Ist der Gesundheitsfonds ein aktionistischer fauler Kompromiss?


Hausarbeit, 2008

24 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Status Quo in der GKV
2.1 Die Notwendigkeit von Reformen
2.1.1 Derzeitige Finanzierung
2.1.2 Die Einnahmen- und Ausgabenentwicklung in der GKV
2.2 Die Reformvorschläge der Rürup-Kommission
2.2.1 Ergebnisse des Rürup-Berichts
2.2.2 Das Modell der Gesundheitsprämie
2.2.3 Das Modell der Bürgerversicherung bzw. Kopfpauschale

3. Die Große Koalition und die Gesundheitsreform
3.1 Die Polarisierung der politischen Diskussion
3.2 Das Konsensmodell des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen
3.3 Der Gesundheitsfonds als Herzstück der Gesundheitsreform
3.3.1 Überblick
3.3.2 Die Reform von GKV und PKV
3.3.3 Die Reform der Finanzierungsordnung
3.3.4 Das Instrument der Makrobudgetsteuerung
3.3.5 Das zugrunde liegende Wettbewerbsmodell

4. Schlussbetrachtung
4.1 Gegenüberstellung von Bürgergeld und Kopfpauschale
4.2 Der beschlossene Kompromiss hinsichtlich Allokations- und Distributionszielen
4.3 Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Status quo Finanzierungssystem der GKV

Abbildung 2: Mitglieder- und Ausgabenentwicklung in GKV und PKV relativ zu 1995

Abbildung 3: Der Gesundheitsfonds

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Maßnahmen im Zuge der Gesundheitsreform

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Unter Bundeskanzler Gerhard Schröder wurde die wahrscheinlich größte Sozialreform der Bundesrepublik Deutschland in Angriff genommen. Dabei wurde 2003 auch die Gesundheitsreform verabschiedet und der Weg geebnet für eine strukturelle Veränderung und grundlegende Reform des Finanzierungssystems der GKVen. Im Wahlkampf 2005 propagierten die Volksparteien die beiden Reformkonzepte Bürgerversicherung (SPD) und Gesundheitsprämie (CDU/CSU), um die begonnene Strukturreform fortzusetzen und in eine dem jeweiligen Parteiprogramm entsprechende politische Richtung zu leiten, auf der einen Seite also, um mehr Solidarität und Verteilungsgerechtigkeit zu erlangen, auf der anderen Seite, um mehr Wettbewerb und marktwirtschaftliche Effizienz im Gesundheitssystem zu verankern. Diese Konzepte waren von der sog. Rürup-Kommission 2003 entwickelt worden.

Das Wahlergebnis der Bundestagswahl ließ keine Regierungsbildung auf der Grundlage von Policymotiven zu. Weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb war mehrheitsfähig und Dreierkonstellationen scheiterten an den sehr unterschiedlichen Vorstellungen über die Ausgestaltung der Sozialpolitik, was den Zusammenschluss von SPD und CDU/CSU zur zweiten Großen Koalition der BRD nach sich zog.

Im Koalitionsvertrag wurde die Finanzierungsreform der GKV zunächst offen gelassen, da beide Seiten auf ihren Konzepten beharrten. Nach Hinzuziehen des Wissenschaftlichen Beirats am Bundesministerium der Finanzen, und nach langen und zähen Verhandlungen wurde der Kompromiss eines Gesundheitsfonds beschlossen, der ab 1.1.2009 in Kraft treten wird.

Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit soll sein, inwiefern die Vorgängerkonzepte der Gesundheitsprämie und der Bürgerversicherung, die bereits umfangreich 2003 im sog. Rürup-Bericht (BMG 2003) bewertet wurden, im Gesundheitsfonds einfließen und umgesetzt werden und was dies für die nachhaltige Funktionsfähigkeit dieses Fonds bedeutet, also inwiefern die Kompromisslösung tragfähig ist. Im 2. Kapitel wird deskriptiv vorgegangen, um die Notwendigkeit von Reformen im Gesundheitssystem und die Konzepte und Standpunkte der beiden Modelle im Einzelnen zu erläutern. Im 3. Kapitel dann werden die ordnungspolitischen Absichten des geplanten Gesundheitsfonds analysiert, um im 4. Kapitel durch einen Vergleich der Gesundheitsprämie und der Bürgerversicherung und die Auswertung der diesbezüglichen Umsetzungen zu einer kritischen Würdigung zu gelangen.

2. Der Status Quo in der GKV

2.1 Die Notwendigkeit von Reformen

In Deutschland gab es bisher keine allgemeine Versicherungspflicht für die Krankenversicherung; das System der GKV fußt auf der Absicherung abhängig Beschäftigter und deren Familienmitglieder. In einer im Juli 2006 erschienenen Studie des WSI wird als zentrales Problem der KV-Finanzierung dieBeitragsfinanzierung, also die Einnahmeseite des Gesundheitssystems, herausgestellt. Hingegen seien die Ausgaben nur in Teilbereichen gestiegen und würden seit Anfang der 90er Jahre einen verglichen mit dem BPI nur leicht steigenden Anteil ausmachen (Leiber u.a. 2006, S.8).

2.1.1 Derzeitige Finanzierung

Die Basis der GKV-Finanzierung sind individuelle, lohnabhängige Beiträge, die von Mitgliedern sowie Arbeitgebern und Trägern der Sozialversicherung geleistet werden. Die prozentuale Höhe der Beitragssätze bestimmt jede Kasse selbst auf Basis der eigenen wirtschaftlichen Situation. Für versicherungsfremde Leistungen werden den GKVen Steuermittel zugewiesen. (Vgl. Drabinski 2008, S. 11 f.). Das BVA ermittelt die Versichertenstruktur der einzelnen Kassen nach den Faktoren Einkommen, Alter, Geschlecht, Bezieher von Erwerbsminderungsrenten und chronisch Kranke und führt über den RSA zwischen den Krankenkassen und Bundesländern Einnahmenumverteilungen durch.

Die wichtigsten Faktoren, die zur zunehmenden Diskrepanz zwischen Einnahmen- und Ausgabenentwicklung ursächlich beitragen und die Reform der Einnahmeseite des Gesundheitssystems als Gegensteuerung notwendig machen, sind nachfolgend aufgeführt.

2.1.2 Die Einnahmen- und Ausgabenentwicklung in der GKV

Durch dendemographischen Wandelwächst der Anteil der Rentner in der GKV im Vergleich zum Anteil der aktiv Erwerbstätigen, was aufgrund der niedrigeren Bezüge der Rentner (in Form von Transferleistungen) zu anteiligen Einnahmeverlusten in der GKV führt, während Rentner gleichzeitig

überdurchschnittlichen Leistungsbedarf haben. In einem lohnbezogenen Beitragsfinanzierungssystem kann das folgerichtig nur mit steigenden Beiträgen kompensiert werden (BMG 2003, S. 17).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

DieÜbernahme versicherungsfremder Leistungen, also solcher Leistungen, die im gesellschaftspolitischen Interesse des Staates liegen und den Charakter von Versorgungs- und Fürsorgeleistungen haben, ist bei den GKVen bisher u.a. in Form der kostenfreien Mitversicherungen von Familienmitgliedern vorzufinden. Im Zuge der Hartz-Reformen werden außerdem Empfänger von ALG II pauschal als Pflichtversicherte in der GKV mit einbezogen. Die Umverteilung der dadurch entstehenden Lasten findet somit nur auf die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten statt und nicht auf alle Steuerzahler (Leiber u. a. 2006, S.10 ff.). Das ist insofern problematisch, als die versicherungsfremden Leistungen als gesamtgesellschaftliche Aufgaben zu sehen sind.

Die Zahl derNicht-Versicherten, also der Personen, die gar keine Krankenversicherungsschutz haben, hat in den letzten Jahren zugenommen[1]. Dem Mikrozensus, der alle vier Jahre vom statistischen Bundesamt durchgeführt wird, ist eine Zunahme von 105.000 auf 188.000 Personen im Zeitraum 1995-2003 zu entnehmen, was insgesamt 0,23 % der Gesamtbevölkerung ausmacht. Aufgrund der Zunahme geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse, des Anteils der Selbstständigen und Existenzgründer, sowie der sozialrechtlichen Problematik, dass Personen, die lange privat versichert waren, der Eintritt in die GKV nicht mehr möglich ist, muss von einer Fortsetzung des Trends ausgegangen werden (Leiber u. a. 2006, S. 16).

Die Zahl derGKV-Versichertennimmt beständig weiter ab, was neben der Zunahme der Nicht-Versicherten auch durch Abwanderungen zu PKVen zu erklären ist. Prekär dabei ist, dass insbesondere Personen mit geringen

Abbildung 2: Mitglieder- und Ausgabenentwicklung in GKV und PKV relativ zu 1995

Quelle: Destatis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gesundheitsrisiken diese Möglichkeit erlangen; einkommensstarke Angestellte (die aktuelle Beitragsbemessungsgrenze liegt bei 3562,50 €), Selbstständige und Beamte. Gerade junge, gesunde Einkommensstarke werden in der PKV dank einkommensunabhängiger Prämien deutlich besser gestellt, wie ein Rechenbeispiel veranschaulicht, da sie nur geringe Risikozuschläge für Eintrittsalter und Gesundheitszustand bezahlen müssen.

Zudem sind die Wahlmöglichkeiten bei der Gestaltung des Versicherungsumfangs attraktiv. In der GKV müsste ein Gutverdiener den Höchstsatz von ca. 500 € leisten, während er in der PKV eine gleichwertige Vollversicherung für ca. 130 € erhalten würde[2]. Die genannten Personengruppen haben somit bisher die Möglichkeit, sich systematisch der Beteiligung am Einkommensausgleich, am Risikostrukturausgleich und an versicherungsfremden Leistungen zu entziehen.

2.2 Die Reformvorschläge der Rürup-Kommission

Am 21.11.2002 wurde durch das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, 2005 wieder rückbenannt in Bundesministerium für Gesundheit, eine Expertenkommission unter Vorsitz des Wirtschaftswaisen Bert Rürup einberufen. Die „Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme“, die allgemein als Rürup-Kommission bezeichnet wird, übergab am 28.08.2003 an die Bundesministerin Ursula Schmidt einen Abschlussbericht, den sog. Rürup-Bericht (BMG 2003), in dem Maßnahmen zur Stabilisierung des deutschen Sozialversicherungssystems vorgeschlagen und bewertet wurden.

[...]


[1] Die methodische Problematik bei der Erfassung der genauen Zahl Nicht-Versicherter sei an dieser Stelle ausgeklammert.

[2] Vgl. z. B. www.cecu.de

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Ist der Gesundheitsfonds ein aktionistischer fauler Kompromiss?
Hochschule
Universität Potsdam  (Lehrstuhl Finanzwissenschaft)
Veranstaltung
Proseminar Sozialpolitik
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
24
Katalognummer
V114832
ISBN (eBook)
9783640162253
ISBN (Buch)
9783640164028
Dateigröße
820 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gesundheitsfonds, Kompromiss, Proseminar, Sozialpolitik, Gesundheitsreform, Große Koalition, Gesundheitsprämie, Bürgerversicherung, Kopfpauschale
Arbeit zitieren
Raffaele Nostitz (Autor:in), 2008, Ist der Gesundheitsfonds ein aktionistischer fauler Kompromiss?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114832

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