Ursachen und Auswirkungen der Deflation


Hausarbeit, 2004

22 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Begriffsbestimmung der Deflation

3. Ermittlung von Inflations- (Deflations-) Raten
3.1 Der Verbraucherpreisindex
3.2 BIP-Deflator
3.3 Messprobleme der Indices

4. Ursachen der Deflation
4.1 Monetäre Ursachen
4.2 Realwirtschaftliche Ursachen
4.2.1 Konsum- und Investitionszurückhaltung
4.2.2 Finanz- und Geldpolitik des Staates
4.2.3 Außenwirtschaftliche Ursachen

5. Auswirkungen der Deflation
5.1 Wachstumsdeflation
5.2 Kassenhaltungsdeflation
5.3 Kreditdeflation
5.4 Konfiskationsdeflation

6. Theoretische Erklärungsansätze zur Deflation
6.1 Der quantitätstheoretische Ansatz von Fisher
6.2 Der liquiditätstheoretische Ansatz von Mishkin

7. Schluss

Literaturverzeichnis

1. Einführung

Anfang 2000 wurde in den USA und in Westeuropa wieder stärker über deflatorische Risiken diskutiert. Dabei wurde insbesondere auf die Gefahr hingewiesen, dass beide Wirtschaftszonen auf eine Entwicklung zusteuern, die ähnliche Formen annimmt, wie sie in Japan seit Anfang der 90er Jahre beobachtet werden konnte.[1] In diesem Zusammenhang war jedoch in der „Berliner Zeitung“ vom 17. Januar 2003 folgendes zu lesen:

„Die Bundesregierung sieht keinen Anlass für Deflationsängste in Deutschland und Europa. Jeder Vergleich mit Japan, wo die Volkswirtschaft immer noch unter den Folgen des Einbruchs der Aktien- und Immobilienpreise Anfang der 90er- Jahre leidet, gehe ins Leere. Auch für ein Abgleiten in eine sich verstärkende negative Preisspirale auf Gesamtwirtschaftlichem Niveau Kennzeichen einer Deflation- liegen wenig Anzeichen vor…“.[2]

Es ist festzustellen, dass die Deflation in der vielfältigen Fachliteratur stets im Schatten der Inflation zu stehen scheint. Eine mögliche Erklärung dafür kann sein, dass Deflationen seltener als Inflationen auftreten. Ferner ist festzustellen, wie schwierig es ist, Deflation im Voraus zu erkennen. Das Beispiel Japan in den 90er Jahren beweist die extremen Schwierigkeiten, aus einer Deflations- und Stagnationsspirale herauszukommen, wenn man einmal in sie gefallen ist. Ziel meiner Arbeit ist es daher, das im Schatten der Inflation stehende Phänomen der Deflation näher zu beleuchten. Insbesondere die Ursachen und theoretische Ansätze zur Erklärung von Deflationen stehen dabei im Vordergrund.

In dieser Hausarbeit wird nach einer Definitionsfindung zunächst die Ermittlung der Inflations-(Deflations-) Rate anhand des Verbraucherpreisindexes behandelt. Anschließend werde ich vier verschiedene Arten von Deflation differenzieren und ihr Zusammenwirken in der heutigen Welt darstellen. Dann werden einige wichtige Ursachen deflationärer Entstehungen dargestellt, unterteilt in monetäre und realwirtschaftliche Gründe. Im dann folgenden Kapitel werde ich zwei theoretische Ansätze von Ökonomen erläutern, die die möglichen Wirkungsketten zu erklären versuchen.

2. Begriffsbestimmung der Deflation

Bislang besteht keineswegs Übereinstimmung darüber, was unter dem Begriff der Deflation zu verstehen ist.[3] Anfänglich dominierten unter den Beschreibungen von Deflation jene, die auf die Währung eines Landes bezogen waren. Haberler versteht beispielsweise unter Deflation einen Rückgang der Geldmenge oder der Kreditsumme einer Volkswirtschaft. Ein einmaliges Sinken der Geld- oder der Kreditmenge rechtfertigt jedoch noch nicht die Rede von einer Deflation. In „Prosperität und Depression“ definiert er die Deflation wie folgt:

“Die Deflation im Sinne eines allmählichen Abnehmens der Gesamtnachfrage nach Gütern, ausgedrückt in Geld, spielt im Kontraktionsprozess eine wichtige Rolle.“[4]

Die weiteste Verbreitung fand die Charakterisierung der Deflation als ein andauernder Rückgang des Preisniveaus einer Volkswirtschaft. Demnach muss die Änderungsrate des Preisniveaus über einen längeren Zeitraum hinweg negativ sein.[5]

Klatt bezeichnet die Deflation als „Unterkonsumtion“ und grenzt sie als eine Konstellation von Angebotüberschuss auf dem Gütermarkt und Nachfrageüberschuss auf dem Arbeitsmarkt ab.[6] Die folgende Beschreibung der Deflation habe ich als Grundlage meiner Arbeit gewählt, da sie die verschiedenen Komponenten zusammenfasst:

„Unter Deflation versteht man (…) den absoluten Rückgang des generellen Preisniveaus in einer Volkswirtschaft, meist bezogen auf alle Güter und Dienstleistungen, die vom Durchschnittskonsumenten gekauft werden, gemessen über den Konsumentenpreisindex. Im tiefsten Sinn bedeutet dies einen Anstieg der Kaufkraft einer Geldeinheit. Deflation resultiert daher letztlich aus Verschiebungen von Geldangebot und Geldnachfrage einer Volkswirtschaft, also Veränderungen der so genannten Geldrelation.“[7]

Man soll die Deflation jedoch nicht mit der Disinflation als ähnliches Phänomen verwechseln, in der zwar das Preisniveau sinkt, aber mit positiven Wachstumsraten.

3. Ermittlung von Inflations- (Deflations-) Raten

Im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung wird die Entwicklung der Preise im Zeitverlauf erfasst und ausgewiesen, um die Inflations- bzw. Deflationsrate zu berechnen. Unklar bleibt jedoch, welche Preise es sein sollen, die das Preisniveau einer Volkswirtschaft bestimmen und auf welche Weise man zu einer Beurteilung der Veränderungen des Preisniveaus gelangt. Wenn in der Praxis von Inflation bzw. Deflation die Rede ist, dann wird darunter stillschweigend der Anstieg bzw. Abstieg des Verbraucherpreisindexes (früher bekannt als die Preisindices für die Lebenshaltung) verstanden. Der VPI wird gleichermaßen für Entscheidungen über wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Herbeiführung und/oder Erhaltung eines stabilen Preisniveaus als Indikator der Entwicklung des Preisniveaus in Deutschland herangezogen.

In diesem Kapitel werde ich den Verbraucherpreisindex und den BIP-Deflator als bedeutsame Indices erörtern. Anschließend werde ich die Messprobleme darstellen, um ein allgemeines Bild über das Preisniveau zu schaffen.

3.1 Der Verbraucherpreisindex

Der Verbraucherpreisindex ist ein wichtiger Bestandteil des preisstatistischen Berichtssystems in Deutschland.[8] Der VPI misst die durchschnittliche Preisveränderung aller Waren und Dienstleistungen, die von privaten Haushalten für Konsumzwecke gekauft werden. Er bildet die Veränderung der Verbraucherpreise umfassend ab. Berücksichtigt werden Güter des täglichen Bedarfs (z.B. Lebensmittel, Bekleidung) sowie Mieten und langlebige Gebrauchsgüter (z.B. Kraftfahrzeuge, Kühlschränke), ebenso aber auch Dienstleistungen (z.B. Friseur, Reinigung, Versicherungen). Die folgende Abbildung zeigt das Wägungsschema des Verbraucherpreisindex in Deutschland vom Mai 2003:

Abbildung 1: Verbraucherpreisindex

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistisches Bundesamt 5/2003

Der VPI dient verschiedenen Zwecken:

1. Der VPI ist ein Indikator für die Beurteilung der Geldwertstabilität und wird als Inflationsmaßstab verwendet. Er ist auch aussagefähig als Deflationsmaßstab. Die Veränderungsrate wird häufig als „Inflationsrate“ bezeichnet.
2. Er dient zur Wertsicherung wiederkehrender Zahlungen in Preisgleitklauseln (auch bekannt als Wertsicherungsklauseln) in langfristigen Vertragsbeziehungen.
3. Er ist Grundlage für die Deflationierung von Wertgrößen in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (z.B. zur Berechnung des realen Wachstums).

Der VPI ist ein Laspeyers-Preisindex mit festem Basisjahr, d.h. die Indexwerte beziehen sich auf die Verbrauchsstrukturen des Jahres, das als Basisjahr festgelegt wird. Normalerweise erfolgt die Neugewichtung in Fünf-Jahres-Abständen. Das aktuelle Basisjahr ist das Jahr 2000.

Die Verbrauchsstrukturen werden bis zur Einführung eines neuen Basisjahrs konstant gehalten.

Im VPI für Deutschland werden die Preisveränderungen von etwa 750 genau beschriebenen Waren und Dienstleistungen zusammengefasst. Diese werden mit dem Ziel ausgewählt, den Verbrauch der privaten Haushalte hinreichend genau zu repräsentieren.

3.2 BIP-Deflator

Der BIP–Deflator „bereinigt“ das Bruttoinlandsprodukt. Zur Errechnung des Deflators wird ein Basisjahr zugrunde gelegt. Im Gegensatz zum Verbraucherpreisindex wird hier aber die Gewichtung nicht alle 5-10 Jahre gestaltet, sondern periodisch mittels des Paasche-Preisindex[9] berechnet. Man errechnet das BIP des Basisjahres mit den aktuellen Marktpreisen, um das nominale BIP zu bestimmen. Dann dividiert man das nominale BIP durch den jeweiligen Preisindex, um das reale Bruttoinlandsprodukt zu erhalten. Dies wird als der BIP-Deflator bezeichnet.

Der BIP-Deflator umfasst alle Komponenten wie den Konsum, Staatsausgaben, Nettoexporte und Investitionen. Vorteilhaft an dieser Methode ist, dass pro Komponente ein jeweiliger Deflator ermittelt werden kann.

3.3 Messprobleme der Indices

In der Praxis treten einige Schwierigkeiten auf, die die Genauigkeit und die Aussagefähigkeit der Indices in Frage stellen:

1. Wahl des Basisjahres

Bei der Wahl des Jahres sollte die inländische Wirtschaft möglichst störfrei, sprich stabil sein.

2. Präferenz und technischer Fortschritt

Eine Berücksichtigung der Präferenz und des technischen Fortschritts in der Berechnung des Indices ist nicht vollständig möglich (z.B. der enorme PC- Preisverfall in den 90er Jahren).

3. Zusammensetzung des Warenkorbes

Wie bereits in Punkt 3.1.1 angesprochen kann aus rein technischen Gründen nur eine begrenzte Auswahl von Gütern und Dienstleistungen vorgenommen werden.

Haslinger sieht vier weitere Schwierigkeiten bei der Berechnung der Indices:[10]

1. Die Preise und Mengen der einzelnen Güter und Dienstleistungen ändern sich nicht nur absolut, sondern auch relativ, d.h. die Proportionen der Preise und Mengen zueinander verändern sich ebenfalls.
2. Bei den meisten Gütern und Dienstleistungen sind die Preis- und Mengenänderungen nicht voneinander unabhängig. Im Normalfall sind geringere Mengen mit einem höheren Preis dieses Gutes bzw. dieser Dienstleistung verbunden und umgekehrt.
3. Güter ändern sich im Zeitablauf. Neue Güter kommen auf den Markt, veraltete Güter werden nicht weiter produziert.
4. Die Qualität vieler Güter und Dienstleistungen verändert sich.

[...]


[1] Vgl. Powel (2002), S. 14 f.

[2] Vgl. www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/dump.fegi/2003/0118/wirtschaft/0048/ (Zugriff am 10.12.2004).

[3] Vgl. Feldsieper (1980) ,S. 133.

[4] Haberler (1964), S. 308 zitiert in Kasten (2000) S.30.

[5] Vgl. Feldsieper (1980), S. 133.

[6] Vgl. Klatt (1989), S. 203 f.

[7] Mises (1998), S. 408.

[8] Vgl. im Folgenden Statistisches Bundesamt 2003 unter http://www.destatis.de/themen/d/thm_preise.htm (Zugriff am 10.12.2004)

[9] Die Paasche-Indexformel basiert auf ähnlich einfachen Überlegungen wie die Laspeyres-Formel. Der wesentliche Unterschied ist die Betrachtungsperiode der beiden.

[10] Vgl. Haslinger (1995), S. 156.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Ursachen und Auswirkungen der Deflation
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Veranstaltung
Volkswirtschaftslehre
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
22
Katalognummer
V114883
ISBN (eBook)
9783640153718
ISBN (Buch)
9783640155606
Dateigröße
537 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ursachen, Auswirkungen, Deflation, Volkswirtschaftslehre
Arbeit zitieren
Assi Rutzki (Autor:in), 2004, Ursachen und Auswirkungen der Deflation , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114883

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