Mietfabriken als Instrument des Ansiedlungswettbewerbs

Theoretische Überlegungen zur Risikoteilung zwischen Standort und Investor


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

21 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung in die Thematik
1.1. Problemstellung und Zielsetzung.
1.2. Vorgehensweise.

2 Standortwettbewerb um Unternehmensansiedlungen

3 Das Informationsproblem bei Ansiedlungsentscheidungen
3.1. Ursachen und Konsequenzen der Unsicherheit.
3.2. Möglichkeiten der Qualitätssignalisierung.

4 Die Mietfabrik als mögliche Lösung des Informationsproblems
4.1. Das Konzept der Mietfabrik.
4.2. Mögliche Formen der Bereitstellung von Mietfabriken.
4.3. Ökonomische Konsequenzen von Mietfabriken.

5 Kritische Würdigung des Konzeptes und Ausblick

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Extensive Darstellung eines Ansiedlungsprozesses.

Abbildung 2: Darstellung der Wohlfahrtswirkungen der unvollständigen Information.

1 Einführung in die Thematik

1.1. Problemstellung und Zielsetzung

Schwerpunkt dieser Arbeit sind Mietfabriken als regionalpolitisches Instrument des Ansiedlungswettbewerbs. Dieses Konzept wird eingehend vorgestellt und analysiert. Dazu soll die Eignung des Angebotes von Mietfabriken als Lösung für die grund- legende Informationsasymmetrie bei der Standortwahl, sowie dessen ökonomische Notwendigkeit und Konsequenzen für die Investitionstätigkeit untersucht werden.

1.2. Vorgehensweise

Zur Lösung der erläuterten Problematik wird zunächst der Ansiedlungswettbewerb zwischen Standorten, seine Ausprägungen und ökonomischen Ergebnisse vorgestellt. Anschließend wird die Problematik der asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Standort und Investor sowie deren effizienzmindernde Wirkung auf den Umfang von Investitionsentscheidungen beleuchtet. Bei der Erörterung möglicher Konfliktlösungen wird insbesondere auf Mietfabriken, deren Angebotsformen sowie einzel- und gesamtwirtschaftliche Konsequenzen näher eingegangen. Abschließend wird ein Ausblick für mögliche zukünftige Entwicklungen bezüglich der Gestaltung und Anwendung geboten.

2 Standortwettbewerb um Unternehmensansiedlungen

Investoren stehen bei der Standortwahl für Produktionsstätten vor einer komplexen Fragestellung mit vielen Determinanten, wie z.B. der spezifischen steuerlichen Stellung der Unternehmung, den nutzbaren Infrastruktureinrichtungen und den Faktorpreisen vor Ort. Zudem mag die Reputation des Standortes eine gewisse Entscheidungsrelevanz besitzen. Da mit eben solchen Entscheidungen oftmals das wirtschaftliche und gesellschaftliche Schicksal ganzer Regionen verknüpft ist, scheint eine nähere Betrachtung der in diesem Zusammenhang auftretenden Fragen und Problemstellungen geboten.1

Standorte stehen miteinander im Wettbewerb um Ansiedlung von Unternehmen, Wohnbevölkerung und Konsumeinpendlern, also knappe mobile Produktionsfaktoren, um damit für sich wirtschaftliches Wachstum und Prosperität, steigende Steuer- einnahmen, sinkende örtliche Arbeitslosigkeit sowie eine wirtschaftsfreundliche Reputation und damit Folgeinvestitionen zu sichern. Von den Standorten beeinflussbare Wettbewerbsparameter stellen der Standortpreis in Form von Steuern und Abgaben sowie die Qualität des standortbegleitenden Dienstleistungsbündels dar. So obliegt beispielsweise die Festsetzung des Hebesatzes der Gewerbesteuer als Kommunalsteuer oder die Bereitstellung kommunaler Infrastruktur den Gemeinden.2

Durch Wettbewerb auf dem globalen Markt für Standorte wird gewährleistet, dass die Standorte Qualität im Sinne der ansiedlungswilligen Unternehmen liefern, um sich auch langfristig genannte Vorteile zu sichern. Hierdurch werden volkswirtschaftliche Allokationsgewinne erzielt, sofern die Kosten der Wirtschaftsfördermaßnahmen durch deren positive Allokationseffekte überkompensiert werden.3 Ein hochqualitativer Standort bietet einen für das Unternehmen attraktiven Mix aus politischen, wirtschaftlichen und technologischen Rahmenbedingungen sowie Absatzmöglichkeiten, Arbeitsmarkt und Infrastruktur, aber z.B. auch hoher Vertrauenswürdigkeit, geringer Komplexität und ansiedlungsbegleitender Informationsasymmetrie.4 Allerdings wird der interkommunale Wettbewerb auch zum Zweck der Verfolgung kommunalpolitischer Ziele genutzt, was eine ineffiziente Anwendung und Allokation von Wirtschaftsfördermitteln zur Folge haben kann.5

Um das attraktivste Eigenschaftsbündel anbieten und überzeugend demonstrieren zu können, und so ihre Chancen auf lukrative Unternehmensansiedlungen zu erhöhen, bedienen sich verantwortliche Entscheider von Gebietskörperschaften einer Vielzahl von regulatorischen und fiskalischen Instrumenten der Ansiedlungsförderung mit dem Ziel der räumlichen Lenkung von mobilen Produktionsfaktoren.6 Diese Eingriffs- möglichkeiten resultieren aus der Tatsache, dass in einem Föderalstaat die Teilstaaten mit eigener Staatlichkeit und eigenen Gestaltungs- und Entscheidungskompetenzen ausgestattet sind. Solche Instrumente sind z.B. Standortwerbung, Ansiedlungsprämien und Bürgschaften und sollen im Detail im Abschnitt 3.2. näher erläutert werden.

3 Das Informationsproblem bei Ansiedlungsentscheidungen

3.1. Ursachen und Konsequenzen der Unsicherheit

Zu den Qualitätskriterien im Rahmen von Standortentscheidungen zählt die Beschaffenheit des angebotenen Dienstleistungsbündels wie z.B. die bereitgestellte Infrastruktur oder der örtliche Steuerpreis. Im Sinne eines risikoaversen Investors spielt jedoch auch die Glaubwürdigkeit eines Standortes und seine Bereitschaft zur Selbstbindung eine wesentliche Rolle.7

Zieht man den Kapitalwert einer Investition als einzig relevantes Entscheidungs- kriterium heran, wird deutlich, dass die zukünftig erwarteten Einzahlungsüberschüsse sowie der herangezogene Diskontzinssatz über die betrachtete Laufzeit von den Rahmenbedingungen der Investition abhängen.8 Maßgeblich für die Einschätzung dieser Faktoren durch den Investor ist neben den genannten Qualitätskriterien auch das politische Risiko des Standortes. Darunter soll in diesem Kontext die Unsicherheit des Investors hinsichtlich der Möglichkeit nachteiliger Änderungen in der regulatorischen oder fiskalischen Regelsetzung durch föderale staatliche Stellen nach Tätigung der Investition verstanden werden.9

Es handelt sich bei dem Qualitätsbündel des eingekauften Standortes um ein Erfahrungsgut, dessen Qualität der Investor erst nach Vertragsschluss durch Konsum zuverlässig beurteilen kann. Der Aspekt des involvierten politischen Risikos besitzt gar Charakteristika eines Vertrauensgutes, dessen Qualität sich erst durch häufigen Konsum sowie Aufwendung erheblicher Ermittlungskosten einschätzen lässt.10

Die Bewertung dieser Komponenten durch einen beschränkt rationalen Investor hängt somit entscheidend von der Glaubwürdigkeit des Standortes bezüglich der Einhaltung der vor Vertragsschluss vereinbarten Konditionen ab.11 Es ist festzuhalten, dass sich die tatsächliche Qualität von Standorten also nicht ex ante zuverlässig bestimmen lässt und der Investor wesentlich auf die Vertrauenswürdigkeit der Angaben des Standortes angewiesen ist. Der Investor ist somit gezwungen, seine Ansiedlungsentscheidung unter asymmetrischer Information, also mit geringerem Informationsgrad bezüglich der Standortqualität zu treffen, als dem Standort selbst zur Verfügung steht.12

Standortinvestitionen stellen spezifische Investitionen dar, da sie größtenteils als immobile Produktionsfaktoren wie Fabrikgebäude etc. in den Standort versinken und danach nicht oder nur mit erheblichem Wertverlust wieder veräußert werden können.13

Betrachtet man die Beziehung zwischen Investor und Standort als Prinzipal-Agent- System, so bedingt die Langfristigkeit und Spezifität der Investition eine Hold-up- Möglichkeit des Standortes.14 Während ex ante beide Vertragsparteien einen jeweils idealen Vertragspartner aus einer möglichen Vielfalt von Konkurrenten auswählen können, ist ex post diejenige Partei mit spezifischen, in den Standort versunkenen Investitionen durch opportunistisches Verhalten des Vertragspartners ausbeutbar. Das Unternehmen ist nach Vertragsschluss der Möglichkeit glaubhafter Drohung mit Abwanderung an andere Standorte beraubt, da die getätigte Investition zu großen Teilen in den Standort versunken ist. Das Gleichgewicht an Verhandlungsmacht verschiebt sich so zu Gunsten des Standortes.15

[...]


1 Zur Bedeutung der Wirtschaftsförderung auch auf kommunaler Ebene vgl. z.B. Pforzheimer Zeitung.

2 Steinrücken und Jaenichen (2006a) 165f, 213ff; Benkert 170ff.

3 Benkert 173, 181ff; vgl. auch Steinrücken und Jaenichen (2006a) 124f.

4 Trumpp 166ff.

5 Benkert 180.

6 Vgl. Steinrücken und Jaenichen (2006a) 101ff; vgl. Steinrücken und Jaenichen (2006b) 243.

7 Vgl. Scholz 74 ff.

8 Vgl. Scholz 105ff.

9 Vgl. Steinrücken und Jaenichen (2006a) 131ff.

10 Steinrücken und Jaenichen (2006a) 169; Kuchinke 3ff; vgl. Tirole 233ff; vgl. Lehmann 57ff; vgl. Zimmer 122ff.

11 Vgl. Zimmer 120f.

12 Steinrücken und Jaenichen (2006a) 166f; vgl. Begriff der asymmetrischen Information in: Lehmann 10.

13 Vgl. Tirole 47ff; vgl. Krahnen 50f.

14 Vgl. Trumpp 38f; vgl. Tirole 55ff.

15 Steinrücken und Jaenichen (2006a) 131ff; vgl. Erläuterung versunkener Kosten in: Krahnen 41ff; vgl. Begriff des Opportunismus in: Zimmer 121.

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Details

Titel
Mietfabriken als Instrument des Ansiedlungswettbewerbs
Untertitel
Theoretische Überlegungen zur Risikoteilung zwischen Standort und Investor
Hochschule
Technische Universität Ilmenau  (Finanzwissenschaft)
Veranstaltung
Neue Politische Ökonomie
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
21
Katalognummer
V117561
ISBN (eBook)
9783640200122
ISBN (Buch)
9783640205851
Dateigröße
549 KB
Sprache
Deutsch
Arbeit zitieren
Wolfgang von Hessling (Autor:in), 2007, Mietfabriken als Instrument des Ansiedlungswettbewerbs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117561

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