Die Kanzlerschaft Heinrich Brünings - Vorstufe zum Nationalsozialismus?


Hausarbeit, 2007

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Politische Ausgangssituation – der Bruch der Großen Koalition

3. Das Präsidialkabinett Brünings

4. Brünings Wirtschaftspolitik

5. Etappen zum Sturz Brünings

6. Fazit

7. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Diese Arbeit beschäftigt sich mit einer Phase in der Weimarer Republik, die in der zeitgeschichtlichen Forschung äußerst kontrovers betrachtet wird. Dieser Zeitraum, der oft als das Ende der Republik bezeichnet wird, umfasst die Kanzlerschaft Heinrich Brünings, die etwas mehr als zwei Jahre andauerte – vom April 1930 bis Mai 1932 – und mit dem Sturz des Zentrumspolitikers endete. Die Ära Brüning wird in zeithistorischen Diskussionen fast immer in die Vorgeschichte des Dritten Reiches miteinbezogen, da analysiert werden muss, inwieweit sie als Vorstufe zum Nationalsozialismus aufgefasst werden könnte.

Brünings Politik kann im Wesentlichen mit drei Schlagworten beschrieben werden: erstens Präsidialkabinett, zweitens Notverordnungen und drittens Deflationspolitik. All diese Begriffe werden in der Forschung oftmals auch als Begründungen für den Niedergang der Weimarer Republik und der Demokratie angeführt. Brünings Kanzlerschaft ist äußerst umstritten: einen Teil der Wissenschaftler sieht in ihn als den letzten Politiker, der sich mit aller Macht gegen Hitler stemmte. Andere bezeichnen ihn als Wegbereiter des Nationalsozialismus. Inwiefern diese beiden Aussagen belegt oder widerlegt werden können, soll in dieser Arbeit besprochen werden. Es ist dabei wichtig, die verschiedenen Aspekte der Brüning´schen Politik zu betrachten und diese im Hinblick auf die Fragestellungen zu bewerten. Um zu einer Wertung zu gelangen, ist es von Bedeutung, seine Wirtschaftspolitik, sein politisches Verständnis und insbesondere auch die äußeren Umstände und Personen einer Umwelt zu betrachten, um eine eindeutige Analyse dieser Ära und seiner Folgen durchführen zu können.

2. Politische Ausgangssituation - der Bruch der Großen Koalition

Aufgrund von neuen Quellenzeugnissen lässt sich heute mit Bestimmtheit sagen, dass der Übergang von einer parlamentarischen Regierungsweise zu einem Präsidialregime von langer Hand geplant und vorbereitet worden ist.[1] Sowohl Reichspräsident Paul von Hindenburg, als auch General Kurt von Schleicher handelten nicht primär aus politischer Not heraus, welche sie möglicherweise zu einem politischen Wechsel zwang. Vielmehr handelten sie aus der Absicht heraus, eine Veränderung des Verfassungssystemes und der gesellschaftlichen Machtverhältnisse zugunsten der politischen, wirtschaftlichen und militärischen alten Eliten zu bewirken. Schon 1929 nahmen Vertrauensleute des Reichspräsidenten Kontakt zu Heinrich Brüning auf, um seine Bereitschaft zu sondieren, ein nach rechts verlagertes Kabinett zu übernehmen. Hindenburg war nicht gewillt, das Kabinett Herman Müller nach Verabschiedung des Young-Planes noch weiter im Amt zu lassen und erhoffte, dass Brüning sich zu einer baldigen Kanzlerschaft bereit erkläre.

Das so geplante „Hindenburg-Kabinett“ wurde im Januar 1930 als antiparlamentarisch und antimarxistisch deklariert: die Regierung sollte also ohne Zustimmung des Parlamentes Gesetze erlassen können und zwar mit Hilfe der Artikel 25 und 48 der Weimarer Reichsverfassung.[2] Die Ausschaltung der Sozialdemokratie war also beschlossene Sache. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann sich ein politischer Eklat entwickeln würde, der zum Bruch der Großen Koalition führen würde. So heißt es auch in den Memoiren Brünings: „Hermann Müller hatte in der Fraktion nicht mehr gekämpft. Er sah sich in einem Netz von Intrigen verstrickt. […] Herman Müller würde zum Rücktritt genötigt und ich gezwungen werden, die Nachfolge zu übernehmen […].“[3]

Letztendlich war ein aus heutiger Sicht eher banale Streit daran Schuld, dass es zum Bruch kam: Die Koalition unter Herman Müller gelang es nicht, in der Frage um die Reform der Arbeitslosenversicherung zu einer Einigung zu gelangen. Daher tritt die Regierung am 27. März 1930 zurück. Der Bruch der Großen Koalition bedeutete rückblickend die endgültige Abkehr von einer parlamentarischen Demokratie, da die nachfolgenden Regierungen nicht mehr dem Parlament, sondern nur noch dem Reichspräsidenten verantwortlich waren. Nachdem also das Kabinett der Großen Koalition am 27.03.1930 seinen Rücktritt beschloss, wurde der Versuch einer parlamentarischen Regierungsbildung überhaupt nicht mehr unternommen, beziehungsweise in Erwägung gezogen. Brüning wurde mit der neuen Kabinettsbildung am 28. März beauftragt und zwar mit den Bedingungen Hindenburgs, die Regierung nach rechts zu orientieren und zwar ohne Mitwirken der SPD, der weitaus stärksten Fraktion im Reichstag und weitaus größten und stabilsten unter den staatstragenden Parteien.[4]

3. Das Präsidialkabinett Brünings

Bereits am 30. März konnte Brüning seine neue Regierung vorstellen. Dieses „Hindenburg-Kabinett“ war eine vom Zentrum, Bayrischer Volkspartei (BVP), Deutscher Volkspartei (DVP), Deutscher demokratischer Partei (DDP) und Wirtschaftspartei getragene Minderheitsregierung. Es bestand aber von Vornherein die Absicht, das Kabinett möglichst bald noch stärker nach rechts zu erweitern. Brüning hegte anfänglich Widerstand gegen eine Regierung auf Grundlage von Notverordnungen, da er befürchtete, dass eine einmal begonnene Notverordnungspolitik auf Jahre hinaus durchgeführt werden müsste. Doch sein Vertrauen zu Hindenburg und dessen Loyalität zur Verfassung beseitigten seine anfänglichen Zweifel. Des Weiteren heißt es in Brünings Memoiren: „Es musste ein Kabinett herauskommen, dem eine Mehrheit des Reichstages Unterstützung gab; zugleich aber musste der Einfluss der Fraktionen auf dessen Zusammensetzung und Beschlüsse gebrochen werden. Daher konnte nicht mehr mit einzelnen Gesetzen gearbeitet werden, sondern mit großen, zusammenfassenden Regierungsvorlagen, im Einzelnen nicht mehr abzuändern […].“[5] So ließ Brüning von vornherein keinen Zweifel daran, dass der Reichstag aufgelöst und Gesetze über Notverordnungen erlassen werden würden, wenn der Reichstag der Regierung das Misstrauen ausspreche oder ihre Gesetzesvorlagen ablehne. Das Regieren über Artikel 48 findet Zuspruch in der Bevölkerung, da man parlaments- und parteimüde geworden ist. Diese autoritäre Variante der Präsidialregierung scheint in ihren Augen erfolgsversprechender zu sein, gerade auch aus dem Grund, da eine autoritäre Staatsführung eher dem deutschen Obrigkeitsempfinden entsprach.[6] Der Artikel 48, der sogenannte „Diktaturparagraph“, war ursprünglich eine Verfassungsbestimmung für zeitlich begrenzte Notstände, doch nun trat er an die Stelle der normalen Gesetzgebung und zerstörte damit das Grundkonzept der Verfassung radikal. Das Parlament war de facto ausgeschaltet worden.

Brüning saß zwischen zwei Stühlen: auf der einen Seite der Reichstag, in dem er mit seiner Regierung keine Mehrheit mehr besaß und mit dem es schwer und zeitraubend, vielleicht sogar unmöglich war, dringende Ziele und Reformfragen auf lange Sicht hin durchzusetzen. Auf der anderen Seite war der Reichspräsident, welcher „zwar die um der Sache willen notwendige Rückendeckung gegenüber einem ablehnenden Reichstag gewährleistete, dies aber mit politischen Auflagen verband, die den Brückenbau zum Reichstag [...] erschwerten.“[7] So stand Brüning von Anfang an zwischen den zwei Hauptorganen der Weimarer Verfassung und er wusste, dass er auf beide angewiesen war und deshalb wurde es umso schwieriger, beide Seiten der Regierung miteinander zu verbinden.

[...]


[1] Vgl. Kolb, E.: Die Weimarer Republik, S. 124

[2] Art. 25: Der Reichspräsident kann den Reichstag auflösen, jedoch nur einmal aus dem gleichen Anlass.

Art. 48: Der Reichspräsident kann, wenn im Deutschen Reich die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird, die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen treffen, erforderlichenfalls mit Hilfe der bewaffneten Macht einschreiten. Zu diesem Zwecke darf er vorübergehend die in den Artikeln 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 festgesetzten Grundrechte ganz oder zum Teil außer Kraft setzen.

[Auszüge; Quelle: http://www.documentarchiv.de/wr/wrv.html vom 24.01.2008)

[3] Vgl.: Brüning, H.: Memoiren 1918-1934, S. 157

[4] Vgl.: Kolb, E.: Die Weimarer Republik, S. 125

[5] Vgl: Brüning, H.: Memoiren 1918-1984, S. 163

[6] Vgl.: Mannes, A.: Heinrich Brüning. Leben, Wirken, Schicksal, München: Olzog, 1999, S. ?

[7] Zitiert aus Conze, W.: Die Regierung Brünings, S. 239

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Kanzlerschaft Heinrich Brünings - Vorstufe zum Nationalsozialismus?
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Historisches Institut )
Veranstaltung
Weimar und der Aufstieg zum Nationalsozialismus
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
17
Katalognummer
V115045
ISBN (eBook)
9783640163199
ISBN (Buch)
9783640164592
Dateigröße
413 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kanzlerschaft, Heinrich, Brünings, Vorstufe, Nationalsozialismus, Weimar, Aufstieg, Nationalsozialismus
Arbeit zitieren
Ulrike Neumann (Autor:in), 2007, Die Kanzlerschaft Heinrich Brünings - Vorstufe zum Nationalsozialismus?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115045

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