Unterrichtsstunde: Zentrale Begriffe der Genetik in der Jahrgangsstufe 11

Schülerorientierte Erstellung eines Begriffsnetzes zu zentralen Begriffen der Genetik


Unterrichtsentwurf, 2007

18 Seiten


Leseprobe


1. Beschreibung der Lerngruppe

Seit Beginn des Halbjahres Anfang Februar ´07 unterrichte ich die Lerngruppe in eigener Verantwortung. Das Fach Biologie wird in der 11. Jahrgangsstufe nicht im Klassenverband unterrichtet, sondern im Kurssystem. In diesem Kurs finden sich 13 Schüler und 11 Schülerinnen aus sechs verschiedenen 11. Klassen zusammen.

Das Leistungsspektrum des Kurses ist sehr heterogen. Vor allem Mädchen stellen dabei die leistungsstärkeren und Jungen die leitungsschwächeren Schüler1 dar, wobei Abstufungen und Ausnahmen zu berücksichtigen sind. Diese Heterogenität spiegelt sich deutlich in der Beteiligung am Unterrichtsgeschehen wider. So beteiligen sich phasenweise nur einzelne Schüler, oder es ist insgesamt sehr schwer, den gesamten Kurs aus einer gewissen „Lethargie“ wach zu rütteln. In anderen Unterrichtsabschnitten sind allerdings nahezu alle Schüler lebhaft aktiv. Eine direkte Korrelation mit den Unterrichtsinhalten war dabei festzustellen. Die meisten stilleren Schüler bringen eine geringe Grundmotivation für die Thematik in den Unterricht mit, woraus bei eher theoretischen und fachlich „trockenen“ Themen eine geringe Beteiligung resultiert. Aus diesem Grund wurden im Unterricht relativ viele Gruppenarbeiten und Gruppenpuzzle durchgeführt, um eine Beteiligung möglichst vieler Schüler zu erreichen. Wenn möglich, wurden auch experimentelle Arbeiten durchgeführt. Dies war allerdings durch die Thematik bedingt nur in drei Doppelstunden überhaupt möglich. Auch wurde versucht die Bedeutung der theoretischen Unterrichtsinhalte an praktischen Beispielen, wie Krankheiten, Vererbung oder moderner Gentechnik zu verdeutlichen, um einen größeren Schülerbezug herzustellen.

Das Verhältnis der Schüler untereinander ist teilweise von Distanz geprägt, was wahrscheinlich aus der Zusammensetzung im Kurssystem resultiert. Der Umgang miteinander, z.B. in Gruppenarbeiten, funktioniert trotzdem gut, teilweise sogar besser als in Gruppen mit Schülern, die enger miteinander befreundet sind. Die Beziehung zwischen Lehrkraft und Schülern ist freundlich und offen, was allerdings teilweise auch Defizite in der Disziplin mit sich gebracht hat. Von Zeit zu Zeit ist dann ein „strengeres“ Einschreiten notwendig gewesen. Da es sich bei der Lehrprobenstunde um die letzte Biologiestunde des Schuljahres handelt, ist es möglich, dass einige Schüler fehlen werden.

In der Methode zur Erstellung von Mind-Maps oder Concept-Maps sind die Schüler aus dem Biologieunterricht an zwei Beispielen geübt, wobei dabei eher eine Begriffssammlung im Vordergrund stand. Das Erstellen einer Übersicht mit direkt aufeinander aufbauenden Abhängigkeiten im Sinne eines Fließschemas oder einer stark strukturierten Concept-Map ist ihnen nicht (kaum) vertraut.

In dem Kurs wird als Schulbuch „Biologie heute SII“ verwendet und zwar sind zwei verschiedene Ausgaben zugelassen [1, 2]. Dies führte bisweilen zu Problemen, da die Inhalte teilweise verschieden ausführlich wiedergegeben werden.

2. Einordnung der Stunde in den Unterrichtszusammenhang

Die Unterrichtseinheit „Genetik“ ist in den Rahmenrichtlinien für die „Vorstufe“ verbindlich vorgeschrieben ([3] S. 16). Dementsprechend gibt auch der schulinterne Stoffverteilungsplan für das 2. Halbjahr den Themenkomplex Genetik, mit den Unterpunkten „Molekulargenetik, angewandte Biologie und (bei verfügbarer Zeit) Vertiefung der klassischen Genetik“, vor.

Die Lehrprobenstunde stellt den Abschluss des Themenbereiches „Genetik“ in der Jahrgangsstufe 11 dar. Es ist die letzte Biologiestunde dieses Kurses und für einige Schüler somit auch die letzte Biologiestunde im Rahmen ihrer schulischen Ausbildung. Ziel der Stunde ist es daher, eine Übersicht der behandelten Themen zu erarbeiten, in der auch die Zusammenhänge und Verknüpfungen der Inhalte untereinander verdeutlicht werden. Im 2. Halbjahr wurden (in chronologischer Reihenfolge) grob folgende Themen behandelt:

Evaluation und Aufarbeitung von Vorwissen zur klassischen Genetik und Grundbegriffen der Genetik, Meiose, DNA als Erbsubstanz, Chromosomen, Chromosomenmutationen, Karyogramm, Gen, Proteinbiosynthese, genetischer Code, Genmutationen, Proteinbiosynthese bei Eukaryoten, Enzyme, Enzymhemmung, PKU, Mutagene, Genregulation, Polymerase Kettenreaktion (PCR).

Wenn möglich wurden die Inhalte mit experimentellem Arbeiten verknüpft. So geschehen bei der Isolierung von DNS aus Zwiebelzellen und der Abhängigkeit der Enzymaktivität von Temperatur, pH-Wert, Substratkonzentration und hemmenden Faktoren. Im sonstigen Unterrichtsgang wurden methodisch vor allem Gruppenp]uzzle und problem- oder phänomenorientierte Gruppen- und Partnerarbeiten durchgeführt. Die Ergebnispräsentation erfolgte durch Schülervorträge und durch an Fragen oder Problemen orientierten offenen Unterrichtsgesprächen. Phasenweise wurde Raum für weiterführende Fragen der Schüler gelassen, die dann allerdings aus Gründen des „Zeitbudgets“ jeweils nur kurz diskutiert werden konnten und oft abschließend durch den Lehrer beantwortet wurden.

Die eingesetzten Methoden bilden auch für die Lehrprobenstunde ein grundlegendes Fundament, auf dem der Unterrichtsverlauf gründet und aufbaut. Die angestrebte Synthese der behandelten Themen zu einer zusammenfassenden Übersicht, soll den Schülern ein umfassendes aber trotzdem kompaktes Bild der behandelten Inhalte liefern und so ein grundlegendes Verständnis sichern helfen.

3. Didaktische Überlegungen

Eine Legitimation auf Grundlage eines fachlich determinierten Themeninhaltes ist für diese Stunde nicht definierbar. Wohl aber eine Legitimation der Stunde als Übungs-, Wiederholungs- und Zusammenfassungsstunde, die in dieser Form schon vom Grundprinzip her die Bereiche Schüler-, Gesellschafts- und Fachrelevanz abdeckt. Die Schülerrelevanz, da die zusammenfassende Übersicht für die Schüler eine Sinn erschließende Funktion hat, die abschließend einen Überblick über das (potenziell) Gelernte liefert. So können die für alles Leben (und damit auch für den eigenen Körper) grundlegenden Abläufe „vom Gen zum Protein“ einer Anordnung bedingender und Einfluss nehmender Faktoren in einer stark auf das Wesentliche reduzierten Form entnommen werden. Dies leitet über zu der Gesellschaftsrelevanz, die sich durch eine in der heutigen Zeit omnipräsente Gentechnik in den Bereichen Ernährung, Gesundheit, Verbrechensbekämpfung und Fortpflanzung ergibt, die in ihren Anwendungsmöglichkeiten vielfach kontrovers diskutiert wird. Hieraus leitet sich auch ein hoher Alltagsbezug ab. Die Fachrelevanz wurde mit den für alles Leben grundlegenden Abläufen vom Gen zum Protein schon angesprochen. Bei der Behandlung von vielen biologischen Sachverhalten kommt man an Grundkenntnissen zur Genetik nicht vorbei. Genannt seien hier exemplarisch die Themenbereiche Evolution, Humanbiologie sowie Umwelt und Ernährung, die in der ein oder anderen Form in der Oberstufe weiter behandelt werden. Vertiefende Einblicke in die Thematik der Genetik sind ebenfalls Inhalt der Kursstufe (vgl. [3] S. 18 - 33). Auch in anderen Fächern spielen Grundlagenkenntnisse der Genetik eine Rolle, wenn z.B. ethische Fragestellungen zur PID oder ähnlichen Themengebieten erörtert werden.

TIMMSS und PISA haben es gezeigt: Schüler verfügen über wenig Zusammenhangs- und Verbindungswissen. Oft bilden die Lerninhalte isoliertes Inselwissen, ohne miteinander zu größeren Konzepten verbunden zu werden. Vielfach diskutiert und in den neuen Kerncurricula verankert, findet sich daher auch das Schlagwort „Wissensvernetzung“ oder „vernetztes Denken“, welches durch Herstellen von Bezügen und Zusammenhängen erreicht werden soll (vgl. z.B. [4, 5, 6]). Genau dieses soll in der Lehrprobenstunde in kleinem Rahmen geschehen. Die im 2. Schulhalbjahr behandelten Themen hängen alle in irgendeiner Form voneinander ab, stellen fachliche Grundlagen oder konkretere Beispiele dar oder bedingen sich durch rückwirkende Einflussnahmen. Im Unterrichtsverlauf verdrängt der fachliche Inhalt aufgrund seiner Komplexität und der Fixierung auf Details in vielen Fällen den Blick auf den übergeordneten Zusammenhang. In der Nachbetrachtung bietet sich daher das unterrichtsbegleitende Erstellen einer Übersicht an, was jedoch nicht praktiziert wurde. Daher stellt die letzte Unterrichtsstunde hierfür eine gute Möglichkeit dar. Alle relevanten Themen wurden behandelt und können nun noch einmal rekapituliert und sodann in eine Übersicht gebracht werden.

Bei ESCHENHAGEN, KATTMANN, RODI ist dieses Vorgehen als Unterrichtsziel unter dem Punkt „Synthese“ aufgeführt. Es heißt dort: „…, damit das Lernmaterial zu einer Klarheit gebracht wird, die zuvor nicht bestanden hat.“ ([7] S. 179). BÖNSCH stellt die Bedeutung des Herstellens von Bezügen und Verknüpfungen, sowie das Erstellen einer klare Gliederung und Kategorisierung als „äußerst förderlich“ für den Lernprozess heraus [8]. Bei MEYER findet sich als „Kriterium für guten Unterricht“ entsprechendes unter dem Punkt „Lernstrategien - Reduktions- und Organisationsstrategie“ [9]. Für die zu planende Unterrichtsstunde wäre theoretisch auch die Erarbeitung, Anwendung oder Vertiefung anderer gentechnischer Methoden oder beispielsweise ein Exkurs zu ethischen Fragestellungen zur Genetik denkbar gewesen. Mit den genannten Gesichtspunkten wird jedoch deutlich, dass in dieser Stunde die Erstellung einer zusammenfassenden Übersicht gegenüber anderen möglichen Inhalten klar zu bevorzugen ist.

Um der besonderen Unterrichtssituation der letzten Biologiestunde „vor den Ferien“ gerecht zu werden, wurde als methodischer Bestandteil der Stunde das „Genetik-Activity“ Spiel herangezogen. Das „Spiel“ im Unterricht erfüllt verschiedene Aufgaben. Nach MEYER ist Spielen im Unterricht „…nicht zweckfrei, sondern ein zielgerichteter Versuch zur Entwicklung der sozialen, kreativen, intellektuellen und ästhetischen Kompetenzen der Schüler.“ ([10] S. 344). Neben dieser allgemeinen Feststellung erfüllt das Spiel in der konkreten Stunde vor allem die Aufgabe Motivation bei den Schülern zu wecken, sich mit der gestellten Aufgabe auseinander zu setzen. BÖNSCH spricht in diesem Zusammenhang von „Motivation durch Wetteifern“ [8]. Die Motivation wird auf die dem Spiel vorgeschaltete Erarbeitung der Definitionen übertragen, da diese die Grundlage für das folgende Spiel darstellen. Es wird zur Kürze der Definition angeregt, da die Erklärung zeitlich begrenzt ist, es wird zur fachlichen Richtigkeit verpflichtet, da falsche Erklärungen Punktabzug zur Folge haben und die Verständlichkeit der Definition ist wichtig, damit der Begriff erraten wird, wofür die erklärende Gruppe ebenfalls Punkte bekommt.

Als Bruch im Unterrichtsgang kritisch zu sehen ist der Übergang von der „Spielphase“ in die „Synthesephase“, in der die Gruppen die Begriffe in eine sinnvolle Übersicht bringen sollen. Für die Stunde ist diese Phase sehr wichtig, den Schülern erschließt sich die Bedeutung allerdings nicht zwangsläufig, vor allem wenn Enttäuschung vorherrscht, dass das Spiel bereits vorbei ist. Wenn am Ende die fertige Übersicht vorliegt, kann es zu einem kleinen „Aha“ Erlebnis kommen, was die Erarbeitung rückwirkend auch für die Schüler legitimiert. An der Gelenkstelle zwischen Spiel und „Synthesephase“ muss eine kurze sinnstiftende Begründung durch die Lehrkraft für Verständnis für die bevorstehende Aufgabe sorgen.

Eine gewisse Vorentlastung für das Erstellen der Übersicht stellen die beiden ersten Unterrichtsphasen dar, in denen sich die Schüler zunächst intensiver mit einigen Begriffen auseinandergesetzt und dann in der Spielphase ihr bisheriges Wissen aktiviert haben. Der Transfer von den Erklärungen hin zu passenden Stichworten, ist für das Erstellen der Übersicht eine grundlegende kognitive Aktivität. Das zu erstellende Begriffsnetz verlangt von den Schülern ihre Vorstellungen zu überprüfen und zu organisieren (ggf. auch zu reorganisieren), was eine grundlegende Lernkompetenz ist (vgl. z.B. [11] S. 284).

Der Schwierigkeitsgrad der Stunde für die Lerngruppe liegt für die ersten beiden Unterrichtsphasen im leichten bis mittleren Bereich, für die Synthesephase im mittleren bis schweren Bereich. In der Synthesephase sind deshalb entlastende Hilfestellungen vorgesehen (vgl. Kapitel 5).

[...]


1 Der Begriff „Schüler“ bezieht im Folgenden die Schülerinnen mit ein.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Unterrichtsstunde: Zentrale Begriffe der Genetik in der Jahrgangsstufe 11
Untertitel
Schülerorientierte Erstellung eines Begriffsnetzes zu zentralen Begriffen der Genetik
Hochschule
Studienseminar Oldenburg für das Lehramt an Gymnasien
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V115230
ISBN (eBook)
9783640174669
ISBN (Buch)
9783640174959
Dateigröße
433 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unterrichtsstunde, Zentrale, Begriffe, Genetik, Jahrgangsstufe
Arbeit zitieren
Gunnar Söhlke (Autor:in), 2007, Unterrichtsstunde: Zentrale Begriffe der Genetik in der Jahrgangsstufe 11, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115230

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