Richtungshören in der Medianebene


Seminararbeit, 2007

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Einleitung

II Richtungshören
II .1 Mechanismen zur Richtungsbestimmung
II .2 Richtungsbestimmung in der Medianebene
II .3 Bedeutung von Versuchsbedingungen
II .4 Bedingungen bei monauralen Untersuchungen
II .5 Der Einfluss der Ohrmuschel
II .6 Die Aussenohrübertragungsfunktion
II .7 Frequenzabhängige Richtungsbestimmung

III Lokalisationsunschärfe
III .1 Begriff der Lokalisationsunschärfe
III .2 Lokalisationsunschärfe in Zahlen
III .3 Bekanntheitsgrad
III .4 Richtungsabhängigkeit
III .5 Generelles zur Lokalisationsunschärfe

IV Anwendung und Ausblick
IV.1 Kunstkopftechnik
IV.2 Richtungssteuerung von Schallquellen
IV.3 Konvertierung von Mehrkanalton
IV.4 Virtual Electronic Poem
IV.5 Anwendung auf Stereosignale

V Literatur

I. Einleitung

Das Richtungshören ist neben optischen Sinneseindrücken ein zentraler Bestandteil der menschlichen Orientierung in einer dreidimensionalen Umgebung.

Sein Wesen erschöpft sich jedoch nicht nur als evolutiv gewachsenes Werkzeug zur Positionsbestimmung, auch als genusssteigernder Faktor zur Erweiterung der Fähigkeit des Eintauchens in klangliche oder virtuelle Welten erlangt das Richtungshören seine Bedeutung. Das zeigt nicht zuletzt die enorme technische Fortentwicklung richtungsbezogener Anwendungen im Unterhaltungssektor, wie z.B. Kino-Surround- formate, oder der Aufwand, der zur klaren Lokalisation von Instrumenten bei Konzerten oder Konzertaufnahmen betrieben wird.

Welche Mechanismen diesem weitgehend unbewusst ablaufenden Prozess des Richtungshörens zugrunde liegen, soll, auf den Sonderfall der Medianebene bezogen, im zweiten Abschnitt dieser Arbeit gezeigt werden.

Die Genauigkeit der Zuordnung eines Hörereignisortes zu dem tatsächlichen Schallereignisort wird im dritten Abschnitt behandelt und anhand der Lokalisationsunschärfe auch in ein zahlenmässig erfassbares Grössenverhältnis gebracht.

Weitere für die Richtungsbestimmung relevante Einflüsse wie die optischer und taktiler Sinnesreize, der emotionalen Disposition oder der Übertragung von Schall über die Schädelknochen, sollen in dieser Arbeit ausgeklammert bleiben.

Die Literaturangaben in eckigen Klammern bezeichnen die Nummer der Quelle im Anhang, und, wenn vorhanden, die Seitenzahl.

II. Richtungshören

II.1 Mechanismen zur Richtungsbestimmung

Zur Lokalisation, d.h. zur Richtungsbestimmung einer Schallquelle, leitet das menschliche Gehör die an den Trommelfellen eintreffenden Schallsignale, die sogenannten Ohrsignale, über Nervenbahnen weiter.

An das Gehör angeschlossene Nervenzentren sowie das Gehirn werten die Signalinformationen aus und erzeugen so eine Richtungsempfindung.

Dabei kommen sowohl interaurale Auswertungsmechanismen, bei denen beide Ohren für den Empfang und die Dekodierung der Richtungsinformation notwendig sind, wie auch monaurale

- einohrige - Mechanismen zum Einsatz .

Interaurale Prozesse stützen sich auf bestehende Pegel- und Laufzeitunterschiede zwischen den beiden Ohrsignalen, und liefern die wichtigsten Informationen zur Richtungsbestimmung in der Horizontal- und der Frontalebene.

Dennoch sind damit nicht alle Punkte im dreidimensionalen Raumfeld erfassbar. So können an bestimmten Quellpunkten

Doppeldeutigkeiten der Schall- einfallsrichtung entstehen. Befindet sich die Schallquelle beispielsweise auf der Kegel- oberfläche des sogenannten 'Cone of confusion' (Abb.1), so weisen alle Schalleinfallsrich- tungen dieselbe interaurale Laufzeitdifferenz auf [7], eine klare Zuordnung zu einer Raumposition ist nur noch

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1 : Cone of confusion, aus [7] eingeschränkt möglich.

Und auch in der Medianebene, der Ebene, in der der Abstand zwischen beiden Ohren immer gleich ist (Abb.2), ist die Lokalisation von Schallquellen mittels interauraler Prozesse nicht möglich, da es keine Pegel- oder Laufzeitunterschiede zwischen den beiden Ohren gibt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2 : Hörebenen, aus [4,117]

Hier kommen monaurale Prozesse zur Anwendung, die die Unterscheidung von vorne, hinten und oben bzw. dem Erhebungswinkel der Schallquelle ermöglichen.

II.2 Richtungsbestimmung in der Medianebene

Die besondere Bedeutung der Medianebene beim Richtungshören ist Akustikern und Psychoakustikern seit Ende des 19. Jh. Bekannt [1,81].

Im Laufe des 20. Jahrhunderts haben verschiedene Untersuchungen, Hörtests und Hörexperimente zu Erkenntnissen über die Richtungswahrnehmung geführt, die in der Entwicklung des psychoakustischen Modells gemündet sind, das heute allgemeine Anerkennung gefunden hat.

Unter anderen hat sich vor allem Jens Blauert mit Fragen des Richtungshörens beschäftigt. In Folge seiner Forschungen auf dem Gebiet der Psychoakustik, gestützt von vielen Untersuchungen anderer Akustiker, wurde sein Buch

„Räumliches Hören“ veröffentlicht, ein Standardwerk zum Räumlichen Hören.

Anhand einiger exemplarischer Versuchsanordnungen möchte ich auf die Einzelheiten der monauralen Richtungsbestimmung in der Medianebene eingehen.

II.3 Bedeutung von Versuchsbedingungen

Zunächst soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Versuchs- vorraussetzungen bei Hörversuchen eine entscheidene Rolle bei der Deutung der Messergebnisse spielen. In der psychoakustischen Forschung gab es hin und wieder Versuche, die mit einem Teilnehmer auskamen. Manchmal war es der Versuchsleiter selbst, seine Frau oder seine Assistenten, die sich als Versuchspersonen zur Verfügung stellten und somit teilweise mit geschultem Gehör oder möglicherweise anderweitig vorbelastet in den Versuch gingen.

Keinesfalls müssen Versuchsergebnisse deshalb gleich als falsch oder unzulänglich eingestuft werden, dennoch sollten diese Versuchsbedingungen wahrgenommen werden und in die Betrachtung der Ergebnisse mit einfliessen.

Auch andere Umgebungsvariablen können Einfluss auf die Versuchsergebnisse nehmen.

Ob der Versuch im reflexionsarmen Raum oder im Freien stattfand, ob und wie andere Sinnesreize möglichst aus- geschlossen wurden (z.B. in einem verdunkelten Raum), ob ein dem Versuch angepasstes Bewertungsverfahren ausgewählt wurde, ob die Versuchspersonen eindeutig instruiert und repräsentativ ausgewählt wurden, welche Reize dargeboten wurden - all dies sind Beispiele für Fragen, die der Aussagekraft des Versuchs erst seine Gültigkeit geben und darüber entscheiden, welche Parameter in ein psychoakustisches Modell einfliessen können.

II.4 Bedingungen bei monauralen Untersuchungen

Bei Hörexperimenten und Untersuchungen speziell zu monauralen Merkmalen muss weiterhin sichergestellt werden, dass interaurale Prozesse keinen Einfluss haben, um diese als richtungsbestimmende Faktoren auszuschliessen [1,77].

Dazu bietet sich einerseits die Möglichkeit, zur Darbietung der Testsignale Kopfhörer zu verwenden, die an beiden Ohren die gleichen Signale erzeugen.

Andererseits können gleiche Ohrsignale unter den folgenden Vorraussetzungen auch ohne Kopfhörer im freien Schallfeld erzeugt werden :

- Die Schallquelle muss in der Medianebene liegen.
- Die Kopfabmessungen müssen symmetrisch sein. Blauert zeigt in [1,78], dass dies, betrachtet man Mittelungswerte, nicht völlig erfüllt wird. Die Pegelunterschiede zwischen linkem und rechtem Ohr, die sich durch Asymmetrien des menschlichen Kopfes bei der Beschallung direkt von vorn ergeben, reichen bei hohen Frequenzen an bis zu 8 dB heran.
- Der Kopf muss für die Dauer des Hörversuchs an der gleichen Position gehalten werden, da auch leichte und unbewusste Kopfbewegungen die interaurale Auswertung stützen können.

Blauert empfiehlt, basierend auf eigenen Untersuchungen, bei längeren Signalen von mindestens 1 sec. Dauer, eine Stützvorrichtung für den Kopf. Bei kürzeren Signalen genügt das Stillhalten des Kopfes, da diese Signaldauer für den Einfluss von Kopfbewegungen nicht ausreichend ist [1,80].

II.5 Der Einfluss der Ohrmuschel

Grundlegende Erkenntnisse über die Rolle der Ohrmuscheln gewannen Kietz und Tarnoczy bei Hörversuchen aus den 50er Jahren. Darin wurde die Lokalisation in der Medianebene bei der Beschallung mit breitbandigen Testsignalen untersucht, beschränkt auf die Vorwärts-Rückwärts-Richtung [1,82].

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Richtungshören in der Medianebene
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Musikwissenschaft)
Veranstaltung
Seminar "Raumakustik – objektive Kriterien und ästhetische Bewertung"
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
20
Katalognummer
V115125
ISBN (eBook)
9783640167357
Dateigröße
875 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
22 Einträge im Literaturverzeichnis, davon 11 Internetquellen.
Schlagworte
Richtungshören, Medianebene, Raumakustik, Räumliches Hören, HRTF, Kunstkopf, Psychoakustik, Lokalisation, Ohr, Wahrnehmung
Arbeit zitieren
Sebastian Roos (Autor:in), 2007, Richtungshören in der Medianebene, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115125

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