Die Caesarmörder Brutus und Cassius

Analyse der Ereignisse zwischen den Iden des März 44 v. Chr. und der Schlacht von Philippi im Oktober 42 v. Chr.


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Fragestellung

2. Vorgehen der Caesarmörder nach den Iden des März
2.1 Der Rückzug aus Rom
2.2 Aufbau der Machtposition im Osten
2.2.1 Brutus Weg zum Feldherr des Senats
2.2.2 Cassius Sieg gegen Dolabella

3. Vorbereitung auf die Entscheidungsschlacht bei Philippi
3.1 Die Finanzierung des Feldzuges
3.2 Die militärische Stärke im Vergleich zu den Triumvirn
3.3 Der Feldzug gegen Rhodos und den Lykischen Bund und seine Folgen

4. Schlussbetrachtung

5. Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Fragestellung

Mit dem Mord an Gaius Julius Caesar am 15. März 44 v. Chr. wollten die Attentäter, unter der Führung von Gaius Cassius Longinus und Marcus Iunius Brutus, nicht nur einen Tyrannen beseitigen, sondern auch die Freiheit der Republik wiederherstellen. Die Annahme, somit die alte libera res publica wiederentstehen zu lassen, stellte sich für die Verschwörer aber alsbald als folgenschwerer Irrtum heraus[1]. Ihnen blieben nicht nur die erwarteten Ehrungen nach der Tat verwehrt, sie mussten sogar Rom verlassen und um ihr Leben fürchten. In der Folgezeit waren sie sogar gezwungen mit anzusehen, wie Octavian, als Erbe Caesars, sich anschickte die Nachfolge seines Adoptivvaters anzutreten.

In dieser Arbeit soll untersucht werden wie es Brutus und Cassius, nach ihrem Weggang aus Rom, noch einmal gelingen konnte die republikanischen Hoffnungen auf eine Rückkehr zur alten Senatsaristokratie zu erneuern. Das diese Hoffnungen existierten zeigen eindeutig die Briefe zwischen Brutus und Cicero, der als eine Art Platzhalter der beiden Caesarmörder in Rom agierte[2]. Ob diese Hoffnungen jedoch jemals wirklich begründet waren, muss hinterfragt werden.

Um sich dieser Problematik anzunähern, sollen zunächst die Vorgänge betrachtet werden, die den Rückzug der beiden Verschwörer aus Rom zur Folge hatten. Anschließend wird es darum gehen, die Ereignisse zu untersuchen, die zur fast vollständigen Herrschaft des Brutus und Cassius über den Osten des Römischen Reiches geführt haben. Hierbei gilt es, speziell die Legalität und die Art und Weise zu analysieren, wie es zu dieser neuen Machtposition der beiden Republikaner kam. Des weiteren soll geklärt werden, ob die finanziellen und militärischen Mittel, verglichen mit denen der Triumvirn im Westen des Reiches, einen Sieg überhaupt ermöglichen hätten können. Auch auf strategische Fehler, aber auch Erfolge, der beiden „Befreier“ in der Vorbereitung auf die Entscheidungsschlacht bei Philippi wird in der Bewertung der Erfolgschancen einzugehen sein. Konnte der Plan überhaupt gelingen, unter Zuhilfenahme der Hilfsquellen des reichen Ostens, Italien zurückzuerobern und die alte Republik wiederherzustellen? War das Unterfangen nicht schon von vornherein zum Scheitern verurteilt? Gestützt auf die Angaben in Cassius Dios Römischer Geschichte, im Vergleich mit den modernen Sekundärquellen, werde ich mich bemühen diese Frage zu klären.

Aufgrund des begrenzten Rahmens der Arbeit möchte ich mich dabei vor allem auf die Taten von Marcus Iunius Brutus konzentrieren und die Ereignisse in Italien und den Werdegang von Cassius nur skizzieren, bzw. weniger detailliert wiedergeben.

2. Vorgehen der Caesarmörder nach den Iden des März

2.1 Der Rückzug aus Rom

In den Caesarmördern reifte schon kurz nach der Tat die Erkenntnis der eigenen Machtlosigkeit und der Undurchführbarkeit ihrer weiteren Absichten. Ein Brief des Mitverschwörers Decimus Iunius Brutus an Marcus Brutus und Cassius zeigt deutlich den Ernst der Lage:

„Ich glaube, wir müssen dem Schicksal weichen, Italien verlassen und nach Rhodos oder sonst wohin gehen. Tritt eine Wendung zum Besseren ein, werden wir nach Rom zurückkehren; bleiben die Verhältnisse leidlich, werden wir weiterhin in der Verbannung leben; wird es ganz schlimm, so wählen wir den letzten Ausweg. Vielleicht kommt hier jemandem von Euch der Gedanke, warum wir die Entwicklung zum Schlimmsten abwarten, statt gleich etwas zu unternehmen. Es geschieht, weil wir nirgends Rückhalt finden, außer bei Sextus Pompeius und bei Caecilius Bassus. ”[3]

Für Earl Donald liegt der Grund für diese Verzweiflung darin, dass die Republik, wie sie die Verschwörer wiedererstehen lassen wollten, schon längst tot war. Die Freiheit der Republik bedeutete für Brutus und Cassius die Freiheit der nobiles. Die erwünschte Republik war für sie gleichbedeutend mit der Herrschaft der aristokratischen Oligarchie. Ein politischer Stil, der laut Donald, 44 v. Chr. bereits unzeitgemäß war.[4]

Cicero wirft Brutus seine Untätigkeit nach den Iden des März wiederholt vor[5] und sieht in der Verschonung des Konsuls Marcus Antonius den entscheidenden Fehler. Das Brutus dann auch noch die Zustimmung gab, das feierliche Begräbnis Caesars der Leitung des Antonius zu überlassen, war für Cicero unverständlich. Die Unruhen, die durch Antonius’ Hetze während der Beisetzung verursacht wurden, waren dann ja auch der Grund für den Rückzug der Caesarmörder aufs Land.[6]

Was die Verschonung Antonius’ angeht, so schließt sich Hermann Bengtson der Meinung Gelzers an, der schrieb:

„Für Brutus, der im Namen der überlieferten Verfassung den Tyrannen getötet hatte, handelte es sich darum, durch streng gesetzmäßiges Vorgehen seine Tat zu rechtfertigen und in ihren Wirkungen zur Vollendung zu führen.“[7]

War der Mord an Caesar verfassungskonform, so war es der Mord an einem Konsul eben nicht. Für Brutus lag hier also kein Versäumnis und auch kein Fehler vor.

Bengtson sieht die Fehler der Attentäter woanders. Weder vor noch nach dem Mord nahmen die Täter Kontakt zu den Veteranen und den nahegelegenen Truppen unter Lepidus, immerhin der Schwager Brutus’, auf, deren Hilfe aber für die Kontrolle über Rom unabdingbar war. Es gelang ihnen nicht ausreichend Geldmittel zu akquirieren. Geld das als Handgeld für Volk und Heer hätte genutzt werden können. Auch konnte man sich nicht vor dem Senat und der Volksversammlung durchsetzen und genauso wenig den Wechsel des Konsuls Dolabella ins Lager Antonius’ verhindern.[8] Marcus Antonius kann also ungehindert die Initiative ergreifen und die Schlüsselpositionen mit Parteigängern besetzen.

Zunächst allerdings beschloss der Senat am 17. /18. März 44 v. Chr. die Amnestie für die Caesarmörder und die Gültigkeit von allen Anordnungen Caesars. Somit blieben auch die Statthalterschaften für die Promagistrate unter den Mördern, als c. Trebonius, Decimus Brutus und L. Tillius Cimber, bestehen.[9] Marcus Antonius stellte sich also noch nicht offen gegen die Attentäter. Eine erneute Rückkehr nach Rom aber war auch nicht möglich. Der Senatskonsult vom 5. Juni 44 v. Chr. sollte diese Tatsache dann auch ganz offiziell bestätigen. Unter dem Vorwand der curatio frumenti, dem Ankauf von Getreide für Rom, „durften“ Brutus und Cassius, trotz ihrer Verpflichtungen als praetor urbanus und praetor peregrinus[10], Rom für den Rest des Jahres verlassen. Da dieser Auftrag natürlich nicht mit einem Imperium verbunden war, mussten die beiden ihn als Schande empfinden.[11] Zwar erhielten sie beide im August 44 v. Chr. ein imperium proconsulare für das Jahr 43 v. Chr ., Brutus für Kreta und Cassius wahrscheinlich für Kyrene, doch das waren militärisch und finanziell unbedeutende Provinzen, die zudem noch weit entfernt von möglichen zukünftigen Schlachtfeldern entfernt lagen[12]. Spätestens jetzt war offensichtlich, dass das Spiel um Rom für beide zunächst verloren war. Sie verließen Italien und begaben sich nach Athen. Hier erhielten sie den Empfang, den sie sich eigentlich in Rom nach dem Tyrannenmord erhofft hatten. So heißt es bei Cassius Dio: „ Nun erst, verzweifelnd an der Republik und zugleich aus Furcht vor ihren Gegnern, reisten sie ab.“, und weiter, „ Die Athener bereiteten beiden Männern einen glänzenden Empfang; ...[13].

2.2 Aufbau der Machtposition im Osten

Die Senatssitzung am 28. November 44 v. Chr. stellte den vorläufigen Höhepunkt der Angriffe Antonius’ auf die Caesarmörder und gleichzeitig den Beginn der illegalen Rüstungen durch Brutus und Cassius dar.[14] Antonius ließ bei dieser Sitzung die Provinzen für das Jahr 43 v. Chr. neu verlosen, berücksichtigte die Ansprüche Brutus’ auf Kreta und Cassius’ auf Kyrene jedoch nicht.[15] Dieses Verhalten muss als offener Bruch gewertet werden. Bezieht man die Entwicklungen in Italien, vor allem die schnell anwachsende Privatarmee vom Caesarerben Octavian und den geplanten Feldzug Antonius’ gegen Decimus Brutus, in die Betrachtung mit ein, so war die Zeit des Handelns für die beiden Caesarmörder mehr als gekommen.[16]

Vielleicht dem Beispiel Pompeius folgend, wollten Brutus und Cassius den Osten unter die Kontrolle der republikanischen Partei bringen und die dortigen Hilfsquellen zur Rückeroberung Italiens und zur Wiederherstellung der res publica einsetzen.[17] Da Gaius Antonius, der Bruder des Konsuls, für das Jahr 43 v. Chr. Makedonien und P. Cornelius Dolabella Syrien als Provinzen zugelost bekommen hatten, musste schnell gehandelt werden. Brutus begab sich von Athen aus nach Makedonien, Cassius nach Syrien. Da Trebonius und Cimber bereits Statthalter in Kleinasien waren, wäre, im Falle der erfolgreichen Usurpation Makedoniens sowie Syriens, der gesamte Osten des Römischen Reiches unter republikanischer Kontrolle.[18] Bei Cassius Dio heißt es dazu: „... nach Syrien und Makedonien, Provinzen,... , die aber eine ausgezeichnete strategische Lage besaßen und über bedeutende Geldmittel und Streitkräfte verfügten.“.[19]

[...]


[1] Giebel, Marion: Augustus, Reinbek bei Hamburg 1984. S. 11.

[2] Giebel, Augustus, S. 24.

[3] Earl, Donald: Augustus und seine Zeit, Wiesbaden 1969. S. 19f.

[4] Earl, Augustus, S. 19f.

[5] Ortmann, Ursula: Cicero, Brutus und Octavian – Republikaner und Caesarianer – Ihr gegenseitiges Verhältnis im Krisenjahr 44/43 v. Chr. , Bonn 1988. S. 118.

[6] Kniely, Eva-Maria: Quellenkritische Studien zur Tätigkeit des M. Brutus im Osten (44-42 v. Chr.), Wien 1974. S. 3.

[7] Bengtson, Hermann: Zur Geschichte des Brutus, in: Verlag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften(Hrsg. ): Sitzungsberichte Jahrgang 1970, München 1970. S. 18f.

[8] Bengtson, Geschichte des Brutus, S. 21f.

[9] Kniely, Brutus im Osten, S. 2.

[10] Kniely, Brutus im Osten, S. 3.

[11] Kniely, Brutus im Osten, S. 5.

[12] Earl, Augustus, S. 23.

[13] Cassius Dio: Römische Geschichte, Bd. III, übersetzt von Otto Veh, München 1986. S. 174.

[14] Kniely, Brutus im Osten, S. 27.

[15] Kniely, Brutus im Osten, S. 31.

[16] Kniely, Brutus im Osten, S. 74.

[17] Ortmann, Cicero, Brutus und Octavian, S. 313f.

[18] Kniely, Brutus im Osten, S. 74f.

[19] Dio, Römische Geschichte, S. 175.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Caesarmörder Brutus und Cassius
Untertitel
Analyse der Ereignisse zwischen den Iden des März 44 v. Chr. und der Schlacht von Philippi im Oktober 42 v. Chr.
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Lehrstuhl für Alte Geschichte)
Veranstaltung
Augustus und die Begründung des Prinzipats
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V117506
ISBN (eBook)
9783640199846
ISBN (Buch)
9783640205653
Dateigröße
472 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Caesarmörder, Brutus, Cassius, Augustus, Begründung, Prinzipats
Arbeit zitieren
Sebastian Selle (Autor:in), 2008, Die Caesarmörder Brutus und Cassius, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117506

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