Entwicklung eines Methodenbaukastens zur Integration des Kunden in den Dienstleistungsentwicklungsprozess


Diplomarbeit, 2001

128 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Dienstleistungen: Definitionsansätze, Merkmale und die wirtschaftliche Bedeutung
2.1 Definition und Charakterisierung von Dienstleistungen
2.1.1 Ansätze zur Definition des Dienstleistungsbegriffs
2.1.2 Konstitutive Merkmale von Dienstleistungen
2.1.3 Typologisierung von Dienstleistungen
2.2 Volkswirtschaftliche Einordnung des Dienstleistungsbereichs
2.2.1 Die »Drei-Sektoren-Theorie«
2.2.1.1 Strukturwandel in den drei Sektoren
2.2.1.2 Kritik an der Drei-Sektoren-Theorie
2.3 Definitorische Abgrenzungen
2.3.1 Abgrenzung zu internen Dienstleistungen
2.3.2 Abgrenzung zum Servicebegriff
2.4 Wirtschaftliche Bedeutung von Dienstleistungen
2.4.1 Problemfelder bei Dienstleistungen
2.4.2 Stellenwert von Dienstleistungen in Unternehmen
2.4.2.1 Interne Dienstleistungen
2.4.2.2 Externe Dienstleistungen
2.4.3 Trends im Dienstleistungsbereich
2.5 Durch Service Engineering zur neuen Dienstleistung

3 Service Engineering: Die systematische Entwicklung von Dienstleistungen
3.1 Definition und Abgrenzung
3.1.1 Definition »Service Engineering«
3.1.2 Einordnung in das Service Management
3.1.3 Abgrenzung zum Service Design
3.2 Problemfelder der Dienstleistungsentwicklung
3.3 Auslöser für die Entwicklung neuer Dienstleistungen
3.4 Potenzielle Entwicklungsrichtungen für neue Dienstleistungen
3.5 Gestaltungsfelder für die Dienstleistungsentwicklung
3.5.1 Produktmodelle
3.5.2 Prozessmodelle
3.5.3 Ressourcenkonzepte
3.5.4 Marketingkonzepte
3.6 Vorgehensmodelle
3.6.1 Phasenmodelle
3.6.2 Spiralmodelle
3.6.3 Prototyping
3.7 Beitrag der Softwareentwicklung für das Service Engineering
3.7.1 Übertragbare Methoden für das Service Engineering aus der Softwareentwicklung
3.7.2 Grenzen der Übertragbarkeit
3.8 Werkzeuge für die Dienstleistungsentwicklung
3.9 Dienstleistungsentwicklung im Fokus der Kundenorientierung

4 Kundenorientierung bei der Dienstleistungsentwicklung: Die Integration des Kunden
4.1 Definition und Abgrenzung
4.1.1 Charakterisierung und Definition von »Kundenorientierung«
4.1.2 Einordnung und Abgrenzung zu Begriffen im Bereich der Kundenorientierung
4.2 Von der Kundenorientierung zur Kundenintegration
4.2.1 Grundsätze der Kundenorientierung
4.2.2 Kundenintegration als Instrument der Kundenorientierung
4.3 Anforderungen an die kundenorientierte Dienstleistungsentwicklung
4.3.1 Anforderungen an die Mitarbeiter
4.3.2 Anforderungen an die Organisation
4.3.3 Anforderungen an das Marketing
4.3.3.1 Internes Marketing
4.3.3.2 Externes Marketing
4.4 Customer Relationship Management als Bestandteil der Kundenorientierung
4.4.1 Beitrag des Customer Relationship Management zur Kundenorientierung
4.4.2 Beitrag von Werkzeugen für das Customer Relationship Management
4.5 Trends im Bereich der Kundenorientierung
4.6 Kundenorientierung als Kriterium einer Methodenauswahl für die Dienstleistungsentwicklung

5 Aufbau eines Methodenbaukastens zur kundenorientierten Dienstleistungsentwicklung
5.1 Definition und Zielsetzung eines Methodenbaukastens
5.1.1 Definition »Methodenbaukasten«
5.1.2 Ziel eines Methodenbaukastens und Abgrenzung zu einem Baukastensystem
5.2 Aufbau eines Methodenbaukastens zur kundenorientierten Dienstleistungsentwicklung
5.2.1 Anforderungen an den zu entwickelnden Methodenbaukasten
5.2.2 Struktur des Methodenbaukastens
5.3 Kurzbeschreibung der Methoden
5.3.1 Kundenbefragung
5.3.2 Auswerten von Kundenreklamationen
5.3.3 SWOT-Analyse
5.3.4 Fokusgruppenbefragung
5.3.5 Kundenforum
5.3.6 Kundenworkshops
5.3.7 Service Blueprinting
5.3.8 Anforderungsanalyse
5.3.9 Kundenspezifische Bedarfsanalyse
5.3.10 Kundenzentrische Evaluation
5.3.11 Gap-Analyse
5.3.12 Quality Function Deployment (QFD)
5.3.13 Fehlermöglichkeits- und einflussanalyse (FMEA)
5.3.14 Anwendung eines Dienstleistungs-Prototyps
5.3.15 Transparenzherstellung über Kundenanforderungen
5.3.16 Auswerten von Erfahrungsberichten aus Kundenkontakten
5.4 Kombination von Methoden
5.5 Auswahl der Methode »Kundenbefragung« zur fokussierten Beschreibung
5.5.1 Motivation für Auswahl der Methode »Kundenbefragung«
5.5.2 Kundenbefragung als Methode für die Dienstleistungsentwicklung
5.5.2.1 Anforderungen an die Planung einer Kundenbefragung
5.5.2.2 Kundenbefragung zur Ideenfindung und -bewertung
5.5.2.3 Kundenbefragung zur Ermittlung der Kundenanforderungen
5.5.2.4 Kundenbefragung während der Dienstleistungserbringung
5.5.2.5 Kundenbefragung zur Ablösung der neuen Dienstleistung
5.5.3 Bewertung der Kundenbefragungsarten
5.6 Die Kundenintegration als wichtiger Erfolgsfaktor für die Dienstleistungsentwicklung

6 Kritische Erfolgsfaktoren für die Erreichung der Kundenintegration in den Dienstleistungsentwicklungsprozess
6.1 Definition »kritische Erfolgsfaktoren«
6.2 Vorstellung der kritischen Erfolgsfaktoren
6.3 Bewertung der kritischen Erfolgsfaktoren

7 Zusammenfassung

8 Schlussbetrachtung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit

Abbildung 2: Themengebiete der Arbeit

Abbildung 3: Modellierung des Produkt- und Dienstleistungselements eines Automobils

Abbildung 4: Typologisierung von Dienstleistungen nach Kundenkontaktintensität und Variantenvielfalt

Abbildung 5: Erwerbstätige nach Wirtschaftsbereichen im Vergleich (Bundesrepublik Deutschland)

Abbildung 6: Service-Arten

Abbildung 7: Strukturierung des Arbeitsgebiets »Service Engineering«

Abbildung 8: Handlungsfelder des Service Management

Abbildung 9: Potenzielle Entwicklungsrichtungen für neue Dienstleistungen

Abbildung 10: Operationalisierung der Dienstleistungsentwicklung

Abbildung 11: Produktmodell als Bindeglied zwischen dem Kunden und der Definition von Prozessen

Abbildung 12: Prozessmodellierung mit der Blueprinting-Methode

Abbildung 13: Phasenmodell für die Entwicklung von Dienstleistungen

Abbildung 14: Ein Spiralmodell für das Service Engineering

Abbildung 15: Die wahrgenommene Qualität der Dienstleistung

Abbildung 16: Gestaltung der Kommunikationsebene zwischen Kunde und Unternehmen

Abbildung 17: Die Funktionalität im Kundenkontakt

Abbildung 18: Phasenmodell für die Entwicklung von Dienstleistungen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Kritikpunkte gegen konstitutive Merkmale von Dienstleistungen

Tabelle 2: Kurzübersicht der Gestaltungsfelder für die Dienstleistungsentwicklung

Tabelle 3: Übertragbarkeit und notwendige Differenzierung von Sachleistungen

Tabelle 4: Ziele für die Anforderungen an eine kundenorientierte Dienstleistungsentwicklung

Tabelle 5: Vorteile einer flachen und einer tiefen Hierarchie bei Unternehmen

Tabelle 6: Methodenbaukasten zur Integration des Kunden in den Dienstleistungsentwicklungsprozess

Tabelle 7: Kombinationsmöglichkeiten von Methoden des Methodenbaukastens

Tabelle 8: Übersicht über mögliche Verfahren für die Kundenbefragung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Die zunehmende Austauschbarkeit von Produkten erfordert von den Unternehmen die konse-quente Ausrichtung von Innovationsprozessen am Kunden, um sich gegenüber Wettbewerbern differenzieren zu können. Dazu benötigen Unternehmen Methoden und Werkzeuge, die den Kunden bereits in die Produkt- und Dienstleistungsentwicklung integrieren.

Im Gegensatz zur klassischen Produktentwicklung existieren nur wenige Methoden, die explizit für die Entwicklung von Dienstleistungen ausgearbeitet wurden. Es besteht damit ein noch großer Nachholbedarf an dienstleistungsspezifischen Methoden. Da Unternehmen auf Grund dieses Defizits u.a. auf Methoden aus der klassischen Produktentwicklung zurückgreifen müssen, ist eine Anpassung dieser Methoden an die so genannten »konstitutiven Merkmale« von Dienstleistungen erforderlich. Jene Merkmale ermöglichen eine Differenzierung zu den Sachleistungen. Zudem lassen sich aus ihnen Anforderungen an die Dienstleistungsentwicklung ableiten, die sich vor allem auf die Gestaltung des Dienstleistungsentwicklungsprozesses und die Interaktion zwischen Unternehmen und seinen Kunden beziehen. Es sind deswegen auch Methoden anzuwenden, die die Bedeutung des Kundenkontakts berücksichtigen.

Erschwerend kommt hinzu, dass nur wenig Erfahrungen vorliegen, die Aussagen zur Praxistauglichkeit der für die Dienstleistungsentwicklung verwendeten Methoden zulassen. Daraus resultiert Unsicherheit darüber, welche Methoden für welche Prozessschritte innerhalb des Dienstleistungsentwicklungsprozesses am besten geeignet sind.

1.2 Zielsetzung

Mit der »Entwicklung eines Methodenbaukastens zur Integration des Kunden in den Dienstlei-stungsentwicklungsprozess« soll eine Auswahl von Methoden vorgestellt werden, die sich für die kundenorientierte Dienstleistungsentwicklung einsetzen lassen. Die Methoden werden hin-sichtlich ihrer Verwendbarkeit für eine kundenorientierte Dienstleistungsentwicklung ausgewählt und dem Methodenbaukasten hinzugefügt. Es wird beschrieben, welche Anforderungen an einen Methodenbaukasten zu stellen sind und welche Struktur dieser beispielhaft haben kann. Außerdem werden die im Methodenbaukasten verwendeten Methoden kurz beschrieben. Die Methodenauswahl stützt sich auf in der Literatur genannte Methoden für die Dienstleistungsentwicklung. Außerdem werden Methoden aus der klassischen Produktentwicklung für den Dienstleistungsbereich angepasst. Auf Grund der erforderlichen Übersichtlichkeit, wurde der Fokus bei der Methodenauswahl auf Methoden gelegt, die vor der Dienstleistungserbringung eingesetzt werden können. Es existieren eine Reihe von Methoden, die für die Beurteilung der Dienstleistungsqualität verwendbar sind, davon können in dieser Arbeit einige vorgestellt werden, die teilweise auch für die Prozessschritte vor der Dienstleistungserbringung nützlich sind. Weiterhin werden Methoden vorgestellt, die sich nicht nur explizit für die Produkt- oder Dienstleistungsentwicklung eignen, sondern die als Basis für die kundenorientierte Ausrichtung eines Unternehmens fungieren können. Eine ausführliche Beschreibung der einzelnen Methoden kann im Rahmen dieser Arbeit nicht erfolgen. Vielmehr ermöglicht der Hinweis auf weiterführende Informationsquellen eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Methodeneinsatz.

Bei dem Methodenbaukasten handelt es sich um eine beispielhafte Struktur, weshalb die Praxistauglichkeit noch zu bewerten ist. Weitere Gestaltungsmöglichkeiten für den Methodenbaukasten sind in der Praxis denkbar. Im Rahmen dieser Arbeit soll jedoch eine Basis geschaffen werden, mit der sich entsprechende Strukturänderungen vornehmen lassen.

1.3 Aufbau der Arbeit

Um die Besonderheiten des Dienstleistungsbereichs und die Konsequenzen, die daraus resultieren, zu verdeutlichen, wird im Kapitel 2 zunächst dargestellt, was Dienstleistungen sind und welche Bedeutung sie für Unternehmen haben. Es werden konstitutive Merkmale von Dienstleistungen vorgestellt, aus denen sich wichtige Aspekte für die Dienstleistungsentwicklung ableiten lassen.

Mögliche Ansätze für die Dienstleistungsentwicklung werden im Kapitel 3 fokussiert. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Ansätze aus dem Bereich des »Service Engineering«, dem eine systematische Vorgehensweise zu Grunde liegt. Es wird gezeigt, dass Dienstleistungen mittels verschiedener Strategien auf den Markt gebracht werden können, dass für die Entwicklung neuer Dienstleistungen jedoch zunächst nur zwei relevant sind. Um die Dienstleistungsent-wicklung operationalisieren zu können, werden Modelle und Konzepte benötigt, die eine systematische Vorgehensweise unterstützen.

Im Kapitel 4 wird die Bedeutung der Kundenorientierung für die Dienstleistungsentwicklung verdeutlicht. Das Konzept des »Customer Relationship Management« wird vorgestellt und an-hand dessen überprüft, welchen Beitrag das CRM für die Dienstleistungsentwicklung leisten kann.

Der Methodenbaukasten zur kundenorientierten Dienstleistungsentwicklung wird im Kapitel 5 aufgebaut. Die Ziele, die Kurzbeschreibung und die Ergebnisse des Einsatzes der im Baukasten enthaltenen Methoden werden beschrieben. Zudem wird die Kundenbefragung ausführlich dargestellt und hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten im Dienstleistungsentwicklungsprozess untersucht.

Kapitel 6 enthält eine Übersicht der kritischen Erfolgsfaktoren, denen bei der Kundenintegration in den Dienstleistungsentwicklungsprozess besondere Bedeutung beigemessen werden muss. Diese Faktoren werden aus den vorigen Kapiteln abgeleitet.

Im abschließenden Kapitel 7 wird eine Zusammenfassung der einzelnen Kapitel vorgenommen, der im Kapitel 8 eine Schlussbetrachtung und ein Ausblick folgt.

Die nachfolgende Abbildung stellt eine Grobübersicht der Hauptkapitel dar, die sich der Einlei-tung anschließen.

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit

Quelle: Eigene Erstellung

Zur Veranschaulichung der einzelnen Themengebiete, erfolgt zu Beginn der Kapitel 2 bis 4 je-weils eine Abbildung (siehe

Abbildung 2: Themengebiete der Arbeit), bei der der Themenschwerpunkt des Kapitels grau hinterlegt ist.

Abbildung 2: Themengebiete der Arbeit

Quelle: Eigene Erstellung

Die darin beschriebenen Aspekte sollen die Grundlage für die sich daran anschließenden Kapitel darstellen und die Bedeutung der Kundenorientierung für die Dienstleistungsentwicklung hervorheben.

2 Dienstleistungen: Definitionsansätze, Merkmale und die wirtschaftliche Bedeutung

Die treibenden Kräfte für den sich verschärfenden Wettbewerb auf den Märkten wurzeln zu einem großen Teil aus der wirtschaftlichen Dynamik und der damit verbundenen Entwicklung hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft. Dabei müssen produzierende Unternehmen neben der Sachleistung auch Dienstleistungen als Komponente in ihr Leistungsangebot integrieren.

In diesem Kapitel wird dargestellt, welche Bedeutung Dienstleistungen für das Leistungsangebot haben und inwieweit sie sich auf dem Markt als Differenzierungsstrategie – insbesondere für produzierende Unternehmen – positionieren. Als Ausgangspunkt für diese Darstellung werden Dienstleistungen näher charakterisiert sowie verschiedene Definitionsansätze gegenübergestellt und bewertet.

2.1 Definition und Charakterisierung von Dienstleistungen

Zum besseren Verständnis des Dienstleistungsbegriffs ist es notwendig, Dienstleistungen termi-nologisch einzuordnen, um auf dieser Grundlage eine für diese Arbeit gültige Definition für Dienstleistungen zu entwickeln. Zudem wird der Begriff »Service« charakterisiert. Es wird diskutiert, ob bzw. inwiefern eine Abgrenzung zum Dienstleistungsbegriff sinnvoll ist.

2.1.1 Ansätze zur Definition des Dienstleistungsbegriffs

Der bereits angeführte Aspekt der Integration der Sachleistungs- und Dienstleistungskomponenten in ein Leistungsangebot verdeutlicht die enge Verflechtung der Sachleistung mit den damit verbundenen Dienstleistungen. SHOSTACK verdeutlicht diese Verflechtung durch ein Produktmodell, in dem beispielhaft die Produktkomponenten eines Automobils dargestellt werden (Shostack, 1982, S. 50 f.).

Abbildung 3: Modellierung des Produkt- und Dienstleistungselements eines Automobils

Quelle: Shostack, 1982, S. 50

Neben dieser integrierten Betrachtungsweise von Dienstleistungen bringt SHOSTACK einen Definitionsansatz ein, bei dem eine Dienstleistung in zwei unterschiedliche Zustände aufgeteilt wird (Shostack, 1982, S. 55 f.):

1. Durch den »Potenzial-Zustand« wird die eigentliche Dienstleistung erst ermöglicht und kann von einem Kunden nachgefragt werden. Dieses Potenzial liefert beispielsweise Software zur Steuerschätzung, mit der notwendige Berechnungen durchgeführt werden können.
2. Der »kinetische Zustand» beschreibt die Möglichkeit, das vorhandene Potenzial als Prozess »abzurufen«, um so die Leistung bereitzustellen, wodurch die Dienstleistung für den Kun-den greifbar wird.

Eine weitere Betrachtungsmöglichkeit bezieht sich auf die Nachfrage nach Dienstleistungen als zeitpunktbezogenes Produkt. Hierbei handelt es sich um eine ergebnisorientierte Sichtweise (Corsten, 1985, S. 185). Nimmt man als Beispiel den Besuch eines Kunden beim Friseur, dann erwartet dieser als Ergebnis den gewünschten Haarschnitt. Bei Dienstleistungen als zeitraum-bezogenes Produkt steht dagegen die prozessuale Sichtweise im Vordergrund, bei der ein un-mittelbarer Errichtungsvorgang nachgefragt wird (Corsten, 1985, S. 181). Bei einem Konzertbesuch handelt es sich z.B. um die Nachfrage nach dem Errichtungsvorgang »Konzertaufführung«.

Die Grenzen zwischen den beiden Betrachtungsebenen sind jedoch fließend. So ist bei der er-gebnisorientierten Dienstleistung »Friseurbesuch« nicht nur die letztlich herbeigeführte Qualität des Haarschnitts relevant für die Zufriedenheit mit der Leistung, sondern der Prozess selbst – die individuelle Betreuung und die Qualität der Beratung – wird vom Kunden beurteilt.

Der Ansatz, eine Dienstleistung über die Abgrenzung zu den Sachleistungen zu definieren, wird in der Literatur unterschiedlich bewertet. So geht MALERI in seinen Ausführungen so weit, eine Dienstleistung als etwas zu betrachten, das sämtliche Sinne unberührt lässt und deshalb als substanzloses Gut beschrieben werden kann. Der Autor bezieht sich u.a. auf CORSTEN, der die Immaterialität als durchgängiges Merkmal von Dienstleistungen beschreibt (Maleri, 1997, S. 97 f.)

Die integrierte Betrachtung von SHOSTACK, nach der ein Produkt aus Sach- und Dienstlei-stungselementen besteht, verdeutlicht die notwendige Existenz beider Elemente im Rahmen der Dienstleistungserstellung. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass der Anteil an Sachleistungen von der Art der zu erbringenden Dienstleistung abhängt. So steht bei einer Dienstleistung, die für den Kunden eine beratende Funktion erfüllt, das dienstleistende Element im Vordergrund. Dagegen werden bei der Durchführung von Wartungsarbeiten mehr Sachleistungselemente zur Dienstleistungserstellung benötigt. Zudem erfolgt der Leistungserstellungsprozess an einem Sachobjekt und nicht, wie bei einer beratenden Dienstleistung, an einer Person.

Nachfolgend wird eine Definition verwendet, die die möglichen Betrachtungsebenen einer Dienstleistung – die Potenzialorientierung, die Prozessorientierung sowie die Ergebnisorientie-rung – verbindet (Meffert/Bruhn 1995, S. 27):

»Dienstleistungen sind selbständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung (z.B. Versicherungsleistung) und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten (z.B. Friseurleistung) ver-bunden sind (Potenzialorientierung). Interne (z.B. Geschäftsräume, Personal, Ausbildung) und externe Faktoren (also solche, die nicht im Einflußbereich des Dienstleisters liegen) werden im Rahmen des Erstellungsprozesses kombiniert (Prozessorientierung). Die Faktorenkombination des Dienstleistungsanbieters wird mit dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktoren, an Menschen (z.B. Kunden) oder deren Objekten (z.B. Auto des Kunden) nutzenstiftende Wirkungen (z.B. Inspektion beim Auto) zu erzielen (Ergebnisorientierung).«

Die in der Definition beschriebenen Orientierungsebenen können auch jeweils als Dimension betrachtet werden, über die eine Dienstleistung definiert werden kann. Neben der Potenzial-, Prozess- und der Ergebnisdimension ist auch noch die Marktdimension zu nennen, die an die Nutzenstiftung der Ergebnisorientierung anknüpft. Die Marktdimension soll die Bedürfnisse und Erwartungen interner und externer Kunden erfüllen und dem Anbieter der Leistung einen Mehrwert schaffen (Fähnrich et al., 1999, S. 15).

Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass in der Literatur keine allgemein anerkannte bzw. allgemeingültige Definition von Dienstleistungen existiert. Dies ist überwiegend darauf zu begründen, dass es sich bei Dienstleistungen um einen komplexen und heterogenen Untersu-chungsgegenstand handelt (Meffert/Bruhn, 1995, S. 30).

Die Definition des Dienstleistungsbegriffs von MEFFERT und BRUHN eignet sich gut für das Ab-leiten von erforderlichen Gestaltungsfeldern bei der Dienstleistungsentwicklung. Die Gestal-tungsfelder, die im Rahmen des Service Engineering zu berücksichtigen sind, werden im Kapitel 3.5 beschrieben.

2.1.2 Konstitutive Merkmale von Dienstleistungen

Aus dem Wesen der Dienstleistungen lassen sich spezifische Merkmale ableiten, die als die zentralen und wesentlichen Abgrenzungskriterien zu Sachleistungen vorgestellt werden können. Diese besonderen Eigenschaften von Dienstleistungen werden in der Literatur häufig als so genannte »konstitutive Merkmale« bezeichnet (vgl. Corsten, 1985; Maleri, 1995).

Eines dieser konstitutiven Merkmale wurde bereits in der Arbeit bei der Diskussion über Definitionsansätze eingeführt. Es handelt sich um den immateriellen Charakter von Dienstlei-stungen, den MALERI als sinnlich nicht wahrnehmbar beschreibt (siehe Kapitel 2.1.1).

Dagegen lassen sich jedoch Beispiele anführen, die die Bedeutung der Wahrnehmbarkeit materieller Komponenten verdeutlichen. So manifestiert sich beispielsweise eine Beratungsdienstleistung im Finanzsektor in Anlageempfehlungen, die der Kunde als Dokument erhält. Der Kunde bildet sich nicht nur über das Beratungsgespräch einen Eindruck, sondern er bezieht die materiellen Bestandteile der Leistung in seine Wahrnehmung der Qualität mit ein.

CORSTEN modifiziert die grundsätzliche Annahme über die Immaterialität der Dienstleistungsergebnisse dahingehend, dass diese zu ihrer Verbreitung materielle Trägermedien benötigen und dadurch in einen materiellen Status überführt werden (Corsten, 1985, S. 94). Die Trägermedien ermöglichen durch Speichermedien die Übertragung der Dienstleistung an den Kunden, wozu neben Papier auch elektronische Speicher zur Informationserhaltung dienen können (Maleri, 1997, S. 104). So dient beispielsweise der Computer zunehmend als Trägermedium, um dem Kunden Informationen über das Internet zu liefern und ihn über verschiedene Leistungen zu informieren (Brettreich-Teichmann/Wiedmann, 1998, S. 11). Vor allem über die positive Wahrnehmung dieser Trägermedien durch den Kunden kann sich ein Unternehmen von den Mitbewerbern abheben und sich damit eine gute Basis für die Beziehung mit dem Kunden verschaffen. Eine mangelnde Qualität der Trägermedien kann daher den Erfolg des Einsatzes der übrigen Faktoren bei der Dienstleistungsproduktion abschwächen bzw. völlig untergraben (Maleri, 1997, S. 104).

Im Gegensatz zu den Trägermedien kann das Leistungspotenzial, das zum Dienstleistungsergebnis führt, als immateriell angesehen werden. Die in dem Leistungspotenzial gebundenen Fähigkeiten können personell – in Form von Kompetenzen – vorliegen oder es liegt eine »automatisierte Leistungsfähigkeit« vor (Meffert/Bruhn, 1995, S. 61). Letztere bezeichnet z.B. die Fähigkeit eines Bankautomaten, dem Kunden eine Kontoaufstellung zu liefern. Die Dienstleistung wird durch das Trägermedium »Kontoauszug« materialisiert. Das Potenzial »Informationsbereitstellung des persönlichen Kontos« mündet in das Trägermedium »Kontoauszug«, welches auch gleichzeitig das Ergebnis der Dienstleistungsproduktion darstellt.

Das Merkmal der Immaterialität zählt in der Wissenschaft zu einem der umstrittensten Punkte. Allgemein akzeptiert ist jedoch, dass zur Erstellung einer Dienstleistung die Integration des ex-ternen Faktors notwendig ist (Corsten, 1997, S. 6). Der externe Faktor bezeichnet die notwen-dige Beteiligung bzw. Mitwirkung des Abnehmers der Dienstleistung am Produktionsprozess (Maleri, 1997, S. 163). Weitere Erscheinungsformen des externen Faktors können materielle Objekte sein, z.B. ein Auto, an dem Reparaturarbeiten verrichtet werden. Außerdem kann es sich um immaterielle Objekte handeln, worunter beispielsweise Informationen fallen (Meffert/Bruhn 1995, S. 50). Am Beispiel der Informationen lässt sich verdeutlichen, welchen Stellenwert der externe Faktor einnimmt. Ohne die Bereitstellung von Informationen über Art und Umfang der zu erwarteten Leistung für den Kunden, entwickelt dieser ein unzureichendes bzw. falsches Bild über die Dienstleistung. Der Kunde kann seinerseits nicht die passenden Informationen zur Verfügung stellen, die für eine korrekte Durchführung der Dienstleistung notwendig wären, da er nicht die notwendigen Informationen vom Unternehmen erhält, um darauf reagieren zu können. Es ist deswegen wichtig, die Kundenwahrnehmung über die Dienstleistung zu kennen, um die Leistungskomponenten den neuen Anforderungen anpassen und ein verzerrt wahrgenommenes Bild der Dienstleistung seitens des Kunden korrigieren zu können. Dazu leistet die Kundenentwicklung einen wichtigen Beitrag (siehe Kapitel 4.3.3.2).

Die Situation des Kunden wird dadurch erschwert, dass bei einem Kauf der Dienstleistung keine Sachleistung erworben wird, sondern lediglich ein Leistungsversprechen vorliegt (Maleri, 1997, S. 253). Dies ist für den Kunden ein Unsicherheitsfaktor, der über eine entsprechende Kommunikationspolitik seitens des Unternehmens ausgeglichen werden sollte. Dadurch liegt eine Erklärungsbedürftigkeit der anzubietenden Leistungen vor (Maleri 1997, S. 229).

Aus dem immateriellen Charakter von Dienstleistungen resultiert auch die »Nichtlagerfähigkeit«, da der Kunde die Dienstleistung nur zeitgleich zur Produktion konsumieren kann. Die Simultanität von Produktion und Verwertung der Dienstleistung ist damit ein wesentliches Abgrenzungskriterium zu Sachleistungen und dient als konstitutives Merkmal. Wenn die Leistung nicht nachgefragt wird, verfällt die Möglichkeit zur Nutzung. Die Simultanität von Produktion und Verwertung lässt sich bei zeitraumbezogenen Produkten verdeutlichen, z.B. ein Konzertbesuch (Corsten, 1985, S. 112). Die Nichtlagerfähigkeit bezieht sich jedoch auf den Dienstleistungserstellungprozess, da das Dienstleistungsergebnis selbst gelagert werden kann, z.B. ein repariertes Auto (Meffert/Bruhn, 1995, S. 61).

Produktion und Verwertung können aber auch auseinanderfallen, wie sich am Beispiel des Internet veranschaulichen lässt. Dieses Medium eröffnet ganz neue Möglichkeiten im Rahmen der Kommunikationspolitik von Unternehmen, woraus aber auch ganz neue Anforderungen entstehen. Ein Unternehmen kann seine Kunden über das Internet beraten, sie über das Produktangebot informieren, Bestellungen online abwickeln und damit eine neue Kommunikationsebene aufbauen. Das Produktangebot wird vom Unternehmen in das Internet gestellt und kann vom Kunden permanent abgerufen werden. Die Verwertung der Dienstleistung durch die Kunden kann damit ohne zeitliche Einschränkung und nach den persönlichen Bedürfnissen stattfinden. So kann der Kunde selbst entscheiden, wann er die Dienstleistung in Anspruch nehmen will. Für den Dienstleistungsanbieter resultiert aus diesem Vorgang der Externalisierung ein erhöhtes Risiko, da der Kunde an der Dienstleistungserstellung mitwirkt und die Qualität der Dienstleistung davon beeinflusst wird, ob der Kunde dazu bereit ist, die gewonnene Wahlmöglichkeit über die zeitliche Verfügbarkeit der Dienstleistung anzunehmen (Corsten, 1998, S. 8).

Die vorgestellten konstitutiven Merkmale sind zu relativieren und können nicht als absolut und allgemeingültig gelten. Am Beispiel des Internet wird deutlich, dass z.B. das konstitutive Merk-mal »Simultanität von Produktion und Verwertung« kritisch zu beurteilen ist. Der Kunde muss bei diesem Medium nicht simultan zur Produktion der Dienstleistung die Leistung verwerten, sondern er kann die Leistung zeitversetzt in Anspruch nehmen. Die konstitutiven Merkmale bieten jedoch einen wertvollen definitorischen Rahmen, wodurch eine Abgrenzung gegenüber Sachleistungen erleichtert wird.

Die Kritikpunkte, die gegen die konstitutiven Merkmale vorzubringen sind, werden in der fol-genden Übersicht zusammenfassend aufgeführt.

Konstitutives Merkmal Kritikpunkt

Immaterialität - Materielle Trägermedien werden z.T. benötigt

- Leistungsbeurteilung auf Grund gestalterischer Elemente der Dienstleistung

Nichtlagerfähigkeit Dienstleistungsergebnis ist lagerfähig

Simultanität von Produktion und Verwertung Zeitversetzte Nutzung der Dienstleistung durch Einsatz neuer Technologien möglich (z.B. Internet)

Tabelle 1: Kritikpunkte gegen konstitutive Merkmale von Dienstleistungen

Quelle: Eigene Erstellung

2.1.3 Typologisierung von Dienstleistungen

Dienstleistungen können mittels geeigneter Merkmale in charakteristische »Typen« eingeteilt werden. Dementsprechend werden solche Ordnungs- und Strukturierungsansätze als »Dienstleistungstypologien« bezeichnet (Fähnrich et al., 1999, S. 25). Bereits seit Ende der 70er Jahre setzt sich die betriebswirtschaftliche Forschung mit der Typologisierung des Dienstleistungssektors auseinander, um die Heterogenität auf bestimmte Weise beschreiben zu können (Benkenstein/Güthoff, 1995, S. 1494).

Beim Dienstleistungssektor handelt es sich um eine Zusammenfassung von relativ heterogenen Branchen – z.B. Handel, Banken und Beratungsleistungen. Durch eine Typologisierung wird versucht, gemeinsame Merkmale zu identifizieren und auf dieser Basis homogene Typen zu bilden. Die Typologisierung beschreibt demnach ein Verfahren, das ein bestimmtes Gebiet strukturieren und überschaubar gestalten soll (Barth/Hertweck, 2000, S. 40).

Grundsätzlich sind zwei Möglichkeiten zur Ableitung einer Typologie möglich. Zum einen kann die Einteilung in unterschiedliche Branchen durchgeführt werden, zum anderen ist eine merkmalsorientierte Unterscheidung nach Art der Dienstleistung denkbar (Bullinger/Fähnrich, 1999, S. 15). Die Zuordnung der Dienstleistungen zu den jeweiligen Branchen ist aber nicht sinnvoll, da dieselben Dienstleistungen von Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen er-bracht werden können. Beispielhaft sind hier die Call-Center zu nennen, die auch in produzie-renden Unternehmen von Bedeutung sind.

Bei der merkmalsorientierten Typologisierung können folgende Ansätze unterschieden werden (Benkenstein/Güthoff, 1996, S. 1495):

- Gütertypologische Abgrenzungen: Eine Leistung wird z.B. über den Grad der Immaterialität und über den Umfang der Integration des Kunden definiert.
- Institutionenorientierte Abgrenzungen: Von Bedeutung ist bei diesem Ansatz die Beziehung zwischen dem Anbieter und seinen Nachfragern.

Daneben stellen BENKENSTEIN und GÜTHOFF noch einen eigenen Ansatz vor, der die System-theorie als Ausgangspunkt zur Dienstleistungstypologisierung hat. Eine Dienstleistung besteht danach aus unterschiedlichen Elementen, die für die Leistungserstellung miteinander in Bezie-hung gesetzt werden. Zu den Elementen gehört z.B. der Nachfrager und das Leistungspotenzial. Dabei wird von den Autoren der Komplexitätsbegriff eingebracht. Sie übertragen die Komplexitätsdimensionen als Typologisierungsansatz auf den Dienstleistungssektor. Je größer in diesem Zusammenhang die Zahl der Elemente ist, desto mehr steigt der Komplexitätsgrad an. Es werden Komplexitätsmerkmale aus der Systemtheorie abgeleitet, die sich an der konkreten Leistung orientieren. Zu diesen Leistungsmerkmalen gehören u.a. die Anzahl der Teilleistungen, die Multipersonalität und die Heterogenität der Teilleistungen (Benkenstein/Güthoff, 1996, S. 1498 ff.).

Zur Erklärung der Komplexität ziehen BENKENSTEIN und GÜTHOFF auch Persönlichkeitsmerk-male heran, die auf käuferverhaltenstheoretischen Ansätzen basieren. Es handelt sich um das »Involvement« und um das »wahrgenommene Risiko«. Entscheidend ist die perspektivische Betrachtung aus Sicht des Kunden, dem bereits eines der beschriebenen Merkmale ausreicht, um eine Dienstleistung als komplex wahrzunehmen (Benkenstein/Güthoff, 1996, S. 1503-1506).

Ein grundlegendes Defizit der meisten Typologisierungsansätze ist ihre unzureichende empiri-sche Überprüfung (Fähnrich et al., 1999, S. 25). Um dieses Defizit zu beseitigen, wurde im Jahr 1999 die Studie »Service Engineering: Ergebnisse einer empirischen Studie zum Stand der Dienstleistungsentwicklung in Deutschland« durchgeführt. Im Rahmen dessen wurden bereits vorhandene Ansätze verschiedener Typologisierungsmerkmale gesammelt sowie analysiert und durch einen Expertenworkshop auf acht Merkmale reduziert (Bullinger/Fähnrich, 1999, S. 16). Zur Überprüfung dieser Merkmale, erfolgte eine Befragung von 282 deutschen Unternehmen (Bullinger/Fähnrich, 1999, S. 16). Durch eine Faktorenanalyse konnten vier unabhängige Einflussfaktoren ermittelt werden, die die Grundlage für die Identifizierung von »Clustern« darstellten und somit die Dienstleistungstypen charakterisierten (Fähnrich et al., 1999, S. 26). Die Cluster stellen Gruppen von Unternehmen dar, die eine hohe Ähnlichkeit in ihren angebotenen Dienstleistungen aufweisen (Fähnrich et al., 1999, S. 32). Es bildeten sich bei der Analyse die Variantenvielfalt, der Standardisierungsgrad, die Kundenkontaktintensität und die Kopplung an materielle Güter als Faktoren heraus (Fähnrich et al., 1999, S. 32). Dominierende Faktoren waren dabei die Kundenkontaktintensität und die Variantenvielfalt, die durch eine Portfolio-Darstellung mit vier Clustern integriert werden können (Fähnrich et al., 1999, S. 34). Dabei spiegelt die Kundenkontaktintensität den Grad der Austauschbeziehungen zwischen Kunden sowie den Mitarbeitern des Unternehmens wieder, während die Variantenvielfalt jene Dienstleistungen charakterisiert, die über eine große Variationsbreite verfügen, um kundenspezifische Leistungen anbieten zu können (Fähnrich et al., 1999, S. 31 f.).

Folgende Cluster lassen sich identifizieren (Fähnrich et al., 1999, S. 33 f.):

- Cluster 1: Einzel-Dienstleistungen (Service Factory), z.B. Versicherungen
- Cluster 2: Wissensintensive Dienstleistungen (Professional Service), z.B. Beratung
- Cluster 3: Varianten-Dienstleistungen (Service Shop), z.B. Reparaturdienste
- Cluster 4: Kundenintegrative Dienstleistungen (Mass Service), z.B. Handel

Abbildung 4: Typologisierung von Dienstleistungen nach Kundenkontaktintensität und Variantenvielfalt

Quelle: Bullinger/Fähnrich, 1999, S. 16

Die vorgenommene Clusterung zeigt eine weitgehende Übereinstimmung mit der Typologie von SCHMENNER (vgl. Schmenner, 1995, S. 11), weshalb bei der Studie die gleichen Clusterbe-zeichnungen verwendet werden. Im Rahmen der 1999 durchgeführten Studie wurden für den »Service Shop« jedoch mehr technische Dienstleistungen als bei SCHMENNER identifiziert (Fähnrich et al., 1999, S. 34). Außerdem verwendet SCHMENNER statt der Kundenkontakt-intensität den Grad der Arbeitsintensität und statt der Variantenvielfalt den Grad der Interaktion und Individualisierung (vgl. Meffert/Bruhn, 1995. S. 122 f., vgl. Schmenner, 1995, S. 11).

Die bei der Studie entwickelte Typologisierung wird als Basis für die Arbeit genutzt, um ein realistisches Bild des Dienstleistungsbereichs heranziehen zu können.

2.2 Volkswirtschaftliche Einordnung des Dienstleistungsbereichs

Auf volkswirtschaftlicher Ebene ist die Drei-Sektoren-Theorie allgemein verbreitet. Sie wird nachfolgend näher untersucht, wobei auch die strukturellen Veränderungen beschrieben werden. Es wird herausgestellt, inwiefern die Theorie problematisch ist und wo Kritikpunkte anzubringen sind.

2.2.1 Die »Drei-Sektoren-Theorie«

Das konstitutive Merkmal der Immaterialität ist auch in der Drei-Sektoren-Theorie von Bedeu-tung. Die Abgrenzung des Dienstleistungssektors folgt einer Negativdefinition die besagt, dass »[...] alle Wirtschaftszweige, in denen keine materiellen Güter produziert werden, die aber im engeren Sinne ökonomisch, d.h. aufgrund von Zahlungsströmen beobachtbar sind«, als Dienstleistungen bezeichnet werden (Wolff/Hofer, 1988, S. 123).

Die Drei-Sektoren-Theorie gliedert die Wirtschaft in die folgenden drei Bereiche (Statistisches Bundesamt, 2000, S. 90):

1. Primärer Sektor (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei)
2. Sekundärer Sektor (Produzierendes Gewerbe)
3. Tertiärer Sektor (Dienstleistungen)

Der tertiäre Sektor umfasst dabei recht unterschiedliche Arten von Dienstleistungen. Er beinhaltet die Leistungen des Handels, des Gastgewerbes, des Bank- und Versicherungsgewerbes, der freien Berufe und des Verkehrsgewerbes (Statistisches Bundesamt, 2000, S. 303). Die Bedeutung dieses Sektors ist im Laufe der letzten Jahre gestiegen, wie im nächsten Abschnitt verdeutlicht wird.

2.2.1.1 Strukturwandel in den drei Sektoren

Betrachtet man die Bedeutung der einzelnen Sektoren unter dem Fokus der jeweiligen Erwerbstätigenzahl, dann ist im zeitlichen Verlauf ein Wandel in der Beschäftigtenstruktur feststellbar, wie dies nachfolgende Abbildung bestätigt.

Abbildung 5: Erwerbstätige nach Wirtschaftsbereichen im Vergleich (Bundesrepublik Deutschland)

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2000, S. 90

Besonders deutlich wird dies im primären Sektor, in dem sich eine Schrumpfung der Zahl der erwerbstätigen Personen von 22,1 Prozent im Jahre 1950 auf 2,9 Prozent im Jahre 1998 vollzog (Statistisches Bundesamt, 2000, S. 90). Dagegen wirkt sich der oft zitierte Weg in die Dienstleistungsgesellschaft im tertiären Sektor beschäftigungssteigernd aus (Wolff/Hofer, 1988, S. 122). Waren 1950 nur 33,2 Prozent der deutschen Bevölkerung im tertiären Sektor erwerbstätig, sind es 1998 bereits 63,3 Prozent (Statistisches Bundesamt, 2000, S, 90).

Im Rahmen dieses Bedeutungszuwachses sind es vor allem die produktionsorientierten Dienstleistungen, d.h. Dienstleistungen des Handels, des Verkehrs- und Nachrichtengewerbes sowie der Banken und Versicherungen, die sich beschäftigungssteigernd auswirken. Gerade hier spielt der zunehmend wichtiger werdende Umgang mit Informationen durch Informations- und Kommunikationstechniken eine ausschlaggebende Rolle (Kalmbach, 1998, S. 120).

Innerhalb des produzierenden Sektors wird der Stellenwert von Dienstleistungen zunehmend größer. In diesem Zusammenhang wird oft von der »Tertiarisierung der Warenproduktion« ge-sprochen, wozu z.B. auch die Entwicklungsarbeit für ein Produkt zählt. Mit dieser Bezeichnung wird der Strukturwandel charakterisiert, der zu einem höheren Anteil der Dienstleistungsproduktion oder der Erwerbstätigen mit Dienstleistungsberufen innerhalb des warenproduzierenden Sektors führt (Ochel/Schreyer, 1988, S. 141).

Anhand dieses Aspekts begründet sich die anzubringende Kritik der Drei-Sektoren-Theorie.

2.2.1.2 Kritik an der Drei-Sektoren-Theorie

Die bereits erwähnte »Tertiarisierung der Warenproduktion« verdeutlicht die Problematik der Drei-Sektoren-Theorie. Durch sie wird die Erfassung der gesamten wirtschaftlichen Leistung von Dienstleistungen erschwert. Folgende Kritikpunkte sind u.a. anzubringen (Wolff/Hofer, 1988, S. 123):

- Dienstleistungen, die innerhalb des produzierenden Gewerbes entstehen, bleiben unbeachtet.
- Eine nicht vergleichbare Erfassung findet bei Dienstleistungen statt, deren Produktionsbei-träge keiner Marktbewertung unterliegen.
- Dienstleistungen, die in den Bereich der informellen Wirtschaft fallen und denen keine oder verborgene Zahlungsströme entsprechen, werden nicht erfasst.

Einige Schwierigkeiten bereitet beispielsweise – betrachtet man den Aspekt der Zahlungsströme – die Erfassung von Dienstleistungen, die im gesellschaftlich-sozialen Zusammenhang entstehen. Als Beispiele seien die Erziehungsleistung für die Kinder und die damit verbundenen Investitionen durch die Eltern genannt.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Unterschiede zwischen Waren- und Dienstleistungsproduktion zunehmend an Bedeutung verlieren (Kalmbach, 1998, S. 117). Eine Bestätigung dieser Tendenz findet sich im Modell von SHOSTACK wieder, in dem ein Produkt aus einem Sachleistungs- und Dienstleistungselement besteht (siehe Kapitel 2.1.1).

Die enge Verflechtung verdeutlicht die unzureichende Beachtung, der im produzierenden Sektor erbrachten Dienstleistungen, die gemäß der Drei-Sektoren-Theorie dem tertiären Sektor zugeordnet werden müssten.

2.3 Definitorische Abgrenzungen

In den nachstehenden Abschnitten wird der Dienstleistungsbegriff in interne und externe Dienstleistungen unterschieden. Außerdem wird der Servicebegriff dem Dienstleistungsbegriff gegenübergestellt und die Möglichkeit einer Abgrenzung untersucht.

2.3.1 Abgrenzung zu internen Dienstleistungen

Auf Grundlage der Abgrenzung zwischen internen und externen Dienstleistungen wird nachfolgend die Bedeutung der internen Dienstleistungen herausgestellt, die nicht nur im Dienstleistungssektor vorhanden sind, sondern auch im produzierenden Bereich eine wichtige Funktion übernehmen.

Externe Dienstleistungen fungieren im produzierenden Bereich im Rahmen der »Tertiarisierung der Warenproduktion« als Differenzierungsmittel gegenüber Wettbewerbern. Interne Dienstleistungen schaffen die Voraussetzung dafür, qualitative Produkte im Leistungsprogramm anbieten zu können.

Beispielhaft lassen sich in Unternehmen – gleichgültig zu welchem Sektor diese gezählt werden – folgende interne Dienstleistungen nennen (in Anlehnung an Bruhn, 1995b, S. 615):

- Schreibarbeiten einer Sekretärin für den Chef,
- Erstellung von Außendienstberichten für die Vertriebsleitung,
- Weiterleitung von Marktdaten von der Marketingleitung an die verschiedenen Produktmanager,
- Ausarbeitung von Werbestrategien für den Absatz der Produkte.

Anhand dieser Beispiele wird deutlich, dass auch bei internen Dienstleistungen unternehmensinterne Lieferanten sowie Kunden vorhanden sind. Dementsprechend ist auch auf das Einhalten eines bestimmten Qualitätsniveaus für die internen Kunden zu achten. Auf dieser Basis kann auch eine interne Dienstleistungsqualität definiert werden (Bruhn, 1995b, S. 616):

»Interne Dienstleistungsqualität ist die Fähigkeit eines internen Lieferanten, die Beschaffenheit einer primär intangiblen und der Kundenbeteiligung bedürfenden Leistung aufgrund von inter-nen Kundenerwartungen auf einem bestimmten Anforderungsniveau zu erfüllen.«

Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass ein Lieferant auch wieder zum Kunden und dieser wiederum zu einem Lieferanten einer Leistung werden kann. So stellt z.B. der Leiter einer Entwicklungsabteilung als Lieferant wichtige Informationen für die Mitarbeiter im Marketing zur Verfügung, die dadurch werbewirksame Eigenschaften des Produkts erfahren. Der Lieferant kann wiederum zum Kunden werden, indem er vom Marketing Marktdaten erhält, die ihn über den Produkterfolg informieren und er diese als Entscheidungsgrundlage für Produktänderungen in Erwägung ziehen kann. Den Kern dieser Kunden-/Lieferantenbeziehung, prägt auch die Definition der internen Dienstleistungen (Bruhn, 1995b, S. 615):

Selbständige Leistungen sind mit der Bereitstellung und/oder dem Einsatz von Leistungsfä-higkeiten eines internen Lieferanten verbunden (Potenzialorientierung).

- Interne Unternehmenseinheiten (interne Lieferanten) werden mit anderen internen Unter-nehmenseinheiten (interne Kunden) im Rahmen des Erstellungsprozesses kombiniert (Prozessorientierung).
- Die Faktorkombination des internen Lieferanten wird mit dem Ziel eingesetzt, an dem inter-nen Kunden nutzenstiftende Wirkungen zu erzielen (Ergebnisorientierung).

Bei der ergebnisorientierten Betrachtungsweise beschränkt sich BRUHN auf die nutzenstiftende Wirkung für die internen Kunden. Es ist diesbezüglich darauf hinzuweisen, dass diese Nutzenstiftung nicht nur bei den internen Kunden erreicht werden sollte, sondern die interne Dienstleistung ist als Wirkungskette zu verstehen, die auch die externen Lieferanten sowie die externen Kunden erreicht. Die Output-Qualität von Leistungen für die externen Kunden wird deswegen maßgeblich auch von der Qualität interner Dienstleistungen bestimmt.

Interne Dienstleistungen können demnach auch als ein Prozess verstanden werden, bei dem der interne Kunde mit seinen Anforderungen am Anfang des Prozesses steht und der interne Lieferant eine Leistung gemäß den Anforderungen erstellt.

In dieser Arbeit werden interne Dienstleistungen explizit als solche bezeichnet.

2.3.2 Abgrenzung zum Servicebegriff

Synonym zum Dienstleistungsbegriff findet sich häufig auch der Servicebegriff. Im deutschspra-chigen Raum wird »Service« oft lediglich für Zusatzdienstleistungen von Konsumgüter- und In-vestitionsgüterherstellern verwendet (Meffert/Bruhn, 1995, S. 27). JASCHINSKI beschränkt die Serviceleistung auch als Zusatzleistung einer Kernleistung und lehnt einen synonymen Gebrauch von Service und Dienstleistung ab (Jaschinski, 1998, S. 18 f.).

NAGEL und RASNER differenzieren drei verschiedene Service-Arten (Nagel/Rasner, 1993, S. 151):

- Service als Ergänzung zu einer Kernleistung (Zusatzleistung), z.B. Kundendienst,
- Service als eigenständige Leistung (Hauptleistung), z.B. Unternehmensberatung,
- Service als Servicepaket (Gesamtlösung), z.B. Komplettlösungen aus Hard- und Software.

Abbildung 6: Service-Arten

Quelle: Eigene Erstellung

Die in der Abbildung 6 dargestellten Erscheinungsformen von Dienstleistungen, zeigen die von NAGEL und RASNER unterschiedenen Service-Arten.

Ein synonymer Servicebegriff ist noch unter dem Begriff »Kundendienst« bekannt. Dieser Begriff bezeichnet oft solche Dienste, die in der Nachverkaufsphase anfallen und hier dem Kunden beratend zur Seite stehen sowie im Bedarfsfall für Reparaturarbeiten eingesetzt werden (Weber, 1989, S. 27 f.). Dieser Reparaturservice ist Bestandteil des so genannten »After-Sales-Service«, der für eine langfristige Kundenbeziehung einen elementaren Bestandteil darstellt (Nagel/Rasner, 1993, S. 153). Der Kundendienst kann auch als Zusatzleistung betrachtet werden, deren erforderlicher Umfang von der Qualität der materiellen Leistung beeinflusst wird. Das Unternehmen muss berücksichtigen, dass aus der vom Kunden wahrgenommenen Qualität des Kundendienstes eine Bewertung des gesamten Leistungsangebots resultiert. Deswegen müssen die Leistungsbestand-teile genauso sorgfältig zusammengestellt werden wie bei der Kernleistung.

Im Zuge dieser Arbeit wird der Dienstleistungsbegriff als Synonym für den Servicebegriff ge-braucht, um keine Differenzen zum angloamerikanischen Wortgebrauch entstehen zu lassen (Meffert/Bruhn, 1995, S. 27).

2.4 Wirtschaftliche Bedeutung von Dienstleistungen

In den folgenden Abschnitten wird gezeigt, welche Problemfelder bei Dienstleistungen existie-ren, was für einen Stellenwert interne und externe Dienstleistungen für Unternehmen haben und welche Trends diesbezüglich identifiziert werden können.

2.4.1 Problemfelder bei Dienstleistungen

Aus dem Charakter der Dienstleistungen resultiert eine Reihe von Problemfeldern, woraus sich auch Konsequenzen für Unternehmen ergeben.

Die Autoren MEFFERT und BRUHN beschreiben u.a. folgende Problemfelder, die sie als Thesen aufstellen (Meffert/Bruhn,1995, S. 359-362):

- Die bereits im Zusammenhang mit der kritisierten Drei-Sektoren-Theorie skizzierte zuneh-mende Auflösung einer Unterscheidung zwischen der Dienstleistungs- und Warenproduktion, wirkt sich auf die Sektoren aus. Eine Grenze zwischen dem produzierenden Sektor und dem Dienstleistungssektor lässt sich immer schwieriger ziehen, da bei der Warenproduktion ein steigender Dienstleistungsanteil integriert wird. Von Bedeutung ist diesbezüglich z.B. die Planung des notwendigen »Service-Aufwands« nach Absatz eines Produkts.
- Innerhalb des Dienstleistungssektors verwässern die Branchengrenzen zunehmend. Dieser Trend wird durch Vernetzungstendenzen im Leistungsangebot ausgelöst, d.h. um den Kunden nicht nur langfristig zu binden werden Leistungen aus anderen Branchen in das eigene Angebot integriert, um so ein breiteres Leistungsspektrum zu bieten.
- Auf Grund der zunehmenden Gleichartigkeit von Leistungsangeboten, stellen sich ganz neue Anforderungen an die Kommunikationspolitik von Unternehmen. Der Kunde muss einen individuellen Vorteil erkennen, warum er gerade bei einem bestimmten Dienstleistungsanbieter seine Leistung bezieht. Dabei kommt der Kundensegmentierung eine besondere Bedeutung zu, um die Kommunikationsmittel gezielt einsetzen zu können.
- Der in Deutschland mit Vorsicht benutzte Dienstleistungsbegriff spiegelt sich auch in der Suche nach motivierten Arbeitskräften wieder, die sich oft schwer gestaltet. Gerade hier zeigt sich die Heterogenität des Dienstleistungssektors, da es durchaus Bereiche gibt, für die es schwierig ist, entsprechende Arbeitskräfte zu finden, z.B. die Straßenreinigung.

Diese Problemfelder sollten unternehmensspezifisch identifiziert und konkretisiert werden. Damit wird die Voraussetzung für möglicherweise notwendige Veränderungen im Leistungsangebot geschaffen und das Unternehmen entwickelt sich so ein individuelles problemorientiertes Profil, woraus sich Maßnahmen für eine Anpassung des Leistungsangebots ableiten lassen.

2.4.2 Stellenwert von Dienstleistungen in Unternehmen

Nachfolgend werden Dienstleistungen in interne und externe Dienstleistungen aufgeteilt und getrennt voneinander betrachtet. Durch die separate Betrachtung soll herausgestellt werden, dass interne Dienstleistungen einen wichtigen Beitrag zur Erstellung von externen Dienstleistungen beisteuern und sich auf die Qualität von externen Dienstleistungen auswirken.

2.4.2.1 Interne Dienstleistungen

Dienstleistungen spielen unter den Mitarbeitern innerhalb des Unternehmens eine wichtige Rolle. Im Hinblick auf das zu Grunde gelegte Kunden-/Lieferantenverhältnis sollte jeder einzelne Mitarbeiter seine internen Kunden kennen. Durch diese Kenntnis können die einzelnen Anforderungen der internen Kunden besser erfüllt werden. Da ein interner Kunde auch wieder zum Lieferanten werden kann, wird beim Mitarbeiter dadurch ein größeres Verständnis für die gegenseitigen Anforderungen erreicht.

Die bei den Problemfeldern der Dienstleistungen angeführten Vernetzungstendenzen haben auch ganz neue Anforderungen an die internen Dienstleistungen. Um schnell auf Marktver-änderungen reagieren zu können, müssen sich die Mitarbeiter aufeinander verlassen können und im Zuge des Dienstleistungsprozesses eine zuverlässige Arbeit beisteuern. Unterstützt wird die notwendige Anpassung an den Markt durch Werkzeuge aus der Informationstechnologie, die es ermöglichen »Rund-um-die-Uhr« interne Dienstleistungen durchzuführen. So kann durch die weltweite Vernetzung der Forschungs- und Entwicklungsarbeit ein Projekt laufend bearbeitet werden, ohne Zeiteinbußen in Kauf nehmen zu müssen (Bullinger/Murmann, 1999b, S. 73).

Im Bereich der menschlichen Zusammenarbeit ist es wichtig zu wissen, dass eine auf Vertrauen basierende Atmosphäre sich auf die Arbeitsmoral der Mitarbeiter positiv auswirkt und dies auch letztlich der Kunde – intern sowie extern – als qualitätserhöhend empfindet (Erhard, 1999,

S. 71). Um eine vertrauensvolle Atmosphäre zu erreichen, sollte den Mitarbeitern bewusst sein, was von ihnen erwartet wird, damit sie sich den gestellten Anforderungen anpassen können. Unterstützt wird dies durch die Kenntnis möglicher Ansprechpartner bei Problemen, an die sie sich ohne Kommunikationsbarrieren wenden können. Die Existenz von Prozessen, die die inter-nen Interaktionsabläufe festlegen, ermöglicht mehr Transparenz über die einzelnen Verantwortungsbereiche und die darin durchgeführten Aktivitäten.

Die interne Atmosphäre wirkt sich damit auch auf die Wahrnehmung einer Leistung durch die externen Kunden aus. Eine kundenorientierte Unternehmenskultur kann vom Management nicht nur »verkündet« werden, sondern den Mitarbeitern sind Unterstützungsprozesse anzubieten, die klar definiert sein sollten. Interne Dienstleistungsprozesse bedürfen deswegen – wie auch bei externen Dienstleistungsprozessen – einer Gestaltung und einer entsprechenden Definition. Die Prozessgestaltung sollte dabei abteilungsübergreifend diskutiert und im gemeinsamen Konsens festgelegt werden, um die Akzeptanz notwendiger Aktivitäten zu erhöhen.

2.4.2.2 Externe Dienstleistungen

Der externe Kunde, als »eigentlicher« Kunde für das Unternehmen, kann nicht nur isoliert in der Rolle eines Käufers betrachtet werden, vielmehr ist er Partner, dessen Probleme zu lösen sind. Das hat für das Unternehmen zur Konsequenz, dass es als Berater fungiert und dem Kunden über das Anbieten der eigenen Leistung hinaus weitere zukünftige Nutzenpotenziale aufzeigt (Lettau, 1999, S. 96 f.).

Neben der Beratungsfunktion von Unternehmen, sind insbesondere Industrieunternehmen durch steigende Kundenanforderungen dazu gezwungen, ihr Produktprogramm um Dienstleistungen zu ergänzen (Luczak et al., 2000, S. 2). Diese erforderliche Ergänzung resultiert aus einer zunehmenden Sättigung der Märkte, in denen Produkte für den Kunden als zunehmend austauschbar erscheinen (Gündling, 1997, S. 232).

GÜNDLING stützt die Ansicht, dass Unternehmen immer mehr eine beratende Funktion einnehmen und betont dabei den Einfluss des Unternehmens als Problemlöser (Gündling, 1997, S. 118):

»Das Unternehmen sucht keine Kunden mehr, die seine Produkte kaufen, sondern sucht für individuelle Bedürfnisse individuelle Problemlösungen.«

Das Unternehmen ist damit Anbieter spezieller Kundenlösungen und die Beziehung ist nicht nur kurzfristig auf den nächsten Kaufabschluss ausgelegt, sondern es handelt sich um einen lang-fristigen Prozess.

Durch den wachsenden Stellenwert von Dienstleistungen, werden auch produzierende Unter-nehmen zu »Dienstleistungsunternehmen« (Erhard, 1999, S. 21). So können bis zu 50 Prozent der Arbeitsplätze eines güterproduzierenden Unternehmens Dienstleistungs-Arbeitsplätze sein (Erhard, 1999, S. 21). Insgesamt zeigt sich die enge Vernetzung zwischen Dienstleistungs- und Produktionsbereich, was durch das Bedürfnis der Kunden nach ganzheitlichen Angeboten vorangetrieben wird. Eine klare Trennung zwischen dem Verkauf eines Produkts und dem Anbieten einer Dienstleistung ist daher nicht möglich (Beyer et al., 1998, S. 96).

2.4.3 Trends im Dienstleistungsbereich

Der sich bereits vollziehende Bedeutungszuwachs von Dienstleistungen im Produktangebot von Unternehmen wird weiter anwachsen. Dienstleistungen übernehmen zunehmend die »Systemführerschaft« gegenüber materiellen Produkten, wobei die Leistungen – also Sach- und Dienstleistungen – zu einem kundenorientierten und ganzheitlichen Leistungsbündel zusammengefasst werden (DIN-Fachbericht 75, 1998, S. 14 f.). Kennzeichen dieser kundenorientierten Ausrichtung ist die zunehmend integrierte Betrachtung des Kunden. Der Kunde wird vom Konsument zum »Prosument«, dessen Wünsche frühzeitig erkannt werden (Bullinger/Murmann, 1999b, S. 66). Das heißt, dass der Kunde an der Leistungserstellung beteiligt ist, zugleich diese Leistung aber auch konsumiert bzw. in Anspruch nimmt.

Eine zentrale Entwicklungstendenz ist mit dem Begriff »Vernetzung« versinnbildlicht. Die Vernetzung vollzieht sich zwischen Wirtschaft und Gesellschaft, wobei das Internet ein treibender Faktor darstellt und sämtliche Wirtschaftssektoren durchzieht. Die Unterscheidung in produzierende und dienstleistende Unternehmen ist nicht eindeutig zu treffen, die Grenzen verwischen. Und so kann neben dem Begriff »Dienstleistungsgesellschaft« auch noch ein weiterer kennzeichnender Ausdruck für die sich abzeichnende Entwicklung eingebracht werden – der Begriff »Netzwerkgesellschaft« (Krämer, 1998, S. 175).

Die mit der Vernetzung verbundene Komplexität verlangt von einem zukünftigen Mitarbeiter die ständige Bereitschaft, neues Wissen anzueignen. Dies erfordert »Wissensarbeiter«, die sich den Marktanforderungen schnell anpassen und Wissen produktiv umsetzen (Becker, 1997, S. 16). Wissen wird zu einem entscheidenden Produktionsfaktor, wobei insbesondere der »Wissensvorsprung« die Marktpositionierung mitbestimmt (DIN-Fachbericht 75, 1998, S. 15).

Die erforderliche schnelle Verfügbarkeit und Umsetzung von Wissen, eröffnet beispielsweise für spezielle Dienstleister die Möglichkeit, Recherchedienste für andere Unternehmen durchzuführen (DIN-Fachbericht 75, 1998, S. 15).

DAVIDOW und MALONE schätzen, dass in Zukunft etwa 85-90 Prozent Beschäftigte als Dienst-leister arbeiten, viele davon in produzierenden Unternehmen (Davidow/Malone, 1997, S. 231). Die Gesellschaft ist damit auf dem Weg von der Industriegesellschaft in eine Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft, wobei diese Entwicklung sämtliche Lebensbereiche der Menschen erfasst (Bullinger/Murmann, 1999, S. 60).

2.5 Durch Service Engineering zur neuen Dienstleistung

Die wissenschaftliche Diskussion im Dienstleistungsbereich beschäftigte sich bisher zu einem großen Teil mit der Definition, dem Management, der Qualität und dem Vermarkten von Dienstleistungen (Fähnrich et al., 1999, S. 10). Die Dienstleistungsentwicklung als Forschungs-gegenstand spielt im deutschsprachigen Raum dagegen noch eine geringe Rolle (Nüttgens et al., 1998, S. 14). Im Rahmen der im Jahr 1999 durchgeführten Studie, die zum Ziel hatte, den Stand der Dienstleistungsentwicklung in Deutschland zu ermitteln, zeigte sich jedoch die zukünftige Bedeutung der Dienstleistungsentwicklung. 81 Prozent der befragten Unternehmen messen dieser eine steigende Bedeutung bei (Fähnrich et al., 1999, S. 82).

SHOSTACK machte bereits im Jahr 1984 in ihrem Beitrag »Designing services that deliver« darauf aufmerksam, dass die Entwicklung von Dienstleistungen meist durch Ausprobieren und nicht durch eine systematische Vorgehensweise gekennzeichnet ist. Die Autorin führt dieses Defizit auf den immateriellen Charakter von Dienstleistungen zurück. Sie stellt eine fehlende organisatorische und dauerhafte Eingliederung von bestimmten Funktionsbereichen fest, z.B. Forschungs- und Entwicklungsabteilungen für neue Dienstleistungen. Im Rahmen dieser Ist-Analyse benennt sie auch die Möglichkeit, Ingenieure für den Dienstleistungsbereich einzusetzen (Shostack, 1984, S. 133 f.).

Der ingenieurwissenschaftliche Ansatz ist auch im Begriff »Service Engineering« verwurzelt, der in Deutschland begründet wurde (Fähnrich et al., 1999, S. 13). Im Kapitel 3 wird dieser Begriff eingeführt und beschrieben, welche Ansätze Service Engineering für die systematische Dienstleistungsentwicklung bereitstellt.

In der wissenschaftlichen Betrachtung von EDVARDSSON und OLSSON wird als Grundlage eine systematische Ebene als Erklärungsmodell für die Dienstleistungsentwicklung herangezogen.

Die Autoren bezeichnen diese Ebene als »Service-System«, das die Basis für den Service-Prozess und das Service-Konzept darstellt. Die System-Ebene soll die Ressourcen für die Prozessebene bereitstellen, um das Konzept realisieren zu können (Edvardsson/Olsson, 1996, S. 150).

Eine Dienstleistung kann demnach auch als System verstanden werden, das ein systematisches Vorgehen zulässt (Luczak, 2000, S. 17 f.). Im Kapitel 3 wird untersucht, wie sich Dienstleistungen systematisch entwickeln lassen. Es wird dargestellt, welche Möglichkeiten diesbezüglich vorhanden sind und wo die Schwierigkeiten liegen.

3 Service Engineering: Die systematische Entwicklung von Dienstleistungen

Bevor eine Dienstleistung sich erfolgreich am Markt behaupten kann, muss sie entwickelt und zur Marktreife geführt werden. Um dies zu erreichen, müssen sich Unternehmen über innovative Dienstleistungen am Markt gegenüber Wettbewerbern differenzieren. Es müssen laufend neue Dienstleistungen entwickelt werden, die den Kundenanforderungen entsprechen. Die Entwicklung neuer Dienstleistungen war bisher jedoch kaum wissenschaftlicher Untersuchungs-gegenstand (Bullinger/Meiren, 2001, S. 151).

Diesem Defizit wird mit dem in Deutschland entwickelten Forschungsgebiet »Service Enginee-ring« entgegengetreten (Fähnrich et al., 1999, S. 13). Erste methodische Grundlagenarbeiten zur Entwicklung von Dienstleistungen stammen aus den USA. Dort wird das »Service Management« und das »Service Design« seit etwa 25 Jahren erforscht (Fähnrich, 2000b, S. 9). Die Dienstleistungsentwicklung wird dort mit dem Begriff »New Service Development« näher unter-sucht (Fähnrich et al., 1999, S. 13). Dabei ist diese amerikanische Fachdisziplin weitgehend mar-ketinggeprägt, während beim Service Engineering einem interdisziplinärem Ansatz mehr Bedeu-tung beigemessen wird (Bullinger/Meiren, 2001, S. 152).

Das Ziel dieses Kapitels ist es, die Bedeutung einer systematischen Dienstleistungsentwicklung herauszuarbeiten und das Forschungsgebiet Service Engineering näher zu untersuchen.

Zunächst wird Service Engineering definiert, um auf dieser Basis notwendige Abgrenzungen zu angrenzenden Bereichen durchführen zu können. In den sich anschließenden Ausführungen werden Möglichkeiten zur Verwirklichung einer systematischen Dienstleistungsentwicklung dar-gestellt.

3.1 Definition und Abgrenzung

Nachfolgend wird der Begriff »Service Engineering« auf Basis einer Definition eingeordnet bzw. zu anderen Fachdisziplinen abgegrenzt.

3.1.1 Definition »Service Engineering«

Die wichtigste Komponente des Service Engineering ist die systematische Herangehensweise. Dementsprechend steht diese Fachdisziplin für die »systematische Entwicklung und Gestaltung von Dienstleistungen unter Verwendung geeigneter Methoden und Vorgehensweisen«

(DIN-Fachbericht 75, 1998, S. 103).

Dieses Vorgehen soll Unternehmen ermöglichen, auf den wachsenden Erfolgsdruck am Markt angemessen und effektiv reagieren zu können. Die immer schneller verlaufenden Innovationszy-klen zwingen Unternehmen dazu, Dienstleistungen schnell und wirksam zu positionieren. Dienstleistungen dürfen deshalb nicht ad hoc entwickelt werden, sondern es muss von Beginn an ein Konzept zu Grunde liegen, um ein systematisches Vorgehen zu ermöglichen (Hoffrichter, 1998, S. 26).

Eine vereinfachte Strukturierung des Forschungsgebiets Service Engineering stellt die folgende Abbildung dar. Sie teilt das Arbeitsgebiet in zwei Ebenen auf, die beschreiben, welche Frage-stellungen behandelt werden.

Abbildung 7: Strukturierung des Arbeitsgebiets »Service Engineering«

Quelle: Fähnrich et al., 1999, S. 14

Die Ebene »Innovations- und Entwicklungsmanagement für Dienstleistungen« befasst sich vor allem mit Dienstleistungsentwicklungsprozessen und deren organisatorische Integration. Dazu gehört beispielsweise die Fragestellung, von welcher Organisationseinheit im Unternehmen die Entwicklungsarbeit durchgeführt werden soll (Fähnrich et al., 1999, S. 14).

Auf der Ebene »Entwicklung und Marktpositionierung neuer Dienstleistungen« werden geeignete Vorgehensmodelle, Methoden und Werkzeuge untersucht. Ein Bestandteil ist u.a. die Ableitung von Modellen für die Dienstleistungsentwicklung, die in der Praxis zu erproben sind (Fähnrich et al., 1999, S. 14).

Im Verlauf dieser Arbeit wird die zuletzt beschriebene Ebene fokussiert betrachtet und mögliche Vorgehensmodelle, Methoden und Werkzeuge dargestellt.

3.1.2 Einordnung in das Service Management

Analog zu einer Sachleistung, existiert auch bei einer Dienstleistung ein Lebenszyklus. Nach Erbringung einer Dienstleistung folgt die Ablösung, woraus die notwendige Entwicklung einer neuen Dienstleistung resultiert (Haller, 2000, S. 111). Diese unterschiedlichen Phasen müssen von der Unternehmensleitung gesteuert und überwacht werden. BIERMANN fasst die erforderlichen Steuerungsfunktionen der Unternehmensleitung mit dem Oberbegriff »Management« zusammen (Biermann, 1999, S. 20). Das Service Management integriert gemäß diesem Begriffsverständnis die systematische Entwicklung und Gestaltung von Dienstleistungen.

Auch SCHREINER und THE, die sich am »Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisa-tion« mit der systematischen Dienstleistungsentwicklung befassen, betrachten das Service Engi-neering als neue Disziplin innerhalb des Service Management (Schreiner/The, 2000, S. 376).

Die folgende Abbildung zeigt die Handlungsfelder, mit denen sich das Service Management befasst. Es wird deutlich, dass das Engineering und das Design einer neuen Dienstleistung das Kernelement innerhalb des Service Management darstellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Handlungsfelder des Service Management

Quelle: Zahn et al., 1999, S. 90

3.1.3 Abgrenzung zum Service Design

Während das Design von Sachleistungen in Unternehmen bereits häufig als Differenzierungsmittel eingesetzt wird, spielt das Design von Dienstleistungen diesbezüglich eher eine unterge-ordnete Rolle. Die gestalterische Komponente wird aufgesetzt, anstatt eine ganzheitliche Lösung mit dem Marketing und der Marktforschung anzustreben. Das Service Design ist damit auch ein notwendiger Bestandteil einer kundenorientierten Dienstleistungsentwicklung, da es sich mit der Gestaltung der Schnittstelle zwischen dem Kunden und dem Produkt befasst. Hier ist es wichtig die Kundenperspektive einzunehmen, um die Dienstleistung kundenspezifisch gestalten zu können (Mager, 1998, S. 32 ff.).

Ein weiterer Bestandteil beim Service Design ist die Formgebung der materiellen Komponenten. Das gegenständliche Erscheinungsbild ist von besonderer Bedeutung, da die Dienstleistungsqua-lität auch vom Erleben dieser Gegenstände mitbestimmt wird. Dazu gehören beispielsweise die im Kapitel 2.1.2 beschriebenen Trägermedien, die dem Kunden die Nutzung einer Dienstleistung erleichtern oder erschweren können. Durch die gegenständliche Wahrnehmung einer Dienstlei-stung wird auch das Verhalten und die Erwartungshaltung der Kunden beeinflusst, weshalb das Service Design sorgfältig durchzuführen ist (Mager, 1998, S. 32 ff.).

Das Service Design ist damit ein wichtiges Kommunikationsinstrument für das Unternehmen und sollte immer unter Berücksichtigung der Kundenerwartungen entwickelt werden.

3.2 Problemfelder der Dienstleistungsentwicklung

Bei der Entwicklung von Dienstleistungen müssen bestimmte Problemfelder überwunden werden, die folgendermaßen beschrieben werden können:

- Eine Dienstleistung kann nicht – wie dies bei einer Sachleistung möglich ist – mittels Produkttests anhand bestimmter Qualitätskriterien überprüft und bewertet werden, d.h. die Dienst-leistungsqualität ist auf Grund des immateriellen Charakters einer Dienstleistung schwer zu ermitteln (Luczak, 2000, S. 12).
- Die von den Mitarbeitern an den Schnittstellen gesammelten Erfahrungen liefern wertvolle Hinweise im Umgang mit dem Kunden. Dieses vorhandene Wissen der Mitarbeiter liegt aber kaum in dokumentierter Form und abrufbar bereit, sondern bleibt häufig nur in der Person gebunden. Besonders bei Dienstleistungen mit intensivem Kundenkontakt, erwerben Mitarbeiter wichtige Kenntnisse über das Kundenverhalten (Luczak, 2000, S. 9).
- Die Ergebnisse aus der Dienstleistungsentwicklung auf Unternehmensebene sind eine wichtige Basis, um diesbezüglich eine Optimierung vornehmen zu können. Es kann aber nur auf wenig Routinen für die Nutzung von Entwicklungsergebnissen zurückgegriffen werden. Die fehlenden Erfahrungen in diesem Bereich machen weitere Praxiserfahrungen erforderlich (Luczak, 2000, S. 9).
- Die Ermittlung von Kundenanforderungen und die Identifizierung potenzieller Kunden sind für Unternehmen bedeutende Probleme, wie dies in der 1999 durchgeführten Studie empirisch nachgewiesen werden konnte (Fähnrich et al.,1999, S. 39).
- Es besteht ein Mangel an geeigneten Vorgehensweisen, Methoden und Werkzeugen, insbe-sondere fehlen dienstleistungsspezifische Verfahren, die für die Entwicklung von Dienstleistungen eingesetzt werden können. Zudem liegen bisher nur wenige Erfahrungen über die Praxistauglichkeit von Methoden aus dem Bereich der klassischen Produktentwicklung oder aus der Softwareentwicklung vor (Bullinger/Meiren, 2001, S. 152 f.).

Im Kapitel 5 dieser Arbeit soll durch den Aufbau eines Methodenbaukastens zur kundenorien-tierten Dienstleistungsentwicklung ein Beitrag dazu geleistet werden, das zuletzt genannte Pro-blemfeld zu beseitigen. Dazu werden u.a. Methoden zur Ermittlung von Kundenanforderungen vorgestellt und kurz beschrieben.

Charakteristisch für die genannten Problemfelder ist vor allem die schwierige Bewertbarkeit von Dienstleistungen auf Grund der Immaterialität und die fehlende Praxiserfahrung auf dem Gebiet der Dienstleistungsentwickung.

3.3 Auslöser für die Entwicklung neuer Dienstleistungen

Betrachtet man die Motivatoren für die Entwicklung neuer Dienstleistungen, so lassen sich im Rahmen einer empirischen Untersuchung, die wichtigsten Auslöser für neue Dienstleistungen identifizieren.

Die am häufigsten genannten Auslöser sind die angestrebte Abrundung des bestehenden Lei-stungsangebots, Anfragen der Kunden und die gezielte Erschließung neuer Geschäftsfelder. Außerdem haben auch noch neue technische Möglichkeiten einen auslösenden Effekt (Fähnrich et al., 1999, S. 36).

In der Studie »Service Engineering: Ergebnisse einer empirischen Studie zum Stand der Dienstlei-stungsentwicklung in Deutschland« aus dem Jahr 1999, wird zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Unternehmen unterschieden. Eine differenzierte Betrachtung wird dabei auch bei den Auslösern für neue Dienstleistungen vorgenommen. Dabei zeigt sich der Stellenwert von Kundenanfragen, auf die erfolgreiche Unternehmen am häufigsten mit der Einführung neuer Dienstleistungen reagieren. Auch neue technischen Möglichkeiten liefern erfolgreichen Unter-nehmen die Grundlage für neue Dienstleistungen. Dagegen lassen sich weniger erfolgreiche Unternehmen eher von veränderten Rahmenbedingungen und dem existierenden Wettbe-werbsdruck leiten (Fähnrich et al., 1999, S. 73).

Kunden nehmen also im Rahmen der Dienstleistungsentwicklung einen wichtigen auslösenden Effekt für neue Dienstleistungen ein. Unternehmen stehen damit vor der Herausforderung, Kun-denanfragen in innovative und kundenorientierte Dienstleistungen zu übertragen.

3.4 Potenzielle Entwicklungsrichtungen für neue Dienstleistungen

Die Bedeutung des Kunden als Auslöser für die Entwicklung neuer Dienstleistungen kann sich auf unterschiedliche Entwicklungsrichtungen beziehen.

Ausgangsbasis für die Entwicklungsrichtungen ist das Ziel des Unternehmens, das bestehende Dienstleistungsangebot weiterzuentwickeln und neue Dienstleistungen anzubieten. Bei letzterem handelt es sich um die so genannte Dienstleistungsinnovation, die in drei Arten unterschieden werden kann (Zahn et al., 1999, S. 106):

- Prozessinnovationen zur Optimierung von Dienstleistungsprozessen,
- Leistungsinnovationen zur Verbesserung vorhandener und zur Entwicklung neuer Dienstlei-stungen,
- und Potenzialinnovationen zur Entwicklung der Humanressourcen und zur Verbesserung organisatorischer Rahmenbedingungen.

Diese Arbeit beschäftigt sich insbesondere mit Leistungsinnovationen, bei denen das Unterneh-men zwei marktbezogene Stoßrichtungen einschlagen kann – es kann neue Dienstleistungen für bestehende oder für neue Märkte entwickeln (Barth/Hertweck, 2000, S. 43). Besonders beim Eindringen in neue Märkte müssen Chancen und Risiken sorgfältig ermittelt und bewertet werden (Fähnrich et al., 1999, S. 43). Zwar ist auch Potenzial für neue Kundengruppen vorhanden, diese sind aber in ihrem Verhalten noch relativ schwierig einzuschätzen.

Abbildung 9 betrachtet die unterschiedlichen Entwicklungsmöglichkeiten für neue Dienst-leistungen anhand einer Markt-Produkt-Matrix. Der in der Matrix verwendete Produktbegriff schließt Dienstleistungen ein.

Abbildung 9: Potenzielle Entwicklungsrichtungen für neue Dienstleistungen

Quelle: Oppermann, 1998, S. 129, in Anlehnung an Ansoff, 1966, S. 132

Die einzelnen Strategien lassen sich im Wesentlichen folgendermaßen darstellen (Meffert/Bruhn, 1995, S. 163-167; Fähnrich et al., 1999, S. 42):

1. Bei der »Marktdurchdringungsstrategie« besteht die vorrangige Zielsetzung in der Intensivie-rung der Absatzbemühungen gegenwärtiger Leistungen bei bestehenden Kunden. Die Basis ist die Ausnutzung im Unternehmen vorhandener Ressourcen.
2. Im Rahmen der »Produktentwicklungsstrategie« werden für die bestehenden Kunden neue Produkte entwickelt. Dabei sind zwei Optionen möglich. Zum einen können Produkte ge-schaffen werden, die in der Form auf den Markt noch nicht angeboten werden, zum anderen können Produkte entwickelt werden, die lediglich für das Unternehmen neu sind, in gleicher oder ähnlicher Weise aber bereits auf dem Markt bestehen (»Me-Too-Produkte«)
3. Die »Marktentwicklungsstrategie« zielt darauf ab, für die gegenwärtigen Leistungen einen oder mehrere neue Märkte zu finden. Dabei geht es beispielsweise um die Gewinnung neuer Zielgruppen oder um die Erschließung internationaler Märkte.
4. Bei der »Diversifikationsstrategie» werden neue Produkte für neue Märkte entwickelt. Dabei können die neuen Produkte mit dem bisherigen Leistungsprogramm noch in Verbindung stehen (horizontale Diversifikation), die Wertschöpfungstiefe des Leistungsprogramms kann vergrößert werden (vertikale Diversifikation) oder das Unternehmen dringt in völlig neue Märkte vor, die in keinem Zusammenhang mit den bisherigen Leistungen stehen.

Da diese Arbeit vorrangig Leistungsinnovationen fokussiert, ist in diesem Umfeld die Produktentwicklungsstrategie und die Diversifikationsstrategie von Bedeutung.

[...]

Ende der Leseprobe aus 128 Seiten

Details

Titel
Entwicklung eines Methodenbaukastens zur Integration des Kunden in den Dienstleistungsentwicklungsprozess
Hochschule
Hochschule Fulda  (Fachbereich Haushalt und Ernährung)
Note
1,3
Autor
Jahr
2001
Seiten
128
Katalognummer
V115536
ISBN (eBook)
9783640163526
ISBN (Buch)
9783640164899
Dateigröße
4940 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entwicklung, Methodenbaukastens, Integration, Kunden, Dienstleistungsentwicklungsprozess
Arbeit zitieren
Joachim Zeuge (Autor:in), 2001, Entwicklung eines Methodenbaukastens zur Integration des Kunden in den Dienstleistungsentwicklungsprozess, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115536

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