Lessings Fabeln im Vergleich mit seinen "Abhandlungen über die Fabel"


Seminararbeit, 2005

13 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Interpretation der Fabeln und Vergleich mit den Abhandlungen
2.1 „Der Hamster und die Ameise“: Ein Beispiel für die Kürze der Fabeln Lessings
2.2 „Der Fuchs und der Storch“: Das Problem der anschauenden Erkenntnis
2.3 „Der Dornstrauch“: eine Pflanze als Protagonist

3. Schluss

4. Literaturangaben
4.1 Quellen
4.2 Sekundärliteratur

1. Einleitung

Lessing hat stets versucht, seine Fabeln von denen anderer Dichter, speziell den französischen, wie Charles Batteux oder Antoine Houdart de La Motte abzugrenzen.[1] Dies geschah nicht durch die Auswahl der Erzählstoffe, sondern auf formaler Ebene. Er distanziert sich in seiner theoretischen Schrift „ Abhandlungen über die Fabel“ von der damaligen Mode, Fabeln auszuschmücken und kunstreich zu gestalten.[2] Ein herausragender Vertreter dieses Stils ist Jean de La Fontaine, der nicht nur in Frankreich zahlreiche Nachahmer fand. Gegen ihn und v. a. gegen seine Imitatoren richtet sich Lessings Kritik in den „ Abhandlungen über die Fabel“. Hier fasst er seine Fabeltheorien zusammen und steckt die Grenzen zu benachbarten Gattungen ab.

Diese Arbeit hat das Ziel, ausgewählte Fabeln Lessings zu interpretieren und zu prüfen, ob sie die in den „Abhandlungen“ erstellten Kriterien erfüllen. Dabei sollen aber nicht Ähnlichkeiten oder Abweichungen von Fabeln anderer Autoren gezeigt werden, obwohl die Bewertung von Kollegen einen beträchtlichen Teil der genannten theoretischen Texte ausmacht.

Das Herausstellen von epochentypischen Elementen oder die Einordnung in das Lessingsche Gesamtwerk gehört ebenfalls nicht zum Thema der Arbeit. Anstatt umfassender Interpretationen soll das Wichtigste der jeweiligen Fabeln herausgearbeitet werden. Ist jedoch ein Element der „Abhandlungen“ in mehreren Fabeln hervorstechend, muss es dementsprechend mehrmals ausführlich dargestellt werden. Andererseits können auch manche Aspekte zu kurz kommen, weil sie eine vergleichsweise geringe Rolle spielen.

2. Interpretation der Fabeln und Vergleich mit den „Abhandlungen über die Fabel“

2.1 „Der Hamster und die Ameise“: Ein Beispiel für die Kürze der Fabeln Lessings

Die Fabel „Der Hamster und die Ameise“ besteht aus einem kurzen Dialog, in dem ein Hamster über den großen, aber letztlich kaum erträglichen Fleiß der Ameise spottet und mit seinem Nahrungsvorrat prahlt. Doch eine Ameise bezeichnet dieses übermäßige Horten von Futter und rechtfertigt die Plünderung der Reserven und seine anschließende Tötung durch die Menschen.[3]

Auf der Ebene des discours fällt die Kürze der Fabel und die optimale Zweckmäßigkeit der Sätze auf. Orts- und Zeitangaben werden ausgespart, da sie für den Ablauf und das Verständnis der histoire unnötig sind. Durch das Weglassen von erklärenden Einschüben wird eine Übersichtlichkeit erreicht, die Lessing zufolge das Verständnis erleichtern soll.[4]

Der erste Satz im Dialogteil des Hamsters nennt den Angesprochenen. Das Attribut „armselig“ allein bezeichnet schon die Einstellung des Hamsters gegenüber den Ameisen.[5] Dies verleiht dem Tier einen hochmütigen Charakterzug , der über das rein Prahlerische hinausgeht.

Die Länge des nächsten Satzes erklärt sich aus der Motivierung, die Bewertung der Ameisen durch den Hamster zu zeigen. Hier wird die rhetorische Frage gestellt, ob sich deren Mühe lohnt, wenn man die mageren Ergebnisse betrachtet, während der nachfolgende Satz sowohl inhaltlich, als auch formal das Gegenteil darstellt. Dem „Wenige(n)“ der Ameisen stellt der Hamster seinen Vorrat entgegen und verwendet dabei lediglich einen Ausruf. Eine korrekte grammatikalische Struktur wird in der Äußerung nicht benötigt. „Wenn ihr meinen Vorrat sehen solltet!“[6], impliziert bereits die Größe der Nahrungsreserven. Hier wird das Bild von einem Tier gezeichnet, das zwar von Natur aus fleißig, aber mit einem hochmütigen Charakter ausgestattet ist.

Als Antwort wird ein langer Satz formuliert, der mehrere Nebensätze aufweist. Die Ameise bedient sich einer Sprache, die ein höheres Niveau aufweist. Ihre überlegene Position ist nicht nur moralischer Natur, sie entsteht auch aus der Tatsache, dass sie nicht wegen ihrer Nahrungsvorräte verfolgt wird. Sprachlich gesehen kann die Ameise ihre relativ ruhige Reaktion auf die Beleidigung nicht aufrechterhalten. Beginnt die Erwiderung noch mit einem höflichen „Höre, (…)“, so fährt sie mit einer Erinnerung an die gerechtfertigte Verfolgung des Anderen fort und steigert sich am Ende mit der Zuweisung einer unangenehmen Eigenschaft, des Geizes, dem ein trügerischer Wohlstand entspringt, der nicht lange währt. Eine regelrechte Vergeltung erfolgt durch die Tötung des Hamsters. Das Adjektiv „räubrisch“ suggeriert eine kriminelle Komponente, weil das überschüssige Futter in den Hamsterlagern anderen Tieren zum Überleben fehlt, und er es ihnen somit gestohlen hat. Als Angehörige eines Insektenstaates, in dem offenbar kein Überfluss herrscht, kann sich die Ameise somit auch als Opfer fühlen. Sie hat damit eine gewisse Berechtigung, diesen Satz, der das Morale der Fabel darstellt, auszusprechen.

[...]


[1] Lessing, Abhandlungen, S. 70 ff.

[2] Ders., ebd., S. 70 ff.

[3] Lessing, Fabeln, 1. Buch 2. Fabel, S. 12.

[4] „Wenn ich mir einer moralischen Wahrheit durch die Fabel bewusst werden soll, so muß ich die Fabel auf einmal übersehen können, und um sie auf einmal übersehen zu können, muß sie so kurz sein als möglich (…) folglich streiten alle Zieraten, insofern sie leere Verlängerung sind, mit der Absicht der Fabel.“ Ders., Abhandlungen, S. 135.

[5] Eine Verdeutlichung der Beziehung der beiden Tiere zueinander ist notwendig, da sie, zumindest nach dem vorliegenden Material, in kaum einer Fabel gemeinsam auftreten oder in einer realen Feindschaft zueinander stehen.

[6] Lessing, Fabeln, S. 12.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Lessings Fabeln im Vergleich mit seinen "Abhandlungen über die Fabel"
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (NDL)
Veranstaltung
Deutsche Fabeln des 16. bis 18. Jahrhunderts
Note
2
Autor
Jahr
2005
Seiten
13
Katalognummer
V114840
ISBN (eBook)
9783640162307
ISBN (Buch)
9783640171972
Dateigröße
425 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lessings, Fabeln, Vergleich, Abhandlungen, Fabel, Deutsche, Fabeln, Jahrhunderts
Arbeit zitieren
Magister Artium Manuella Wangert (Autor:in), 2005, Lessings Fabeln im Vergleich mit seinen "Abhandlungen über die Fabel", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114840

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