Siedlungsstruktur und Infrastrukturkosten


Term Paper (Advanced seminar), 2008

35 Pages, Grade: 2,3


Excerpt


Inhalt

1. Einleitung

2. Untersuchungsrelevante Infrastrukturarten

3. Der Einfluss verschiedener Bevölkerungsentwicklungstrends auf die Siedlungsstruktur sowie die Infrastrukturnachfrage
3.1. Demographischer Wandel
3.2. Zersiedelungstendenzen

4. Der Zusammenhang zwischen Siedlungsstruktur und Infrastrukturfolgekosten
4.1. Die Siedlungsdichte unter verschiedenen Raumbetrachtungsebenen
4.2. Technische und soziale Infrastrukturkosten unter Zersiedelungstendenzen
4.3. Technische und soziale Infrastrukturkosten unter Schrumpfungsbedingungen
4.4. Gründe für die Entstehung ineffizienter Siedlungen

5. Die Problematik einer verursachergerechten Infrastrukturfinanzierung

6. Die Methodik der Infrastrukturkostenberechnung – Modellbeispiele
6.1. Die Problematik der Vergleichbarkeit verschiedener Kostenmodelle
6.2. Die Schweizer Strukturkostenstudie ECOPLAN
6.2.1. Modellgrundlagen
6.2.2. Differenzierung nach Siedlungs- und Ortstypen
6.2.3. Differenzierung nach unterschiedlichen Siedlungswachstumstrends
6.2.4. Die Problematik der verursachergerechten Finanzierung
6.3. Das „Havelland-Fläming“ Infrastrukturkostenrechnungsmodell
6.3.1. Modellgrundlagen
6.3.2. Arbeitsphase 1: Auswahl der zu behandelnden Infrastruktur
6.3.3. Arbeitsphase 2: Erfassung der regionalen Bebauungsstruktur
6.3.4. Arbeitsphase 3: Definition der Normausstattung
6.3.5. Arbeitsphase 4: Erfassung der Ist-Ausstattung
6.3.6. Arbeitsphase 5: Szenarien der Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung
6.3.7. Arbeitsphase 6: Nachfrage nach Infrastrukturleistungen zum Ausgangs-beziehungsweise Szenariozeitpunkt
6.3.8. Arbeitsphase 7: Bilanzierung von Angebot und Nachfrage
6.3.9. Arbeitsphase 8: Kosten normgerechter Infrastrukturbereitstellung
6.3.10. Arbeitsphase 9: Dokumentation der Ergebnisse

7. Lösungsansätze für eine Regionalplanung mit kosteneffizienter und angepasster Infrastrukturplanung

8. Fazit

Anhang:

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der gegenwärtige Trend in der Raumentwicklung steht immer mehr vor dem Problem der Finanzierbarkeit. Stetige Zersiedlungstendenzen, der demographische Wandel in der Bevölkerung sowie starke Bevölkerungsrückgänge in manchen Regionen und Städten wirken sich insbesondere auf die Infrastrukturkosten negativ aus. In Zeiten knapper werdender öffentlicher Ressourcen spielen die Kosten der Infrastrukturerstellung und –bereithaltung eine immer größere Rolle. In der Vergangenheit wurde die Siedlungsentwicklung eher als „reaktive, der Siedlungsplanung untergeordnete Auffangplanung betrieben“ (Schiller/Siedentop 2005). In der Fachliteratur ist man sich jedoch einig, dass durch eine disperse (zerstreute) und nach außen gerichtete Siedlungsentwicklung, gegenüber einer nach innen gerichteten, verdichteten Siedlungsform, ein Mehrfaches an Kosten entsteht. Hoher Bodenverbrauch durch großflächige Grundstücke aber auch ungenutzte, leerstehende Industriebrachen in den Ballungsräumen fördern den Trend der flächenverbrauchenden Siedlungsweise (Baumgartner, 2005). Gemeinden verstärken durch ihre Baulandbereitstellung an den Siedlungsrandgebieten die ineffiziente Zersiedelung.

Diese Form der gering verdichteten Siedlungsentwicklung verursacht aber bei der Erstellung und Unterhaltung der Infrastrukturanlagen große Mehrkosten gegenüber einer verdichteten, nach innen gerichteten Siedlungspolitik. Versorgungsleitungen müssen bei einer dispersen Siedlungsstruktur mit ungenutzten Zwischenräumen, größere Distanzen ohne Versorgungsanschlüsse überbrücken. Die Pro-Kopf-Kosten für die Erstellung und den Unterhalt solcher Leitungen ist liegen weit über den Kosten einer hochausgelasteten Infrastruktur mit maximal und optimal verträglicher Nutzerzahl.

Neben der Problematik einer dispersen Zersiedelung, besteht in manchen Regionen und Städten das Problem einer schrumpfenden Bevölkerung. Besonders in Ost- deutschland führen die starken Bevölkerungsrückgänge mancherorts zu großen Pro- blemen in einer wirtschaftlichen Aufrechterhaltung der bestehenden Infrastruktur.

Zusätzlicher Handlungsbedarf besteht in der bisher ungenügend gelösten Frage einer gerechten Finanzierung von Infrastruktur- und Infrastrukturfolgekosten. Häufig werden Verursacher höherer Kosten nicht anteilig an den höheren gebühren beteiligt, sondern die Mehrkosten werden auf die Allgemeinheit, beziehungsweise die öffentliche Hand umgelegt. Somit sind Verursacher und Träger von Infrastrukturkosten nicht identisch.

Die aktuellen Probleme in der Raumordnung werden mittlerweile zunehmend von der Politik erkannt. In den Zeiten des stabilen Wirtschaftsaufschwungs der Nachkriegsjahre spielten die infrastrukturellen Mehrkosten durch eine disperse, ineffiziente Siedlungspolitik kaum eine Rolle. Erst seit einigen Jahren zeichnet sich aufgrund einer angespannten Lage der öffentlichen haushalte eine Trendwende ab. Eine effiziente Finanzierung regionaler und kommunaler Infrastruktur gewinnt an Bedeutung und der Fokus der Siedlungspolitik liegt zunehmend auf der Bestandserhaltung bestehender Infrastruktur (Schiller/Siedentop, 2005).

Der Fragestellung einer Optimierung infrastruktureller Kosten wurde aufgrund der dargestellten Probleme bereits in einigen Forschungsstudien nachgegangen. In dieser Arbeit sollen nun die verschiedenen Zusammenhänge und Probleme der siedlungsstrukturbedingten Infrastrukturkosten aufgezeigt und näher beleuchtet werden. Auf zwei dieser Modellstudien zur Kostenermittlung wird in dieser Arbeit noch näher eingegangen. Dies ist zum einen das Schweizer Strukturkostenmodell ECOPLAN sowie das deutsche Forschungsmodell „Siedlungsentwicklung und Infrastrukturfolgekosten“, welches an der Beispielregion Havelland-Fläming entwickelt wurde (Jenssen/Karakoyun, 2006).

2. Untersuchungsrelevante Infrastrukturarten

Die im Zusammenhang mit den kostenwirksamen Infrastrukturarten der Siedlungsstruktur, lassen sich die zwei übergeordneten Kategorien der sozialen sowie technischen Infrastruktur herausstellen. Je nach Tiefe und Umfang einer Untersuchung des Einflusses von Siedlungsstrukturen auf die Infrastrukturkosten kann die Anzahl und Untergliederung der heranzuziehenden Infrastrukturbereiche unterschiedlich ausfallen. In den meisten der in der jüngeren Vergangenheit durchgeführten Forschungsarbeiten wurden für die soziale Infrastruktur folgende Einrichtungen herangezogen:

- Kindergärten
- Schulen
- Pflegeeinrichtungen
- Sporteinrichtungen

Zu den bedeutendsten technischen Infrastruktureinrichtungen gehören:

- Abwasserleitungen
- Trinkwasserleitungen
- Stromversorgungsleitungen
- Fernwärmeleitungen
- Straßenerschließungsanlagen

All diese Infrastruktureinrichtungen haben eine hohe Kostenrelevanz in Bezug auf die örtliche und regionale Bevölkerungs- und Siedlungsstruktur. In den folgenden Kapiteln soll nun gezeigt werden, dass Faktoren wie Alter, Auslastung und Finanzierung infrastruktureller Anlagen eine starke Wechselwirkung mit der Bebauungsart, Bevölkerungsdichte, Bevölkerungsentwicklung sowie der allgemeinen Siedlungsstruktur aufweisen.

3. Der Einfluss verschiedener Bevölkerungsentwicklungstrends auf die Siedlungsstruktur sowie die Infrastrukturnachfrage

3.1. Demographischer Wandel

Die Verteilung der Bevölkerung im Raum unterliegt einer Reihe von unterschied- lichen Einflüssen. Der demographische Wandel hat eine große Wirkung auf die Entwicklung Infrastrukturbezogener Kosten. Auf der einen Seite entsteht durch den Anstieg des Anteils älterer Menschen und die gleichzeitige Abnahme des Anteils jüngerer Menschen an der Gesamtbevölkerung ein qualitativer Strukturwandel in der Nachfrage infrastruktureller Leistungen. Das bedeutet, dass Einrichtungen der Altenversorgung und –pflege heute und in Zukunft in immer größerem Ausmaße nachgefragt werden. Auf der anderen Seite besteht ein quantitativer Wandel in der Nachfrage nach Infrastruktur infolge einer rückläufigen Gesamtbevölkerung sowie einer stetig sinkenden Anzahl an Erwerbstätigen (Vallée, 2004). Daraus ergibt sich, dass die Finanzierbarkeit der Infrastrukturausstattung zunehmend problematischer wird, da zukünftig von immer weniger jungen Erwerbstätigen immer mehr Einrichtungen der älteren Bevölkerung bezahlt werden müssen.

Neben der Verschiebung der Altersstruktur ist die Gesamtbevölkerung in Deutsch- land stetig rückläufig. Die Abbildung 1 verdeutlicht diese Trends und zeigt anhand einer Prognose der bundesdeutschen Bevölkerungsentwicklung, dass sich der Trend der Altersstruktur sowie der Rückgang der Gesamtbevölkerung noch verstärken wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Bevölkerungsentwicklung und Altersstruktur. Quelle: Statistisches Bundesamt, 2004

Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung errechnete in einer Raumordnungsprognose aus dem Jahre 2002, dass bis zum Jahre 2020 drei Viertel aller kreisfreien Städte und die Hälfte aller Landkreise Deutschlands mit einer rückläufigen Bevölkerungszahl konfrontiert sein werden (BBR, 2002).

Die Intensität der Bevölkerungsabnahme ist jedoch nicht in allen Teilräumen und Regionen Deutschlands gleichermaßen ausgeprägt. Während in Ostdeutschland die Schrumpfungserscheinungen bereits heute in einigen Städten und Regionen zu Problemen in der Aufrechterhaltung der Infrastrukturversorgung führen, ist dieses Phänomen in Westdeutschland noch nicht in dem Maße vorhanden (Schiller/ Siedentop, 2005). Abbildung 2 zeigt die regionalen Unterschiede in den Bevölkerungsrückgängen der einzelnen Landesteile. Nahezu der gesamte Teil Ostdeutschlands ist von Schrumpfungen von über 1% pro Jahr betroffen. Ausgenommen davon ist ein größerer Bereich um Berlin herum, sowie die Einzugsgebiete um Leipzig, Dresden, Erfurt, Magdeburg und Rostock. Hieraus lässt sich ableiten, dass vor allem der ländliche Teil Ostdeutschlands unter dem starken Bevölkerungsrückgang zu leiden hat.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Gebiete schrumpfender Bevölkerung. Quelle: Schiller/Siedentop, 2005

Ein weiterer Indikator für die starken Schrumpfungserscheinungen in Ostdeutschland ist der Wohnungsleerstand. So wurden hier im Jahre 2002 etwa 15% Wohnungsleerstände verzeichnet. In einigen Stadtzentren gab es im Jahre 2005 im hohe Wohnungsleerstand in Ostdeutschland nicht ausschließlich auf den Bevölkerungsrückgang zurückzuführen ist, sondern auch auf eine überhöhte Subventionierung von Wohnungsneubauten in den 90er Jahren, so führen Schrumpfungsprozesse größeren Ausmaßes doch zu einer stetigen Entkopplung von Bebauungsdichte und Bevölkerungsdichte (ebenda).

Somit müssen in schrumpfenden Städten immer weniger Bewohner eine immer stärker überdimensionierte Infrastruktur finanzieren. Da die Raumordnung per Gesetzt zu einer Gewährleistung gleichwertiger Lebensgrundlagen verpflichtet ist, kommt es in Gebieten mit einer starken Bevölkerungsdichteabnahme, bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung gewisser Mindeststandards bei der Versorgungsinfrastruktur, folglich zu erheblichen Effizienzverlusten. Diese Unterauslastungsprobleme werden auch als Kostenremanenzen bezeichnet. Durch betrieblich bedingte Faktoren führen Nachfragerückgänge zu der Notwendigkeit, ab einer gewissen Schwelle der Auslastung, durch kostenintensive Rückbaumaßnahmen die Infrastrukturdimensionierung anzupassen, um die Funktion weiterhin zu gewährleisen. Hierauf, und auf die damit verbundenen Probleme und Kosten wird in Kapitel 4 noch einmal näher drauf eingegangen

3.2. Zersiedelungstendenzen

Ein weiterer Entwicklungstrend in der Siedlungsstruktur ist die fortlaufende Flächeninanspruchnahme, welche zu einer dispersen Ausbreitung der Wohnbevölkerung im Raum führt. Die Siedlungsentwicklung der letzten Jahrzehnte kann also als ein Wachstum in der Fläche charakterisiert werden, wobei die Innenräume des Siedlungsgebietes oftmals ungenutzt bleiben (Baumgartner, 2005). Als ein Beispiel der flächenverzehrenden Raumentwicklung können die immer stärker zunehmenden leeren und ungenutzten Industriebrachflächen genannt werden. Durch den Strukturwandel kam es in der Vergangenheit und auch in der Gegenwart in den Großstädten zu Schließungen großflächiger Industrie- und Gewerbeareale in teilweise zentraler Innenstadtlage. Anstatt den Arealen eine rasche Folgenutzung zuzuweisen, stehen diese über Jahrzehnte leer, während an den Agglomerationsrandgebieten neue Flächen für Gewerbe und Industrie entstehen (ebenda). Daraus entsteht nicht nur ein hoher Flächenverbrauch, sondern es entstehen auch hohe Infrastrukturkosten, da zum einen erst einmal eine komplett neue Infrastruktur in den neu ausgewiesenen Industrie- und Gewerbeflächen geschaffen werden muss. Zum anderen muss die vorhandene Infrastruktur der alten Industrie- und Gewerbeflächen häufig mit hohen Kosten zurückgebaut werden, da sie durch die jahrelange Nichtinanspruchnahme veraltet und marode ist.

Durch die Zersiedelung kommt es in den Gebietskörperschaften zu einer Verringerung der Einwohnerzahl pro Quadratmeter und damit zu einer Verringerung der Bevölkerungsdichte. Aber auch die Siedlungsdichte, welche die Einwohnerzahl lediglich beschränkt auf bebaute Siedlungs- und Verkehrsfläche misst, nimmt immer stärker ab (Einig, 2006). Dies führt zwangsläufig zu einer „voranschreitenden Dekonzentration der Infrastrukturnachfrage in der Fläche“ (Einig/Siedentop, 2006).

Die Folge einer solchen Zersiedelung mit abnehmender Siedlungs- beziehungsweise Einwohnerdichte, ist ein immer höherer pro Kopf Anteil an technischen Infrastrukturleitungen. Abbildung 3 zeigt am Beispiel von Wasserrohrleitungslängen, wie sich der spezifische pro Kopf Bedarf bei sinkender Einwohnerdichte erhöht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Abhängigkeit der Netzlänge der Wasserversorgung von der Siedlungsdichte am Beispiel der Landeshauptstadt Erfurt. Quelle: Schiller/Siedentop, 2005

Ein Grund für die Entwicklung der abnehmenden Siedlungsdichte ist im dynamischen Wachstum der Wohnflächen pro Einwohner zu sehen. In der Schweiz wurde beispielsweise die Hälfte der zwischen 1990 und 2000 gebauten Wohnungen als Einfamilienhäuser errichtet. Dort leben etwa 30% der Wohnbevölkerung in freistehenden Einzelhäusern, welche eine fast doppelt so hohe Bodenbeanspruchung wie Reihenhäuser aufweisen (Baumgartner, 2005).

In Forschungsstudien, die sich mit dem Problem der Siedlungsstruktur und den Infrastrukturfolgekosten befasst haben, werden unterschiedliche Wachstums- szenarien der Siedlungsentwicklung berücksichtigt.

Die Schweizer Infrastrukturkostenstudie ECOPLAN aus dem Jahre 2000 unterschied die Siedlungsentwicklung lediglich nach drei unterschiedlichen positiven Wachstumsformen:

- auffüllen
- Standard
- dispers

Unter „auffüllen“ versteht man hier ein nach innen gerichtetes Siedlungswachstum, wobei Siedlungserweiterungen lediglich „innerhalb der Grenzen der bestehenden und weitgehend überbauten Siedlungsgebiete erfolgen“ können (ECOPLAN, 2000a). Bestehende Baulücken werden aufgefüllt und die bestehende Infrastruktur kann ohne kostenaufwendige Neuerrichtung von Sammelkanälen für die Quartiere genutzt werden. Es fallen lediglich Kosten für den unmittelbaren Hausanschluss an.

Im mittleren Fall „Standard“, wird von einer Siedlungserweiterung in angrenzendes unbebautes Gebiet ausgegangen, ohne dass ein Auffüllen der bestehenden Siedlungskörper erfolgt. Hier fallen zusätzliche Infrastrukturkosten für die Neuerrichtung der Haus-, Quartiers- und Sammelkanäle an.

Der dritte Fall „dispers“ beschreibt eine Zersiedelung durch Neuerschließungen abseits der Grenzen bestehender Bebauung, wodurch kostenintensive zusätzliche Leitungs- und Verkehrsinfrastruktur notwendig wird. Neben den Haus-, Quartiers- und Sammelkanälen werden auch zentrale Versorgungseinrichtungen wie Wasserwerke, Kläranlagen oder Umspannwerke benötigt. (ebenda).

Das Deutsche Forschungsvorhaben „Siedlungsstruktur und Infrastrukturfolgekosten“, welches im Jahre 2005 am Beispiel der Havelland-Fläming Region durchgeführt wurde, geht zusätzlich vom dem Fall einer rückläufigen Bevölkerung aus.

Im Zusammenhang mit dispersen Außenentwicklungen sind in den USA schon frühzeitig Zersiedlungstendenzen, anhand einer als „Urban Sprawl“ bezeichneten Transformationsphase, beschrieben worden. Urban Sprawl (gleichzusetzen mit dem Begriff der Zersiedelung) wurde von der Wissenschaft als unproblematisch angesehen, da die anfänglich infrastrukturineffizienten und weit verteilten Neusiedlungen (leapfrog developement) im Laufe der Zeit durch eine auffüllende Siedlungsentwicklung zu kompakt verdichteten Strukturen (urban infill) zusammenwachsen würden (Schiller/Siedentop, 2005).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Urban Sprawl als selbstregulierender Mechanismus. Quelle: Siedentop/Schiller/Koziol/Walther/Gutsche, 2006

Abbildung 4 veranschaulicht diese Annahme des Prozesses des Urban Infill. Das obere Diagramm zeigt die Kurve der Infrastrukturellen Effizienz. Die Abbildungen darunter machen deutlich, dass der Ausgangspunkt, die kompakte Stadt, eine hohe Infrastrukturelle Effizienz aufweist, welche durch den Prozess des Urban Sprawl (leapfrog development) stark nach unten geht. Der Prozess des Urban Infill führt jedoch dazu, dass eine kompakte Stadtregion entsteht, die erneut eine hohe Effizienz bezüglich der Infrastrukturauslastung aufweist.

Die Trends in Europa und den USA zeigen aber, dass es eher weiterhin zu einer „zentrifugalen Ausdehnung der Verstädterung“ (Schiller/Siedentop, 2005) kommen wird und die Wachstumskräfte nicht ausreichen werden um eine Aufsiedelung der „unbebauten Zwischenflächen an den Peripherien der Kernstädte zu gewährleisten“ (ebenda).

Zersiedlungstendenzen, als auch die durch demographische Veränderungen hervorgerufenen Schrumpfungserscheinungen, führen kurz- oder mittelfristig zu Ineffizienzen mit höheren spezifischen Kosten für die Infrastrukturleistungen.

4. Der Zusammenhang zwischen Siedlungsstruktur und Infrastruktur- folgekosten

4.1. Die Siedlungsdichte unter verschiedenen Raumbetrachtungsebenen

In den verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen herrscht die einhellige Meinung, dass die Bereitstellungs-, Betriebs- und Unterhaltskosten von technischen sowie sozialen Infrastrukturanlagen in starker Abhängigkeit zur Siedlungsstruktur stehen. Gering verdichtete, disperse Siedlungen benötigen weitaus höhere Infrastrukturaufwendungen, als kompakte, stärker verdichtete Siedlungsformen (ebenda). Indikatoren, die Auskunft über die Nutzungsdichte geben und somit auch über die Infrastrukturkosten geben können, sind zum Beispiel die bereits genannten Bevölkerungs- oder Siedlungsdichten als auch Angaben über Geschossflächenzahl oder Arbeitsplatzdichte (Gutsche/Schiller, 2005). Abbildung 5 zeigt den Zusammenhang zwischen der Geschoßflächenzahl und der Einwohnerdichte. Mit zunehmender Nutzungsdichte, welche über die Geschoßflächenzahl angegeben wird, steigt auch die Einwohnerdichte an. Verdoppelt man beispielsweise bei einer angenommenen Leerstandsquote der ostdeutschen Länder die Geschoßflächenzahl von 0,2 auf 0,4, so verdoppelt sich auch die Einwohnerdichte von 40 Einwohnern pro Hektar Nettowohnbauland auf etwa 80 Einwohner pro Hektar Nettowohnbauland.

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Details

Title
Siedlungsstruktur und Infrastrukturkosten
College
RWTH Aachen University  (Institut und Lehrstuhl für Stadtbauwesen und Stadtverkehr)
Course
Städtebau und Verkehrsseminar
Grade
2,3
Author
Year
2008
Pages
35
Catalog Number
V117149
ISBN (eBook)
9783640196319
ISBN (Book)
9783640196340
File size
1137 KB
Language
German
Keywords
Siedlungsstruktur, Infrastrukturkosten, Städtebau, Verkehrsseminar
Quote paper
Christoph Lubbe (Author), 2008, Siedlungsstruktur und Infrastrukturkosten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117149

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Title: Siedlungsstruktur und Infrastrukturkosten



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