„Pax Britannica“

Das Britische Empire im „Britischen Jahrhundert“ von 1815 bis 1914


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

28 Seiten, Note: 1,8


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

1 Einleitung

2 Was ist ein Imperium? – Merkmale und Definition

3 „Pax Britannica“ – die Welt unter dem „Union Jack“
3.1 Das wirtschaftliche Empire
3.2 Das militärische Empire
3.3 Das politische Empire

4 Drei-Ebenen-Zyklus des Britischen Empire

5 Schlussbetrachtung – „British Empire“ wahrlich ein Imperium?

6 Quellen- und Literaturverzeichnis

Anhang

I Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

Abbildung 1: Machtzyklus Großbritanniens von 1800 bis 1930

Abbildung 2: Das Britische Empire um 1921

Tabelle 1: Import von Textilrohstoffen und Export von verarbeiteten Textilien in Großbritannien 1830-1910 in Millionen £ (Preise von 1913)

Tabelle 2: Eisenbahnstrecken in Großbritannien 1830-1913 in Meilen

Tabelle 3: Relative Anteile der Welt-Industrieproduktion 1750-1900 in Prozent

Tabelle 4: Gesicherte Patente in Großbritannien 1820-1914

Tabelle 5: Registrierte Schiffe, Im- und Export Großbritanniens 1815-1914

Tabelle 6: Britisches Vermögen in Übersee und Kapitalexport 1870-1913 in Mio. £

Tabelle 7: Anzahl der Linienschiffe bzw. Großkampfschiffe von GB, Frankreich, Russland und Deutschland von 1790-1914

Tabelle 8: Relationen der drei Ebenen von 1800 bis 1928

1 Einleitung

„[…] alles, was entsteht,

Ist wert, dass es zugrunde geht;

Drum besser wär´s, dass nichts enstünde.“[1]

Johann Wolfgang von Goethe, Faust I

Dieses Zitat komprimiert eine Grundeigenschaft von Imperien, Großmächten, Weltmächten und Hegemonialmächten auf einen zeitlichen Horizont und verdeutlicht so deren Aufstieg und Niedergang. Diese politischen Gebilde sind teils diffuse, teils noch nicht genauer definierte Begriffe der Weltgeschichte (Punkt 2 soll dazu dienen, den Begriff des Imperiums für diese Arbeit zu definieren), welche letztlich alle eines gemeinsam haben – sie beschreiben die Vormachtstellung einer einzigen Nation bzw. Landes über einen bestimmten Teil der Welt. Zwar gab es in der Geschichte der Menschheit Länder, die nahezu die damals bekannte Welt beherrschten, doch war es aufgrund der technischen Entwicklung jener Zeit nicht möglich die ganze – uns heute bekannte Welt – zu beherrschen. Dies ist vor allem der trivialen Tatsache geschuldet, dass diese dominierenden Länder gar nicht wussten, dass es noch weitere Landstriche auf der Erde gab, die man beherrschen konnte.[2]

Da es im Zuge des Zusammenbruchs der Sowjetunion – um ein zeitgeschichtliches Beispiel zu nehmen – und des damit verbundenen Endes des Ost-West-Konflikts zu einer sprunghaften Ausdehnung der „Macht“ bzw. des Einflusses der USA gekommen ist, erscheint es heute sinnvoll, die Frage nach Aufstieg und Verfall von Imperien zu diskutieren. Es gibt dahingehend schon diverse Studien, die eben diese Prozesse anhand von historischen Beispielen beleuchten.[3]

In dieser Hausarbeit, welche im Rahmen des Blockoberseminars „Aufstieg und Niedergang von Imperien“ entstand, wird ein Beispiel für solch ein (angebliches) Imperium näher betrachtet werden, welches vor allem das 19. Jahrhundert geprägt hat – das Britische Imperium. Es gilt anhand dieses Fallbeispiels nachzuweisen, inwieweit politische, wirtschaftliche und militärische Faktoren – welche meist ineinander verwoben waren und daher nur schwer getrennt zu betrachten sind – Einfluss auf den Aufstieg Großbritanniens zum „Empire“ hatten und welche Faktoren letztlich zum Niedergang desselben führten. Diese nähere Betrachtung der unterschiedlichen Faktoren dient schließlich zur Beantwortung der für diese Arbeit zutreffenden Leitfrage: War das Britische Empire wahrlich ein Imperium?

Der zeitliche hier zu betrachtende Rahmen wird auf das so genannte „Pax Britannica“ gelegt – 1815 bis 1918. Zwar existierte das Britisch Empire in einem weitaus längeren Zeitraum, aber der Aufstieg, Höhepunkt und allmählicher Verfall lassen sich in diesen 103 Jahren recht anschaulich nachzeichnen. Daher erscheint es sinnvoll lediglich diese Zeitspanne näher zu betrachten. Im Punkt 3 erfolgt dann eine Darstellung der „Aufstiegs- und Niedergangstendenzen“ des Britischen Imperiums anhand der wirtschaftlichen, militärischen und politischen Faktoren (Punkt 3.1 bis 3.3). Dies bildet die Grundlage eines im Punkt 4 darzustellenden Modells eines „Drei-Ebenen-Zyklus“ des Britischen Empires, welches versuchen wird die Phasen des Aufstiegs, Höhepunkts und Niedergangs zusammen mit den drei zuvor genannten Faktoren zu verbinden. Mit Hilfe der Darstellung dieser unterschiedlichen und doch ineinander verwobenen Faktoren, sowie der „Verschmelzung“ dieser in einem zeitlichen Zyklus wird es anschließend möglich sein, die formulierte Frage - ob das Britische Imperium wahrlich ein Imperium gewesen sei – zu beantworten (Punkt 5).

2 Was ist ein Imperium? – Merkmale und Definition

Um den Begriff des Imperiums zu definieren, bietet es sich an im Vorfeld eine kurze Darstellung der grundlegenden Charakteristika eines solchen Imperiums aufzuzeigen. Hierbei werden verschiedene Ausführungen von Historikern und Politikwissenschaftlern herangezogen, da deren Merkmalsbeschreibung dazu dient – wenn man sie auf historische Fallbeispiele anwendet – zweckmäßig einen groben Überblick aufgrund der unterschiedlichen Perspektiven, welche eine interdisziplinäre Betrachtung mit sich bringt, ermöglicht.

So weisen Imperien demnach folgende Merkmale auf:

1. Ein Imperium erwächst aus der technologischen Überlegenheit im wirtschaftlichen und/oder militärischen Bereich der Imperiumsnation bzw. des Zentrums gegenüber anderen Nationen bzw. Gebieten, welche dann nach ihrer „Einverleibung“ zur so genannten Peripherie gehören.
2. Imperien sind politische Gebilde, die im Wesentlichen aus einem Zentrum und einer dazugehörigen Peripherie bestehen, welche sich wechselseitig beeinflussen.[4]
3. Imperien sind aufgrund ihrer räumlichen weitläufigen Ausdehnung politische Gebilde, deren Bevölkerung sich aus mehreren Ethnien zusammensetzt und daher viele verschiedene Kulturen, Sprachen und Religionen umfassen.[5]
4. Imperien betreiben imperiale Politik, indem sie die jeweiligen nationalstaatlichen Interessen des Zentrums als imperiale Interessen definieren und sie so im internationalen System versuchen durchzusetzen. Imperien betreiben demnach Weltpolitik.[6]
5. Imperien benutzen unterschiedliche Praktiken, um ihren Einfluss auszudehnen bzw. zu festigen. So unterscheidet man daher zwischen direktem und indirektem Einfluss bzw. Herrschaft.[7]

Diese wichtigen Merkmale eines Imperiums erlauben es nun, eine für diese Arbeit relevante Definition von Imperium zu geben.

Ein Imperium ist demnach ein politisches Gebilde, welches durch (technologischer) Überlegenheit des Zentrums bzw. der Imperiumsnation in Wirtschaft und Militär expansionistische Strömungen verfolgt und so die Peripherie direkt bzw. indirekt vom Zentrum aus „erobert“ und beherrscht und so seinen Einfluss geographisch und politisch ausdehnt.

Hierbei ist auch zu erwähnen, dass die so genannte Randlage für eine Imperienbildung von Vorteil sein kann. So ist zum Beispiel die Insellage der britischen Inseln am Rande Westeuropas von Vorteil gewesen, da so zum einen ausländische Invasoren teilweise abgewehrt werden konnten und damit die Inseln von Plünderungen verschont worden sind. Und zum anderen half die Insellage dabei, einen maritimen Fokus herauszubilden, der unter anderem zu einer Schwerpunktbildung in der militärischen Rüstung vorgab – der Royal Navy.

Dass eine Ausdehnung des Imperiums vielfältige Problemlagen mit sich bringt, wird vor allem bei dem Zerfallsprozess eines Imperiums deutlich. Da ein Imperium im Wesentlichen aus den beiden Teilen Zentrum und Peripherie besteht, kann dieses Imperium aufgrund von Problemen in einen der beiden Teile niedergehen, denn „[j]e größer die Ausdehnung eines Imperiums, desto deutlicher machen sich nämlich die zentrifugalen [peripheren, R.C.] Kräfte bemerkbar.“[8] Am Beispiel von Großbritannien werden nun im Folgenden die zuvor festgestellten Merkmale eines Imperiums dargestellt und auch deren Problemlagen einbezogen werden.

3 „Pax Britannica“ – die Welt unter dem „Union Jack“

Der Aufstieg Großbritanniens zum Imperium, oder besser gesagt, der Aufstieg des Britischen Empire erfolgte nicht ausschließlich im 19. Jahrhundert. Schon Jahrhunderte zuvor vergrößerte sich langsam aber stetig die Macht und der Einfluss Englands – welches ab 1707 Großbritannien genannt wird – aufgrund technologischer, militärischer und wirtschaftlicher Überlegenheit gegenüber anderen Mächten. Die vielen Kolonialkriege im 17. und 18. Jahrhundert sind ein Indiz für das zum Teil blutige Ränkespiel dieser Mächte, die alle nach dominierendem Einfluss und Macht strebten.

Die geographische Lage der britischen Insel, das bereits um 1600 gut ausgebaute Bergbauwesen und das vorhandene Kapital ermöglichten Großbritannien einen bis dato ungeahnten wirtschaftlichen Aufschwung, der nicht nur gesellschaftliche Spuren hinterlassen sollte, sondern auch das Antlitz der Welt dauerhaft veränderte – die Industrielle Revolution und der damit verbundene Aufstieg Großbritanniens zum wirtschaftlichen Empire.

Englands Aufstieg begann – um ein markantes Datum der Landesgeschichte zu wählen – im Jahre 1588. In jenem Jahr besiegte die englische Flotte die eigens für die Invasion in England gebaute spanische Armada. Dies war allerdings zu großen Teilen auf das zum gegenwärtigen Zeitpunkt schlechte Wetter zurück zu führen. Der Sturm im Kanal bereitete den spanischen Schiffen Probleme, so dass die wendigen und teilweise besser bewaffneten englischen Schiffe recht effizient angreifen konnten. Mit mehreren Angriffen auf die Armada, die sich bereits im Rückzug befand, war die spanische Seeherrschaft stark eingrenzt worden und für England war der Weg frei, um das bis dato existierende iberische Siedlungsmonopol in Amerika zu brechen. Kurz darauf kam es 1607 zur Gründung der ersten dauerhaften englischen Siedlung in Nordamerika mit dem Namen Jamestown. Seit dem wurde die Besiedlung und Kolonisierung forciert und die nordamerikanischen Festlandskolonien wuchsen rasch. Ebenso gelang es England in der Karibik Fuß zu fassen und das dortige Klima zum Anbau von Tabak und Zuckerrohr zu nutzen. Diese Kolonialwaren entpuppten sich für die damit handelnden Nationen als wahre „Goldgrube“. Die damit erzielten Handelsgewinne des atlantischen Handels – vor allem im europäischen Re-export – belegen dies.[9]

Kenneth Morgan stellt für Großbritannien fest, dass „[p]rofits earned in the Atlantic trades were invested in shipbuilding, snuff mills, sugar refineries, glassworks, ironworks, textiles, coal mines and other industrial enterprises in London and the major west coast outports and their hinterlands“.[10]

[...]


[1] Vgl. Johann Wolfgang von Goethe, Faust I, Z. 1339-1341.

[2] Um nur ein Beispiel zu nennen: Die Elite des Römischen Imperiums wusste nichts von der Existenz der „Neuen Welt“ – Amerika – und betrachtete sich demnach folgerichtig als Herrscher der bekannten Welt und die bekannte Welt war zu jener Zeit der Mittelmeerraum.

[3] Siehe hierzu Paul Kennedy, Aufstieg und Fall der großen Mächte – Ökonomischer Wandel und militärischer Konflikt von 1500-2000, 5. Aufl., Frankfurt/Main 2005; Herfried Münkler, Imperien – Die Logik der Weltherrschaft, Bonn 2005; Jürgen Osterhammel, Kolonialismus – Geschichte, Formen, Folgen, 4. Aufl., München 2003; Jürgen Osterhammel u. Niels P. Petersson, Geschichte der Globalisierung – Dimensionen, Prozesse, Epochen, 2. Aufl., München 2004.

[4] Vgl. hierzu H. Münkler, Imperien, S. 41-50.

[5] Michael Walzer spricht in diesem Zusammenhang von multinationalen Imperien. Vgl. hierzu Michael Walzer, Über Toleranz – Von der Zivilisierung der Differenz, Hamburg 1998, S. 23ff.

[6] Vgl. hierzu J. Osterhammel, Kolonialismus, S. 27.

[7] Ebd., S. 23ff.

[8] Vgl. H. Münkler, Imperien, S. 43.

[9] Die Höhe der Reexportquoten war enorm. So wurden beispielsweise im Jahre 1770 ca. 78 Millionen lb. Tabak nach Großbritannien importiert und ca. 73 Millionen lb. Tabak reexportiert. Dies entsprach einer Reexportquote von knapp 94 Prozent! Zwischen 1765 und 1774 wurden ca. 306399 Pfund Sterling an Steuern auf Zucker- bzw. Zuckerwaren (bedingt durch die „Sugar-Acts“ von 1764 und 1766) eingetrieben. Vgl. hierzu: U.S. Department of Commerce Bureau of the Census, Historical Statistics of the United States Colonial Times to 1970, part 2, Series Z 449-456, S. 1190, Series Z 611-615, S. 1200.

[10] Vgl. Kenneth Morgan, Slavery, Atlantic Trade and the British Economy 1660-1800, Cambridge 2000, S. 59.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
„Pax Britannica“
Untertitel
Das Britische Empire im „Britischen Jahrhundert“ von 1815 bis 1914
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Institut für Politikwissenschaft und Japanologie)
Veranstaltung
Aufstieg und Niedergang von Imperien
Note
1,8
Autor
Jahr
2008
Seiten
28
Katalognummer
V115735
ISBN (eBook)
9783640182145
Dateigröße
528 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aufstieg, Niedergang, Imperien, British Empire, Pax Britannica, 19. Jahrhundert
Arbeit zitieren
René Cremer (Autor:in), 2008, „Pax Britannica“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115735

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