Der Zusammenhang zwischen gesanglichen Fähigkeiten und deren Bewertung durch das Karaoke-Programm Singstar und seine Eigen- und Fremdableger


Examensarbeit, 2007

87 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1 Gesang
2.1.1 „Guter“ Gesang
2.1.2 Zusammenfassung
2.2 Karaoke
2.2.1 Geschichte
2.2.2 Technik
2.2.3 Aktueller Stand
2.3 Singstar
2.3.1 Erfolgsgeschichte
2.3.2 Funktionsbeschreibung
2.3.2.1 Hardund Software
2.3.2.2 Spielweise
2.3.2.3 Bewertungssystem
2.3.3 Ultrastar
2.3.3.1 Allgemeines
2.3.3.2 Titelauswahl
2.4 Empirische Forschung
2.4.1 Hypothesen
2.4.2 Methodik
2.4.3 Ergebnisse
2.4.3.1 Untersuchungsdokumentation
2.4.3.2 Grafische Ergebnisdarstellungen
2.4.4 Diskussion
2.4.4.1 Erste Hypothese
2.4.4.2 Liedervergleich
2.4.4.3 Zweite bis fünfte Hypothese
2.4.4.4 Geschlechter und Trainingseffekt
2.4.4.5 Spanne innerhalb Kategorie

3. Schluss

Verzeichnis der Abbildungen

Abbildung 1 Stimmumfänge der sechs wichtigsten Stimmgattungen. Quelle: PINKSTERBOER, Hugo (2004): Pocket-Info Gesang. Mainz: Schott Musik International

Abbildung 2 Abbildung 2 Durchschnittliche jährliche Besucherzahl des öffentlichen Karaoke; Gesamtzahl an Karaoke Boxen Quelle: All-Japan Karaoke Industrialist Association (Hrsg.) (2000): Karaoke Hakusho 2000 [Karaoke Weißbuch 2000]. Tokyo

Abbildung 3 Prozentualer Anteil der einzelnen Karaoke Systeme am Software Gesamtumsatz in Japan Quelle: All-Japan Karaoke Industrialist Association (Hrsg.) (2000): Karaoke Hakusho 2000 [Karaoke Weißbuch 2000]. Tokio

Abbildung 4 Singstar Spielbildschirm Quelle: http://www.userrankings.com/screenshots.html?spieli d=2017&bildid=8&PHPSESSID =7f58132e57a81f967b5167238a549643

Abbildung 5 Tonhöhennotation von „Can’t Fight The Moonlight“ von LeAnn Rimes im Singstar- Notensystem. Abbildung 6 Schematischer Ablauf der Testreihenfolge

Abbildung 7 Einzelvergleich der Probanden Quelle: Excel Tabellenkalkulation für Ergebnisdiagramme (Anhang)

Abbildung 8 Einzelvergleich innerhalb Kategorie Quelle: Excel Tabellenkalkulation für Ergebnisdiagramme (Anhang)

Abbildung 9 Kategorievergleich: Summe aller erzielten Punkte Quelle: Excel Tabellenkalkulation für Ergebnisdiagramme (Anhang)

Abbildung 10 Liedervergleich innerhalb Kategorie Quelle: Excel Tabellenkalkulation für Ergebnisdiagramme (Anhang)

Abbildung 11 Kategorievergleich: Relative Werteänderungen innerhalb der Lieder Quelle: Excel Tabellenkalkulation für Ergebnisdiagramme (Anhang)

Abbildung 12 Kategorievergleich: Relative Werteänderungen liederund testübergreifend Quelle: Excel Tabellenkalkulation für Ergebnisdiagramme (Anhang)

Abbildung 13 Geschlechtervergleich nach Interpret Quelle: Excel Tabellenkalkulation für Ergebnisdiagramme (Anhang)

Abbildung 14 Prozentuale Spanne zwischen höchster und niedrigster Summe innerhalb Kategorie Quelle: Excel Tabellenkalkulation für Ergebnisdiagramme (Anhang)

Abbildung 15 Erfahrungsvergleich

Abbildung 16 Bewiesene Leistungspyramide

Verzeichnis der Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tebellenverzeichniss

Tabelle 1 Gesangsqualitätskategorien

Tabelle 2 Untersuchungsdokumentation

Verzeichnis des Anhangs

- Literaturverzeichnis
- DVD- und Liederliste des Singstarsortiments
- Probandenliste
- Excel Tabellenkalkulation für Ergebnisdiagramme

1. Einleitung

Auslöser für das Thema dieser Arbeit war der Erfolg eines ungewöhnlichen Videospiels. Ungewöhnlich deshalb, weil die Steuereinheit kein herkömmlicher Controller mit Knöpfen ist, sondern ein Mikrofon. Folglich wird auch nicht, wie es üblich ist, mit den Händen und Fingern gespielt, sondern mit der eigenen Stimme.

Es handelt sich um das unter Jugendlichen, Heranwachsenden aber auch jungen Erwachsenen sehr verbreitete Sony Karaoke-Spiel „Singstar“ von London Studio, einer Abteilung von Sony Computer Entertainment Europe (SCEE). Die einzige kompatible Spielkonsole ist die Playstation 2 (PS2), die sich immer wieder mit innovativen unkonventionellen Spielen wie „Guitar Hero“, „Dancing Stage“ oder „Eye Toy“ präsentiert hat. Das Spielprinzip ist Karaoke – jedoch mit einem wesentlichen Unterschied: Der eigene Gesang wird durch Vergleich mit dem Originalgesang mit Punkten bewertet.

In der noch sehr jungen Geschichte des aus Asien kommenden Karaoke in Deutschland und Europa hat sich diese Freizeitbeschäftigung schnell ausgebreitet und ist zum festen Bestandteil der Unterhaltungsbranche geworden. Bewertung ist dabei entweder ausgeblieben oder wurde vom Publikum oder vermeintlichen Experten durchgeführt. Singstar bewertet dagegen rein objektiv und standardisiert nach dem Prinzip von ‚höher – schneller – weiter’.

Die Idee hat sich flächendeckend bewährt. Vielleicht als der Höhepunkt der europäischen Karaokegeschichte blickt Singstar auf eine dreijährige Erfolgsgeschichte zurück, die sich in den Verkaufszahlen widerspiegelt. Unter den oben ersteren genannten Altersgruppen haben die meisten Personen in Deutschland, Bildungsgrad und soziales Umfeld übergreifend, schon mal Singstar gespielt, oder spielen es sogar regelmäßig. Das „Neue“ an dem Spiel reizt zum Ausprobieren. Angesprochen fühlen sich dabei nicht nur Personen, die in anderweitiger Weise eine Beziehung zu Gesang haben. Menschen, die von sich selbst behaupten, „grässlich“ zu singen, lassen sich von der Flut mitziehen.

Seit acht Fortsetzungen hat sich nichts am eigentlichen Spielablauf geändert und Singstar bekommt noch immer einen Ehrenplatz in der Softwareabteilung der Elekronikmärkte. Im Gegensatz zu Fortsetzungen anderer Spiele, werden von Singstar nach Möglichkeit alle Teile permanent angeboten.

Singstar bietet im Gegensatz zu anderen Videospielen, auch dank der Mehrspieler-Modi, eine besonders gesellschaftliche aktive Unterhaltungsmöglichkeit, aber die Frage, die sich bei jeder Singstar-Runde in den Raum drängt ist: „Werden ich und meine Kontrahenten richtig bewertet?“ Kann Singstar tatsächlich über die Qualität des Gesangs Urteile fällen? Da nach jedem Lied Titel wie „Nichtskönner“, „Möchtegern“ oder „Superstar“ vergeben werden, wird die Selbsteinschätzung der jungen Mädchen oder heranwachsenden Männer auf diese Weise sicherlich beeinflusst. Es wäre verständlich, wenn jemand zum Casting von „Deutschland sucht der Superstar“ geht, weil er als Talent durch Singstar entlarvt wurde. Auf der anderen Seite wird jemand vielleicht in seinem gelegentlichen Gesang, wenn er allein ist, gehemmt, weil er schließlich ein „Nichtskönner“ ist und sich daher lieber seinen Stärken zuwenden sollte. Oder können diese Personen Singstar vielleicht als Gesangslehrer verwenden um ihre angeblichen, oder auch tatsächlichen Defizite, zu minimieren? Weiter gesponnen muss man sich dann die Frage stellen, ob man Singstar nicht als festen Bestandteil von Musikunterricht in der Schule oder sogar in der Musikschule verwenden sollte – dies wäre zumindest im Sinne von Sony, die bereits Singstaranlagen mit dem Einsatzziel Musikunterricht an Schulen verteilt haben. Auf die Spitze getrieben wäre es vorstellbar, Singstar als Aufnahmeprüfung zu Musikoder Gesangsstudien zu verwenden.

Diese pädagogischen Überlegungen sollen in dieser Arbeit aber nicht näher erörtert werden. Sie werden nur als Konsequenz des Bewertungssystems von Singstar hingenommen.

Die Fragestellung der Arbeit lautet dagegen: „Kann Singstar „gute“ von „schlechten“ Sängern1 unterscheiden und wie differenziert gelingt es dem System?“ Um dieser Frage nachzugehen, ist es nötig, das Bewertungssystem detailliert zu erforschen.

‚Der Zusammenhang zwischen gesanglichen Fähigkeiten und derer Bewertung durch Singstar und dessen Eigenund Fremdableger’ soll differenziert unter Verwendung der unterschiedlichen Möglichkeiten von Singstar überprüft werden. Es soll untersucht werden, welche Auswirkungen die Wahl bestimmter Spielmodi hat oder ob die Titelauswahl für die Bewertung entscheidend ist. Es wird getestet, ob es Möglichkeiten gibt, die Software auszutricksen. Des Weiteren sollen geschlechtsspezifische Erkenntnisse gewonnen werden.

Die Fragestellung dieser Arbeit bezieht sich auf ein verbreitetes und absolut aktuelles Problem, welches nach gründlicher Recherche bisher nicht näher untersucht worden ist.

Mit aktuellem Problem ist nicht nur das große Aufkommen von Singstar gemeint, sondern Gesangsbewertung an sich. Die Medien haben das hohe Potential erkannt und senden eine Talentshow nach der anderen. Dabei bleibt der Kern immer der gleiche: „Kann der Kandidat singen oder nicht?“.

Die Gesellschaft zeigte im Laufe der Entstehung dieser Arbeit reges Interesse an deren Fortschritt. Nach Bekanntgabe des Themas ist von nahezu allen erreichten Seiten die Bitte um Bekanntgabe der Ergebnisse erklungen.

Die Arbeit beginnt mit einer Erfassung des umstrittenen Begriffs „Gesang“. Es muss geklärt werden, was Gesang ist. Das zentrale Ziel wird es aber sein, deutlich zu machen, was „guten“ Gesang ausmacht und welche Kriterien zwingend anzuwenden sind. Nur durch Klärung dessen wird der Versuch möglich sein, zu klären, wie man diesen „guten“ Gesang messen kann. Es wird Aufgabe werden, in der Konfrontation ‚populärer Gesang und klassischer Gesang’ einen gleichen Nenner zu finden. Eine Zusammenfassung wird den ersten Teil abschließen.

Der nächste Abschnitt soll versuchen Karaoke mit all seinen Facetten zu beschreiben. Dies ist der zweite Gegenstand, den sich Singstar zu Eigen macht. Da dieses Phänomen in Deutschtand noch relativ jung ist, ist Literatur zu diesem Thema ein rares Mittel. Internetquellen werden die meisten Informationen liefern. Eine Beschreibung von Karaoke wird dem Kapitel vorangehen. Die Entstehungsund Erfolgsgeschichte wird die nächste Passage ausmachen, in der klar werden soll, welche Bedeutung Karaoke schon vor Singstar in der Gesellschaft hatte. Es ist interessant, die technische Entwicklung nachzuverfolgen, wie sich Karaoke im Laufe der Zeit jedes technischen Mittels bedient hat, um die Konsumenten auf bestem Wege zu erreichen. Abgeschlossen wird der Teil dann mit dem aktuellen Stand von Karaoke in dessen Entstehungsgebiet und in Deutschland, bevor das nächste Kapitel „Singstar“ eingeleitet wird.

Begonnen wird mit dem Aufschluss der Erfolgsgeschichte des Spiels – mit der Geburtstunde 2004 bis heute, da kürzlich der neunte Teil der Serie erschienen ist. Anschließend wird ein Blick auf die Zukunft der Singstarentwicklung geworfen. Es wird Einblick gewährt in Verkaufszahlen, die auf den enormen Erfolg von Singstar und seinen Nachfolgern schließen lassen. Des Weiteren bekommt man in Form einer Auflistung von Auszeichnungen ein kleines Bild von der Fremdbeurteilung des Spiels. Es wird gezeigt, wie Singstar herkömmliche Karaokemaschinen ergänzt oder sogar ablöst. Abschlie- ßend werden einige Beispiele für größere Veranstaltungen gegeben, die sich mit Singstar beschäftigen.

Das darauf folgende Unterkapitel „Funktionsbeschreibung“ setzt sich aus drei Teilen zusammen. Der erste Teil beschreibt detailliert, aus welcher Hardund Software sich Singstar zusammensetzt. Das Kapitel „Spielweise“ erklärt annähernd wie eine Spielanleitung den genauen Ablauf des Spiels. Der wichtigste Teil ist aber die Beschreibung des eigentlichen Spielbildschirms, der die spätere Untersuchung zentral begleitet. An die Beschreibung des Spielbildschirms schließt sich die Erschließung des Bewertungssystems an. Es gilt genau zu erörtern, wie das Bewertungssystem funktioniert – wie die Notation funktioniert oder nach welchen Kriterien Singstar bewertet. Eine Verbindung zum Thema „‚Guter’ Gesang“ wird hergestellt.

Das mit „Fremdableger“ umschriebene „Ultrastar“ ist Untersuchungsobjekt des nächsten Unterkapitels. Man bekommt einen Einblick in die Entstehung dieses Open-Source2-Projekts und einen Vergleich mit seinem Vorbild Singstar. Ein gesondertes Unterkapitel bekommt die Passage über die besondere, nämlich unendlich ausbaubare, Titelauswahl bei Ultrastar.

Der Teil „Empirische Forschung“ leitet den wichtigsten Teil dieser Arbeit ein. Der erste Punkt hier, „Hypothesen“, gibt eine Aufzählung der fünf zu überprüfenden Hypothesen preis. Die darauf folgende Methodik erklärt genau, welche Schritte eingeleitet wurden, um der grundlegenden Fragestellung möglichst gerecht zu werden. Die Basisidee ist, unterschiedlich „gute“ Sänger zu wählen, deren Gesangsqualität von Singstar bestätigt werden soll. Die Erstellung eines „Gesangskategorie-Systems“, die Wahl der Probanden und eine genaue Beschreibung des Ablaufs der quantitativen Studie werden erläutert.

Alle erhaltenen Ergebnisse werden in der Untersuchungsdokumentation auf großem Raum tabellenartig festgehalten.

Der nächste Punkt ist eine Zusammenstellung aller wichtigen Ergebnisse in Form von Diagrammen. Jedem Diagramm ist eine kurze Beschreibung vorangestellt. Erstellt wurden alle Zeichnungen mit Excel – die Tabellenkalkulation ist in Form einer Datei auf einer CD dem Anhang beigefügt.

Der letzte Abschnitt des Hauptteils ist die Diskussion, in der die Ergebnisse den Hypothesen entsprechend interpretiert werden.

Dem Schluss sind letztlich eine nachträgliche Zusammenfassung der Arbeit und der Ausblick in weiterführende Untersuchungen zu entnehmen.

2. Hauptteil

2.1 Gesang

Einer der Kernpunkte der vorliegenden Arbeit, ist die Bewertung der Qualität von Gesang - speziell durch das Programm „Singstar“. Dabei ist zu beachten, dass Gesang eine Disziplin der Kunst ist und so behandelt werden muss. Hierzu zählt, dass man leicht in die Diskussion gerät, was Gesang sei. So könne man auf die Spitze getrieben der Ansicht sein, die Natur singe in ihren zahlreichen akustischen Darbietungen. Wenn man sich von solchen Metaphern entfernt, kommt man als nächstes zu dem Disput, ob Sprechen eine Art des Gesangs sei. Noch mehr Anhänger wird die Ansicht finden, dass Sprechgesang, oder auch Rap genannt, Gesang darstellt, vor allem da, wo der gesprochene Text melodisch zu werden beginnt, wie es „Die Fantastischen Vier“ vormachen. Daraus folgend ist ‚Kunst im weitesten Sinne’ kaum bewertbar. Mit der Tendenz zum engeren Sinne steigt das Potenzial der Bewertbarkeit. Auf diese Weise obliegt auch der Gesang auf unterschiedlichen Ebenen bestimmten normierten Bewertungskriterien. Eine dieser Ebenen ist der Musikbereich der populären Musik (pop. M.)3, der in dieser Arbeit ausschlaggebend ist, da Karaoke größtenteils mit Popmusik und Singstar ausschließlich mit pop. M. arbeitet. Der klassische Gesang soll aber nicht außen vor bleiben, da sich ein Teil dieser Kriterien in beiden Stilen teilweise überschneidet.

Das Instrument des Gesangs ist die menschliche Stimme. Die Stimme unterscheidet sich in einigen Dingen gravierend von anderen Instrumenten. Sie ist das einzige Instrument, welches man sich nicht aussuchen kann. Man wird damit geboren und es wird einen (höchstwahrscheinlich) sein ganzes Leben lang begleiten. Instrumentalisten erarbeiten sich mühevoll eine persönliche Spielart. Die persönliche Note der Stimme ist von Natur aus gegeben. Aber auch dieses Instrument ist bis zu einem bestimmten Grad formbar, veränderbar und verbesserbar (vgl. Pinksterboer, 2004, S. 10).

2.1.1 „Guter“ Gesang

Aktueller könnte dieses Unterthema flächendeckend betrachtet gar nicht sein – fast ganz Deutschland verfolgt mitfiebernd, gelegentlich, oder auch nur ab und zu (gezwungenermaßen) erfolgreiche Shows, wie „Starsearch“, „Popstars“, „Deutschland sucht der Superstar“, „Die deutsche Stimme“ oder „Stefan sucht den Super-Grand-Prix-Star“ und wird unaufhörlich mit der Frage konfrontiert, was „guter“ Gesang ist, bzw. wer gut singt. Die Quoten bezeugen das permanent: „Pro Siebens ‚Popstars’…So schauten am Donnerstagabend um 20:15 Uhr 3,2 Millionen Zuschauer die neuste Ausgabe, der Marktanteil beim Gesamtpublikum belief sich auf 11,1 Prozent“ (www.dwdl.de). „…’Deutschland sucht den Superstar’… Am Mittwochabend schalteten nach Senderangaben 7,43 Millionen Zuschauer (Marktanteil: 21,5 Prozent) die Musikcastingshow ein“ (www.satundkabel.de). Dies sind aber alles nur Nachfolger des britischen „Popidol“, welches nicht nur nach Deutschland, sondern auch in andere Länder, wie z.B. als „American Idol“ in die USA exportiert wurde.

Trotz der in 2.1 genannten Gradwanderung soll in dieser Arbeit versucht werden, Gesang von nun an im engsten gebräuchlichen Sinne zu verwenden. Dabei wird die Definition auf die westlichen Gesangsstile reduziert. Zusätzlich soll ein Akzent auf der pop. M. liegen.

Die folgende Aufzählung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Sie stellt lediglich einen Umriss dar, in dem die für den weiteren Verlauf wichtigsten Aspekte aufgenommen werden.

Ein wesentlicher Grundstein für einen guten Sänger ist seine Atemtechnik. Die Bauch-, bzw. Tief-, oder Zwerchfellatmung liefert zum einen ein größeres Atemvolumen als die Brustatmung. Gemeinsam mit einem guten Timing ist dies bedeutsam für längere zu singende Phrasen. Zum anderen beugt man einer Verspannung des Kehlkopfes und weiterer Teile der Stimme vor, was vor allem im klassischen Gesang nicht erlässlich ist (vgl. Pinksterboer, 2004, S. 41). Anders im Popbereich: „Auch das Singen mit verengtem Hals muss nicht unbedingt schlecht sein. Viele westliche Popsänger machen mit einem kehligen Timbre Karriere,…“ (ebd., S. 46). Im Popbereich wird manchmal auch ein hörbares Einund Ausatmen gewollt. Nena, eine Vertreterin der „Neuen Deutschen Welle“ machte das hörbare Einatmen zu einem ihrer Markenzeichen. Es bleibt eine Geschmacksfrage, ob man das „schön“ findet oder nicht. Das Ausatmen kann auf der anderen Seite ebenfalls hörbar auftreten - sogar in Verbindung mit Klängen, so dass letztlich ein „hauchiger“ Gesang entsteht, wie er ganz deutlich bei der sehr erfolgreichen Mariah Carrey zu hören ist. Im klassischen Gesang werden beide Techniken vollkommen gemieden. Man versucht beim Einatmen die Stimmritze weit zu öffnen, um die Luft geräuschfrei einströmen zu lassen und beim Ausatmen die vollständige Luft in Gesang zu verwandeln. Dies wird unter anderem durch eine gute Atemstütze erlangt, die bei Popsängern häufig vernachlässigt wird. Eine gute Atemstütze ist der Grundstein für die Kontrolle des subglotischen Drucks.

Wie unterschiedlich die Auffassungen von gutem Gesang sind, zeigt auch das Extrembeispiel Louis Armstrong, der die sog. „falschen Stimmlippen“ zum singen verwendet und somit ein Grunzen hervorbringt (vgl. ebd., S. 47). Als Sänger klassischer Musik hätte er große Schwierigkeiten. Dort wird ein ideales klassisches Timbre angestrebt. Armstrong erarbeitete sich hingegen ein unverwechselbares Timbre. Unverwechselbarkeit der Stimme ist in der nichtklassischen Musik von entscheidender Bedeutung und somit auch ein Kriterium für guten Gesang.

Ein weiterer Aspekt guten Singens ist die Tragfähigkeit der Stimme, doch auch hier muss man zwischen Klassik und pop. M. unterscheiden, da Popmusik größtenteils ins Mikro gesungen wird und durch weitere technische Hilfsmittel soweit verstärkt wird, dass eine tragfähige Stimme nicht unbedingt verlangt wird. „Die Lautstärke der Stimme an sich hat selten einen klanglichen, vielmehr einen emotionalen Hintergrund.“ (Freytag, 2003, S. 21) Die Verwendung eines Mikrofons funktioniert nicht automatisch, sondern muss erlernt werden. Zu achten ist u.a. auf Abstand, Winkel, plosive Laute oder Rückkopplungen. Ziel ist es, seine Stimme durch das Mikro nicht ungewollt verfälschen zu lassen und dennoch die gebotenen Möglichkeiten auszuschöpfen, die ein Mikro bietet. Dazu gehört der Umgang mit weiteren technischen Hilfsmitteln und Echtzeitstimmkorrektur, oder –verfremdung, wie in Chers „Believe“ (vgl. ebd. S.38ff). Im klassischen Bereich wird normalerweise ohne Verstärkung gesungen, sodass die unverstärkte Stimme mithilfe ihrer Tragfähigkeit ganze Konzertsäle füllen, ggf. das Orchester übertönen und gleichzeitig die übrigen Anforderungen erfüllen muss. Dafür lernen klassische Sänger die bestmögliche Ausnutzung ihrer fünf Formanten. Sie passen ihr Ansatzrohr an die Frequenz des gesungenen Tons so an, dass der entsprechende Formantbereich im Mund oder in der Rachenhöhle bestmöglich ausgenutzt wird und somit eine maximale Resonanz erreicht wird, auch wenn es dafür manchmal nötig sein kann, gesungene Vokale zu modifizieren (vgl. Pinksterboer, 2004, S.63). Dies ist nicht gleichzusetzen mir Lautstärke.

Die Kontrolle des für einen Sänger verfügbaren Lautstärkeumfangs, des Dynamikbereichs stellt ein weiteres Bewertungskriterium für guten Gesang dar. Gute Sänger zeichnen sich hierbei dadurch aus, dass sie über ihren ganzen Dynamikbereich ihr Timbre halten können. Die Kontrolle der Dynamik trägt entscheidend zum musikalischen Ausdruck bei.

Das vielleicht entscheidendste Kriterium für guten Gesang ist eine saubere Intonation. Erreicht wird sie neben einer selbstkritischen Wahrnehmung durch die sog. „Stütze“, das Offen-Halten des Körpers, die innere Weite und elastische, flexible Atemführung. Die Elastizität der Stimme trägt zur mühelosen Intonation großer Intervalle bei. Saubere Intonation ist hier das erste Kriterium, welches sowohl für klassischen Gesang, als auch für alle anderen Richtungen fast unentbehrlich ist. Es ist hier auch das erste, das auch von Laien leicht überprüft werden kann. In nichtklassischer Musik wird unsauberes Singen zwar praktiziert, jedoch gezielt eingesetzt. Es dient der Ausschmückung und taucht eher in Verbindung zu sauber intoniertem Gesang auf. So verhält es sich z.B. mit Portamento und Fall-offs. Voraussetzung für sauberes „Treffen“ der Töne ist ein gutes musikalisches Gehör, denn tendenziell betrachtet kann jemand auch nur dann einen sauberen Ton produzieren, wenn er ihn auch sauber rezipiert und verinnerlicht hat. Bei der Erzeugung von Tönen hat die menschliche Stimme aber den Vorteil, dass gegenüber anderen verstimmten Instrumenten leichte Tonhöhenabweichungen, hervorgerufen durch das „automatische“ Vibrato, viel eher hingenommen werden (vgl. ebd. S. 69).

Von der Singstimme wird neben dem Treffen eines Tons auch das Aushalten dessen erwartet. Auch hier ist eine gute Atemstütze von Bedeutung. Eine Erleichterung der Intonation schafft eine Begleitung, an der man sich orientieren kann. Je weniger Unterstützung von einer Begleitung vorhanden ist, desto schwieriger ist es, sauber zu singen. Den Höhepunkt der Schwierigkeit stellt dann das freie unbegleitete Lied dar.

Das nächste Kriterium ist eine präzise Artikulation. Dabei geht es nicht um normierte Aussprache, sondern darum, etwas genau so auszusprechen, wie es vom Sänger angestrebt war. Diese Ausweitung des Begriffs ist vor allem für Popsänger von Bedeutung. 50 Cent’s Rap und Gesang hört sich aufgrund der Narben von mehreren Pistolenschüssen ins Gesicht nuschelig an, doch eben das ist sein Markenzeichen und hat einen hohen Wiedererkennungswert. In pop. M. werden gelegentlich Personen gewollt inartikuliert direkt oder indirekt nachgeäfft. Des Weiteren werden selbst erfundene Wörter oder fremdartige Geräusche erzeugt, für die es keine Normaussprache gibt. In „If I Were A Rich Man“ aus „The Fiddler On The Roof“ werden z.B. Tierstimmen nachgemacht.

Mit der Artikulation verwandt ist der Stimmeinsatz. In den meisten Fällen wird ein weicher koordinierter Stelleinsatz erwünscht, der keinen Glottisschlag produziert (vgl. ebd. S. 77). Auch hier muss man anmerken, dass die Popmusik ihrer künstlerischen Freiheit nach nicht unbedingt an diese Technik gebunden ist. Ein gebräuchlicher Einsatz ist z.B. das Anknarren, welches durch Knacklaute erzeugt wird (vgl. Freytag, 2003, S. 56).

Ebenso verhält es sich mit Stimmregistern. Während klassische Sänger all ihre Register beherrschen sollen und sie je nach Tonlage einsetzen sollen, gibt es im nichtklassischen Bereich keine obligatorischen Regeln. Registerbrüche können (gewollt) hörbar sein. Die Klangfarbe, das persönliche Timbre, sollte in beiden Fällen in allen genutzten Registern und über den gesamten Stimmumfang möglichst einheitlich bleiben (vgl. Pinksterboer, 2004, S. 81).

Der Stimmumfang kann die Gesamtqualität des Gesangs beeinträchtigen. Grob kann man einen großen Stimmumfang positiv bewerten. Es ist jedoch wichtiger den gegebenen Umfang zu beherrschen, statt einen möglichst gro- ßen zu erreichen. Der persönliche Stimmumfang ist physisch begrenzt und nur wenig, meist nach oben, erweiterbar. Seine Ausweitung kann die Stabilität der Grenztöne unterstützen. Im klassischen Bereich benötigt man einen gewissen Stimmumfang, um einer Stimmgattung zugeordnet werden zu können und deren Lieder singen zu können. In pop. M. reicht oft ein kleiner Stimmumfang aus, da viele Lieder kaum eine Oktave umfassen. „Interpreten wie Nina Simone, Bob Dylan oder Hildegard Knef haben das hinreichend bewiesen“ (Freytag, 2003, S. 51). Zusätzlich sind hilfreiche Transponierungen üblich. Aber auch hier ist ein größerer Stimmumfang vorteilhaft, da der Sänger dadurch flexibler mit unterschiedlichen Tonarten umgehen kann und seine Lieder vielseitiger verzieren und ausgestalten kann. Höhe bereichert auch immer die Tiefe und umgekehrt. Abb. 1 zeigt Stimmumfänge der wichtigsten Stimmgattungen.

Von fundamentaler Bedeutung ist ein gutes Rhythmusgefühl, welches das Timing mit einschließt. Sänger jeglicher Art müssen ein inneres Metrum spü- ren, das es ihnen ermöglicht, im Takt zu bleiben. Unterstützend wirkt dabei auch hier eine Begleitung. Im Gegensatz zur Intonation kann dabei weniger Begleitung eine bessere, transparentere Unterstützung leisten. Die schwierigste Art ist aber auch hier das unbegleitete Lied. Durch ein verinnerlichtes Metrum ist es für einen Sänger leichter, den richtigen Einsatz, das Timing, hinzukriegen. Gutes Rhythmusgefühl ist besonders wichtig bei schwierigen synkopischen, verzögerten oder Laid-Back-Einsätzen (vgl. ebd. S. 104).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Stimmumfänge der sechs wichtigsten Stimmgattungen.

Quelle: PINKSTERBOER, Hugo (2004): Pocket-Info Gesang. Mainz: Schott Musik International. S. 24

Als ein weiteres Merkmal eines guten Sängers lässt sich seine Vielseitigkeit aufzählen. Es ermöglicht ihm unterschiedliche gesangliche Bereiche abzudecken.

Fast alle Anforderungen des klassischen Gesangs unterliegen nicht unbedingt direkt hörbar, aber dennoch tragend dem Popgesang.

Es mag dennoch der Anschein aufkommen, dass klassische Sänger wesentlich mehr zu leisten haben. Daher sollen an dieser Stelle Beispiele des nicht unmittelbar gesanglichen aufgeführt werden: Das Erscheinungsbild, die Gestik, die Bühnenpräsenz, die körperliche Dynamik, die Beherrschung der Show, die Interaktion mit dem Publikum, die Tanzeinlagen, die Beherrschung des Mikrofons, um nur ein paar wenige zu nennen.

2.1.2 Zusammenfassung

Auf den nichtklassischen Bereich reduziert, lässt sich die Bewertung des hörbaren Gesangs stark komprimieren. Es fällt schwer, zwingende Kriterien zu finden, da in pop. M. letztlich fast alles erlaubt ist. Doch auch Popmusik kommt nicht ohne die Fähigkeit des Sängers aus,

- Töne korrekt zu intonieren
- an entsprechenden Stellen so lange wie nötig auszuhalten
- seinen Text wunschgemäß zu artikulieren
- den Rhythmus des Liedes einzuhalten
- seine Stimme wunschgemäß dynamisch einzusetzen
- das Mikrofon zu beherrschen
- die Stimme funktionell ein-, und abzusetzen

Doch ob guter oder völlig ungenügender Gesang, er gehört immer elementar zum menschlichen Leben dazu. Ca. 85% der Deutschen Bevölkerung singt (vgl. www.stuttgarter-zeitung.de) – ob professionell, hobbymäßig oder nur gelegentlich, vor Publikum oder für sich allein, als Solist oder in der Gruppe. Jeder wird damit einmal aktiv konfrontiert. In den letzten 10 Jahren hat sich in Deutschland eine neue Art des Singens gezeigt: Karaoke. Vielen Menschen hat das Karaoke einen leichteren, mehr spielerischen Zugang zum Gesang erlaubt. Noch attraktiver wurde Karaoke und damit Gesang schließlich vor ein paar Jahren durch das Sony Karaoke-Programm „Singstar“.

In 2.3.1.3 „Bewertungssystem“ wird zu erörtern sein, nach welchem Verfahren Singstar „guten“ Gesang erkennt.

2.2 Karaoke

Das Karaoke bezeichnet eine musikalische Freizeitgestaltung. Dabei singen die Teilnehmer mit Hilfe eines Mikrofons und Verstärkers zur Instrumentalund Vokalbackgroundbegleitung von bekannten Liedern. Parallel dazu läuft der Text auf einem Bildschirm. Idealerweise ist das musikalische Begleitungsmaterial original, auf dem Bildschirm läuft im Hintergrund das originale Musikvideo und im Text wird jedes Wort, oder sogar jede Silbe, für den Sänger in Echtzeit markiert.

SCEE und deren Entwicklungsfirma London Studio haben mit der Veröffentlichung von Singstar den Nerv der Zeit optimal getroffen. Während noch vor zehn Jahren „Karaoke“ für viele ein Fremdwort war, erlebt das Freizeitgeschäft derzeit einen blühenden Aufstieg. Karaokebars sprießen aus dem Boden, Diskotheken variieren ihr Programm mit Karaoke und private Partys werden so immer öfter aufgelockert. Dabei liegen die Ursprünge der eigentlichen Karaoke über 30 Jahre in der Vergangenheit.

2.2.1 Geschichte

Das Wort Karaoke setzt sich aus den japanischen Abkürzungen der Wörter „karappo“ = leer, und „Okesutura“ = Orchester zusammen (vgl. www.worldof-karaoke.com). In Japan wird es auch o.k. abgekürzt.

Weiter in die Vergangenheit blickend stößt man auf Vorbilder der Karaoke in den 40er Jahren, als die ersten Sing-Along-Platten produziert wurden. Besonderheit derer war nur, dass den Platten der gesungene Text beigelegt wurde. In den 60ern erscheint für die meisten Menschen zum ersten Mal ein Springball, als Markierung für das momentan zu singende Wort, über den Textzeilen. „Sing along with Mitch“, eine amerikanische Fernsehshow, bedient sich dieser Technik und animiert erfolgreich zum mitsingen.

Die offizielle Geburtsstunde des Karaoke fand aber im fernen Osten, in Japan, statt. Es gibt mehrere Versionen, darüber wie die Idee zustande gekommen ist. Einig ist man sich über das Entstehungsjahr 1971 und den Ort Kobe im Kansai-Gebiet in Japan (vgl. www.musicline.de). Und auch über den Erfinder stimmt man größtenteils überein: Inoue Daisuke (*10. Mai 1940 in Osaka). Aus einem Interview mit ihm ist folgendes zu entnehmen: Inoue Daisuke, heute laut des „Time Magazine“ einer der 100 einflussreichsten Asiaten des 20. Jahrhunderts, war Schlagzeuger einer Band, die in der Zeit in der Bar „Baron“ spielte. Ein Unternehmen wollte die Band zur Unterhaltung auf eine Reise nehmen. Die Musiker lehnten zwar ab, nahmen für den Geschäftsmann aber stattdessen Frank Nagais „Leaving Haneda Airport on a 7:50 Flight“ auf Tonband auf. Daisuke schloss den Kassettenrekorder seines Autos und ein Mikrofon an einen Gitarrenverstärker an und gab die Anlage samt Band dem Unternehmer mit. Die Idee hatte Erfolg und so ließ Daisuke von einem Gitarrenbauer einen weiteren Gitarrenverstärker umbauen. Er ließ sich ein Kassettendeck und einen Münzeinwurf einbauen und modifizierte das Laufwerk so, dass man auf Knopfdruck aus vier Titeln wählen konnte. Der erste Titel, und somit der erste richtige Karaoke-Song überhaupt, war „Lost in your eyes“ von Debbie Gibson. Den Text kannte man auswendig oder las ihn von Papier ab. Daisuke nahm hunderte weiterer Stücke auf, die er in eine leicht singbare mittelhohe Lage transponiert hatte, und verkaufte sie mit seinen „Karaoke-Maschinen“ an Bars und Lokale. Für diese war das eine zuverlässige und kostengünstige Alternative zu Live-Bands. Unterdessen vergaß Daisuke seine Erfindung zu patentieren, so dass sich nach vier Jahren schließlich die Industrie der Produktion anschloss.

Karaoke breitete sich durch permanenten Zuwachs von Karaokebars von da an national immer stärker aus (vgl. Würtz, 2005, S. 144f).

Den Namen „Karaoke“ kreierte schließlich 1976 die Firma Clarion, die sich ebenfalls der Produktion widmete.

In den nächsten Jahren begann die Entwicklung von unterschiedlichen Videogeräten. 1982 folgte auch Karaoke dem technischen Fortschritt - Tadahiko Hoshi, der bedeutendste Karaoke-Entwickler nach Daisuke, veröffentlichte zusammen mit Pioneer das erste Karaokesystem mit paralleler Videowiedergabe. Der zu singende Text erschien auf einem im Gerät installierten Bildschirm und wurde von stimmungsvollen Bildern oder Videos untermalt. Dadurch erhielt Karaoke einen enormen Popularitätsschub. In den Bars und Lokalen blieb es weitestgehend dennoch eine Unterhaltungsart, die nur für heimkehrende Angestellten und sich treffende Geschäftsleute interessant war (vgl. Heindorf & Horiguchi, 2002, S. 2). Asiatischen Überlieferungen nach wurden aber in den Reisfeldern der Okayama-Präfektur westlich des Kansai- Gebietes bis 1985 umfunktionierte Waggons von Frachtzügen als Räume für Karaokegenuss genutzt, die auch von Gruppen aus dem gemeinen Volk benutzt wurden (vgl. www.singesong.de). Ab diesem Jahr wurden speziell für Karaoke gefertigte Räume eingerichtet, die sog. „Karaoke-Boxen“, wie sie, vielfach modernisiert, bis heute vor allem im asiatischen Raum genutzt werden. Dies machte Karaoke für jedermann salonfähig und schaffte es Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre dank steigender Popularität über die nationalen Grenzen hinaus. Die Einführung der Karaoke-Boxen, in Japan auch „K-TV-Boxen“ genannt, erreichte vor allem das jüngere Publikum besser und blieb bis heute eine der wichtigsten Fortschritte des Karaoke (Heindorf & Horiguchi, 2002, S. 3).

In Folge der Zeit kamen andere Video-Medien hinzu, lösten alte ab und verschwanden wieder. Die letzten bedeutendsten Karaoke-Medienträger bleiben bis heute Computer-Dateien, die üblicherweise über das Internet bezogen werden.

In Japan erreichte die Beliebtheit des Karaoke zwischen 1993 und 1995 mit 58Mio Interessenten pro Jahr ihren Höhepunkt (Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Durchschnittliche jährliche Besucherzahl des öffentlichen Karaoke in Japan; Gesamtzahl an Karaoke Boxen

Quelle: All-Japan Karaoke Industrialist Association (Hrsg.) (2000): Karaoke Hakusho 2000 [Karaoke Weißbuch 2000]. Tokio S. 2

Der Grafik kann man entnehmen, dass der Markt von da an tendenziell rückgängig geworden ist. International weitete sich zur selben Zeit die Karaoke- Unterhaltung zunächst über den restlichen asiatischen Raum und den USA aus, gefolgt von Großbritannien und schließlich Europa (vgl. www.associatedcontent.com).

Erst 1993 eröffnete das erste deutsche reine Karaoke-Lokal „Singesong“ in Karlsruhe. Das Abspielmedium war die Laserdisk (www.singesong.de).

2.2.2 Technik

Karaoke hat eine lange technische Geschichte vorzuweisen. Beinahe jedes Medium wurde verwendet, um Karaoke dem Konsumenten zugänglich zu machen.

1971 angefangen entstand die erste von Inoue Daisuke selbst gebastelte Karaokemaschine - ein Gitarrenverstärker mit angeschlossenem Mikrofon und einem Autokassettenradio. Daisuke entwickelte den Apparat weiter, so dass der Verstärker ein Kassettendeck und einen Münzeinwurf bekam. Man konnte auf einer Kassette direkt zwischen vier Titeln wählen, denn das extrabreite Band bestand aus vier parallel zusammengeklebten herkömmlichen Bändern. Durch versetzen des Tonkopfes wurde der gewünschte Titel angewählt (vgl. Würtz, 2005, S. 145). Seit Erscheinen der CD, 1982, ist es möglich, Karaoke-Lieder in wesentlich besserer Qualität direkt anzuwählen (vgl. www.karaoke-germany.de).

1982 folgte dann Pioneers Laserdisk-Karaokesystem. Die Laserdisk enthielt neben Ton-, auch Bildmaterial, welches dafür benutzt wurde, den aktuellen Text auf einem Bildschirm anzuzeigen. Im Hintergrund zeigten sich aus lizenztechnischen Gründen neu aufgenommene Bilder oder Videos statt der Originalvideos. Diese Reduzierung wird bis heute meistens angewandt. Laserdisks lassen sich ausschließlich auf Laserdisk-Playern abspielen.

1984 entwickelte Daisuke mit Daiichi Kosho und Sony den Autochanger, der die Liedauswahl bedeutend beschleunigte (vgl. Heindorf & Horiguchi, 2002, S. 3f).

Kostengünstigere aber qualitätsärmere Alternative zur Laserdisk war und ist die VHS-Kassette, die zudem keine direkte Liederauswahl erlaubt (vgl. www.karaoke-germany.de).

Mit der Etablierung der CD wurde das CD+G (CDG, CD plus G) Format von Phillips entwickelt, welche für den Endverbraucher bis auf eine schlechtere Qualität genauso funktioniert wie die Laserdisk. Die Bezeichnung steht für CD + Graphics. Zu einem CD+G Lied gehören immer ein Standard-CD-Track und eine dazugehörige Grafikdatei im cdg-Format. Auch für die CD+G ist ein spezielles Abspielgerät erforderlich. Herkömmliche CD-Player und andere Standard-CD-Abspielgeräte können die CD+G zwar akustisch abspielen, jedoch nicht die grafischen Elemente lesen und wiedergeben. Einige wenige DVD-Player sind mit dem Format jedoch kompatibel. Des Weiteren gibt es bestimmte Spielkonsolen die das Format ebenfalls unterstützen. Mit entsprechender Software, wie das sehr verbreitete KaraFun spielen auch PCs CD+G ab. Das ebenfalls von Phillips entwickelte Format CD-I wurde nur vereinzelt für Karaoke benutzt (vgl. karaoke-up2date.de).

Das 1992 aufgekommene Audioformat mp3 fand sich im Karaokebereich als mp3-CD ohne Grafikinformationen und als mp3+G wieder. mp3-CDs werden von einigen CD-Playern und von nahezu allen DVD-Playern abgespielt. mp3+Gs lassen sich von wenigen DVD-Playern abspielen und werden am PC von KaraFun und äquivalenten Programmen unterstützt.

Mitte der 90er Jahre kam die VCD und deren Weiterentwicklung SVCD auf den Markt. Beide eignen sich ebenfalls für Karaoke und funktionieren für den Konsumenten weitestgehend genauso wie die CD+G. Bildund Tonmaterial werden mithilfe eines speziellen (S)VCD-Players auf dem Bildschirm wiedergegeben. Auch die meisten DVD-Player und PCs mit entsprechender Software spielen (S)VCDs ab (vgl. ebd.).

Es gibt bei allen oben beschriebenen Stereogeräten zwei Arten der Aufnahme: Entweder ist die Begleitung in Stereo, oder ein Kanal spielt nur die Begleitung, während der andere Kanal nur die Singstimme spielt. Auf diese Weise kann man den Gesang mit einem Balance-Regler stufenlos dazuschalten, muss aber auf eine Stereobegleitung verzichten.

Nur für den PC-Gebrauch gibt es darüber hinaus Karaoke-CD-ROMs, die unterschiedliche zusätzliche Funktionen haben können.

Selten werden zu Karaoke-Zwecken auch midiund kar-Dateien verwendet.

midi-Dateien lassen sich am PC oder von speziellen midi- Geräten/Instrumenten abspielen, während kar-Dateien nur mit PC- Programmen kompatibel sind (vgl. www.karaoke-germany.de).

Das letzte aufgekommene Karaokemedium ist die Digital Video Disk/Digital Versatile Disk (DVD). Die DVD zeigt die eindeutig beste Bildqualität, bessere Tonqualität und die Möglichkeit, viele Tonspuren aufzunehmen, auf. Karaoke-DVDs sind wie Film-DVDs aufgenommen und lassen sich von jedem DVD-Player abspielen. Das DVD-Karaoke-Format SCDG stellt eine Besonderheit dar und benötigt ein spezielles Abspielgerät (vgl. www.karaoke.com). In Japan sind zwei weitere Technologien verbreitet: Zum einen Net-Karaoke. Hierbei erhält der Empfänger Karaokematerial über das Internet. Zum anderen Closed Circuit Television (CCTV) System Karaoke, bei dem das TV-Netz ausgenutzt wird (vgl. Heindorf & Horiguchi, 2002, S. 13f).

Erst die DVD-Technologie ermöglichte dank Ihrer enormen Datenaufnahmekapazität die Umsetzung eines Programms wie Singstar für den privaten Einsatz.

2.2.3 Aktueller Stand

Karaoke ist heute aus der Musikwelt nicht mehr herauszudenken. Von dessen Ursprungsort und Zentrale Japan hat es sich über die ganze zivilisierte Welt ausgebreitet. „Sechs Milliarden Euro werden in Asien pro Jahr mit Karaoke umgesetzt, weltweit fast 20 Milliarden Euro“ (WÜRTZ, 2005, S. 144). In Kobe, dem Geburtsort des Karaoke, existieren heute ca. 4000 Karaokebars. Jede Bar ist eine Karaokebar (vgl. ebd., S. 145).

[...]


1 In der kompletten Arbeit wird der Einfachheit halber die männliche Form verwendet, auch wenn immer weibliche Personen mit eingeschlossen sind. Frauen und Männer werden in allen Teilen der Arbeit absolut gleichwertig verstanden.

2 „Open Source, das heißt offener Quellcode und meint gemeinhin Software, die jeder nach Belieben studieren, benutzen, verändern und kopieren darf“ (www.bpb.de)

3 Populäre Musik (pop. M.) wird in dieser Arbeit fortan mit dem Begriff Popmusik gleichgesetzt und soll im Sinne des Duden, 1996, 3. Aufl. verstanden werden. Demnach ist Popmusik, seit den 1960er Jahren Sammelbegriff für alle Erscheinungsformen der Unterhaltungsmusik, die sich an der angloamerikan. (Volks)musik, am Musical und am Jazz sowie v. a. an den jeweiligen Strömungen der Rockmusik orientieren.

Ende der Leseprobe aus 87 Seiten

Details

Titel
Der Zusammenhang zwischen gesanglichen Fähigkeiten und deren Bewertung durch das Karaoke-Programm Singstar und seine Eigen- und Fremdableger
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Note
2
Autor
Jahr
2007
Seiten
87
Katalognummer
V116452
ISBN (eBook)
9783640182244
ISBN (Buch)
9783640182367
Dateigröße
1733 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der Zusammenhang zwischen gesanglichen Fähigkeiten und deren Bewertung durch das Karaoke-Programm Singstar und seine Eigen- und Fremdableger. Die Arbeit will herausfinden, "ob die Bewertung von Gesang durch Singstar gerechtfertigt ist", oder "ob Singstar gute von schlechten Sängern unterscheiden kann". Dabei Gliedern sich die Hauptteile wie folgt: 1. Gesang - Gütekriterien 2. Karaoke - Karaokegeschichte, Karaoketechnik 3. Singstar - Singstargeschichte, Singstartechnik, Singstarfunktionen, Ultrastar 4. Empirische ForschungDer Zusammenhang zwischen gesanglichen Fähigkeiten und deren Bewertung durch das Karaoke-Programm Singstar und seine Eigen- und Fremdableger Die Arbeit will herausfinden, "ob die Bewertung von Gesang durch Singstar gerechtfertigt ist", oder "ob Singstar gute von schlechten Sängern unterscheidden kann". Dabei Gliedern sich die Hauptteile wie folgt: 1. Gesang - Gütekriterien 2. Karaoke - Karaokegeschichte, Karaoketechnik 3. Singstar - Singstargeschichte, Singstartechnik, Singstarfunktionen, Ultrastar 4. Empirische ForschungDer Zusammenhang zwischen gesanglichen Fähigkeiten und deren Bewertung durch das Karaoke-Programm Singstar und seine Eigen- und Fremdableger. Die Arbeit will herausfinden, "ob die Bewertung von Gesang durch Singstar gerechtfertigt ist", oder "ob Singstar gute von schlechten Sängern unterscheidden kann". Dabei Gliedern sich die Hauptteile wie folgt: 1. Gesang - Gütekriterien 2. Karaoke - Karaokegeschichte, Karaoketechnik 3. Singstar - Singstargeschichte, Singstartechnik, Singstarfunktionen, Ultrastar 4. Empirische ForschungDer Zusammenhang zwischen gesanglichen Fähigkeiten und deren Bewertung durch das Karaoke-Programm Singstar und seine Eigen- und Fremdableger Die Arbeit will herausfinden, "ob die Bewertung von Gesang durch Singstar gerechtfertigt ist", oder "ob Singstar gute von schlechten Sängern unterscheidden kann". Dabei Gliedern sich die Hauptteile wie folgt: 1. Gesang - Gütekriterien 2. Karaoke - Karaokegeschichte, Karaoketechnik 3. Singstar - Singstargeschichte, Singstartechnik, Singstarfunktionen, Ultrastar 4. Empirische Forschung
Schlagworte
Zusammenhang, Fähigkeiten, Bewertung, Karaoke-Programm, Singstar, Eigen-, Fremdableger
Arbeit zitieren
Staatsexamen Thomas Bluszcz (Autor:in), 2007, Der Zusammenhang zwischen gesanglichen Fähigkeiten und deren Bewertung durch das Karaoke-Programm Singstar und seine Eigen- und Fremdableger, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116452

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