Bilanzielle Behandlung von Filmrechten und -lizenzen nach US-GAAP, IFRS und HGB


Diplomarbeit, 2006

95 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Einführung
1.2 Problemstellung
1.3 Gang der Untersuchung

2 Filme und ihre Märkte
2.1 Begriffliche Abgrenzung
2.2 Film als immaterielles Wirtschaftsgut
2.3 Rechte am Film
2.4 Filmförderung
2.5 Wertschöpfungskette
2.5.1 Produktion
2.5.2 Auswertung
2.6 Kategorisierung der Filmrechte und -lizenzen für Bilanzzwecke
2.7 Problemfelder bei der Bilanzierung von Filmrechten und -lizenzen
2.8 Zwischenfazit

3 Bilanzierung von Filmrechten und -lizenzen nach US-GAAP, IFRS und HGB
3.1 Überblick
3.2 Regelungsnormen zur bilanziellen Behandlung immaterieller Vermögenswerte bzw. Filmrechten und -lizenzen
3.2.1 US-GAAP
3.2.2 IFRS
3.2.2.1 Allgemeine Normen
3.2.2.2 Anwendbarkeit des SOP 00-2 in einem IFRS-Abschluss
3.2.3 HGB
3.3 Aktivierungsfähigkeit
3.3.1 Überblick
3.3.2 Ansatzkonzeption immaterieller Vermögenswerte
3.3.2.1 US-GAAP
3.3.2.2 IFRS
3.3.2.3 HGB
3.3.3 Selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte
3.3.3.1 US-GAAP
3.3.3.2 IFRS
3.3.3.3 HGB
3.3.4 Extern erworbene immaterielle Vermögenswerte
3.3.4.1 US-GAAP
3.3.4.2 IFRS
3.3.4.3 HGB
3.4 Zugangsbewertung
3.4.1 US-GAAP
3.4.2 IFRS
3.4.3 HGB
3.5 Planmäßige Folgebewertung
3.5.1 US-GAAP
3.5.2 IFRS
3.5.3 HGB
3.6 Außerplanmäßige Wertberichtigungen
3.6.1 US-GAAP
3.6.2 IFRS
3.6.3 HGB
3.7 Umsatzrealisation
3.7.1 Überblick
3.7.2 US-GAAP
3.7.3 IFRS
3.7.4 HGB
3.8 Erhaltene Filmfördermittel
3.8.1 US-GAAP
3.8.2 IFRS
3.8.3 HGB
3.9 Synoptische Darstellung
3.10 Kritische Würdigung

4 Bilanzierungspraxis ausgewählter deutscher Film- und Medienunternehmen
4.1 Überblick
4.2 Filmrechte und -lizenzen als unternehmensspezifische Werttreiber
4.3 Analyse des Umfangs aktivierter Filmrechte und -lizenzen
4.4 Analyse der Folgebewertung
4.5 Analyse der Umsatzrealisation
4.6 Analyse der erhaltenen Filmfördermittel
4.7 Zwischenfazit

5 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Anlage 1: Beispiele selbständig aktivierungsfähiger immaterieller Vermögenswerte

Anlage 2: Empirische Datengrundlage und angewandte Rechnungslegung

Anlage 3: Ausgewählte Bilanzkennzahlen und Bilanzrelationen von

Film- und Medienunternehmen

Anlage 4: Unternehmensangaben zum Umfang aktivierter Herstellungskosten und zum Bilanzausweis

Anlage 5: Unternehmensangaben zur Folgebewertung

Anlage 6: Unternehmensangaben zur Umsatzrealisierung

Anlage 7: Unternehmensangaben zur Erfassung von Filmfördermitteln

Anlage 8: Anwendung des SOP 00-2 in einem IFRS-Abschluss

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Verwertungskette von Filmrechten

Abbildung 2: Kategorisierung immaterieller Güter

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Einführung

Unbelebten Bildern Leben einzuhauchen – um diesen Traum Wirklichkeit werden zu lassen, experimentierten Ende des 19. Jahrhunderts Erfinder und Ingenieure an mehreren Orten der Welt mit den verschiedensten kinematographischen Apparaten. Als Väter des Films gelten die französischen Brüder Louis und Auguste Lumière, deren erste Vorführung bewegter Bilder vor Publikum am 22. März 1895 in Paris als Geburtsstunde eines neuen Mediums gilt.[1] Der von ihnen erfundene Cinématographe erfüllte als einziger Apparat zukunftweisende grundlegende technische Anforderungen.[2] In Deutschland begann die Geschichte des Films mit einer Aufführung der Lebenden Bilder der Skladanowsky-Brüder am 1. November 1895 im Berliner Wintergarten.[3] Sobald absehbar wurde, dass mit der neuen Erfindung reichlich Kapital zu erwirtschaften war, wurden große Summen investiert, und erste grenzüberschreitende Produktions- und Verleihfirmen lösten die handwerklich arbeitenden Produzenten der Anfangsjahre ab. Aus einem Jahrmarkt-Kino, in dessen Rahmen Filme als billiges Volksvergnügen auf Rummelplätzen vorgeführt wurden, entwickelte sich der Film innerhalb weniger Jahrzehnte zu einem wirtschaftlich wie kulturell bedeutenden Industriezweig.[4]

Als Teil der Unterhaltungs- und Medienbranche erlöste die Filmwirtschaft in Deutschland im Jahre 2004 € 2,64 Mrd. allein durch die Filmauswertung über Kino und Home Video.[5] Daneben stieg die Bedeutung des Fernsehers in allen Lebensbereichen in den letzten Dekaden rasant an. Dies führte zu einem intensiven Handel mit Filmrechten, um das Programm der kontinuierlich expandierenden Anzahl an Sendekanälen zu füllen. Die Geschäftstätigkeit dieser Branche zugehöriger Unternehmen besteht insbesondere in der Herstellung bzw. dem Erwerb sowie der Verwertung von Filmrechten und -lizenzen in verschiedenen geographischen Märkten entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

1.2 Problemstellung

In unserer heutigen von Hochtechnologien geprägten Dienstleistungsgesellschaft wird das Ausmaß von Wohlstand und Wirtschaftswachstum primär von immateriellen Gütern

bestimmt.[6] Wie zu zeigen sein wird, sind die Objekte der Filmbewertung die Rechte bzw. Lizenzen zur Nutzung des Films. Es kommen also die Bilanzierungsvorschriften über immaterielle Güter zum tragen, die seit jeher als „ewige Sorgenkinder des Bilanzrechts“[7] gelten. Zudem stellen diese Güter die zentralen Werttreiber eines Unternehmens der Film- und

Medienbranche dar, von deren Leistung der aktuelle und zukünftige wirtschaftliche Erfolg abhängig ist.[8] Aus diesen Gründen erfordert es einer angemessenen bilanziellen Abbildung der Filmrechte und -lizenzen, um den Abschlussadressaten fundierte Informationen über den Zustand der Gesellschaft vermitteln zu können.

Gerade nach dem Platzen der Tech-Bubble, den dadurch ausgelösten Zusammenbruch des Neuen Marktes und der in diesem Zusammenhang aufgekommenen Kritik an der oft

mangelhaften Rechnungslegung auch oder gerade im Bereich der Medienunternehmen, kommt es für die finanziell stark angeschlagene Branche nun darauf an, das Vertrauen der Investoren zurück zu gewinnen. Eine Voraussetzung hierfür sind aussagekräftige und die tatsächliche Vermögens- und Ertragslage darstellende Jahres- bzw. Konzernabschlüsse. Diese zentralen Informationsmedien der Unternehmen spiegeln wiederum die angewandten Rechnungslegungsvorschriften wider.

Die am Prime Standard[9] gelisteten Unternehmen der Medienbranche sind grundsätzlich zur Aufstellung eines Abschlusses nach IFRS oder – noch bis Ende 2006 möglich – US-GAAP verpflichtet. Gleichzeitig steigt mit der Verabschiedung der IAS-Verordnung der EU[10] die Bedeutung internationaler Rechnungslegungsvorschriften für deutsche Unternehmen. Danach haben kapitalmarktorientierte Unternehmen mit Sitz in der EU, deren Wertpapiere in einem Mitgliedsstaat zum geregelten Markt zugelassen sind, ihren Konzernabschluss nach IFRS aufzustellen. Diese Regelung gilt grundsätzlich verpflichtend für Geschäftsjahre, die nach dem 31.Dezember 2004 begonnen haben. Allen nach US-GAAP bilanzierenden Unternehmen wird jedoch eine Übergangsfrist von zwei Jahren eingeräumt.[11] Mit dem Bilanzrechtsreformgesetz werden Mitgliedstaatenwahlrechte dieser Verordnung in der Weise in nationales Recht umgesetzt, dass auch nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen befreiende IFRS-Konzern-abschlüsse erstellen können.[12] Bezüglich der Einzelabschlüsse wurde das Wahlrecht so ausgelegt, dass eine Anwendung der IFRS allein zu informativen Zwecken zulässig ist.[13] Der

herkömmliche handelsrechtliche Jahresabschluss hat in seiner Funktion als Ausschüttungsbemessungsgrundlage und Brücke zur Steuerbilanz nach wie vor seine Berechtigung und ist somit von allen Gesellschaften verbindlich aufzustellen.[14]

Ziel dieser Arbeit ist die Untersuchung der in der deutschen Unternehmenspraxis relevanten Rechnungslegungssysteme in Bezug auf deren Fähigkeit, die vielfältigen Problemstellungen der Produktion und Verwertung von Filmen zu lösen und angemessen darzustellen. Zu diesem Zweck wird eine vergleichende Analyse der geltenden Vorschriften zur bilanziellen

Behandlung von Filmrechten und -lizenzen nach international anerkannten Rechnungslegungssystemen (US-GAAP und IFRS) sowie nach deutschen handelrechtlichen Vorschriften durchgeführt.

1.3 Gang der Untersuchung

Die vorliegende Arbeit ist in fünf Kapitel gegliedert. Im Anschluss an die Einleitung werden im zweiten Kapitel zunächst die notwendigen Kenntnisse über das Wesen und die bilanzielle Kategorisierung von Filmen vermittelt. Zudem wird die filmwirtschaftliche Wertschöpfungskette ausführlich erläutert, um ein Gespür für die Besonderheiten des finanziellen Rückflusses aus der Filmverwertung zu bekommen.

Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf der vergleichenden Darstellung der bedeutendsten Bilanzierungsgrundsätze nach den drei hier betrachteten Normensystemen. Hierzu zählen vor allem die Vorschriften zum Ansatz und zur Bewertung von immateriellen Gütern im Allgemeinen sowie von Filmrechten und -lizenzen im Speziellen. Daneben werden die Regelungen zur Umsatzrealisation und zur Behandlung öffentlicher Zuwendungen aufgezeigt. Am Ende des dritten Kapitels werden die wesentlichen Ergebnisse und Differenzen synoptisch zusammengefasst und eingehend gewürdigt.

Ausgehend von diesen Erkenntnissen wird im vierten Kapitel anhand einer empirischen Analyse ausgewählter Film- und Medienunternehmen ein Überblick über die Unternehmenspraxis gegeben. In diesem Zusammenhang werden die Geschäftsberichte auf die Bedeutung des

aktivierten Filmvermögens sowie die angewandten Rechungslegungsmethoden hin analysiert. Die abschließende Schlussfolgerung rundet die Ausführungen ab.

Die Betrachtung beschränkt sich auf selbst erstellte Filme sowie separat extern erworbene Filmrechte oder -lizenzen. Erwerbe im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen und Tauschgeschäften bleiben unberücksichtigt.

2 Filme und ihre Märkte

2.1 Begriffliche Abgrenzung

Ein Film ist definiert als „jede Bildfolge oder Bild- und Tonfolge, die den Eindruck eines bewegten Spieles entstehen lässt.“[15]

Im Rahmen dieser Arbeit steht nicht der kulturelle Aspekt des Films im Blickpunkt, welcher als die Verschmelzung verschiedener künstlerischer und handwerklicher Tätigkeiten einzelner Individuen zu einem Gesamtkunstwerk[16] gesehen werden kann, vielmehr geht es um dessen wirtschaftliche Betrachtungsweise. Zunächst muss daher das Wesen des Films als Wirtschaftsgut näher bestimmt werden. Ferner wird in diesem Kapitel der wirtschaftliche Wert eines Films darlegt, als auch die Märkte aufgezeigt, auf welchen sich dieser realisieren lässt.

2.2 Film als immaterielles Wirtschaftsgut

Nach der volkswirtschaftlichen Lehre dienen Güter der Bedürfnisbefriedigung von Wirtschaftssubjekten.[17] Ein Film dient der Befriedigung des menschlichen Bedürfnisses nach

Unterhaltung, etwa im Rahmen eines Kinobesuchs oder dem Erwerb einer DVD. Da ein Film somit nachgefragt wird und knapp[18] ist, handelt es sich aus ökonomischer Sicht um ein Wirtschaftsgut. Auf das gleiche Ergebnis führt die betriebswirtschaftliche Betrachtung des Films als Resultat eines Leistungserstellungsprozesses, hier der Produktion des Films. Für diesen Zweck ist der Film ein Mittel, welches ein Unternehmen zur Erreichung seiner Unternehmensziele benötigt.[19] Während im ersten Fall der Film den Konsumgütern zugeordnet werden kann, verkörpert er aus Sicht der Filmhersteller ein Produktionsgut.

Aus bilanzrechtlicher Sicht kommt der Film als materielles sowie als immaterielles Gut in Frage. Den Speichermedien (Filmrolle, DVD etc.) des Films stehen die auf diesen festgehaltenen Bild- und Tonfolgen gegenüber. Eine genaue Abgrenzung ist notwendig, da für beide Güterklassen unterschiedliche Bilanzierungsvorschriften gelten. In der nationalen sowie internationalen Rechnungslegung werden immaterielle Güter mangels eindeutiger eigener Definition üblicherweise von materiellen und finanziellen Gütern negativ abgegrenzt.[20] Ein mögliches Kriterium zur Abgrenzung ist die physische Erscheinungsform von Gütern.[21]

Als materiell wird ein körperlich fassbares, aus einer stofflichen Substanz bestehendes Gut bezeichnet, welches räumlich abgrenzbar ist.[22] Hierzu gehören bspw. Maschinen, Gebäude oder Grundstücke.

Immaterialität bedeutet in semantischem Sinne Unkörperlichkeit, Stofflosigkeit. Immaterielle Güter unterscheiden sich somit von den materiellen Gütern durch ihre fehlende körperliche Substanz. Sie existieren nur als Resultat oder Gedanke des real Existierenden.[23]

Finanziellen Gütern (z. B. Forderungen, Beteiligungen, Wertpapieren) mangelt es, ähnlich den immateriellen Gütern, an der Körperlichkeit. Sie lassen sich jedoch von diesen durch

ihren monetären Charakter abgrenzen, d. h. sie dienen dem Unternehmen nicht direkt im Rahmen des betrieblichen Leistungserstellungsprozesses, sondern im finanziellen Bereich.[24]

Die immateriellen Güter lassen sich untergliedern in materialisierte immaterielle Güter und rein immaterielle Güter.[25] Rein immaterielle Güter sind vollkommen substanzlos, z. B. Dienstleistungen, das Fachwissen eines Anwalts oder der Goodwill. Materialisierte immaterielle Güter hingegen setzen sich aus einem körperlichen und einem stofflosen Teil zusammen. Zu dieser Ausprägung immaterieller Güter zählen insbesondere Güter wie Filme, CDs,

Bücher und Software sowie patentierte Erfindungen. Die Einteilung der immateriellen Güter in diese Gruppen bereitet gewöhnlich keine Schwierigkeiten. Problematisch ist unter Umständen aber die Unterscheidung zwischen materialisierten immateriellen Gütern und materiellen Gütern, da die Mehrzahl aller Güter sowohl körperliche als auch unkörperliche Komponenten aufweisen. So enthält jedes industriell gefertigte Endprodukt einen gewissen Anteil Know-how als immateriellen Bestandteil.[26] Um eine Klassifikation als materielles oder immaterielles Gut zu ermöglichen, muss die als dominierend anzusehende Komponente bestimmt werden. Das Kriterium der physischen Erscheinungsform erlaubt nur eine Grobgliederung und genügt den Anforderungen einer objektiven Abgrenzung nicht. In der Literatur[27] werden zur

Abgrenzung materieller und immaterieller Güter die folgenden Kriterien diskutiert:

- Funktion der körperlichen Komponente

Ein immaterielles Gut liegt vor, wenn der körperliche Teil lediglich als Trägermedium der geistigen Komponente dient. Kommt dem körperlichen Teil jedoch eine eigenständige Funktion zu, wird das Gut als materiell eingeordnet.

- Wirtschaftliches Interesse an den einzelnen Komponenten

Dieses Merkmal ist eng mit dem vorstehenden verbunden. Es führt nur zu anderen Ergebnissen, wenn der eine eigene Funktion besitzende materielle Teil vom immateriellen Teil dominiert wird.[28]

- Wertrelation zwischen körperlicher und immaterieller Komponente

Die Klassifizierung orientiert sich nach dem Bestandteil mit dem größeren Wertanteil. Da die Herstellungskosten der immateriellen Komponente häufig schwer ermittelbar sind, ist dieses Merkmal nicht auf alle Güterarten anwendbar.

- Vervielfältigung eines Guts

Nach dieser Theorie geht der immaterielle Teil durch Materialisierung des geistigen Inhalts verloren. Unklar bleibt jedoch, ab welcher Auflage ein vervielfältigtes immaterielles Gut als materiell zu klassifizieren ist, wodurch dieses Kriterium sehr subjektiv einsetzbar ist.[29]

Es ist festzustellen, dass die Abgrenzung – je nach gewähltem Kriterium – zu unterschiedlichen Resultaten führen kann. Somit ist unter Abwägung aller Kriterien und für den einzelnen Fall zu entscheiden, welcher Bestandteil überwiegt.

Bezogen auf Filme ergibt sich für die Originalkopie sowie die hiervon gezogenen Kopien zur Vorführung in den Kinos die Klassifikation als immaterielle Güter. Dies lässt sich zum einen durch die reine Trägerfunktion der materiellen Komponente (Filmrolle) begründen, deren Aufgabe lediglich in der Fixierung des geistig Geschaffenen und dem Transport im Zuge der Verbreitung dessen besteht.[30] Der Träger ermöglicht damit die Handelbarkeit der immateriellen Komponente.[31] Zum anderen ist der Wert des Filmträgers – verglichen mit dem immensen, in der Regel mehrere Millionen Euro großen Budget, welches zur Herstellung eines Films notwendig ist – von untergeordneter Bedeutung. Letztlich liegt auch das wirtschaftliche Interesse eindeutig in dem geistigen Inhalt auf der Filmrolle und nicht in der Filmrolle selbst.

Anders verhält es sich jedoch mit den Filmkopien, die für den Endverbraucher bestimmt sind. Diesen DVDs, Videokassetten oder ähnlichen Datenträgern kommt insofern eine eigenständige Funktion zu, als dass sich der Käufer bewusst für das Medium mit der besten Bild- und Klangqualität oder dem niedrigsten Preis entscheidet. Die Materialisierung des Films durch Vervielfältigung wird in der Literatur[32] mit der Begründung abgelehnt, dass es sich nicht um Massenprodukte, sondern um begrenzt verbreitete Güter handelt. Dies dürfte sich auf Grund des in den letzten Jahren rasanten Wachstums im Home Video Segment geändert haben, mit einem Gesamtjahresumsatz von € 1,75 Mrd.[33] im Jahre 2004 wurde der Musikmarkt (€ 1,76 Mrd.[34] ) eingeholt. Da für die Produktion von Tonträgern eine Materialisierung angenommen wird,[35] lässt sich diese Annahme aufgrund der Ähnlichkeit dieser Industrien auf den Endverbrauchermarkt der Filmindustrie übertragen. Somit bestätigt dieses Kriterium die Zuordnung der Filmkopien für den Endverbraucher zu den materiellen Gütern.

2.3 Rechte am Film

Von entscheidender Bedeutung ist die Frage, wem letztendlich die Rechte zur Auswertung des produzierten Films zustehen. Das Urheberrechtsgesetz schützt im deutschen Recht alle geistig schöpferischen Leistungen aus den Bereichen Literatur, Wissenschaft und Kunst. Es unterscheidet zwischen dem Urheberrecht und den Nutzungs- bzw. Auswertungsrechten an einem Werk. Der Schutz des Filmwerks[36], wie ihn § 2 Abs. 1 UrhG ausdrücklich vorsieht, ist „gerechtfertigt, weil das Filmwerk in der Verschmelzung der zu seiner Herstellung benutzten Werke und Leistungen ausübender Künstler zu einer Einheit sich als ein Werk eigener Art – als Gesamtwerk – darstellt“[37]. Als Werke im Sinne des UrhG gelten nur persönliche geistige Schöpfungen[38]. Somit gelten als geschützte Einzelwerke u. a. das Drehbuch, die Filmmusik, sämtliche Filmbauten und natürlich die Darstellungen der Schauspieler. Das Urheberrecht begründet bei den Berechtigten im Wesen der Urheberpersönlichkeitsrechte (§§ 12-14 UrhG) und der Verwertungsrechte (§§ 15-24 UrhG) dingliche ausschließliche Rechte mit absoluter Wirkung gegenüber jedermann. Diese Rechte sind generell nicht auf Dritte übertragbar, jedoch ist die Einräumung von Nutzungsrechten an dem geschaffenen Werk nach

§ 29 Abs. 2 UrhG ausdrücklich möglich. Solche Nutzungsrechte sind für die Auswertung über Kino, Video und TV unabdingbar. Das Urheberrecht gewährleistet folglich einen für die Vermarktung vervielfältigter Werke notwendigen Schutz.[39]

Als Urheber des Filmwerks kommen nach dem Schöpferprinzip des § 7 UrhG alle natürlichen Personen in Frage, die bei der Filmherstellung persönlich eine geistig schöpferische Leistung erbracht haben.[40] Dafür kommen neben dem Regisseur auch der Kameramann und der Cutter in Betracht. Die Rechtssprechung sieht jedoch allein den Regisseur als Urheber des Filmwerks mit der Begründung, dass er durch seine künstlerische und personelle Entscheidungsbefugnis das Gesamtkunstwerk Film maßgeblich prägt.[41] Dies erscheint schlüssig, da ein Regisseur durch die künstlerische Gesamtverantwortung bei der Entstehung eines Filmwerks die zentrale Funktion besetzt und die größte, zumindest kreative Verantwortung für dessen Gelingen trägt. Die Schöpfer bereits bestehender und in das Filmwerk eingearbeiteter Rechte, wie etwa dem Drehbuch, dem Roman oder der Musik werden nicht als (Mit-)Urheber des Filmwerks anerkannt. Da diese geschützten Werke zur Nutzung bearbeitet oder umgestaltet werden müssen, bedarf es jedoch der Einwilligung des Urhebers des vorbestehenden Werks in Form der Gewährung des Filmherstellungsrechts (§ 88 Abs. 1 i. V. m. § 23 UrhG). Das Urheberrecht erlischt 70 Jahre nach dem Tod des am längsten lebenden Urhebers eines der im Filmwerk verarbeiteten Werke (§ 65 Abs. 2 UrhG).

Einen schwächeren Schutz als das Urheberrecht gewährt das mit dem Urheberrecht verwandte Leistungsschutzrecht allen ausübenden Künstlern (§§ 73-83, 92, 93 UrhG). Diese haben einen Vergütungsanspruch und sind durch das im Grundgesetz verankerte allgemeine

Persönlichkeitsrecht[42] geschützt. Leistungsschutzberechtigt sind alle Personen, die bei der Filmproduktion durch eine künstlerische Tätigkeit werkinterpretatorisch mitwirken (z. B. Schauspieler, Kameramann, Produktionsleiter, Beleuchter).[43] Rein technisch, organisatorisch oder kaufmännisch bei der Entstehung eines Filmes mitwirkenden Personen kommen keinerlei Schutzrechte im Sinne des UrhG zu.[44]

Gemäß § 93 Abs. 1 i. V. m. §§ 14 und 75 UrhG wird allen Urhebern und Leistungsschutzberechtigten die Untersagung der Verwertung ihrer Leistung ermöglicht, wenn darin eine

gröbliche Entstellung oder andere Beeinträchtigung ihrer Werke und Leistungen zu sehen ist. Mit der Einschränkung, die Entstellung müsse gröblich sein, wollte der Gesetzgeber den Filmhersteller in seiner Position stärken und ihm die Anpassung des Filmwerks, etwa an

Altersfreigaben oder die Verhältnisse im Ausland, erleichtern. Somit ist darin, auch unter

Berücksichtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, jede Entstellung oder sonstige

Beeinträchtigung zu verstehen, die geeignet ist, das Ansehen und den Ruf des Betroffenen zu gefährden.[45] Es sind allerdings Änderungen am Filmwerk zulässig, sofern die Betroffenen unter Berücksichtigung der Werkart Film die Erlaubnis nach Treu und Glauben nicht verweigern können.[46] Über das Vorliegen eines Gesetzesverstoßes ist somit einzelfallabhängig und unter Abwägung der unterschiedlichen Interessenspositionen zu entscheiden. Im Falle der Romanverfilmung von Michael Ende’s Die unendliche Geschichte hat das OLG München, trotz Feststellung einer gröblichen Sinnentstellung durch die Abänderung der Schlussszene, aufgrund einer durchgeführten Interessenabwägung den Schutzanspruch des Urhebers abgelehnt.[47]

Eine Sonderstellung kommt dem Filmhersteller zu. Dieser ist in der Literatur[48] definiert als diejenige natürliche oder juristische Person, welche die entscheidende wirtschaftliche, organisatorische und rechtliche Verantwortung bei der Herstellung eines Filmwerks trägt. Als

Hersteller gelten dabei immer die Inhaber des produzierenden Unternehmens, nicht die dort beschäftigten Personen (hier in Gestalt des ausführenden Produzenten).[49] Kraft Gesetzes werden dem Filmhersteller sämtliche an den oben aufgeführten Schutzrechten bestehende Nutzungsrechte übertragen.[50] Gemäß § 94 UrhG genießt der Filmhersteller das alleinige Recht zur Vervielfältigung, Verbreitung, öffentlichen Vorführung und Ausstrahlung des Filmwerks.[51] Ferner kann er die Nutzungsrechte an Dritte lizenzieren oder veräußern. Demzufolge erlangt er kein eigenes Urheberrecht am Filmwerk, sondern das zur ungestörten Auswertung des von ihm mit hohen Kosten hergestellten Filmwerks notwendige Nutzungsrecht an dessen körperlichem Trägermedium.[52] Dieses verwandte Schutzrecht erlischt gemäß § 94 Abs. 3 UrhG 50 Jahre nach der ersten erlaubten öffentlichen Vorführung oder 50 Jahre nach der Herstellung des Filmwerks, falls die Auswertung innerhalb dieser Zeitspanne unterbleibt.

Um eine umfassende multimediale Auswertung des Films zu ermöglichen, sollten über die gesetzlich übertragenen Nutzungsrechte hinaus vertragliche Vereinbarungen mit den Urhebern getroffen werden, die dem Filmhersteller weitergehende Rechte in Bezug auf die

Auswertung über interaktive Medien (z. B. Pay-Per-View oder Online-Rechte) und diverse Merchandising-Artikel sowie Rechte zu Wieder- und Fortsetzungsverfilmungen zusichern.[53] Als Gegenleistung für die Einräumung der Nutzungsrechte am Filmwerk haben die Urheber Anspruch auf „angemessene Vergütung“[54] sowie auf eine „weitere Beteiligung“[55] im Falle eines unvorhergesehen großen Erfolges.

Das Urheberrechtsgesetz findet Anwendung auf alle Werke deutscher Staatsangehöriger, unabhängig von ihrem Erscheinungsort. Diesen stehen Angehörige aller EU- und EWR-Staaten sowie Unternehmen mit Sitz im Geltungsgebiet des UrhG gleich.[56] Daneben sind nach § 121 UrhG alle in Deutschland erscheinenden Werke ausländischer Personen geschützt.

Im Gegensatz zu den deutschen Regelungen ermöglichen die Copyright -Bestimmungen in den USA die Übertragbarkeit der Urheberrechte auf eine juristische Person (work-for-hire-Klausel). Somit sind dort regelmäßig die Produktions- und Verleihunternehmen Inhaber aller Urheberrechte ihrer Filmwerke.[57]

2.4 Filmförderung

In Deutschland hat sich seit den 1950er Jahren eine vielfältige öffentliche Filmförderung von Bund und Ländern entwickelt, allen voran die Filmförderungsanstalt des Bundes (FFA).

Zusätzlich existieren zahlreiche europäische Förderprogramme zur Unterstützung der gesamteuropäischen Filmwirtschaft (MEDIA III, Eurimages etc.).[58] Die Gründe dieser Subventionierung sind vielseitig: Zum einen sind die Unternehmen wirtschaftlich auf die öffentlichen Gelder angewiesen, um die Herstellungskosten zu decken. Zum anderen gilt es, die nationale und europäische Kultur in Anbetracht der weltweit dominierenden Stellung der Hollywood-Produktionen vor dem Überschwappen der amerikanischen Kultur zu schützen.[59]

Die nationale Filmförderung belief sich im Jahr 2004 auf insgesamt € 241 Mio. und wurde hauptsächlich in Form direkter Fördergelder für die Filmherstellung bereitgestellt.[60] Fördermittel werden einerseits als bedingt rückzahlbare Darlehen – so genannte Projektfilmförderungen – vergeben, welche nur bei tatsächlich erwirtschafteten Erlösen zurückgezahlt werden müssen. Andererseits erhalten die Produzenten nachträgliche Referenzfilmfördergelder, sofern ein Film eine bestimmte Anzahl Referenzpunkte aus Kinobesucherzahl und erhaltenen Auszeichnungen erreicht hat. Diese Mittel sind in Gestalt nicht rückzahlbarer Zuschüsse für die Verwirklichung neuer Filmprojekte gedacht.[61]

2.5 Wertschöpfungskette

2.5.1 Produktion

Im Rahmen dieser Arbeit soll nicht detailliert der Herstellungsprozess eines Films beschrieben werden, der von der Stoffentwicklung über die Dreharbeiten reicht und mit der Abnahme des fertigen Filmes zum Abschluss der Postproduktion endet. Vielmehr soll auf die verschiedenen organisatorisch-finanziellen Möglichkeiten eingegangen werden, die für die Produktion eines Films in Frage kommen. Diese sind letztendlich ausschlaggebend für die Festlegung des Herstellers und somit der Zuordnung der Filmrechte.

Neben der Möglichkeit der Eigenproduktion oder dem Erwerb von Filmrechten entstehen diese auch im Rahmen von Auftrags- oder Co-Produktionen.[62] Während bei der Eigenproduktion das Produktionsunternehmen die Herstellung des Films durchweg selbständig ausführt, geht die Initiative und die Finanzierung bei der Auftragsproduktion von einem Dritten (z. B. Verleiher, TV-Station oder Filmfonds) aus. Bei der echten Auftragsproduktion ist das ausführende Unternehmen als Filmhersteller im urheberrechtlichen Sinne anzusehen, da der Produzent weiterhin selbständig handelt und Verträge auf eigenen Namen abschließt. Es werden dem Initiator dann lediglich die Nutzungsrechte übertragen.[63] Anders jedoch bei der unechten Auftragsproduktion. In diesem Fall trägt das Risiko allein der Auftraggeber, der ausführende Produzent bringt in der Regel kaum noch eigene Ideen oder geistige Schöpfungen ein und ist somit reiner Dienstleister. Alle Rechte entstehen originär beim Initiator.[64] Im Falle der

Co-Produktion wird der Film gemeinsam von mehreren Beteiligten (z. B. verschiedene Länder) produziert, welche dann die Teilrechte am Film, je nach ihrem Anteil am Produktionsbudget, erhalten.

2.5.2 Auswertung

Im letzten Abschnitt der Wertschöpfung gelangt der Film vor den Zuschauer. Während bis in die 50er Jahre lediglich das Kino von Relevanz für die Auswertung eines Films war, sind bis heute auf Grund des stetigen technischen Fortschritts und der anhaltenden Suche nach neuen Vertriebswegen eine Vielzahl weiterer Erlösquellen hinzugekommen.[65] Diese Entwicklung dürfte auch zukünftig anhalten, da die multimedialen Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft sind. Schon heute ist es durch elektronische bzw. optische Vertriebswege und Speichermedien möglich, mehr Inhalt durch mehr Menschen zu produzieren und weitreichender und günstiger zu verbreiten, als es je zuvor der Fall war.[66]

Die Filmhersteller führen die Auswertung in der Regel nicht selbst durch, sondern übertragen die entsprechenden Nutzungsrechte im Rahmen von Lizenzverträgen auf Filmverleih, Fernsehsender und Handelsvertrieb. Diese wiederum treffen Vereinbarungen mit Filmtheaterbetreibern, Videoverleihern und Einzelhändlern, welche den Film und damit in Bezug stehende Konsumgüter auf den Markt bringen.[67] Der Filmverleih erwirbt häufig neben den Kinorechten auch die Auswertungsrechte für die Bereiche Home Video und TV, damit er die Erlöse aus diesen Bereichen querverrechnen (cross-collateralization) und somit sein wirtschaftliches Risiko senken kann. Ferner ist es üblich, die Rechte mehrerer Filme zu erwerben und eventuelle Unterdeckungen mit hohen Erlösen einzelner Filme zu verrechnen (auch ein Fall von cross-collateralization).[68]

Der für Filme typische sequentielle Verwertungsablauf gestaltet sich nach dem Prinzip der zweitbesten Alternative: Zunächst werden Filme auf dem Markt mit den höchsten Grenzerlösen verteilt auf den kürzesten Zeitraum vertrieben. Am Ende der Wertschöpfung stehen solche Märkte, welche die geringsten Umsätze pro Zeiteinheit generieren.[69] Die nachstehende Wertschöpfungskette stellt den typischen zeitlichen Ablauf der Verwertungsmöglichkeiten eines Films dar, über welche ein Unternehmen der Filmwirtschaft durch die Rechte oder Lizenzen am Film verfügen kann:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Verwertungskette von Filmrechten[70]

Am Anfang der Nutzungskette steht traditionell die Kinoauswertung. Der Verleiher schließt gegen Zahlung der so genannten Filmmiete in Form einer anteiligen Erlösbeteiligung an jeder gelösten Kinokarte Vorführungsverträge mit den Filmtheaterbetreibern ab.[71] Hiervon deckt der Verleiher zunächst seine Vor- oder Startkosten, welche größtenteils aus Kosten für die Anfertigung der Filmkopien und Trailer sowie für die Vermarktung des Films bestehen.[72] Der Filmhersteller überträgt dem Verleiher bestimmte ausschließliche Verwertungsrechte (Monopolrechte) für einen begrenzten Zeitraum und ein begrenztes Gebiet. Als Gegenleistung erhält der Hersteller vom Verleiher eine Lizenzgebühr in Form eines fixen Betrags (flat fee)

oder einer verrechenbaren aber nicht rückzahlbaren Vorauszahlung in Form der so genannten Minimumgarantie (nonrefundable minimum guarantee). Zusätzlich wird der Hersteller im zweiten Fall an dem die Vorkosten des Verleihers übersteigenden Teil der Filmmiete prozentual beteiligt (variable fee).[73] Dem Hersteller fließen folglich nur Erlöse zu, falls sein Anteil an der Filmmiete die zuvor gewährte Garantiezahlung übersteigt.[74]

Etwa sechs Monate nach der Kinopremiere startet mit dem Segment Home Video[75] die inzwischen umsatzstärkste Verwertungsform. Dieser Zeitvorsprung wird dem Kino eingeräumt, um nachteilige Substitutionseffekte gering zu halten.[76] Neueste Entwicklungen zeigen eine Tendenz zur Verkürzung des Kinofensters, also der zeitnäheren Einführung der Videoauswertung. Mit Pay-Per-View (PPV) und Video on Demand (VoD) starten kurze Zeit später zwei Verwertungsformen, bei denen der Nutzer unabhängig von fixierten Sendeplänen Filme nach seinem persönlichen Geschmack über das Kabelnetz (PPV) oder das Internet (VoD) gegen Entgelt bestellen kann. Daran schließen sich die Verwertung im Abonnenten-Fernsehen (Pay-TV) und letztlich auch im werbe- und gebührenfinanzierten Fernsehen (Free-TV) an, die in der Praxis etwa 18 respektive 24 Monate nach der Erstausstrahlung im Kino beginnt. Die

Lizenzen werden entweder für eine feste Laufzeit oder eine limitierte Anzahl von Ausstrahlungen vergeben. Die Höhe des Preises für die Sendelizenzen hängt direkt vom Kinoeinspielergebnis ab.[77] Parallel zur Auswertung der Filmrechte werden regelmäßig die vorbestehenden Werke eines Films, wie die Filmmusik oder das Buch zum Film, gesondert als Nebenrechte verwertet. Daneben können markante Markenzeichen eines Films (z. B. Titel, Logo oder Charaktere) für die Produktion und Absatzförderung verschiedenster Konsumgüter (z. B. Poster, Textilien, Nahrungsmittel, Spielwaren) genutzt werden.[78] Dieses Merchandising stellt die Kommerzialisierung der Bekanntheit bzw. Beliebtheit eines Films dar.[79] So schreibt Hawkins über einen der erfolgreichsten Filme aller Zeiten: „The Lion King isn’t a movie. It’s an

industry.“[80]

Häufig werden die hier dargestellten Verwertungsformen nicht komplett ausgenutzt. So gelangen viele Filme nie ins Kino oder werden explizit fürs Fernsehen produziert. Umgekehrt kann ein Film so erfolgreich sein, dass ein zweiter (eingeschränkter) Durchlauf der Verwertungskette möglich ist. Neben dem hier dargestellten zeitlichen Ablauf ist in vielen Fällen eine territoriale Auswertung in verschiedenen Ländern möglich, die entweder zeitgleich oder zeitlich versetzt stattfindet.

Beispielhaft ist nachfolgend die Zusammensetzung des Gesamtertragswerts eines durchschnittlichen amerikanischen Films dargestellt:[81]

- Kinoauswertung: 25,9 % · TV-Auswertung: 19,6 %
- Home Video: 50,2 % · Andere: 4,3 %

Abschließend ist festzuhalten, dass das Kino zwar nicht mehr die Haupteinnahmequelle darstellt, aber dennoch die entscheidende Bedeutung in der Verwertungskette als „Zugmedium“[82] für alle nachgelagerten Verwertungsformen hat. Hauptursache des hohen Einflusses des Kinos ist nach Eliashberg „…the buzz created by the studios prior to and during the theatrical release dates, generated through high advertising spending, and the attention given by the media to box-office performance and figures.”[83] Seit jeher wird in der Branche versucht, den magischen Schlüssel zu finden, mit dem das Kinoeinspielergebnis vorhersagbar und damit das

Investitionsrisiko minimiert wird. Doch ohne Erfolg, so dass trotz aller Bemühungen das Fazit lautet: Nobody knows anything![84] Erste realistische Schätzungen des zu erzielenden Gesamtumsatzes können somit erst nach der abgeschlossenen Kinoauswertung vorgenommen werden.

2.6 Kategorisierung der Filmrechte und -lizenzen für Bilanzzwecke

Nach einer in der Literatur allgemein anerkannten Systematisierung werden immaterielle

Güter in die drei Kategorien Rechte, wirtschaftliche Werte und rein wirtschaftliche Vorteile aufgegliedert.[85]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Kategorisierung immaterieller Güter

(Quelle: Küting/Ulrich (2001), S. 955.)

Diese Gliederung anhand des Kriteriums der unterschiedlichen Abgrenzbarkeit scheint

sinnvoll, da die Aktivierung immaterieller Güter u. a. von der Erfüllung bestimmter Abgrenzungskriterien abhängig gemacht wird.[86]

Die Einordnung der Filme erfolgt in die Gruppe der Rechte, da das Hauptmerkmal des Wirtschaftsguts Film die Nutzung der im Film enthaltenen Urheberrechte ist. Diese Rechte sichern den aus dem Film hervorgehenden wirtschaftlichen Vorteil vertraglich oder gesetzlich ab. Durch den Schutz des immateriellen Sachverhalts (hier der geistig geschaffenen Bildfolge oder Bild- und Tonfolge) wird die Verfügungsmacht über das Gut sichergestellt und die Übertragbarkeit der Nutzungspotentiale auf Dritte ermöglicht.[87] Die vertragliche Vereinbarung der Überlassung der Rechte zur wirtschaftlichen Verwertung wird Lizenz genannt. Gegen

Zahlung einer Lizenzgebühr hat der Lizenznehmer die Befugnis zur uneingeschränkten

(ausschließliche Lizenz)[88] oder eingeschränkten (einfache Lizenz) Verwertung der Nutzungsrechte.[89]

2.7 Problemfelder bei der Bilanzierung von Filmrechten und -lizenzen

Neben den allgemein bekannten Problemen, welche die Bilanzanzierung von immateriellen Gütern in der nationalen sowie internationalen Rechnungslegung aufweist, zeigen sich insbesondere bei der Behandlung von Filmrechten und -lizenzen weitere branchenspezifische Problemfelder auf. Diese sind, wie zu zeigen ist, teilweise bis heute nicht oder nur unbefriedigend gelöst. Folgende ausgewählte Fragestellungen sollen im Rahmen dieser Arbeit beantwortet werden:

- Unter welcher Position sind Filmrechte und -lizenzen in der Bilanz abzubilden?
- Wie setzen sich die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten eines Films zusammen?
- Welche Abschreibungsvorschriften bestehen bezüglich des aktivierten Film- und Lizenzvermögens?
- Zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe werden die Umsätze realisiert?
- Wie sind öffentliche Filmfördermittel abzubilden?
- Wie informativ sind die Geschäftsberichte ausgewählter Film- und Medienunternehmen?

Ein weiterer Problembereich stellen die unternehmensseitig oft unzureichenden Fachkenntnisse des Rechnungswesen-Personals dar, welche den Anforderungen internationaler Rechnungslegungsnormen nicht gewachsen sind.[90]

2.8 Zwischenfazit

Das Wirtschaftsgut Film gehört im juristischen Sinne den Urhebern, im konkreten Fall allein dem Regisseur. Durch die Sondervorschriften für Filme der §§ 88-94 UrhG werden jedoch dem Hersteller bzw. Produzenten des Films die alleinigen Verwertungsrechte eingeräumt. Diese Rechtsprechung verhindert die Streuung der Rechte am Filmwerk und beugt so einer unübersichtlichen, teilweise unmöglichen Aufteilung rechtlicher und wirtschaftlicher Ansprüche vor. Auf diese Weise wird ein reibungsloser Handel mit dem Wirtschaftsgut Film ermöglicht.[91]

Das bilanziell relevante Objekt ist nicht das Trägermedium des Films, sondern die durch das Urheberrecht geschützte Ermächtigung, die im Film verkörperten Bild- und Tonfolgen einer umfassenden Auswertung zu unterziehen. Der zu bewertende Film ist also nicht materieller Natur, sondern ein „Bündel von immateriellen Nutzungsrechten.“[92]

Die kommerzielle Auswertung eines Films vollzieht sich auf mehreren Stufen und in zeitlich versetzten Auswertungsfenstern.[93] Durch das branchentypische Modell der Erlösbeteiligung wird das Risiko einer Filmproduktion bis zum Hersteller zurück gereicht, so dass dessen

Erträge vom Abschneiden des Films an den Kinokassen und den nachgelagerten Verwertungsgliedern abhängig sind.[94] Die Chancen und Risiken werden durch diese Methode zwar auf Hersteller, Verleiher und Theaterbetreiber verteilt. Dies wirkt sich für den Filmhersteller jedoch nachteilig aus, da diesem als erstem Aufwendungen entstehen und als letztem Erträge zufließen.[95] Dies hat schließlich zur Folge, dass die endgültige Höhe der Erträge eines Films erst nach mehreren Jahren, am Ende seiner Auswertungszeit feststellbar ist. Das zeitliche Auseinanderfallen von Filmherstellung und Rücklauf der Erträge ist die Ursache für die

Bilanzierungsproblematik bei Filmrechten und -lizenzen, auf die im nächsten Abschnitt

detailliert eingegangen wird. Erschwerend kommt hinzu, dass der Rücklauf auf verschiedenen Ebenen stattfindet und in seiner Höhe ungewiss ist.

[...]


[1] Vgl. Iljine/ Keil (2000), S. 12.

[2] Vgl. Brockhaus (1996), Bd. 7, S. 305.

[3] Vgl. Engelmeier (2000), S. 8.

[4] Vgl. Engelmeier (2000), S. 11 f.

[5] Vgl. Berauer (2005), S. 51.

[6] Vgl. Lev (2001), S. 1; Pellens/Fülbier (2000), S. 123.

[7] Moxter (1979), S. 1102.

[8] Vgl. Küting/Zwirner (2004b), S. 252.

[9] Dieses Zulassungssegment wurde auf Initiative der Frankfurter Wertpapierbörse im Rahmen der neuen Börsenordnung zum 01.Januar 2003 eingeführt und schreibt über das Maß des General Standard hinausgehende Transparenzanforderungen vor.

[10] EG-Verordnung Nr. 1606/2002 vom 19. Juli 2002. Diese Verordnung ist Bestandteil des Financial Services
Action Plan (FSAP), der einer Integration der europäischen Finanzmärkte dienen soll.

[11] Vgl. Art. 2 Nr. 5 BilReG.

[12] Vgl. § 315a Abs. 3 HGB.

[13] Vgl. § 325 Abs. 2a HGB.

[14] Vgl. Wendlandt/Knorr (2005), S. 54 f; Burger/Ulbrich (2004), S. 237.

[15] Hertin (1994a), Vor § 88, Rn. 3; ähnlich: Loewenheim (1999), § 2, Rn. 181.

[16] Vgl. Eggers (2003), S. 8.

[17] Vgl. Freericks (1976), S. 132 ff.

[18] Verschiedene Wirtschaftssubjekte konkurrieren um die Nutzung des Guts. Das Gegenstück sind freie Güter; vgl. Freericks (1976), S. 132.

[19] Vgl. Grottel (2002), S. 8.

[20] Vgl. Keitz (1997), S. 5.

[21] Vgl. Reuleaux (1987), S. 45; Kählert/Lange (1993), S. 614.

[22] Vgl. Heyd/Lutz-Ingold (2005), S. 1.

[23] Vgl. Stüdemann (1985), S. 347.

[24] Vgl. Keitz (1997), S. 5 f.

[25] Vgl. Stüdemann (1985), S. 347.

[26] Vgl. Kählert/Lange (1993), S. 614.

[27] Vgl. Kählert/Lange (1993), S. 614 ff; Reuleaux (1987), S. 44 ff; Walter (1982), S. 137 ff;
Dawo (2003), S. 75 ff; Keitz (1997), S. 44ff; Stüdemann (1985), S. 349.

[28] Vgl. Kählert/Lange (1993), S. 616.

[29] Vgl. Kählert/Lange (1993), S. 618.

[30] Vgl. Dawo (2003), S. 76 f.

[31] Vgl. Grottel (2002), S. 15.

[32] Vgl. Mathiak (1984), S. 72; Kählert/Lange (1993), S. 618.

[33] Vgl. Berauer (2005), S. 51.

[34] Vgl. Gruner + Jahr AG (2005), S. 1.

[35] Vgl. Kählert/Lange (1993), S. 617 f.

[36] Die juristisch korrekte Bezeichnung eines Filmes ist „Filmwerk“, da man im urheberrechtlichen Kontext von „Werken“ spricht.

[37] Vinck (1994), § 2, Rn. 76.

[38] Vgl. § 2 Abs. 2 UrhG

[39] Vgl. Keitz (1997), S. 68 f.

[40] Vgl. Dobberstein/Schwarz (2004), Kap. 37, Rn. 1.

[41] Vgl. Nordemann (1994), § 8, Rn. 13; Brehm (2000a), S. 111.

[42] Vgl. Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG.

[43] Vgl. Reber (2004), Kap. 62, Rn. 2.

[44] Vgl. Brehm (2000a), S. 111.

[45] Vgl. Hertin (1994c), § 93, Rd. 5.

[46] Vgl. § 39 Abs. 2 UrhG.

[47] Vgl. Dietz (1999), § 93, Rn. 19.

[48] Vgl. Katzenberger (1999), Vor §§ 88ff, Rn. 31; Hertin (1994d), § 94, Rn. 4; Brehm (2000a), S. 112.

[49] Dies leitet sich aus entsprechender Anwendung des § 85 Abs. 1 UrhG (Abschnitt zum Schutz des Herstellers von Tonträgern) ab; vgl. Katzenberger (1999), Vor §§ 88ff, Rn. 37.

[50] Vgl. §§ 88 ff UrhG.

[51] Diese Rechte entsprechen den Verwertungsrechten des Urhebers (§§ 16-20 UrhG).

[52] Vgl. Hertin (1994b), § 89, Rn. 13.

[53] Vgl. Brehm (2000a), S. 113.

[54] § 32 UrhG.

[55] § 32a UrhG.

[56] Vgl. § 120 UrhG.

[57] Vgl. Eggers (2003), S. 9.

[58] Vgl. Hennerkes (2002), S. 150-153.

[59] Vgl. Eggers (2003), S. 106 f.

[60] Vgl. Berauer (2005), S. 65.

[61] Zu den Ausführungen dieses Absatzes vgl. Eggers (2003), S. 109 f; Berauer (2005), S. 68.

[62] Für den folgenden Abschnitt vgl. Schwarz/Reber (2004), Kap. 82-87; Herzig/Söffing (1994a), S. 602; Eggers (2003), S. 116 f.

[63] Aus zivilrechtlicher Sicht handelt es sich um einen Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB).

[64] Hier handelt es sich zivilrechtlich um einen Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB).

[65] Vgl. Hennerkes (2002), S. 30.

[66] Vgl. Vogel (2004), S. 111.

[67] Vgl. Hennerkes (2002), S. 57 f.

[68] Vgl. Schwarz (2004), Kap. 153, Rn. 4.

[69] Vgl. Vogel (2004), S. 93.

[70] Vgl. ähnlich: Küting/Zwirner (2004a), S. 222.

[71] Die an den Verleiher abzuführende Filmmiete liegt in Deutschland zwischen 40 und 50 % des Kino-Bruttoumsatzes; vgl. Eggers (2003), S. 135.

[72] Vgl. Hennerkes (2002), S. 58.

[73] Vgl. Priester (1972), S. 582; Schwarz (2004), Kap. 153, Rn. 6 f.

[74] Bis zur Amortisation der Minimumgarantie ist ein Verhältnis von 65:35 zugunsten des Herstellers von der FFA vorgeschrieben, danach kann sich dieses Verhältnis ändern, vgl. Brehm (2000b), S. 149.

[75] Oberbegriff für den Verleih und Verkauf von DVD und VHS.

[76] Vgl. Hennerkes (2002), S. 49.

[77] Vgl. Eggers (2003), S. 25 f.

[78] Vgl. Eggers (2003), S. 101.

[79] Vgl. Hennerkes (2002), S. 34.

[80] Hawkins, R. (1995), “The Lion King: An Industry in itself“, The San Diego Union Tribune, March 2, in: Weinberg (2005), S. 163; innerhalb von zwei Jahren wurden mit Lion King Merchandising Artikeln über
$ 1,5 Mrd. umgesetzt, etwa das doppelte der weltweiten Kinoeinspielerlöse.

[81] Vgl. Clevé (2000), S. 68.

[82] Eggers (2003), S. 26.

[83] Eliashberg (2005), S. 138.

[84] Vgl. Clevé (2000), S. 21.

[85] Vgl. Keitz (1997), S. 6 f; Küting/Ulrich (2001), S. 954 f; Mutze (1960), S. 22 ff.

[86] Vgl. Dawo (2003), S. 20 f; ausführlich zu den einzelnen Aktivierungskriterien Abschnitt 3.3.

[87] Vgl. Grottel (2002), S. 12.

[88] Der Inhaber kann seine Lizenz an Dritte veräußern sowie Unterlizenzen vergeben. Die einfache Lizenz ist hingegen nicht eigenständig übertragbar.

[89] Vgl. Dawo (2003), S. 24 f.

[90] Vgl. Küting (2001), S. 275; Palan/Rickens/Seeger (2000), S. 146.

[91] Vgl. Eggers (2003), S. 11.

[92] Meyer (1973), S.88.

[93] Vgl. Hennerkes, S. 33.

[94] Vgl. Priester (1972), S. 582.

[95] Vgl. Eggers (2003), S. 22 f.

Ende der Leseprobe aus 95 Seiten

Details

Titel
Bilanzielle Behandlung von Filmrechten und -lizenzen nach US-GAAP, IFRS und HGB
Hochschule
Hochschule Pforzheim  (Fakultät für Wirtschaft & Recht)
Note
1,5
Autor
Jahr
2006
Seiten
95
Katalognummer
V114988
ISBN (eBook)
9783640153831
Dateigröße
885 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bilanzielle, Behandlung, Filmrechten, US-GAAP, IFRS
Arbeit zitieren
Diplom-Betriebswirt (FH) Christian Maier (Autor:in), 2006, Bilanzielle Behandlung von Filmrechten und -lizenzen nach US-GAAP, IFRS und HGB, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114988

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Bilanzielle Behandlung von Filmrechten und -lizenzen nach US-GAAP, IFRS und HGB



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden