Einfluss des Schlafs auf die Epilepsie

In welchem Rahmen wird der Krankheitsverlauf durch Schlafstörungen beeinflusst und worin bestehen Therapiemöglichkeiten?


Hausarbeit, 2007

18 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Methoden

3. Ergebnisse
3.1 Schlafentzug
3.2 Schlaf-Wach-Zyklus
3.3 Schlaf-Apnoe

4. Diskussion

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis
Zeitschriftenartikel:
Buchartikel:
Internetquellen:

1. Einleitung

Ein Patient mit Epilepsie sollte „ den Tag wach und die Nacht schlafend verbringen. Wenn diese Gewohnheit gestört wird, so ist dies nicht gut… am schlimmsten ist es allerdings, wenn der Patient weder am Tage noch bei Nacht schläft.“ (Hippokrates, 460-370 v. Chr.)

Das Zitat zeigt, dass die Epilepsie oder auch „die heilige Krankheit“, wie sie früher genannt wurde, schon zu Zeiten Hippokrates’ bekannt war, und man Beobachtungen über mögliche Risikofaktoren, die das Auftreten des Symptoms epileptischer Anfall im Rahmen dieser Krankheit begünstigen können, anstellte.

Heute sind uns viele Arten der Epilepsie bekannt, und es existiert ein Klassifikationsschema zur Beurteilung der Krankheit, das drei unterschiedliche ätiologische Kategorien unterschei­det: 1. idiopathische Epilepsien, 2. symptomatische Epilepsien und 3. kryptogene Epilepsien. Weiterhin unterscheidet man Epilepsien in fokale und generalisierte Formen. Dennoch bleiben viele Fragen auf diesem Gebiet der Medizin offen. So scheiden sich die Geister schon bei den Prävalenzangaben, die zwischen 2,7 und über 40 - bezogen auf 1.000 Personen der Bevölkerung - angegeben werden (Fröscher 2004).

Die Beeinträchtigungen, die sich aus der Krankheit für den Patienten ergeben, sind verschie­dener Art. Einmal ist mit einem erhöhten Verletzungsrisiko durch einen Anfall zu rechnen, wodurch verschiedene Tätigkeiten vermieden werden sollten. Weitere Beeinträchtigungen ergeben sich aus den Nebenwirkungen einer medikamentösen Behandlung. Nicht vernachläs­sigt werden sollten allerdings auch die psychosozialen Aspekte, die diese Krankheit selbst bei einer erfolgreichen Behandlung mit sich bringt. So ist es vielen Patienten unangenehm, einen Grand-mal-Anfall in der Öffentlichkeit oder am Arbeitsplatz zu haben. Man kann sogar behaupten, dass sich die Epilepsie von anderen Volkskrankheiten dadurch unterscheidet, dass den Betroffenen ein Stigma anhaftet.

Als Therapiemaßnahmen werden sowohl die medikamentöse Therapie als auch Empfehlungen hinsichtlich der Lebensweise des Patienten empfohlen, die auf einen stabilen zirkadianen Rhythmus und ein gut ausgeprägtes Schlafprofil abzielen. Bei der medikamentösen Therapie ist zunächst die Mono­therapie anzustreben. Bekannte Substanzen der ersten Wahl sind beispielsweise Valproinsäure und Carbamazepin. Zur Stabilisierung des Tagesprofils der Serumkonzentration und des Schlaf-Wach-Rhythmus’ empfehlen sich abendliche Einmalgaben (Masuhr 1998).

Die Risikofaktoren für die Entwicklung einer Epilepsie sind vielfältiger Natur. Pränatale und perinatale Risikofaktoren finden Erwähnung (Rantakallio/Wendt 1986), Schädel-Hirn-Traumata, wie sie bei Vietnamveteranen mit offenen Schädel-Hirn-Verletzungen gehäuft zusammen mit Epilepsie auftraten (Caveness 1976), Schlaganfälle, die bei 8-12% der Patienten zur Epilepsieentwicklung führen (Arboix et al. 1997), Tumoren (DeAngelis 2001), degenerative Erkrankungen, die beispielsweise bei Patienten mit M. Alzheimer das Epilepsierisiko 10-fach erhöhen (Faught 1999), Alkohol und Drogen (Ng et al. 1990). Bei einer bestehenden Epilepsie stellen erhöhter Alkoholkonsum sowie Schlafentzug Risikofaktoren für das Auftreten epileptischer Anfälle dar (Malow 2004).

Der Schlafentzug wird in der Epilepsiediagnostik als Provokationsmethode im Rahmen einer EEG-Aufzeichnung angewandt. Das Schlafentzugs-EEG dient dazu, epileptische Veränderungen sichtbar zu machen, die bei einem Wach-EEG oft nicht nachweisbar sind. Vor der Durchführung eines Schlafentzugs-EEGs muss der Patient 24 Stunden wach bleiben. Es wird also ganz bewusst ein Risikofaktor für das Auftreten epileptischer Aktivität gefördert. Studien belegen, dass es bei Patienten mit bekannter Epilepsie bei der Ableitung von Schlaf-EEGs mit oder ohne vorhergehenden Schlafentzug zu keinen signifikanten Veränderungen in der zu beobachteten epileptischen Aktivität im EEG kommt (Degen et al. 1987). Allerdings zeigten die Patienten im Wach-EEG nach Schlaf­entzug deutlich mehr epileptiforme Entladungen.

Epileptiforme Entladungen während einer EEG-Überwachung dieser Patientengruppe können auch durch Spontanschlaf, Schlaf nach Schlafentzug oder medikamentös induzierten Schlaf gefördert werden. Es ist noch unklar, ob Unterschiede in den Aktivierungsmethoden wirklich für das Auslösen eleptiformer Entladungen einen so großen Stellenwert haben oder ob nicht einzig und allein die erreichten Schlafstadien bzw. –tiefen für die Diagnostik entscheidend sind.

Daraus kann man ableiten, dass nicht nur die Anzahl der Schlafstunden für das Auftreten und den Verlauf einer Epilepsie und der damit einhergehenden epileptischen Anfälle von Bedeutung ist, sondern auch die Schlafqualität. Diese kann zum Beispiel durch das Vorliegen einer Schlafapnoe oder durch die Einnahme von Medika­menten beeinträchtigt sein. Die vorliegende Arbeit hat das Ziel, den Einfluss von Schlafqualität und –quantität auf die Anfallsfrequenz anhand von Schlafentzug und Schlaf­apnoe zu verdeutlichen. Des weiteren werde ich auf die Schlafqualität verbessernden Ansätze in der Epilepsietherapie ein­gehen. Ich habe als Beispiel einer erfolgreichen Bekämpfung der Schlafapnoe die Tracheo­stomie herausgegriffen. Ergeben sich aus der Behandlung der Schlafapnoe wirklich signifi­kante Verbesserungen der Anfallsfrequenz bei Epilepsiepatienten? Inwieweit sollte in die Lebensführung des Patienten eingegriffen werden? Ein geregelter zirkadianer Rhythmus mit ausreichend viel Schlaf wird bei der Therapie der Epilepsie sogar schon im Corpus Hippokraticum erwähnt. Doch inwieweit lassen sich dadurch Anfälle wirklich vermeiden? Ist es sinnvoll, den Patienten solche weit reichenden und oft die Lebensqualität einschränkenden Vorschriften zu machen? Chronische Veränderungen des Schlaf-Wach-Rhythmus ergeben sich z.B. aus der Arbeit im Schichtdienst. Doch sollte man Menschen mit Epilepsie wirklich die Arbeit in solchen Berufskreisen verbieten? Auch interessant sind akute Veränderungen des Schlaf-Wach-Rhythmus wie z.B. bei transkontinentalen Flugreisen, was zu Jetlag führen kann. Betroffene Patienten mit Epilepsie machen sich bei langen Flugreisen oft Sorgen über das erneute Anfallsauftreten bei anstrengenden Reisen. Wie können aufgrund der Annahme, dass Schlaf und Schlaf-Wach-Rhythmus starke Auswirkungen auf die Epilepsie haben, echte Verbesserungen für die Patienten mit Epilepsie erreicht werden, ohne dass ihr Leben durch nicht zu tolerierende Einschränkungen bestimmt wird?

An dieser Stelle sei noch erwähnt, dass bei allen Studien, die den Einfluss von Schlaf und zirkadianen Rhythmen auf die Epilepsie und epileptische Anfälle untersucht haben, nicht immer eindeutig belegt werden konnte, ob es sich dabei ausschließlich um diesen Risikofaktor handelt. Denn Schlaf­entzug tritt selten allein auf, sondern meistens zusammen mit physischem oder emotionalem Stress oder auch mit Substanzmissbrauch. Deshalb ist es mitunter schwierig, die tatsächlichen Folgen des Schlafentzugs zu bestimmen (Malow 2004).

Ziel dieser Untersuchung ist es den Einfluss, den der Schlaf und dessen Störungen auf die Epilepsie ausüben, darzustellen. Hierzu soll vor allem als anschauliches Beispiel die Auswirkung der Schlaf-Apnoe auf die Epilepsie beleuchtet werden.

Es soll untersucht werden, inwieweit ein unregelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus oder eine Schlafverminderung als Risikofaktor für die Anfallfrequenz einzuschätzen ist. Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Literaturarbeit sollen dann für den klinischen Alltag Therapie- oder Verhaltensempfehlungen für Epilepsiepatienten diskutiert werden.

2. Methoden

Zunächst erfolgte eine Internetrecherche über die Suchmaschine Google (www.google.de) mit den Suchbegriffen „epilepsy + sleep“. Dies ergab ungefähr 2.080.000 Treffer. Ein wichtiger Treffer, der hierbei auffiel, war auf epilepsy.com (www.epilepsy.com/epilepsy/ sleep_epilepsy.html). Hier werden die Zusammenhänge zwischen Schlaf und Epilepsie knapp dargestellt. Dann gab ich bei der Suchmaschine Google die Suchbegriffe „epilepsy + sleep-deprived eeg“ ein, was ungefähr 17.900 Treffer ergab. Als erster Treffer erschien die Seite der epilepsyfoundation.org (www.epilepsyfoundation.org/epilepsyusa/sleepdeprivedeeg.cfm), welche die Bedeutung des Schlafentzugs-EEGs für die Epilepsiediagnostik hervorhebt und auf den Zusammenhang zwischen Epilepsie und zirkadianen Rhythmen eingeht.

In einer PubMed-Suche wurden mit der Abfrage epilepsy 105.892 Abstracts gefunden. Für die Suchbegriffe „epilepsy + sleep“ wurden 3.819 Abstracts gefunden, „epilepsy + circadian rhythms“ ergab 430 Treffer, „epilepsy + sleep deprivation“ 336 Treffer, „epilepsy + sleep apnea“ 149 Treffer, „epilepsy + obstructive sleep apnoea“ 59 Treffer, „epilepsy + treatment obstructive sleep apnoea“ 34 Treffer und „epilepsy + treatment sleep apnea“ 84 Treffer. Zu einem späteren Zeitpunkt suchte ich in der PubMed-Datenbank unter dem Begriff „sleep-deprived eeg“, woraufhin 119 Abstracts gefunden wurden. Die Ergebnisse und Zeitpunkte der PubMed-Suche sind weiter unten in Tabelle 1 dargestellt.

Bei der Überprüfung der Cochrane-Datenbank fand ich einige relevante Reviews durch die Suchbegriffe „epilepsy + sleep deprivation“, die sich allerdings mit den Ergebnissen der PubMed-Abfrage überschnitten.

Über die Suche nach „epilepsy“ und „epilepsie“ in dem Online-Katalog der Charité-Biblio­theken stieß ich auf die beiden wichtigen Bücher „Die Epilepsien“ (Fröscher 2004) und „Epilepsy“, Volume II (Engel Jr. 1998). In dem Buch von Fröscher werden die Grundlagen der Epilepsien anschaulich erklärt und es enthält ein Kapitel zur Geschichte der Epileptologie. In „Epilepsy“ von Engel ist ein Kapitel über Schlaf enthalten, in dem auch auf den Zusam­menhang von Schlafentzug und Anfällen eingegangen wird.

Bei der Suche nach relevanten Artikeln musste besonders darauf geachtet werden, dass Artikel, die den Einfluss von Epilepsie auf den Schlaf oder die schlafgebundenen Epilepsien zum Thema hatten, nicht ausgewählt wurden, denn das Thema Schlaf und Epilepsie ist ein sehr weitläufi­ges Thema. Ich suchte also fokussiert nach dem Einfluss des Schlaf-Wach-Rhythmus’ auf die Anfallfrequenz oder das Auftreten weiterer Anfälle. Für den Einfluss des Schlaf-Wach-Rhythmus’ auf die Epilepsie legte ich die Dauer des Schlafs, Schlafunterbrechungen, vermin­derte Schlafqualität, wie bei Schlafapnoe und Schlafverschiebungen bei Schichtdienst oder transkontinentalen Flugreisen, als Kriterien fest. Zum Thema Schichtdienst und Epilepsie fand ich allerdings keine relevanten Artikel. In meiner Recherche zum Thema Schichtdienst stieß ich allerdings bei einer Google-Suche (Suchbegriffe: berufliche möglichkeiten + epilepsie) auf eine Seite der ligaepilepsie.org (http://www.ligaepilepsie.org/FAQs/misc/1999_S112-123.pdf), die in einer Liga-Mitteilung „Empfehlungen zur Beurteilung beruflicher Möglichkeiten von Personen mit Epilepsie“ (1999 überarbeitet) enthält. In dieser Liga-Mitteilung wird auch auf die Problematik von Schicht­dienst bei vorliegender Epilepsieerkrankung eingegangen.

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Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Einfluss des Schlafs auf die Epilepsie
Untertitel
In welchem Rahmen wird der Krankheitsverlauf durch Schlafstörungen beeinflusst und worin bestehen Therapiemöglichkeiten?
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V116348
ISBN (eBook)
9783640185306
ISBN (Buch)
9783656562078
Dateigröße
385 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einfluss, Schlafs, Epilepsie
Arbeit zitieren
Andreas Pichorner (Autor:in), 2007, Einfluss des Schlafs auf die Epilepsie , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116348

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