Unterrichtseinheit: "Sekten-Checkliste"

Gefahr erkennen, sich wehren


Unterrichtsentwurf, 2003

16 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Theologische Orientierung

2. Sachanalyse
2.1 Definition von "Sekten"
2.2 Die Zeugen Jehovas
2.2.1 Geschichte
2.2.2 Glaubenspraxis
2.3 Die Amischen
2.3.1 Geschichte
2.3.2 Leben im Alltag / Glaubensgrundlagen

3. Didaktische Analyse

4. Methodische Analyse

5. Klassensituation

6. Unterrichtsverlaufsplan / Artikulation

7. Literaturverzeichnis

1. Theologische Orientierung

"Bis zum Kontakt mit den Zeugen Jehovas waren wir eine ganz normale Familie. (...) Meine Frau hatte sich von zwei Zeugen Jehovas überreden lassen, ein Heimbibelstudium zu beginnen. Außerdem besuchte sie regelmäßig die Versammlungen im Königreichssaal. Von nun an sollten bei uns keine Geburtstage, kein Weihnachten und Ostern mehr gefeiert werden. (...) Außerdem stünde der Weltuntergang bevor, und die Schlacht von Harmageddon ließe nicht mehr lange auf sich warten. Deshalb solle sich die ganze Familie den Zeugen Jehovas anschließen. Nur so sei Rettung möglich.

Alle Versuche meinerseits, meine Frau von ihrer extremen Deutung bestimmter Bibelworte abzubringen, schlugen fehl. Mit der Zeit wurden auch unsere minderjährigen Kinder in die Auseinandersetzungen einbezogen, so dass der Familienfriede nicht mehr aufrechtzuerhalten war. Als anlässlich einer Operation des Sohnes die Mutter eine dringend nötige Bluttransfusion ablehnte, war die Gemeinsamkeit mit meiner Frau endgültig zerbrochen.

Nach längeren gerichtlichen Auseinandersetzungen erhielt ich das vorläufige Sorgerecht für unsere minderjährigen Kinder zugesprochen.[1]

Diese Worte eines 37 Jahre alten Familienvaters und Ingenieurs geben Anstoß, sich über die Gefahren von Sekten, wie zum Beispiel den Zeugen Jehovas, und die Möglichkeiten sich gegen Sekten, zu wehren, Gedanken zu machen.

Dabei ist sicher nicht alles bedrohlich, was als "Sekte" bezeichnet wird und nicht jede neue religiöse Strömung ist gefährlich. Und doch erleben Menschen auf der Suche nach religiösen Erfahrungen, nach Orientierung, nach Hilfe in Lebenssituationen Konflikte und Verletzungen.

Besonders als Religionslehrer / -in fragt man sich, woher wohl der heutige "Supermarkt der Religionen" resultiert und so viele Menschen, darunter auch Jugendliche, in seinen Bann zieht. Alte Menschen werden beispielsweise gezielt von den Zeugen Jehovas, den Adventisten oder den Mitgliedern der Neuapostolischen Kirche u.a. angesprochen, weil man vermutet, dass sie einsam sind, allein gelassen von der Familie oder ihre Freunde verstorben sind. Junge Leute hingegen sind meist im Visier anderer Gruppen, z.B. Hare Krishna, Vereinigungskirche oder Scientology. Jugendliche sind oft enttäuscht nach zerbrochenen oder gestörten Beziehungen, sie suchen Freunde und Gemeinschaft. Arbeitslosigkeit und die daraus wachsende Perspektivlosigkeit führt oft noch zusätzlich in die Nähe dieser Gruppen, die ihnen Versprechungen machen.

Eine kritische Auseinandersetzung in Form einer "Sekten - Checkliste" sollte deshalb bereits ab der siebten Klasse der Sekundarstufe I erfolgen, denn wer aufklärerisch - präventive Arbeit leisten will, muss zu einem Zeitpunkt einsetzen, wo man die Schüler / - innen noch rechtzeitig erreichen kann. Nicht Bevormundung oder Verbote sind notwendig, sondern Wissen, Aufklärung und Informationen. Vorsicht ist allgemein immer dann anzuraten, wenn Einzelne zugunsten der Gruppe ihre persönliche Freiheit aufgeben sollen. Außerdem ist es verdächtig, wenn eine allmächtige Organisation im Hintergrund alle Fäden zieht, um Macht und Einfluss auf die Mitglieder zu erreichen.

Aufgrund der hohen Präsenz der Zeugen Jehovas in Großstädten wie München soll diese klassische Sekte exemplarisch "unter die Lupe" genommen werden.

2. Sachanalyse

2.1 Definition von "Sekten"

Im Alltag begegnen uns verschiedene Begriffe, wie "religiöse Gemeinschaften", "Jugendreligionen", "esoterische Gruppen" usw. Vielfach haben sie Namen, die von einem geistigen Führer abgeleitet sind oder sie nennen sich selbst nach ihrer "Lehre". Die Bezeichnungen der Gruppierungen sind also fließend, wobei sie den Titel "Sekte" meist als diffamierend empfinden. Allerdings hat die Anerkennung einer Sekte als "Kirche" (s. Zeugen Jehovas) ganz praktische finanzielle Vorteile, z.B. können "Spenden" steuerlich abgesetzt werden.

Der Begriff Sekte stammt von den lateinischen Wörtern "secta" = Richtung, Gefolgschaft, Schule, Partei bzw. "secare / sector" = "abschneiden, abtrennen" ab, was eigentlich die Abspaltung einer Gruppe von einer Mutterreligion meint. Genau genommen könnte man dann beispielsweise Scientology, die Mennoniten usw. nicht in die Sparte "Sekte" einordnen, dennoch laufen sie in der öffentlichen Kontroverse unter diesem Namen. Der theologische, zwei Jahrtausend alte "klassische" Sektenbegriff ist also nicht identisch mit der umgangssprachlichen, "kulturellen" Definition von Sekten, wie er heute vor allem in der aktuellen Diskussion verwendet wird.

Menschen suchen seit altersher nach dem Sinn des Lebens. Bis tief in das 19. Jahrhundert hinein erhielten sie ihre Antworten von den Kirchen. Dann traten vermehrt Menschen auf, die den Mitmenschen Heilszusagen machten. Gleichzeitig drohten sie allen Ungläubigen die Vernichtung an. Da aber der Weltuntergang bis heute nicht eingetreten ist, verzichten Sekten nun auf konkrete Zeitangaben.

Sekten geben auch bewusst keine anderen Informationen zu ihrer Organisation preis, z.B. über die Anzahl ihrer Mitglieder, über ihre Finanzen und wirtschaftlichen Unternehmungen. Allerdings erfährt man in ihren Schriften sehr viel über das "schöne Leben" in der Gemeinschaft oder das Leben des Gurus, welche die perfekte Lösung für alle Probleme der Menschheit haben, ohne jedoch konkrete Vorschläge zu eröffnen.

Natürlich unterbreiten sie den jungen Leuten nicht, wie wenig ihre Mitglieder verdienen und dass man von ihnen erwartet, ihr vorhandenes Vermögen an die Sekte zu übertragen. Auch körperlich schwere, zeitaufwendige Arbeit wird erwartet. Im Normalfall führt dies zu einer Entpersonalisierung sowie Programmierung des Menschen, wodurch ein Ausstieg nur unter beschwerlichen Umständen möglich ist.

2.2 Die Zeugen Jehovas

2.2.1 Geschichte

Fast jeder ist den Zeugen Jehovas schon einmal begegnet, sei es an der Straßenecke oder an der Haustür. Die Sekte der Zeugen Jehovas entstand im 19. Jahrhundert in den USA durch ihren Gründer, den Kaufmann Charles Taze Russell (1852-1916). Dieser knüpfte an die Vorstellung von anderen Sekten an, dass die Wiederkunft Christi berechenbar sei und das Weltende bevorstehe. Im Kreise der von ihm geschaffenen Bibelforschergruppen wurde zunächst das Jahr 1874 für die Wiederkehr Christi propagiert, später das Jahr 1914, 1925, 1975 usw. Russell warb bis zu seinem Tod als Verleger und Weltreisender tatkräftig für seine Überzeugung und legte somit den Grundstein für das heutige "Wachtturm - Imperium", mitunter veröffentlichte er 1879 die Zeitschrift "Zion´s Watch Tower" (Der Wachtturm). Anschließend warb er Buch- und Zeitschriftenverkäufer, die gegen Provision seine Druckerzeugnisse verkauften.

Sein Nachfolger, der Jurist Joseph Franklin Rutherford (1869 - 1942), etablierte aus Russells Organisation die heutigen Wachtturm - Gesellschaften (WTG) als theokratische Organisationen und "Neue Welt - Gesellschaft".

Die weiteren Präsidenten der WTG Nathan Homer Knorr (1905 - 1977), Frederik W. Franz (1977 - 1992) und seit 1993 Milton Henschel bauten die Grundstrukturen weiter aus. Es entstanden beispielsweise die sogenannten "Königreichssäle", Kongresszentren, Verlage und Landesbüros. Überdies wurde eine Missionsschule für "Vollzeitverdiener" und eine "Theokratische Predigtschule" für einfache "Zeugen" errichtet. Die Anhängerschaft der WTG umfasste 1991 bereits weltweit 4,2 Millionen, in Deutschland 157.000 Mitglieder in 1916 örtlichen Versammlungen.[2] Der Besitz an Grundstücken und Gebäuden lässt sich kaum erfassen.

[...]


[1] Keden, J.: Sekten, Geister, Wunderheiler, S. 117

[2] Keden, J.: Sekten, Geister, Wunderheiler, S.108

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Unterrichtseinheit: "Sekten-Checkliste"
Untertitel
Gefahr erkennen, sich wehren
Veranstaltung
Referendariat
Autor
Jahr
2003
Seiten
16
Katalognummer
V117569
ISBN (eBook)
9783640208692
ISBN (Buch)
9783640208760
Dateigröße
592 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kompletter Lehrversuch im Fach ev. Religion bestehend aus Theologische Orientierung, Sachanalyse, didakt. Analyse, method. Analyse, Klassensituation, Unterrichtsverlaufsplan, Literaturverzeichnis.Kompletter Lehrversuch im Fach ev. Religion bestehend aus Theologische Orientierung, Sachanalyse, didakt. Analyse, method. Analyse, Klassensituation, Unterrichtsverlaufsplan, Literaturverzeichnis.
Schlagworte
Unterrichtseinheit, Sekten-Checkliste, Referendariat
Arbeit zitieren
Kerstin Heyne (Autor:in), 2003, Unterrichtseinheit: "Sekten-Checkliste" , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117569

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Unterrichtseinheit: "Sekten-Checkliste"



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden