Internationale Strafgerichtsbarkeit im Dienste des Menschenrechtsschutzes - Die Strafgerichtshöfe für Jugoslawien und Ruanda


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Vorgeschichte des Jugoslawien-Strafgerichtshofes
2.1. Resolutionen vor Einsetzung des Gerichtes
2.2. Formale Einsetzung des Gerichtes

3. Rechtsgrundlage zur Gerichtsgründung
3.1. Kompetenzüberschreitung des Gerichtes
3.2. Einschränkung nationaler Souveränität
3.3. Bindungswirkung der Resolution 827 und des Statuts

4. Struktur des Gerichtshofes

5. Aufgaben des Gerichtshofes

6. Das anzuwendende Recht
6.1. Schwere Verletzungen der Genfer Konventionen von 1949, Art. 2
6.2. Verletzungen des Kriegsrechts und der Kriegsbräuche, Art. 3
6.3. Völkermord, Art. 4
6.4. Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Art. 5

7. Verfahrensrecht vor dem Strafgerichtshof

8. Stand der Verfahren und Urteile

9. Vorgeschichte des Ruanda-Strafgerichtshofes

10. Rechtsgrundlage, Errichtung und Zuständigkeit des Gerichtes

11. Struktur und Besetzung des Gerichtes

12. Die Straftatbestände
12.1. Völkermord, Art. 2
12.2. Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Art. 3
12.3. Verletzungen gegen den gemeinsamen Art. 3 der Genfer Konventionen von 1949 und des II. Zusatzprotokolls, Art. 4

13. Stand der Verfahren und Urteile

14. Ausblick

Literaturverzeichnis:

1. Einleitung

Fast fünfzig Jahre nach den internationalen Tribunalen von Nürnberg und Tokio hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zur Durchsetzung des humanitären Völkerrechtes zwei neue Instanzen geschaffen: Die UN- Tribunale für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und Ruanda (ICTR)[1]

Das 1993 eingesetzte Jugoslawien- Tribunal soll die Kriegsverbrechen im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien gerichtlich untersuchen. Das Ruanda Tribunal verfolgt den im Jahre 1994 auf dem Hoheitsgebiet Ruandas stattgefundenen Völkermord.

Zunächst soll auf die Vorgeschichte des Jugoslawientribunals eingegangen werden, es folgt dann eine Abhandlung über die Legitimation des Sicherheitsrates zur Gründung eines solchen ad hoc Tribunals. Nach dem formellen Aufbau des Gerichtes werden die einzelnen Straftatbestände und ihre völkerrechtliche Relevanz behandelt. Schließlich wird ein aktueller Überblick über den Stand der Verfahren und Urteile gegeben.

Das „Zwillingsgericht“ zum ICTY, das Ruanda- Tribunal, wird nur in seinen Hauptunterschieden zum ICTY dargestellt. Ein aktueller Verfahrensüberblick schließt sich diesem Punkt an.

Die Literaturlage zu beiden UN- Tribunalen kann als gut bezeichnet werden. Mittlerweile bestehen einige umfassende Standardwerke zur internationalen Strafgerichtsbarkeit. Auch erweisen sich die „Hompages“ der Gerichtshöfe als aktuelle Quelle.

2. Vorgeschichte des Jugoslawien-Strafgerichtshofes

2.1. Resolutionen vor Einsetzung des Gerichtes

Seit September 1991 befasste sich der Sicherheitsrat mit den seit Juni 1991 andauernden kriegerischen Auseinandersetzungen im ehemaligen Jugoslawien. Berichte über Grausamkeiten gegenüber der Zivilbevölkerung und Kriegsgefangenen veranlasste den Sicherheitsrat zunächst wiederholt seine Besorgnis über die schweren Verletzungen des humanitären Völkerrechtes und der Menschenrechte zu äußern. Schließlich stellte er in der Resolution 764 vom 13. Juli 1992 fest, dass alle Parteien an die Verpflichtungen des humanitären Völkerrechts, so auch insbesondere an die Genfer Konventionen vom 12. August 1949 gebunden seien. Es wurde zudem betont, dass bei Verstößen gegen diesen völkerrechtlichen Vertrag Individuen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden könnten.

Da in den folgenden Wochen die Berichte über weitere Gewalttätigkeiten nicht abnahmen, forderte der Sicherheitsrat in seiner Resolution 771 vom 13. August 1992 alle Staaten und internationalen Organisationen auf Informationen über Kriegsverbrechen auf dem Hoheitsgebiet des ehemaligen Jugoslawien zu sammeln und ihm zur Verfügung zu stellen. Über 20 Staaten und viele internationale NGO`s übermittelten dem Sicherheitsrat Berichte über Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht.

Des Weiteren ersuchte der Sicherheitsrat in Resolution 780 vom 6. Oktober 1992, den Generalsekretär eine unabhängige Expertenkommission einzusetzen, um Verletzungen des humanitären Völkerrechts zu sammeln und zu analysieren.[2] Ein erster Zwischenbericht der Kommission kam zu der Feststellung, dass im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien zahlreiche Völkerrechtsverletzungen stattgefunden haben.[3] Der Bericht der Kommission schlägt zudem vor, der Sicherheitsrat oder ein anderes zuständiges Organ der UNO solle ein internationales ad hoc Straftribunal zur Verfolgung der Taten einsetzen.

2.2. Formale Einsetzung des Gerichtes

Die weiter anhaltenden Kriegsverbrechen und die Feststellungen im Zwischenbericht der Kriegsverbrechenskommission brachten den Sicherheitsrat zu dem Beschluss ein internationales Strafgericht zu bilden. In seiner Resolution 808 vom 22. Februar 1993 stellte der Sicherheitsrat fest, dass der Krieg im ehemaligen Jugoslawien eine Bedrohung des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit darstelle und insoweit effektive Maßnahmen zur Verurteilung der dafür Verantwortlichen zu ergreifen seien.

In Ziffer 2 der Resolution wurde der damalige Generalsekretär Butros-Gali ersucht einen Bericht und konkrete Vorschläge für die Schaffung eines internationalen Gerichtes zu erstellen. Er sollte dabei auch die Vorschläge von Staaten und Organisationen berücksichtigen.[4]

Am 3. Mai 1993 legte der Generalsekretär seinen Bericht mit einem Statutsentwurf dem Sicherheitsrat vor. Der Statutsentwurf wurde einstimmig und ohne Änderungen vom Sicherheitsrat angenommen, so dass mit Resolution 827 vom 25. Mai 1993 das Tribunal Statut verabschiedet werden konnte. Das ICTY war damit formal eingerichtet.

3. Rechtsgrundlage zur Gerichtsgründung

3.1. Kompetenzüberschreitung des Gerichtes

Anders als die Tribunale von Nürnberg[5] und Tokio[6] wurde das UNO-Tribunal auf Grundlage der Satzung der Vereinten Nationen durch eine Resolution des Sicherheitsrates geschaffen. Da der Weg zu einem internationalen Gerichtshof, den Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages mit anschließender Ratifizierung durch die unterzeichnenden Staaten vorsieht, stellt sich die Frage, ob der Sicherheitsrat überhaupt das Recht zur Gerichtsgründung hatte.[7]

In seiner Resolution 827 stellt er erneut[8] fest, dass der Krieg im ehemaligen Jugoslawien eine Bedrohung des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit darstelle. So setzte er das internationale Tribunal gemäss Kapitel VII UN-Charta (CVN) ein, um zur Wiederherstellung und Erhaltung des Friedens beizutragen. Die Feststellung, dass eine Bedrohung oder der Bruch des Weltfriedens gem. Art. 39 CVN vorliegt, bilden die Voraussetzung für den Sicherheitsrat Zwangsmaßnahmen zu ergreifen.

Gem. Art. 41 CVN kann der Sicherheitsrat friedliche Sanktionsmaßnahmen beschließen, die geeignet sind den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren oder wiederherzustellen, Art. 39 2 HS. CVN. Die exemplarische Aufzählung von wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen und der Abbruch diplomatischer Beziehungen in Art. 41 CVN ist jedoch nicht abschließend. So kann der Sicherheitsrat auch, nicht in Art. 41 CVN gesondert aufgeführte, Maßnahmen ergreifen.

Eine Verfolgung und Bestrafung von Kriegsverbrechern stellt eine Voraussetzung für ein in Zukunft friedliches Zusammenleben der beteiligten Völker dar, und ist insoweit ein geeignetes Mittel um die Wiederherstellung und Erhaltung des Friedens im ehemaligen Jugoslawien zu ermöglichen. Insoweit reicht Art. 41 CVN als Ermächtigungsgrundlage aus.[9]

[...]


[1] ICTY- International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia; ICTR- International Criminal Tribunal for Rwanda; vgl. www.icty.org sowie www.ictr.org.

[2] Niehoff, Martina 1999: Die von internationalen Strafgerichtshöfen anwendbaren Normen des Völkerstrafrechts. S. 49-51.

[3] Folgende Verbrechen wurden in dem Zwischenbericht unterschieden: Willkürliche Tötungen; „ethnische Säuberungen“ und Massentötungen; Folter; Vergewaltigung; Plünderung und Zerstörung von privatem Eigentum; willkürliche Inhaftierung; gewaltsame Deportation; Verhaftung und Missbrauch während der Verhaftung; diskriminierende Arbeitsentlassung und Schikane; Angriffe auf Hilfspersonal und Fahrzeuge; Angriffe auf Jounalisten. Vgl. Arnold, Pascal 1999: Der UNO-Sicherheitsrat und die strafrechtliche Verfolgung von Individuen. S. 60.

[4] Zahlreiche Anregungen und Vorschläge zu einem Statut eines internationalen Tribunals kamen u.a. von verschiedenen UNO-Mitgliedsstaaten, der Schweiz, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und einigen NGO`s wie Amnesty International, Ethnic Minorities Barristers` Association oder dem Jacob-Blaustein Institut zur Förderung der Menschenrechte. Niehoff, a.a.O., S. 51.

[5] Rechtsgrundlage war das Londoner Viermächte Abkommen vom 8. August 1945, dessen Unterzeichner sich auf kriegsrechtliches Besatzungsrecht stützen konnten. Diesem völkerrechtlichen Vertrag traten später noch 19 weitere Länder bei, und stellt damit insoweit partikuläres Völkerrecht dar. Vgl. Niehoff, Martina, a.a.O., S. 30-31, und Roggemann, Herwig 1994: Der Internationale Strafgerichtshof der Vereinten Nationen von 1993 und der Krieg auf dem Balkan. S. 46-47.

[6] Rechtsgrundlage war kein völkerrechtlicher Vertrag zwischen den Siegermächten sondern der einseitige Beschluss, „Executive Order“, des Oberbefehlshabers der alliierten Streitkräfte, General Douglas MacArthur, vom 19. Januar 1946. Arnold, a.a.O., S. 56.

[7] Das Statut des internationalen Strafgerichtshofes vom 17. Juli 1998 haben bislang 139 Staaten unterzeichnet und 37 Staaten ratifiziert. Stand 31. August 2001, vgl. www.un.org/law/icc/statute/status.htm.

[8] Vgl. die vorangegangenen Resolutionen 713 vom 25. September 1991 und 808 vom 22. Februar 1993, in der der Sicherheitsrat das Vorliegen einer Bedrohung des int. Friedens bestätigt. Arnold, a.a.O., S. 66-67.

[9] Hollweg, Carsten: Das neue Internationale Tribunal der UNO und der Jugoslawienkonflikt, in JZ 20/1993, S. 981-982.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Internationale Strafgerichtsbarkeit im Dienste des Menschenrechtsschutzes - Die Strafgerichtshöfe für Jugoslawien und Ruanda
Hochschule
Hochschule für Politik München
Note
1,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
23
Katalognummer
V11765
ISBN (eBook)
9783638178310
ISBN (Buch)
9783638642057
Dateigröße
472 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Internationale, Strafgerichtsbarkeit, Menschenrechtsschutzes, Strafgerichtshöfe, Jugoslawien, Ruanda, Völkermord, Genozid, Tribunal, Kriegsverbrecher, Gerechtigkeit
Arbeit zitieren
Dipl. Pol. Martin Schweiger (Autor:in), 2001, Internationale Strafgerichtsbarkeit im Dienste des Menschenrechtsschutzes - Die Strafgerichtshöfe für Jugoslawien und Ruanda, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11765

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