Determinanten der Entwicklung des öffentlichen Sektors

Die politisch-institutionelle Ebene


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Politisch-institutionelle Theorien zur Staatstätigkeit
a) Institutionelle Ansätze
aa) Wahlsystem
ab) Vetospieler
b) Parteien(system) und Regierungen
ba) Parteiendifferenzthese
bb) Parteienkonvergenzthese

3. Empirische Ergebnisse
a) Zu den institutionellen Ansätzen
b) Zur Parteienkonvergenz- und Parteiendifferenzthese

4. Schlussbemerkungen

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Beobachtungsmäßig, historisch und statistisch nachweisbar zeigt sich im Staate eine deutliche Tendenz zur Ausdehnung der öffentlichen bzw. Staatstätigkeiten mit dem Fortschritt der Volkswirtschaft und Kultur auf den Gebieten der beiden organischen Staatszwecke“ (Kohl 1987: 26). Spätestens seit diesem „Gesetz der zunehmenden Staatstätigkeit“ ist diese im Blickfeld der Wissenschaften. Dabei stellt sich auch die Frage, was die Ursachen für die zunehmende Staatstätigkeit sind.

Die Erklärungen zur Entwicklung der Staatstätigkeit lassen sich drei Theoriesträngen zuordnen: der sozio-ökonomischen Ebene, der ideologisch-kognitiven Ebene und – der hier näher zu betrachtenden – politisch-institutionellen Ebene, wobei einige Punkte und Argumente in einer Grauzone zwischen den Ebenen liegen und sich zu beiden zuordnen lassen.

Ich werde im Folgenden die politisch-institutionellen Einflussfaktoren auf die Staatstätigkeit näher betrachten. Dabei werde ich zunächst institutionelle Theorien im Bezug auf das Wahlsystem betrachten, gefolgt von der Tsebelis’schen Vetospielertheorie. Im weiteren werden sowohl die Parteiendifferenz- als auch Parteienkonvergenzthese diskutiert, bevor alle Theorien empirischen Studien unterzogen werden.

2. Politisch-institutionelle Theorien zur Staatstätigkeit

Im Folgenden werden das Wahlsystem und die Vetospielertheorie auf ihre Auswirkungen auf die Staatstätigkeit untersucht.

a) Institutionelle Ansätze

Zunächst werden die institutionellen Ansätze im Form des Wahlsystems und der Vetospielertheorie betrachtet, bevor die politischen Akteure in ihrem Handeln untersucht werden.

aa) Wahlsystem

In Demokratien mit allgemeinem Wahlrecht ist dem Wahlsystem ein Einfluss auf die Staatstätigkeit zuzusprechen. Dabei hat zunächst der Umstand der Demokratie, dass also überhaupt Wahlen durchgeführt werden, bereits einen Einfluss, da hierdurch auch „immer größeren Teilen der Bevölkerung und damit auch immer mehr einkommensschwachen Gruppen die Teilhabe am politischen Prozess eingeräumt“ wurde (Cusack 2006: 325). So hat die Ausweitung „von Partizipationsrechten in demokratischen Staaten den Druck auf Regierungen erhöht, die Staatsausgaben auszuweiten“ (Cusack 2006: 325).

Aber auch das Wahlsystem an sich hat einen Einfluss. Unterschieden wird zwischen Mehrheits- und Verhältniswahlrecht. Das Mehrheitswahlrecht ist eine Personenwahl (Nohlen 2004: 137). Es führt zu einem Zweiparteiensystem, verhindert also eine starke Parteienzersplitterung (Nohlen 2004: 144). Gleichzeitig haben es kleine Parteien schwerer, in Parlamente einzuziehen (Nohlen 2004: 144). Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Regierungen, da es auf eine einzige Regierungspartei hinwirkt (Nohlen 2004: 144). Demnach können Regierungsparteien zwar ihre Programmatik ohne Kompromisse umsetzen, gleichzeitig bewahrt das Mehrheitswahlrecht jedoch auch vor einer Radikalisierung der Parteien, da diese „um die gemäßigte Wählerschaft der Mitte kämpfen“ müssen (vgl. Nohlen 2004: 144).

Das Verhältniswahlrecht hingegen ist eine Listen-, also eine Parteienwahl (Nohlen 2004: 137). Im Gegensatz zum Mehrheitswahlrecht werden (beinahe) alle „Meinungen und Interessen im Parlament im Verhältnis ihrer Stärke unter der Wählerschaft“ repräsentiert (Nohlen 2004: 145). Dies führt meist zu Koalitionsregierungen aus zwei oder mehr Parteien, was Kompromisse nötig macht und somit eine Mäßigung sowie einen Ausgleich unter den gesellschaftspolitischen Interessen der Partei-Klientel unter der Wählerschaft herbeiführt (vgl. Nohlen 2004: 145). Dies führt jedoch auch dazu, dass Koalitionsregierungen in Verhältniswahlsystemen dazu tendieren, „die Sonderinteressen jedes Partners zu befriedigen und damit das Niveau der Gesamtausgaben stärker zu erhöhen“ (Kohl 1987: 96). Auch werden allzu starke politische Umschwünge vermieden (Nohlen 2004: 145).

ab) Vetospieler

George Tsebelis ist der Urheber der Vetospielertheorie. Ein Vetospieler ist ein „individueller oder kollektiver Akteur, dessen Zustimmung für eine Abweichung vom Status quo notwendig ist“ (Zohlnhöfer 2006: 65). Dabei können Vetospieler als Institutionen, deren Vetorechte in der Verfassung festgeschrieben sind, als Koalitionspartner, Präsident, starke zweite Kammer oder als Volk, dass seine Zustimmung geben muss bzw. Gesetze per Volksentscheid verwerfen kann, auftreten (Zohlnhöfer 2006: 66). Nach Tsebelis hängt die Änderung vom Status quo von drei Eigenschaften der Vetospieler ab: „erstens ihrer Zahl, zweitens ihrer Kongruenz und drittens ihrer Kohäsion“ (Zohlnhöfer 2006: 66). Die Zahl der Vetospieler ist von Politikfeld zu Politikfeld unterschiedlich, es wird aber auch mit zunehmender Vetospielerzahl „eine Veränderung des Status quo schwieriger“ (Zohlnhöfer 2006: 66).

Im Falle von Koalitionsregierungen wird die Einigung auf einen gemeinsamen Standpunkt immer schwieriger, je weiter die Koalitionsparteien auf der Rechts-Links-Skala voneinander entfernt sind (Kongruenz) (Zohlnhöfer 2006: 66). Tsebelis geht (bei kollektiven Akteuren) davon aus, dass sie intern mit Mehrheit entscheiden und je größer die Kohäsion ist, eine Änderung des Status quo schwieriger wird (Zohnlhöfer 2006: 67).

Wagschal hat diese Theorie noch weiter ausgebaut und zwischen kooperativen und kompetitiven Vetospielern unterschieden (Zohlnhöfer 2006: 67-68). Dabei sind kooperative Vetospieler (z.B. Koalitionspartner) „prinzipiell an einer Einigung interessiert“, kompetitive Vetospieler (z.B. eine verschiedene Mehrheiten in einer starken zweiten Kammer) dagegen haben nicht nur inhaltliche Erwägungen, sondern sind auch von strategischen wahlpolitischen Gesichtspunkten dominiert (Zohlnhöfer 2006: 68).

In diesem Zusammenhang muss bedacht werden, dass sich eine Regierung immer auch vor der Wählerschaft verantworten muss (Zohlnhöfer 2006: 69). Daher ist bei einer geringen Zahl oder völligen Abwesenheit von Vetospielern, bei der die Regierungspartei ungestört ihre Vorhaben umsetzen kann, alles auch eindeutig der Regierungspartei zuzuordnen (vgl. Zohlnhöfer 2006: 69). In der Wählerschaft unbeliebte Änderungen vom Status quo könnten daher „die Bereitschaft der Regierungspartei erheblich schmälern, solche Reformen in Angriff zu nehmen“ (Zohlnhöfer 2006: 69). In Systemen mit einer hohen Anzahl von Vetospielern dagegen bietet sich für die Regierungspartei die Möglichkeit, „die Verantwortung für unpopuläre Reformen zwischen diesen Vetospielern zu verteilen“ (Zohlnhöfer 2006: 69).

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Determinanten der Entwicklung des öffentlichen Sektors
Untertitel
Die politisch-institutionelle Ebene
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Theorie und Empirie der Entwicklung des öffentlichen Sektors
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
19
Katalognummer
V114874
ISBN (eBook)
9783640162451
ISBN (Buch)
9783640164073
Dateigröße
495 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Determinanten, Entwicklung, Sektors, Theorie, Empirie, Entwicklung, Sektors
Arbeit zitieren
Christian Spernbauer (Autor:in), 2007, Determinanten der Entwicklung des öffentlichen Sektors, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114874

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