Die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie. Eine kritische Auseinandersetzung.


Hausarbeit, 2002

21 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.0 Einleitung

2.0 Zur Entwicklung der Gesprächspsychotherapie

3.0 Menschenbild und Grundannahmen

4.0 Die Krankheitslehre der Gesprächspsychotherapie
4.1 Das Inkongruenzmodell psychischer Störungen

5.0 Therapieziel

6.0 Die therapeutische Beziehung und Grundhaltung
6.1 Kongruenz
6.2 Akzeptanz
6.3 Empathie

7.0 Die Therapietechnik

8.0 Kritische Positionen zur Gesprächspsychotherapie

Literatur:

1.0 Einleitung

Die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie beruht im Wesentlichen auf den Arbeiten von Carl R. Rogers. Der ihr zugrundeliegende klientenzentrierte bzw. später auch personzentrierte Ansatz hat seit den Ursprüngen in den 40`er Jahren viele Veränderungen und Weiterentwicklungen erfahren. Heute zählt die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie neben der Verhaltenstherapie und der Psychoanalyse zu den drei fest etablierten Psychotherapieformen. Der klientenzentrierte Ansatz hat weltweit Resonanz gefunden und sowohl auf dem Gebiet der Psychotherapie, Beratung und Gesprächsführung, als auch in nahezu allen Bereichen der psychosozialen und pädagogischen Arbeit einen großen Einfluß ausgeübt.

Mit der vorliegenden Arbeit verfolge ich das Ziel, die wesentlichen Aspekte der klientenzentrierten Gesprächspsychotherapie darzustellen, die bedeutsamsten Weiter-entwicklungen aufzuzeigen und sie am Ende einer kritischen Auseinandersetzung zu unterziehen. Obwohl sich viele Forscher mit dieser Psychotherapierichtung beschäftigt haben, sind die Äußerungen von Carl R. Rogers zu diesem Thema nach wie vor grundlegend. Daher bilden auch die Arbeiten von Rogers in meiner Darstellung der klientenzentrierten Gesprächspsychotherapie ein zentrales Element.

Aufgrund eines besseren Leseflusses werde ich mich der alten maskulinen Anredeform bedienen, die hier gleichzeitig auch als Synonym für die weibliche Form steht.

2.0 Zur Entwicklung der Gesprächspsychotherapie

Die Gespächspsychotherapie (GT) wurde in ihren wesentlichen Grundkonzeptionen von dem amerikanischen Psychologen Carl Ransom Rogers (1902-1987) aus seiner psychotherapeutischen und pädagogischen Arbeit mit Erwachsenen und Kindern entwickelt. In Deutschland ist für dieses Psychotherapieverfahren der Name „Gesprächspsychotherapie“ bzw. „Klientenzentrierte“ oder später auch „Personzentrierte Psychotherapie“ gebräuchlich[1]. Sie gehört aufgrund ihrer philosophischen und geistesgeschichtlichen Wurzeln im Bereich der Psychologie zu den humanistisch orientierten Ansätzen. Die „humanistische Psychologie“ ist eine Bewegung, die sich in den 50er Jahren in den USA formierte und sich als dritte Kraft neben dem Behaviorismus und der Psychoanalyse verstand. Sie bezog ihr Ideengut aus verschiedenen philosophischen und psychologischen Strömungen, zu denen im wesentlichen die Gestaltpsychologie, die Lebensphilosophie, die Phänomenologie und die Existenzphilosophie gehören. Ihr zugrundeliegendes humanistisches Menschenbild hebt besonders die Würde und Freiheit der menschlichen Person hervor (Finke 1994, 11). Sinnorientierung, Selbstverwirklichung, das Streben nach Ganzheit und Integrität sowie das Erleben von Erfüllung und Kreativität wurden als die grundlegenden Motive menschlichen Handelns angesehen (Pallasch 1995, 18).

Die Gesprächspsychotherapie wurde seit den 40er Jahren in einem jahrzehntelangen Entwicklungsprozeß hinsichtlich unterschiedlicher Akzentuierungen mehrfach modifiziert.

In den Jahren von 1938 bis 1950 wurde die Gesprächspsychotherapie zunächst unter der Bezeichnung „nicht-direktive Beratung“ von Carl Rogers konzipiert. In dieser Phase sollte sich der Therapeut jeder direkten Lenkung und indirekten Beeinflussung des Klienten[2] durch Handlungsanweisungen, Ratschläge, bzw. wertende oder erklärende Kommentare enthalten. Im Vordergrund stand das Bemühen, dem Klienten eine Situation zu bieten, in dem er sich sicher und geborgen fühlen konnte. Es wurde von der Grundannahme ausgegangen, dass jeder Mensch eine Tendenz zur Selbstentfaltung und konstruktiven Autonomie habe, die durch eine akzeptierend-bejahende und verständnisvoll-einfühlsame Grundhaltung des Therapeuten nur angeregt werden müsse (Finke 1994, 1). Die Bedeutung der Nichtdirektivität lässt sich durch die Übereinstimmung Rogers mit Martin Bubers Ausführungen zum taoistischen Prinzip des „wu-wei“ darstellen:

„In das Leben der Dinge eingreifen bedeutet, ihnen wie sich selbst Schaden zuzufügen... Der vollendete Mensch greift nicht in das Leben der Wesen ein, er erlegt sich ihnen nicht auf, sondern er verhilft allen Dingen zu ihrer Freiheit“ (Laotse nach Rogers 1975, 21).

Aufgrund der Ergebnisse empirischer Therapiestudien, heftiger Diskussionen und der Einsicht, dass Kommunikation und Beziehung ohne Einflussnahme unmöglich ist, erweiterte Rogers in den fünfziger und sechziger Jahren den Ansatz der „nichtdirektiven Beratung“. Der Schwerpunkt hatte sich im Laufe der Jahre von der Nichtdirektivität auf die Klientenzentrierung verschoben. Mit der neuen Bezeichnung „klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie“ begann die gefühlsverbalisierende Entwicklungsphase der Gesprächspsychotherapie, in deren Zentrum nun die Auseinandersetzung des Klienten mit seiner eigenen Gefühlswelt stand. Die Rolle des Therapeuten bestand nun darin, dem Klienten zu einer höheren Selbstwahrnehmung und Reflexion der eigenen Gefühlswelt zu verhelfen (Kritz 1994, 199). Die Realisierung der Grundhaltung durch den Therapeuten, die aus den drei Basisvariablen Akzeptanz, Kongruenz und Empathie hervorgeht, wurde von Rogers als notwendige und hinreichende Bedingung für erfolgreiches therapeutisches Verhalten angesehen (Pallasch 1995, 20).

Ab den 60er Jahren bekam der Aspekt der Beziehung zwischen Therapeut und Klient einen zunehmenden Stellenwert. Um hervorzuheben, dass die Beziehung zwischen Therapeut und Klient nun als eine Beziehung zwischen Gleichwertigen zu verstehen ist, die in einer Begegnung von Person zu Person stattfindet, wurde der Begriff „klientenzentriert“ durch den Begriff „personzentriert[3] “ ersetzt. Vor dem Hintergrund der entwickelten Grundhaltung lag der Schwerpunkt der therapeutischen Intervention nun auf der Förderung des intensiven Kontaktes zwischen Therapeut und Klient und insbesondere auch auf den Kontakt des Klienten zu sich selbst, d.h. zu seinem Erleben, seinen Gefühlen und Wahrnehmungen (Kritz 1994, 199). Zu diesem Zweck wurden mehr und mehr erlebnisfördernde Interventionsformen in die Gesprächspsychotherapie integriert, z.B. das Experiencing- und Focusing-Konzept von E.G. Gendlin (Pallasch, 20).

In den 70er Jahren kam allmählich der Zweifel auf, ob die Realisierung der drei bereits oben erwähnten Basisvariablen durch den Therapeuten tatsächlich als notwendig und hinreichend für einen erfolgreichen therapeutischen Prozeß anzusehen seien. Deshalb wurde durch die Übernahme und Integration zahlreicher anderer Ansätze, theoretischer Konzepte und Interventionstechniken aus anderen Therapieformen versucht das Defizit der Gesprächspsychotherapie auszugleichen (ebd., 20). Bis heute hat sich die Gesprächspsychotherapie hinsichtlich unterschiedlicher Strömungen weiter ausdifferenziert, wobei sich die verschiedenen Ansätze zum Teil von vielen persönlichkeits- und therapietheoretischen Grundpositionen Rogers` entfernt haben. So unterscheidet Finke beispielsweise die lernpsychologisch-, die kognitionspsychologisch- und die phänomenologisch orientierte Gepsrächspsychotherapie voneinander, die sich wiederum je nach Orientierung weiterhin ausdifferenzieren (Finke 1994, 12ff.).

3.0 Menschenbild und Grundannahmen

Das der Gesprächspsychotherapie zugrundeliegende Menschenbild geht auf deren Gründervater Carl Rogers zurück und ist von Grund auf positiv und optimistisch. Es beinhaltet einige anthropologische Vorannahmen über die Natur des Menschen, bildet die theoretische Basis der die Gesprächspsychotherapie und stellt dem Therapeuten Leitlinien für die therapeutische Praxis zur Verfügung. Weiterhin impliziert es bestimmte Werte und Werthaltungen, die auf die therapeutische Beziehung einen großen Einfluß haben (Korunka 1992, 71f.).

[...]


[1] In folgendem werde ich jedoch den Namen „Gesprächspsychotherapie“ beibehalten, da dieser Begriff in der überwiegenden Mehrheit einschlägiger Publikationen verwendet wird.

[2] Durch Rogers Ablehnung des medizinischen Modells wurde der Begriff Patient durch Klient ersetzt.

[3] In Folgendem werde ich den weitaus gebräuchlicheren Begriff “klientenzentriert“ beibehalten. Ich verstehe ihn jedoch im Sinne von „personzentriert“.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie. Eine kritische Auseinandersetzung.
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Fachbereich Erziehungswissenschaften)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2002
Seiten
21
Katalognummer
V11723
ISBN (eBook)
9783638177962
Dateigröße
548 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gesprächspsychotherapie, Eine, Auseinandersetzung
Arbeit zitieren
Armin Schreiber (Autor:in), 2002, Die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie. Eine kritische Auseinandersetzung., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11723

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