Die Verwirklichung einer kolossalen Idee - Bavaria und Ruhmeshalle


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Vorgeschichte

2 Der Weg zur Ruhmeshalle
2.1 1833 - Der Wettbewerb
2.2 Der Architektenstreit

3 Die Bavaria
3.1 Die Entwürfe Leo von Klenzes:
3.2 Schwanthalers Bavaria
3.3 Attribute der nationalen Allegorie
3.4 Die Fertigstellung und Einweihung der Bavaria

4 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Einleitung:

Das 19. Jahrhundert war nicht nur in Deutschland ein Jahrhundert der Denkmäler. Dazu beigetragen hat ohne Zweifel König Ludwig I. von Bayern, einer der eifrigsten Erbauer und Auftraggeber von Nationaldenkmälern im 19. Jahrhundert. Durch seine beiden wichtigsten Baumeister Leo von Klenze und Friedrich von Gärtner entstanden während seiner Regierungszeit eine Vielzahl an Denkmäler und Bauten, wurde die Stadt München zum kulturellen Zentrum ausgebaut. Die Kunst hatte hierbei auch in gewisser Art und Weise die Funktion einer Kompensation für den Mangel an politischer Macht. Wenn Preußen das politische Zentrum war, so sollte in Bayern die „teutsche“ Kunst und Kultur verwaltet werden. Bei seiner Kunstpolitik handelte es sich nicht nur um eine Nebenbeschäftigung Ludwigs I., sondern sie bildete ein gleichwertiges Pendant zu seiner Staatspolitik. Sein Denkmalskult wollte dabei Geschichte festhalten und der Allgemeinheit zum Bewusstsein bringen.

In dieser Hausarbeit soll es um das vorletzte große Nationaldenkmal Ludwigs I. gehen: der Ruhmeshalle mit der davorstehenden kolossalen Bavariastatue. Sie war die Schutzfigur der Ruhmeshallengenossen sowie der gesamten Ruhmeshalle selbst, wurde aus dem Material eroberter türkischer Kanonen gegossen und galt als erste neuzeitliche Kolossalplastik. Sie diente als Hintergrundkulisse für Burschenschaftstreffen, für Wahlpropaganda der Nationalsozialisten, war Motiv von Schaubuden und Briefmarken, ebenso wie das Münchner Wahrzeichen für die Olympiade 1972 und ist noch heute ein Symbol des Münchner Oktoberfestes.1

Doch bei genauerer Betrachtung des Denkmals, der mit deutschen Attributen geschmückten Bavaria und der im klassizistischen Stil errichteten Ruhmeshalle, wird deutlich, dass diese beiden Denkmalselemente unterschiedlicher fast nicht sein können. Es grenzt nahezu an einen Stilbruch und ist das Ergebnis zweier sehr verschiedener Künstler: dem Klassizisten Leo von Klenze und dem Romantiker Ludwig von Schwanthaler. In dieser Hausarbeit soll demnach der Frage nachgegangen werden, wie es zur Germanisierung der Bavaria kam, war sie doch ursprünglich als griechische Amazone in Anlehnung an die antike Ruhmeshalle gedacht. Dabei sollen auch die Entstehungsgeschichte der Ruhmeshalle und die verschiedenen Entwürfe der Bavaria beleuchtet werden, um anhand dieser Rückschlüsse auf die Entwicklung des Denkmals zu ziehen.

1 Vorgeschichte

Nachdem 1806 durch Napoleon das Königreich Bayern entstanden war, begannen Pläne zur Vergrößerung der Stadt München.2 Auf König Maximilian I. gingen die ersten Pläne zur Gründung des Nationaltheaters bzw. der Maxvorstadt zurück. Der eigentliche Initiator aber zur systematischen Entwicklung einer über die alten Stadtgrenzen räumlich und repräsentativ hinausgehenden Residenzstadt war sein Sohn Ludwig.3 Schon in seiner Kronprinzenzeit begann seine große Begeisterung für die Kunst. In zahlreichen Reisen nach Rom und durch den Besuch von Galerien und Museen in Paris, Venedig und London hatte sich sein Blick für Schönheit, Wert und Bedeutung eines Werkes geschärft. Zwischen 1811 und 1819 erwarb Kronprinz Ludwig die bedeutendsten Werke. Dabei sah er in jedem Kunstwerk ein Mittel zur moralischen Erbauung der gesamten Nation und wollte aus diesem Grund seine Sammlungen auch für die Allgemeinheit zugänglich machen. An den Kunstkenner und Maler Johann Georg von Dillis schrieb er: „Sie kennen meine Liebe für die Kunst, was gibt es auch, was höher erhebt, was mehr Befriedigung gewährt. Als Stiefkind wird bei uns die Kunst behandelt.“4

Nach dem Tod seines Vater Maximilian I. am 13.10.1825 wird der 39- jährige Ludwig zum König von Bayern gekrönt. In kurzer Zeit wurde München unter seiner Regentschaft zu einem Zentrum der Kunst.5 So verlegte er die Universität von Landshut nach München, baute die Kunstakademie aus, ließ die Ludwigstraße und den Königsplatz bebauen sowie die Alte und Neue Pinakothek errichten und lockte bedeutende Künstler und Architekten wie Leo von Klenze oder Peter von Cornelius nach München, so dass sich die Stadt in kurze Zeit mit dem bisher kulturellen Mittelpunkt Deutschlands – Berlin messen konnte.6 Ludwig durfte ohne Übertreibung sagen, niemand habe „Teutschland“ gesehen, der sein München nicht gesehen habe.7 König Ludwig I. war zudem ohne Zweifel einer der eifrigsten Erbauer von Nationaldenkmälern im 19. Jahrhundert. Unter seiner Anleitung entstanden eine Reihe von Denkmälern wie die Walhalla bei Regensburg (1842), die Feldherrenhalle in München (1844), Ruhmeshalle mit Bavaria in München (1853) oder die Befreiungshalle bei Kehlheim (1863). Charakteristisch dabei war, dass er alle Denkmäler aus „privaten Mitteln“ finanzierte.

2 Der Weg zur Ruhmeshalle

Die Ruhmeshalle mit der Bavaria war das vorletzte Denkmal, dass Ludwig I. erbauen ließ. Schon in seiner Kronprinzenzeit im Jahre 1809 träumte Ludwig zunächst davon, den „fünfzig rühmlichst ausgezeichneten Teutschen“8 Marmorbilder anfertigen zu lassen. Dieser Gedanke war Ludwigs Antwort auf Napoleon und an die uneinigen Fürsten, die Napoleon dienten, anstatt ihn zu bekämpfen. Sein Wunsch war, dass sich die Einheit Deutschlands so zusammenfügen möge, wie die Steine dieses Bauwerks.9 Parallel zu diesen Plänen der Walhalla, als großdeutsches Nationaldenkmal für die gesamte deutsche „Kulturnation“ (Nipperdey), entwickelte er auch ein regionales Pendant, eine bayrische Ruhmeshalle als Ehrentempel für verdiente Bayern. Dabei wollte er sowohl Franken als auch Schwaben miteinbeziehen, um den Zusammenhalt des neu geschaffenen Königreichs zu festigen10 und den bayrischen Staatspatriotismus zu befördern. (hier Fußnote, fiel in Zeit der napoleonischen Fremdherrschaft)11

Er bat daraufhin den Historiker Lorenz Westenrieder, ein „Verzeichnis aller großen Baiern aus allen der Geschichte bekannten Zeiten, allen Ständen, der Herrscher und des Volkes“12 anzufertigen.

1824 griff Ludwig den Gedanken an die Ruhmeshalle erneut auf und entwarf selbst ein Programm mit eigenhändiger Skizze. Im darauffolgenden Jahr soll der König mit seinem Architekten Klenze die Theresienwiese besucht haben, wobei er erklärt haben soll, auf dieser Anhöhe die Ruhmeshalle erbauen zu wollen.13 Kurze Zeit darauf erwarb man den schon einmal für die Walhalla vorgesehenen Bauplatz14, der 1810 anlässlich von Ludwigs Hochzeit nach seiner Gemahlin benannt worden und durch die Feier des Oktoberfestes mit dem bayrischen Volksleben eng verbunden war.15 Erst drei Jahre später begannen die Pläne in ein konkreteres Stadium einzutreten. Georg Friedrich Ziebland schickte einen Entwurf aus Rom und Innenminister Eduard von Schenk und der Historiker Hofmayr bekamen den Auftrag erneut eine Liste würdiger Bayern für die Ruhmeshalle auszuarbeiten. Weitere fünf Jahre später, am 26. Februar 1833 lässt König Ludwig I. schließlich einen Architektenwettbewerb für sein Bauvorhaben ausschreiben16.

2.1 1833 - Der Wettbewerb

Als mögliche Architekten wählte Ludwig I. Georg Friedrich von Ziebland, Friedrich von Gärtner, Joseph Daniel Ohlmüller und Leo von Klenze. Im Gegensatz zum Wettbewerbsschreiben zur Walhalla aus dem Jahre 1814, in dem Ludwig I. den Stil und die Form des Denkmals schon größtenteils festlegte, gab er bei der Ausschreibung zur Ruhmeshalle nur grobe Eckdaten vor. Offensichtlich in Erinnerung der Kritik17 am Stil der Walhalla beschränkte er sich nicht auf die Zulassung eines einzigen Stils: „Die Entwürfe können im Griechischen- oder im Rundbogen- oder im Spitzbogenstil sein...“18 Das Monument solle auf der Theresienwiese stehen und 200 Marmorbüsten aufnehmen können. Aber nur eine „Kopie von Walhalla darf dieses Gebäude nicht werden, sind ja auch, so viele dorische Tempel es auch gab, keine Kopie des Parthenos gewesen.“19 Es ist anzunehmen, dass der König die so unterschiedliche Architekten durch die Worte ermuntern wollte, Entwürfe in verschiedenen Stilrichtungen einzusenden.

2.2 Der Architektenstreit

Die Planungen zur Ruhmeshalle fielen in eine Zeit der künstlerischen Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern des Klassizismus und denen der Romantik andererseits. Während sich erstere mit der griechischen und römischen Antike verbunden fühlten, wollten die Romantiker die Strenge und Beherrschtheit des Klassizismus überwinden und wendeten sich der Formenwelt des Mittelalters, insbesondere der Stilformen der Gotik und Renaissance, zu.

[...]


1 Vgl. Scharf 1985: S. 122.

2 München sollte zur Residenzstadt ausgebaut werden.

3 Schon vor seiner Thronbesteigung hatte Ludwig begonnen , besonders in Rom Kunstschätze zu erwerben.

4 Hüttl 1986: S. 52.

5 Kritiker warfen ihm vor, halb München zu einer einzigen Großbaustelle zu machen. Vgl. Hüttl: S. 127.

6 Vgl. Otten 1972: S. 107.

7 Vgl. Hüttl 1986: S. 128.

8 Vgl. Hüttl 1986: S. 130.

9 Ludwig bezeichnete sich einmal selbst als „Todfeind Napoleons“. Hüttl 1986: S. 34.

10 Schon im Frühjahr 1806 beschäftigte sich Ludwig mit Reformplänen für Bayern. Das künstlich zusammengefügte Länderkonglomerat musste nach seiner Überzeugung zu einer Einheit verschmolzen werden. Von einem gemeinsamen Staatsbewusstsein von Altbayern, Oberpfälzern, Franken und Schwaben würde die Zukunft abhängen. Vgl. Hüttl 1986: S. 24 f.

11 Vgl. Scharf 1985: S. 91.

12 Vgl. Nerdinger 1987: S. 172, Vgl. Fischer 1972 S. 4.

13 Die Standorte der Denkmäler Ludwig I. sind keineswegs zufällig gewählt, sondern gezielt nach städtebaulichen, landschaftlichen, historischen und politischen Gesichtspunkten ausgesucht. Vgl. Scharf 1985: S. 90.

14 Da es nach dem Wiener Kongreß zu einer Restauration der fürstlichen Territorialstaaten kam, musste Ludwig I. für sein Nationaldenkmal Walhalla soviel wie möglich von seiner Zentralität aufgeben und baute stattdessen die Ruhmeshalle auf die Sendlinger Höhe am Rande der Theresienwiese. Ursprünglich hatte Ludwig I. aber geplant, die Walhalla in der bayrischen Hauptstadt zu errichten. Doch ein solch eindeutiger Akt zugunsten eines geeinten starken Deutschen Reiches hätte den Argwohn der benachbarten Großmächte Österreichs und Preußens hervorgerufen. Aus diesem Grund kam es dann auch zu einer Entpolitisierung der Nationaldenkmäler. Stattdessen ließ der König Kunst und Kultur zum eigentlichen Inhalt der Monumente werden. Vgl. Scharf 1985: S. 96 f.

15 Vgl. von Buttlar 1999: S. 166.

16 Vgl. Nerdinger 1987: S. 172. Es war nicht das erste Mal, dass Ludwig einen Wettbewerb für ein Bauwerk ausschrieb. Seiner Meinung nach brächte Konkurrenz immer das beste Ergebnis. Schon in seiner Kronprinzenzeit verfuhr er in dieser typischen Verfahrensweise: Entwurf, Gegenentwurf und Synthese. Daraus erhoffte er sich die kongeniale Umsetzung seiner Pläne in die Wirklichkeit. Vgl. Hüttl 1986: S. 54.

17 Hüttl 1986: S. 41

18 Scharf 1985: S. 126.

19 Nerdinger 1987: S. 172.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Verwirklichung einer kolossalen Idee - Bavaria und Ruhmeshalle
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Lehrstuhl für Sächsische Landesgeschichte)
Veranstaltung
Das monumentale Gedächtnis
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
19
Katalognummer
V117648
ISBN (eBook)
9783640200382
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verwirklichung, Idee, Bavaria, Ruhmeshalle
Arbeit zitieren
Kathleen Oehmichen (Autor:in), 2007, Die Verwirklichung einer kolossalen Idee - Bavaria und Ruhmeshalle, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117648

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