Die Mass/Count-Distinktion im Englischen und anderen europäischen Sprachen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Klassifikatoren

3 Die MASS/COUNT-Distinktion
3.1 Syntaktische oder semantische Kategorie?

4. Vergleich mit Klassifikatorsprachen

5 Zusammenfassung

Tabelle 1: Die Distributionskriterien zur Unterscheidung zwischen MASS- und COUNT-Nomina im Englischen und im Deutschen

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Einleitend ist zunächst zu sagen, dass es leider sehr schwer ist, Literatur über die MASS/COUNT-Distinktion zu bekommen. Bei vielen Autoren wird diese zwar erwähnt, jedoch gibt es nur sehr wenige Aufsätze oder Monographien, die sich nur mit diesem Thema beschäftigen. So stütze ich mich hauptsächlich auf 3 Aufsätze: Zur MASS/COUNT-Distinktion im Bairischen: Artikel und Quantifizierung von Agnes Kolmer, English classifier constructions von Adrienne Lehrer und Numeral-Klassifikatoren und die Distribution von Nomen: Konzeptuelle, semantische und syntaktische Aspekte von Heike Wiese. Der Aufsatz von Salikoko Mufwene Non-Individuation and the Count/Mass Distinction war mir leider nicht zugänglich.

Zuerst möchte ich noch einmal definieren, was Klassifikatoren bzw. Klassifikatorsprachen sind. Dann erläutere ich die Definition(en) von MASS- und COUNT-Nomina und in welchen europäischen Sprachen sie u.a. vorkommen. Die Beispiele kommen meist aus dem Englischen, da es dazu die meiste Literatur gibt; aber sooft es möglich ist, werde ich auch Beispiele aus anderen europäischen Sprachen einbringen. Dann erläutere ich das Problem der Kategorisierung bei der MASS/COUNT-Distinktion. Abschließend ziehe ich einen Vergleich zwischen Klassifikator- und Sprachen mit MASS/COUNT-Distinktion. Um einen Überblick über alle Distinktionskriterien zu geben und zu zeigen, dass es auch in nah verwandten Sprachen wie dem Englischen und dem Deutschen Unterschiede gibt, habe ich eine Tabelle aus Kolmer (1999) angefügt.

2 Klassifikatoren

Es gibt bestimmte Sprachen, in denen eine besondere Art für die Kategorisierung von Nomina bzw. Nominalia gibt: Die so genannten „classifiers“ oder zu deutsch „Klassifikatoren“. Sie dienen dazu, bestimmte Objekte, Personen oder Dinge einer Kategorie zuzuordnen. Die Kategorisierung kann sich auf Aussehen, Form, Beschaffenheit, Belebtheit, Verwendungszweck und viele andere Eigenschaften beziehen. Für diese Zuordnung gibt es in jeder Sprache festgelegte Regeln, die beim Spracherwerb miterlernt werden. Ein Satz ohne oder mit dem falschen Klassifikator wäre dann ungrammatisch. Es gibt verschiedene Arten von Klassifikatoren. Aikhenvald (2000) unterscheidet beispielsweise zwischen NOUN, NUMERAL, POSSESSED, RELATIONAL, LOCATIVE, VERBAL und DEITIC CLASSIFIER. Die häufigste Form sind jedoch die beiden ersten, also Nomen- (z.B. Jakaltekisch) und Numeral-Klassifikatoren (z.B. Tal). Einige Klassifikatorsprachen sind u.a. Japanisch, Chinesisch, Koreanisch, Vietnamesisch, manche Papua-, Australische und Austronesische Sprachen; Klassifikatoren werden sogar in der Gebärdensprache und in ägyptischen Hieroglyphen sowie der mesopotamischen Keilschrift benutzt. Am meisten erforscht sind die süd-ostasiatischen Sprachen.

Zur besseren Erklärung will ich hier nur ein kurzes Beispiel für einen Nomenklassifikator aus Yidiny, einer Australischen Sprache einbringen:

(1) bama waguja
CL:PERSON man

‘a man‘ (Aikhenvald 2000:2)

Hier ist zu erkennen, dass der Klassifikator bama das Nomen waguja in die Kategorie „Personen“ einordnet und somit den Mann als Person klassifiziert.

Man kann grob eine Unterscheidung zwischen Nomenklassen bzw. Genera und Klassifikatoren treffen. So haben die Romanischen Sprachen beispielsweise zwei Genera (Maskulinum und Femininum), im Gegensatz zum Deutschen, das drei hat (auch Neutrum); das Bantu hat zehn verschiedene und manche Südamerikanischen Sprachen sogar noch mehr (vgl. Aikhenvald 2000:2).

Die Unterschiede zwischen Nomenklassen und Klassifikatoren sind folgende: Nomenklassen haben eine kleine, geschlossene Menge, während Klassifikatoren eine große, offene haben; Erstere sind in das grammatische System eingebettet und sind nicht nur innerhalb der betreffenden NP markiert. Dies nennt man Kongruenz; ein Beispiel dafür wäre KNG-Kongruenz, d.h. die Übereinstimmung in Kasus, Numerus und Genus im Lateinischen und im Griechischen; Klassifikatoren hingegen haben freie „lexikalische“ Formen und keine Kongruenz - es gibt aber einige Ausnahmen. (nach Dixon 1982, 1986)

Die Definitionen der Terminologien Genus, Nomenklasse und Klassifikator unterscheiden sich jedoch etwas von Autor zu Autor, was Verwirrung stiften kann. Aikhenvald versucht, all diese zusammenzufassen und schlägt diese Definition für Klassifikatorenkonstruktionen und Nomenklassen / Genera vor:

Classifier constructions are understood as morphosyntactic units [...] which require the presence of a particular kind of a morpheme, the choice of which is dictated by the semantic characteristics of the referent of the head of a noun phrase. (Aikhenvald 2000:13)
Noun classes and genders are grammaticalized agreement systems which correlate - at least in part - with certain characteristics (particularly in the domain of human and animate referents). They are sometimes called concordial classes; they include grammaticalized ‘gender‘ systems of the Indo-European type. (Aikhenvald 2000:19)

Diese Erklärungen finde ich auch sehr einleuchtend, da sie sehr treffend formuliert sind.

Allan (1977) schlägt zwei Kriterien zur Definition von Klassifikatoren vor:

(a) they occur as morphems in surface structures under specifiable conditions
(b) they have meaning, in the sense that a classifier denotes some salient perceived or imputed characteristic of the entity to which an associated noun refers (or may refer) (Allan 1977:285)

Doch nach dieser Definition könnte man sagen, dass eigentlich alle Sprachen Klassifikatoren haben, denn es gibt z.B. im Englischen Morpheme, die unter bestimmten Bedingungen auftreten und eine Bedeutung tragen. Dennoch zählt man das Englische im Allgemeinen nicht zu den Klassifikatorsprachen wie etwa das Thai. Also schlägt Allan eine Definition für Klassifikatorsprachen vor:

(a) They have classifiers, at least some of which are restricted to classifier constructions, although classifiers exist which funtion in other environments like nouns.
(b) They belong to one of the four types (i) numeral classifier languages, (ii) concordial classifier languages (iii) predicate classifier languages, (iv) intra-locative classifier languages. (Allan 1977:286)

Er unterscheidet also vier Arten von Klassifikatorsprachen. Was Allan hier „concordial classifiers“ nennt, sind die „noun classes“ bei Aikhenvald. Lyons unterscheidet zwischen „sortal“ und „mensural classifiers“, also Arten- und Maßklassifikatoren:

Ein Artenklassifikator spezifiziert das, worauf er referiert, als eine bestimmte Art von Entität. [...] Ein Maß-Klassifikator spezifiziert die Quantität. (Lyons 1980:89)

Dies entspricht der noun/numeral-Distinktion bei Aikhenvald. Dies soll hier jedoch nicht näher betrachtet werden.

Es ist aber ein Phänomen zu beobachten, dass einige Fragen aufwirft: Obwohl also die Indo-Europäischen Sprachen nicht zu den Klassifikatorsprachen gehören, weisen sie einige grammatische Konstruktionen auf, die unter die Definition von Klassifikatoren fallen, wie five sheets of paper, drei Scheiben Wurst, une verre de vin, una botella de cerveza, dío fétes tirí (‚zwei Scheiben Käse‘). Man sieht, dass all diese Beispiele eine ähnliche Struktur aufweisen und durch einen Numeralausdruck aus einer unbestimmte Menge Individuen hervorgehoben, sozusagen „klassifiziert“ werden.

Wie lässt sich dies erklären? Es hat sich herausgestellt, dass es einen Unterschied macht, ob ein Nomen zählbar oder unzählbar ist: Die so genannte MASS/COUNT-Distinktion. Darauf will ich im nächsten Kapitel näher eingehen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Mass/Count-Distinktion im Englischen und anderen europäischen Sprachen
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Sprachwissenschaftliches Institut)
Veranstaltung
Klassifikatoren
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V116683
ISBN (eBook)
9783640189083
ISBN (Buch)
9783640189519
Dateigröße
428 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mass/Count-Distinktion, Sprachen, Klassifikatoren, Englisch
Arbeit zitieren
B.A. Anna Theodorou (Autor:in), 2004, Die Mass/Count-Distinktion im Englischen und anderen europäischen Sprachen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116683

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