Le Corbusier - Städtebautheorie


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

24 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Biographie

3. Die Städtebautheorie

4. Ville Contemporaine
4.1 Das Stadtzentrum
4.2 Die Gartenstadt

5. Plan Voisin

6. Ville Radieuse

7. Stadt zum Wohnen

8. Ort des Lebens

9. Grüne Stadt

10. Chandigarh

11. Eisenman versus Le Corbusier

12. Entwicklung nach Corbusier

13. Abschied vom Zentrum?

14. Fazit

15. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Le Corbusier wird als ,,der einflussreichste und hervorragendste Architekt des 20. Jahrhunderts [bezeichnet], dessen Einfallsreichtum bzw. formale Erfindungskraft nur mit der schöpferischen Begabung von Picasso verglichen werden kann"[1] Das amerikanische Time Magazine hat ihn zum wichtigsten Architekten dieses Jahrhunderts erkoren.[2] Der Städtebau war in seinem frühen Werk ebenso wie die Massenproduktion von Wohnhäusern ein Teil seines Denkens und Schaffens.

Die vorliegende Arbeit beginnt mit der Biographie Le Corbusiers. Es folgt seine Städtebautheorie, die Stadtpläne ,,Ville Contemporaine“ (mit den Unterteilungen in „das Stadtzentrum“ und „die Gartenstadt“), „Plan Voisin“ und ,,Ville Radieuse“. Die Charakteristika, der von Le Corbusier geplanten Städte, werden in den anschließenden Kapiteln: „Stadt zum Wohnen“, „Ort des Lebens“, „Grüne Stadt“ und „Stadt der Menschen“ aufgezeigt. Mit „Chandigarh“ wird ein realisiertes Projekt beschrieben. In

„Eisenman versus Le Corbusier“ werden die genannten Architekten einander gegenüber gestellt. Es wird ein kurzer Ausblick auf die „Entwicklung nach Corbusier“ geleistet und die Frage „Abschied vom Zentrum?“ zu beantworten versucht. Den Abschluss bildet das „Fazit“.

2. Biographie

Am 6. Oktober 1887 wird Charles Edouard Jeanneret (später Le Corbusier) als Sohn eines Graveurs und einer Musikerin in La Chaux-de-Fonds in der Schweiz geboren.[3]

Mit 14 Jahren beginnt er 1900 eine Graveur- und Ziseleurlehre an der Kunstgewerbeschule in seinem Geburtsort. Die dort ausgebildeten Graveure arbeiteten hauptsächlich für die Uhrenindustrie. Er besuchte in dieser Schule die Kurse für Skulpturen und Wandmalerei und interessierte sich sehr für die Architektur. Ab 1905 wird er an der selben Schule zum Architekten ausgebildet.[4] Kaum 18 Jahre alt, erhält Jeanneret von einem Vorstandsmitglied der Kunstschule den Auftrag eine Villa zu bauen (Villa Fallet).[5] Mit diesem Honorar begibt sich Jeanneret auf Reisen nach Italien, Budapest und Wien. Ab 1908 arbeitet Jeanneret in Paris im Atelier von August Perret 15 Monate lang als Architekt, wo er Einblick in die Möglichkeiten von Stahlbetonkonstruktionen erhielt.[6]

1910-1911 unternimmt er im Auftrag von der Kunstschule La Chaux-de-Fonds eine Studienreise nach Deutschland, um die Entwicklung der kunstgewerblichen Bewegung zu studieren. Dort arbeitete er im Jahre 1910 fünf Monate lang bei Peter Behrens, wo er sein Wissen über Stahlbeton weiter vertiefen konnte. 1911 erscheint in La Chaux-de-Fonds eine offizielle Publikation über diese Studie in Deutschland.[7] Zu seinen frühen Arbeiten zählen das Konzept der Dom-ino-Häuser, ein 1914/15 erarbeitetes Bausystem zur industriellen Serienproduktion in Stahlbeton, und 1916 die Villa Schwob in La Chaux-de-Fonds, ein Stahlbetonbau im klassizistischen Gewand.[8] 1917 ließ sich Jeanneret in Paris nieder und signierte zum ersten Mal Artikel mit dem Pseudonym Le Corbusier. [9] Hier lernte er auch den Maler Amédée Ozenfant kennen, mit dem er das Manifest ,,Apres le cubisme“ (1918) veröffentlichte und ab 1920 die Zeitschrift ,,L'Esprit Nouveau" herausgab.[10]

Zwischen 1920 und 1922 entwickelte er die Citrohan-Häuser, schachtelartige Bauten mit tragenden Wänden an den Längsseiten, die in einer zweiten Fassung auf Stützen gehoben wurden.[11]

1922 schloss er sich mit seinem Vetter Pierre Jeanneret zusammen, arbeitete an der Villa Ozenfant in Paris und entwickelte das Konzept für eine Stadt mit drei Millionen Einwohnern (Ville Contemporaine).[12] 1923 gab Le Corbusier seine gesammelten Artikel aus ,,L'Esprit Nouveau" unter dem Titel ,,Vers une Architecture" neu heraus.[13] In der Folgezeit baute er unter anderem das Doppelhaus La Roche und Jeanneret in Auteuil (1923), eine Wohnsiedlung in Pessac (1925)[14], das Haus Cook in Boulogne-sur-Seine (1926) und die Villa Stein in Garches (1927)[15]. Sein Pavillon de L'Esprit Nouveau auf der Pariser Ausstellung von 1925 bildete den modellhaften Baustein eines Großwohnblocks.[16] Hochhäuser dominierten schließlich seinen ,,Plan Voisin" für ein neues Paris (1925).[17] 1927 nahm er am Wettbewerb des Genfer Völkerbundpalastes und an der Werkbundausstellung in Stuttgart-Weißenhof mit zwei Wohnhäusern teil, wobei er versuchte, sein Fünfpunkteprogramm einer neuen, zeitgemäßen Architektur umzusetzen: Pfosten (Pilotis), Dachgärten, freier Grundriss, Langfenster und freie Fassadengestaltung.[18] 1928 wurden die beiden Häuser in der Weißendorfsiedlung in Stuttgart gebaut.[19] Die Pläne für den Völkerpalast in Genf wurden abgelehnt, da sie „nicht mit Tusche gezeichnet“ waren.[20]

1926: Le Corbusier gewinnt den 1. Preis im Wettbewerb für das Völkerbundsgebäude in Genf.[21] Es wurde nicht gebaut, was ein Mitgrund zur Gründung der CIAM (Congrès Internationaux d´Architecture Moderne) war (1928).[22] Die CIAM- Kongresse haben von 1928- 1958 getagt[23]. Ihre Ziele waren: Das zeitgenössische Problem der Architektur zu formulieren; den Geist der modernen Architektur aufzuzeigen; diesem Geist in technischen, wirtschaftlichen und sozialen Kreisen zum Durchbruch zu verhelfen und die Verwirklichung der Aufgabe der Architektur zu überwachen. Auf schlanke Stützen stellte er die Villa Savoye in Poissy (1929-31), ein weißes Prisma mit Rampen und überraschenden Durchblicken im Innern.[24]

Es folgt die Cité de Refuge der Heilsarmee in Paris (1929-32)[25] und der Schweizer Pavillon der Cité Universitaire in Paris (1930-32).[26] Für das Projekt des Sowjet-Palastes in Moskau (1931) erarbeitete er eine Halle, die an einem weiten, überspannenden Parabelbogen hängt.[27]

1935 reiste er zum ersten Mal in die USA[28] und veröffentlichte ein weiteres Stadtplanungskonzept unter dem Titel ,,La Ville Radieuse".[29] Seine Planungen für ein Ministeriumsgebäude in Rio de Janeiro und die Zentrale der Vereinten Nationen in New York wurden zwischen 1937 und 1943 ausgeführt.[30]

Erste Vorarbeiten zum Modulor, einem von Le Corbusier entwickelten Maßsystem nach dem Prinzip des Goldenen Schnitts, ausgehend von den Proportionen des menschlichen Körpers, entstanden 1942.[31] 1943 gründete er die ASCORAL, eine Vereinigung von Konstrukteuren für die Erneuerung der Architektur.[32] 1944 veröffentlichte er die Charta von Athen, Überlegungen und Forderungen zu einer zeitgemäßen, funktionellen Stadt, die 1933 vom CIAM zusammengestellt[33] und 1941 von Le Corbusier weiterentwickelt worden waren. 1933 werden die Bücher Le Corbusiers in Deutschland als „Bolschewistische Architektur...“[34] und in Moskau als „bekannt kapitalistische Architektur“[35] verboten.

Der Wiederaufbauplan für Saint-Dié (1946), der den Aufbau der im Kriege zerstörten Stadt durch acht Wohneinheiten für 20.000 Einwohner vorsah, wurde abgelehnt.[36]

Ein bedeutendes Experiment im Massenwohnungsbau stellt die Unité d'Habitation in Marseille (1945-52) dar, ein Hochhauskomplex auf massigen Pilotis mit 337 Wohneinheiten, Ladenstraße, Freizeit- und Kommunikationseinrichtungen. Weitere Unités folgten unter anderem in Nantes-Reze (1952-57)[37], in Berlin (1956/57) und in Meaux (1957-59). Im Jahre 1956 hat Le Corbusier für die Stadt Meaux ein neues Wohnzentrum von 5 ,,Unité d'habitation" entworfen[38], und später, im Jahre 1960, wurde ihm der Auftrag erteilt, eine Siedlung mit 15 Unités und ,,6 Tours des célibataires“ zu projektieren.

Zu Le Corbusiers Spätwerk, expressiv geformten, skulpturalen Bauten, die auch nicht mehr den prototypischen Anspruch seiner Vorkriegsbauten hatten, gehören die Wallfahrtskirche Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp (1950-55)[39], das Dominikanerkloster Sainte-Marie-de-la-Tourette in Evreux-sur-L'Arbresle (1957-60)[40] sowie der Justizpalast in Chandigarh (1950-56)[41]. Bereits 1950 und 1951 arbeitete er mit Maxwell Fry und Jane Drew an einem Flächennutzungsplan für diese indische Stadt.[42] In Amerika errichtete er nur das Visual Arts Center in Cambridge, Massachusetts, das 1964 vollendet wurde.[43] Le Corbusier gehört nicht nur zu den wichtigsten Architekten und Städteplanern des 20. Jahrhunderts, sondern war daneben auch ein bedeutender Theoretiker und Maler. Am 27. August 1965 stirbt Le Corbusier nahe Cap Martin bei Nizza.[44]

3. Die Städtebautheorie

Das amerikanische Time Magazine hat den Schweizer zum wichtigsten Architekten dieses Jahrhunderts erkoren.[45] Er prägte als architektonischer Autodidakt sein Metier - mit theoretischen Schriften, utopischen Projekten und mit realisierten Bauten. Als 36-Jähriger veröffentlichte er 1923 die Vision einer neuen Architektur „Vers une Architecture“ mit seiner berühmten Definition: „Architektur ist das wunderbare, weise und korrekte Spiel von versammelten Formen im Licht.“[46] Er forderte eine Architektur, die dem Maschinenzeitalter angemessen wäre: Häuser als Wohnmaschinen, Städte als durchrationalisierte Arbeits-, Verkehrs- und Wohneinheiten.[47] Zeitlebens beschäftigte sich Le Corbusier mit gigantisch-kühnen städtebaulichen Projekten. Die wichtigsten Beispiele sind die ,,Ville Contemporaine“, der ,,Plan Voisin“ mit dem Vorschlag, im Pariser Stadtzentrum 18 Hochhaustürme aufzustellen. Es folgte ein weiteres Städtebaukonzept mit dem Titel ,,Ville Radieuse“ und der ,,Plan Obus“ für Algier, der vorsah, dem Meer entlang ein schleifenförmiges Endloshaus zu bauen, mit der Strasse auf dem Dach.[48] Umsetzen konnte er seine Vorstellungen mit dem Bau von Chandigarh (s. 10. Kapitel). Das Ringen um Klarheit und Einfachheit manifestiert sich wie hier auch in seinen Wohnhäusern. Als Grundform dient die Schachtel. Die Häuser sind oft auf Stelzen gebaut, dünnwandig und schwebend. Diese Funktionalität und Leichtigkeit verkörpern zahlreiche Villen genauso wie größere Bauten.[49] Bei aller Liebe zu klaren Linien konnte der Meister auch anders: Im französischen Ronchamp baute er eine Wallfahrtskirche, deren plastisch runde Formen eine Richtungsänderung der modernen Architektur hin zur freien künstlerischen Gestaltung auslösten. Die Stadt als sozialer und architektonischer Organismus nimmt im Denken von Le Corbusier schon immer einen ganz besonderen Rang ein. Die hervorstechenden Merkmale der Stadt Le Corbusiers sind:

Der Ersatz der flachen, aber dichten Bebauung durch eine weiträumige, hohe.

Die Widmung des Erdgeschosses der Stadt zur freien, zusammenhängenden Verkehrsfläche der Fußgänger, auch unter den Gebäuden hindurch. Zu diesem Zweck stehen sämtliche Gebäude auf Stützen (den „pilotis“).

Die Ausgestaltung der Dachflächen zu Dachterrassen.

Die vollkommene Trennung des Fahrverkehrs vom Fußgängerverkehr, wobei dem Fahrverkehr Verkehrsbänder unter oder über dem Niveau zugewiesen sind.

Die Verbindung der Wohn-, Arbeits- und Erholungsflächen der Stadt zu einem rationalen, schaubaren Plansystem, das der Örtlichkeit angepasst ist.[50]

[...]


[1] Lexikon der Weltarchitektur, S. 373.

[2] www.coopzeitung.ch/Jahrhundertschweizer/def_jhch.htm

[3] Le Corbusier (mein werk), S. 19.

[4] Curtis, S. 19.

[5] Boesiger, S. 9.

[6] Curtis, S. 24ff.

[7] Curtis, S. 34.

[8] Gast, S. 16 ff.

[9] Le Corbusier (mein werk), S.

[10] Le Corbusier (mein werk), S. 49, 62f.

[11] Gast, S. 30f.

[12] Le Corbusier (mein werk), S. 49.

[13] Le Corbusier (mein werk), S. 49.

[14] Curtis, S. 77 ff.

[15] Benevolo, S. 905.

[16] Le Corbusier (mein werk), S. 49.

[17] Besset, S. 180.

[18] Roth, S. 5 ff.

[19] Le Corbusier (mein werk), S. 51.

[20] Le Corbusier (mein werk), S. 79.

[21] Le Corbusier (mein werk), S.16.

[22] Le Corbusier (mein werk), S. 50.

[23] Le Corbusier (mein werk), S. 83.

[24] Boesiger, S. 58.

[25] Besset, S. 83.

[26] Le Corbusier (mein werk), S. 96.

[27] Besset, S. 117.

[28] Le Corbusier (mein werk), S. 126.

[29] Besset, S. 203.

[30] Benevolo, S. 909.

[31] Le Corbusier (mein werk), S. 158 f.

[32] Le Corbusier (mein werk), S. 137.

[33] Curtis, S. 142ff.

[34] Le Corbusier (mein werk), S. 158 f.

[35] Le Corbusier (mein werk), S. 50.

[36] Le Corbusier (mein werk), S. 148 f.

[37] Le Corbusier (mein werk), S. 171.

[38] Le Corbusier (mein werk), S. 188.

[39] Le Corbusier (mein werk), S. 166.

[40] Le Corbusier (mein werk), S. 172, 265.

[41] Le Corbusier (mein werk), S. 178.

[42] Gast, S. 98.

[43] Besset, S. 130.

[44] Besset, S. 206.

[45] http://www.coopzeitung.ch/Jahrhundertschweizer/def_jhch.htm

[46] Le Corbusier (mein werk), S. 49.

[47] Le Corbusier (mein werk), S. 15.

[48] Curtis, S. 143ff.

[49] Curtis, S. 192.

[50] Egli, S. 366.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Le Corbusier - Städtebautheorie
Hochschule
Kunstakademie Münster Hochschule für Bildende Künste  (Kunstakademie Münster)
Veranstaltung
Abschied vom Zentrum. Architektur aus Antike, Renaissance und Gegenwart
Note
1,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
24
Katalognummer
V116350
ISBN (eBook)
9783640199228
ISBN (Buch)
9783640209545
Dateigröße
468 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
"Eine außergewöhnlich klare, gut strukturierte, inhaltlich differenzierte und kritisch abwägende Darstellung des Themas. Auch sprachlich ausgezeichnet. Insgesamt eine ausgezeichnete Arbeit""Eine außergewöhnlich klare, gut strukturierte, inhaltlich differenzierte und kritisch abwägende Darstellung des Themas. Auch sprachlich ausgezeichnet. Insgesamt eine ausgezeichnete Arbeit"
Schlagworte
Corbusier, Städtebautheorie, Abschied, Zentrum, Architektur, Antike, Renaissance, Gegenwart
Arbeit zitieren
Tina Brackmann (Autor:in), 2002, Le Corbusier - Städtebautheorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116350

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