vergangenheitstempora im Französischen und im Deutschen
IV.1 Vergangenheitstempora im Französischen
IV.1.1 Das Passé simple
IV.1.2 Das Passé composé
IV.1.3 Das Imparfait
IV.1.4 Das Plus-que-parfait
IV.2 Vergangenheitstempora im Deutschen
IV.2.1 Das Präteritum
IV.2.2 Das Perfekt
IV.2.3 Vergleich des Gebrauchs von Präteritum und Perfekt
IV.2.4 Das Plusquamperfekt

V. Der Aspekt

VI. Sprachvergleich Französisch – Deutsch bezüglich der Übersetzung von Tempora der Vergangenheit

VII. Textauszüge

VIII. Die Tempora in Albert Camus L’Etranger

IX. Die Tempora in den Übersetzungen von Uli Aumüller und Georg Goyert/Hans-Georg Brenner – im Vergleich zum Originaltext von Albert Camus

X. Conclusion

XI. Bibliographie

I. Einleitung

«Dans notre société tout homme qui ne pleure pas à l’enterrement de sa mère risque d’être condamné à mort.»[1]

Es war Albert Camus selbst, der mit diesem Satz versucht hat, seinen gesamten Roman L’Etranger zusammenzufassen. Natürlich gibt dieser recht provokativ formulierte Satz keine Inhaltsübersicht über den gesamten Roman. Deshalb werde ich meine Arbeit über die Vergangenheitstempora in der Übersetzung Französisch – Deutsch am Beispiel ausgewählter Texte aus eben diesem Roman mit einem Résumé desselben beginnen (vgl. Kapitel II).

Im weiteren Verlauf meiner Arbeit werde ich dann zunächst einen kleinen Einblick in die Bereiche der kontrastiven Linguistik und der Übersetzungswissenschaft nach Eugenio Coseriu geben (vgl. Kapitel III). In den folgenden Kapiteln (IV und V) möchte ich dann einen allgemeinen Überblick über den Gebrauch der Vergangenheitstempora in den beiden Sprachen Französisch und Deutsch sowie über den Begriff des Aspektes geben.

Nach einem kurzen Sprachvergleich der beiden Sprachen bezüglich der Übersetzung von Tempora der Vergangenheit, der in Kapitel VI zu finden ist, werde ich im Anschluß zur Analyse der Tempora im Ausgangstext (vgl. Kapitel VIII) sowie zum Übersetzungsvergleich und dessen Kritik (vgl. Kapitel IX) bezüglich der in Kapitel VII aufgeführten Textauszüge übergehen. Die Conclusion am Schluß meiner Arbeit, die ich in französischer Sprache verfassen werde, soll dann noch einmal einen kurzen Überblick über die Ergebnisse meiner Analyse geben.

II. Résumé des Romans L’Etranger

Der im Jahre 1942 von Albert Camus veröffentlichte Roman L’Etranger umfaßt zwei Teile.

Der erste Teil des Romans beginnt in dem Moment, in dem der Algerienfranzose Meursault vom Tod seiner Mutter erfährt, die in einem Altenheim in Marengo gelebt hatte. Meursault läßt die Totenwache und die Beerdigung seiner Mutter über sich ergehen, ohne wirklich erschüttert zu sein oder Anteil zu nehmen, und fährt anschließend zurück nach Algier.

Am nächsten Tag trifft er beim Baden eine ehemalige Kollegin, Marie, wieder und nimmt sie mit zu sich nach Hause.

Nachdem er für seinen Nachbarn Raymond Sintès einen Abschiedsbrief an ein Arabermädchen geschrieben hat, lädt ihn Raymond zu einem Spaziergang am Strand ein. Dort treffen die beiden Männer auf den Bruder des Arabermädchens, welches Raymonds Freundin gewesen war. Es kommt zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen Raymond und dem Araber.

Als Meursault anschließend allein an die Stelle zurückkehrt, erschießt er mit einem Revolver, den er zuvor Raymond abgenommen hatte, den Araber, der mit gezücktem Messer vor ihm steht.

Hier nun beginnt der zweite Teil des Romans, in dem die Verhandlung und Meursaults Verurteilung zum Tode wegen vorsätzlichen Mordes geschildert werden. Während der

Verhandlung wird immer wieder auf seine Teilnahmslosigkeit beispielsweise am Tod seiner Mutter oder auch an seiner Beziehung zu Marie hingewiesen.[2]

III. Kontrastive Linguistik und Über- setzungswissenschaft nach Eugenio Coseriu

Eugenio Coseriu unterscheidet in seinem Ansatz zur Übersetzungswissenschaft folgende drei Arten von Inhalt: Sinn, Bedeutung und Bezeichnung. Der Sinn, der durch sprachliche und/oder außersprachliche Mittel ausgedrückt werde und streng zu trennen sei von der Bedeutung und der Bezeichnung, drücke

„das Gemeinte“ aus; das heiße, daß nicht das wörtlich Gesagte der eigentliche Textinhalt sei. Der Inhalt, der in einer Einzelsprache als solcher und durch die sprachlichen Oppositionen dieser Sprache selbst gegeben sei, wird von Coseriu als Bedeutung bezeichnet. Im Gegensatz dazu beschreibt Coseriu mit dem Terminus Bezeichnung den Bezug auf eine außersprachliche Wirklichkeit.

Bezüglich der Übersetzungen von Texten bleibt nun festzuhalten, daß laut Coseriu das Übersetzen ausschließlich mit Textinhalten zu tun habe. Da der Textinhalt ausschließlich die Bezeichnungen und den Sinn umfasse, könnten seiner Meinung nach Bedeutungen grundsätzlich nicht übersetzt werden, weil sie gar nicht zum Textinhalt gehörten.

Da Sprachen als Bedeutungssysteme angesehen würden, was bedeute, daß sie grundsätzlich „das gleiche“ durch verschiedene Bedeutungen ausdrücken könnten, bestehe die Aufgabe der Übersetzer nun darin, die Bezeichnungen zunächst zu identifizieren, um sie dann auf geeignete Bedeutungen der Zielsprache zurückführen zu können. Das Übersetzen umfasse demnach zwei verschiedene Phasen: Die erste Phase sei ein semasiologisches Vorgehen – von den sprachlichen Zeichen zum außersprachlich Bezeichneten; die zweite Phase sei ein onomasiologisches Vorgehen – vom Bezeichneten zu den Bedeutungen der Zielsprache.

Eugenio Coseriu ist der Meinung, die kontrastive Linguistik sei im Grunde genommen ein synchronischer Sprachvergleich, da sie sich mit den Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen Einzelsprachen befasse. Sie könne auf verschiedenen Ebenen der einzelsprachlichen Strukturierung betrieben werden: auf der Ebene der Sprachnorm, auf der des Sprachsystems sowie auf der des Sprachtypus. Sobald die kontrastive Linguistik die tatsächlichen Verwendungen der inhaltlichen und materiellen Strukturen untersuche, werde sie laut Coseriu mit der auf Einzelsprachen bezogenen Übersetzungswissenschaft auf eine Stufe gesetzt, und sei nicht mehr nur eine Hilfswissenschaft.

„Für eine solche kontrastive Linguistik wäre die Übersetzung die ständige Quelle [...] und ihre Ergebnisse wären in jedem Fall eine Übersetzungsgrammatik und ein Übersetzungswörterbuch. Und die Übersetzung als bloße ‘Übertragung’ [...] wäre ihrerseits Anwendung oder ‘Umkehrung’ einer solchen kontrastiven Linguistik (= Übersetzungswissenschaft), und zwar eine Umkehrung in doppelter Hinsicht: was das Verhältnis

Bedeutung – Bezeichnung und was das Verhältnis Ausgangssprache – Zielsprache betrifft.“[3]

Auch wenn eine solche kontrastive Linguistik (noch) nicht existiere, so dürfe doch nicht außer Acht gelassen werden, daß selbst eine ideale kontrastive Linguistik für die Übersetzung nicht alles leisten könne. Denn es gebe ein unüberwindbares Hindernis für die kontrastive Linguistik als Übersetzungswissen- schaft: das, was in den Texten durch außersprachliche Mittel ausgedrückt werde.

IV. Der Gebrauch von Vergangenheits- tempora im Französischen und im Deutschen

IV.1 Vergangenheitstempora im Französischen

IV.1.1 Das Passé simple

Das Passé simple, das im heutigen Französisch nur in der geschriebenen Sprache vorkommt, wird hauptsächlich verwendet in Berichten und für Geschehnisse, die nicht in Beziehung zur Gegenwart gesetzt werden. Dieses ist z. B. in geschichtlichen Abhandlungen oder in Romanen der Fall, es sei denn, der Verfasser will absichtlich einen Bezug zur Gegenwart herstellen. Das Geschehen, über das im Passé simple berichtet wird, muß abgeschlossen sein.[4]

IV.1.2 Das Passé composé

Das Passé composé muß immer dann verwendet werden, wenn eine Aussage auch nur den geringsten Bezug zur Gegenwart impliziert, was in der alltäglichen Kommunikation – insbesondere in der gesprochenen – eigentlich durchgängig der Fall ist. Es bezeichnet Vorgänge, die sich vor dem Augenblick des Sprechens, der Gegenwart also, abgespielt haben.

IV.1.3 Das Imparfait

Imparfait bedeutet „nicht abgeschlossen“. Das Imparfait braucht – im Gegensatz zum Passé simple – immer einen Zeitpunkt, auf den es sich beziehen kann. Es wird für Vorgänge verwendet, die zu einem bestimmten Zeitpunkt schon angefangen haben und zum Zeitpunkt des Sprechens immer noch andauern. Ebenso werden auch mehrere aufeinanderfolgende Vorgänge im Imparfait wiedergegeben, wenn sie sich alle zusammen zu einem bestimmten Zeitpunkt wiederholen.

IV.1.4 Das Plus-que-parfait

Das Plus-que-parfait, welches – genau wie das Imparfait

– einen Zeitpunkt benötigt, auf den es sich beziehen kann, wird für abgeschlossene Vorgänge verwendet, die sich noch vor einem bestimmten anderen Zeitpunkt in der Vergangenheit abgespielt haben.

[...]


[1] Grenier, Roger. Albert Camus. Soleil et Ombre. Paris: Gallimard, 1987; (Seite 90).

[2] Coseriu, Eugenio. „Kontrastive Linguistik und Übersetzung: ihr Verhältnis zueinander.“; in: Kühlwein, Wolfgang; Thome, Gisela; Wilss, Wolfram. Kontrastive Linguistik und Übersetzungswissenschaft. München: Fink, 1978.

[3] Coseriu, Eugenio. „Kontrastive Linguistik und Übersetzung: ihr Verhältnis zueinander.“; (Seite 194); in: Kühlwein, Wolfgang; Thome, Gisela; Wilss, Wolfram. Kontrastive Linguistik und Übersetzungswissenschaft. München: Fink, 1978.

[4] Confais, Jean-Paul. Grammaire explicative. Ismaning: Hueber, 1978; (Seiten 26-40).

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Details

Titel
Vergangenheitstempora in der Übersetzung Französisch - Deutsch am Beispiel ausgewählter Texte aus Albert Camus "L'Etranger"
Hochschule
Universität Osnabrück  (Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaften)
Veranstaltung
Textsortenspezifischer Übersetzungsvergleich Französisch - Deutsch
Autor
Jahr
1998
Seiten
29
Katalognummer
V117666
ISBN (eBook)
9783640212781
ISBN (Buch)
9783640213016
Dateigröße
550 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vergangenheitstempora, Übersetzungsvergleich, Französisch, Deutsch, Albert, Camus, L'Étranger, textsortenspezifisch
Arbeit zitieren
Dr. phil. Birgit Lonnemann (Autor:in), 1998, Vergangenheitstempora in der Übersetzung Französisch - Deutsch am Beispiel ausgewählter Texte aus Albert Camus "L'Etranger", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117666

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