Persönliche Beziehungen als tragendes Element in der Außenpolitik?

Kohl und Mitterrand, Bush, Gorbatschow/Jelzin


Seminararbeit, 2002

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Helmut Kohl und François Mitterrand
I.1. Deutschland und deutsche Frage bei Mitterrand
I.2. Die Einbindung der Bundesrepublik in die westlichen Gemeinschaften
I.3. Persönliche Beziehungen in den deutsch-französischen Beziehungen
I.3.1. Helmut Kohl und François Mitterrand
I.3.2. Verhältnis Genschers zu Dumas

II. Helmut Kohl und George Bush
II.1. Juni 1983: Erstes Treffen zwischen Kohl und Bush
II.2. Vertrauen gegen Vertrauen

III. Helmut Kohl und Michail Gorbatschow
III.1. Vorgänger Gorbatschows und die Politik der Abstrafung und Stagnation
III.2. Gorbatschow und die Neue Politik
III.3. Gorbatschows persönliche Beziehungen zu Kohl

IV. Helmut Kohl und Boris Jelzin

V. Schlussfolgerung

Literaturverzeichnis

Persönliche Beziehungen als tragendes Element in der Außenpolitik?

Kohl und Mitterrand, Bush, Gorbatschow/Jelzin

In dem Portrait von Helmut Kohl, den Patricia Clough dargestellt hat, kann man folgendes lesen: „In Kohls Welt zählen Menschen, nicht Ideen. Persönliche Beziehungen sind ihm das Wichtigste (…). Seine Beziehung zu ausländischen Staatsoberhäuptern ist daher wesentlich für seinen Umgang mit der Außenwelt, und er bemüht sich sofort darum, Freundschaft mit ihnen zu schließen. Meist mit Erfolg“[1]. Daraus ergibt sich, wie die persönlichen Beziehungen in der Außenpolitik Kohls hilfreich waren.

Es ist eine der Kohls Besonderheiten, sagt man, sofort ein Treffen mit einem ausländischen Staatsmann in ein persönliches Gespräch zu verwandeln: „Beim ersten Treffen (…) versucht Kohl meist, die Staatsgeschäfte beiseite zu lassen und ein persönliches Gespräch zu führen. Er spricht von sich, seinem Herkommen, seinem Leben und bringt den anderen dazu, dasselbe zu tun, damit beide verstehen, was den anderen bewegt und man von Mensch zu Mensch sprechen kann. Später folgen Telefongespräche, nicht nur über offizielle Dinge, sondern auch über politische oder persönliche Probleme oder auch nur, um sich über Allgemeines auszutauschen“[2]. Diese Rolle der persönlichen Beziehungen Kohls in seiner Außenpolitik versuchen wir in folgender Untersuchung zu behandeln.

Zu den wichtigsten Freundschaften Kohls mit ausländischen Staatsoberhäuptern zählten die mit Mitterrand, Bush, Gorbatschow/Jelzin.

I. Helmut Kohl und François Mitterrand

I.1. Deutschland und deutsche Frage bei Mitterrand

Eine der Lektionen, die Frankreich aus der Geschichte gezogen hat, ist zweifellos folgende: „Vorsicht im Umgang mit den nationalen Gefühlen des Nachbarn walten zu lassen“[3]. Daher die Angst Frankreichs vor der Vereinigung Deutschlands und damit die Opposition Mitterands, der diesbezüglich als einer der schärfsten Kritiker gaullistischer Politik schien. Mitterrand zeigte sich als Präsident der Kontinuität in allen wichtigen Bereichen franzosischer Außenpolitik, auch in der deutschlandpolitischen Linie. Die Verhältnisse Frankreichs zu der Bundesrepublik wurden also am Beginn der achtziger Jahre von den sicherheitspolitischen Aspekten geprägt: „Frankreichs Deutschlandpolitik bewegte sich unter Mitterrand wieder verstärkt im Spannungsfeld der Konfrontation zwischen den Supermächten“[4].

I.2. Die Einbindung der Bundesrepublik in die westlichen Gemeinschaften

Die Deutschlandpolitik Mitterrands kann solches dargestellt werden, nämlich die Einbindung der Bundesrepublik in die westlichen Gemeinschaften (Nato, EG, WEU). Insofern konzentrierte sich seine ganze Deutschlandpolitik darauf, die Bundesrepublik fester zu verankern. Denn für Mitterrand war Europa zugleich Mittel und Zweck. Andererseits sah er, „dass der einzige Weg, den Einfluss Frankreichs zu erhalten, darin bestand, Deutschland so eng wie möglich in Europa einzubinden“[5]. Daher erklären sich seine Strategien, nämlich die sicherheitspolitische Einbindung Deutschlands und die Stärkung der Bindung der Republik Deutschland an ihre westlichen Partner durch Forcierung des europäischen Einigungsprozesses[6].

I.3. Persönliche Beziehungen in den deutsch-französischen Beziehungen

Die deutsch-französischen Beziehungen wurden 1989/90 nicht nur in hohen Maße personalisiert, sondern auch durch zwei dominierende politische ‚Paaren’ bestimmt: Einerseits Helmut Kohl und François Mitterrand, andererseits die Außenminister Hans-Dietrich Genscher und Roland Dumas.

I.3.1. Helmut Kohl und François Mitterrand

Patricia Clough stellt die Beziehung zu François Mitterrand als eine der wichtigsten in Kohls Laufbahn dar[7], obwohl beide oberflächlich betracht sehr verschieden waren. Ja, der erste war Sozialist, während der zweite ein konservativer Christdemokrat. Mitterrand war ein Intellektueller, „ein Geistesmensch, der sich – franzosischen Traditionen folgend – immer auch als Literat verstanden hatte“, Kohl war jedoch kein Intellektueller, ein betont bodenständiger Politiker, der seine Herkunft aus der pfälzischen Provinz nie verleugnete.

Anfangs wurde das persönliche Verhältnis zwischen beiden als schwierig prophezeit. Dann wurde es zur Basis „eines erfolgreichen und effektiven >Tandems< vor allem in Europapolitik. In Kohl fand Mitterrand – nach dem Ausscheiden der Kommunisten aus französischen Regierung und einer Neuorientierung der Französischen Europapolitik Anfang der achtziger Jahre – einen in vielen Bereichen ähnlich denkenden Partner für seine nunmehr pro-europäischen Kurs“[8]. Von Kohl sprach Mitterrand: „Ich war für seinen reichen Menschenverstand empfänglich, war beeindruckt von seiner Menschenkenntnis und von seiner Fähigkeit, Schläge einzustecken, beeindruckt auch von seiner Intelligenz, deren Schärfe von vielen Intellektuellen unterschätzt wurde“[9].

Beide, Kohl und Mitterrand, waren davon überzeugt, „die große historische Aufgabe der europäischen Integration zu haben, was nicht ohne eine enge und freundschaftliche Beziehung zwischen Deutschland und Frankreich zu erreichen sei“[10]. Dafür nahmen sie im Anspruch ihre profunden Geschichtskenntnissen, sodass sie sich stundenlang unterhalten konnten. Nach „Horst Teltschik, der an mehr als 70 Treffen teilnahm (…): >Sie hielten den Weltrekord in privaten Treffen – keine zwei anderen Staatsoberhäupter haben sich je so oft getroffen<“[11].

Kohl und Mitterrand gemeinsam hinsichtlich der Geschichte waren, dass beide die Kriegzeit noch persönlich erlebt hatten: Kohl als Jugendlicher, Mitterrand als Soldat. Geraten in die deutsche Kriegsgefangenheit hat jedoch auch Mitterrand >gute Deutsche< kennengelernt. So wurde das persönliche Erleben des Zweiten Weltkriegs zur Basis der Versöhnung zwischen beiden und somit des dauerhaft freundlichen Umgangs ihrer beiden Länder miteinander, der zu zentralen Aufgaben ihrer Politik wurde[12].

Neben der Partnerschaft von De Gaulle mit Adenauer und Giscard D’Estaing mit Schmitt, zählt die von Kohl zu Mitterrand zu der erfolgreichsten zwischen französischen Präsidenten und bundesdeutschen Kanzlern[13]. Häufig wurde das Verhältnis Kohls zu Mitterrand mit Adenauers zu De Gaulle verglichen. Es wurde „im Verlauf der achtziger Jahre zu einer europapolitischen Zusammenarbeit, mit der zunächst kein Beobachter gerechnet hatte und zu der es keine vergleichbare Personenkonstellation gab. Neben der deutsch-französischen Aussöhnung erwarben sie sich vor allem Verdienste um die europäische Integration, die in dem achtziger Jahren immer wieder wichtige Impulse von dem Tandem Deutschland-Frankreich erhielt“[14].

Aber trotz ihrer Freundschaften, hatten Kohl und Mitterrand Meinungsverschiedenheiten. Zu diesen gehört zum Beispiel die über die deutsche Wiedervereinigung. Von Anfang an war Mitterrand einer denen, die die deutsche Wiedervereinigung mit Entsetzen widersprachen. Infolgedessen kühlten sich monatlang die Beziehungen zwischen Kohl und Mitterrand ab. „Die guten politischen und persönlichen Beziehungen zwischen Bonn und Paris wurden mit dem Fall der Mauer allerdings auf die Probe gestellt“[15]. Es genügte jedoch ein Telefongespräch zwischen beiden, um ihre Differenzen zu erklären, welche Kohl später bezeichnete als „ein reinigendes Gewitter, das – um ein Bild Mitterrands aufzugreifen – ein altes Ehepaar aushalten muss“[16].

Kohl und Mitterrand bildeten ein altes Paar, das die Meinungsverschiedenheiten brechen konnten, wie Kohl selbst es behaupt: „An unserer Freundschaft änderte sich nichts. Dazu hatten wir in der Vergangenheit viel zuviel Anteil genommen am persönlichen Schicksal des anderen“[17]. Die Freundschaft zueinander war so stark, dass sich Kohl bei der Trauerfeier Mitterrands nicht beherrschen konnte, offen zu weinen.

[...]


[1] Clough 1998: 136.

[2] Clough 1998: 137.

[3] Weidenfeld 1998: 56.

[4] Weidenfeld 1998: 57.

[5] Clough 1998: 255.

[6] Vgl. Weidenfeld 1998: 59.

[7] Vgl. Clough 1998: 138.

[8] Weidenfeld 1998: 65.

[9] Knopp 2000: 393.

[10] Clough 1998: 138.

[11] Clough 1998: 138.

[12] Vgl. Weidenfeld 1998: 66.

[13] Vgl. Clough 1998: 138.

[14] Weidenfeld 1998: 66.

[15] Weidenfeld 1998: 68.

[16] Clough 1998: 139.

[17] Helmut Kohl, zitiert in: Clough 1998: 139.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Persönliche Beziehungen als tragendes Element in der Außenpolitik?
Untertitel
Kohl und Mitterrand, Bush, Gorbatschow/Jelzin
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg  (Institut für Politische Wissenschaft, Lehrstuhl für die Didaktik der Sozialkunde und für Politische Wissenschaft)
Veranstaltung
Seminar: Das Persönliche an der Politik. Die Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, Somersemester 2002
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
18
Katalognummer
V114757
ISBN (eBook)
9783640162130
ISBN (Buch)
9783640163953
Dateigröße
469 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Persönliche, Beziehungen, Element, Außenpolitik, Seminar, Persönliche, Politik, Kanzler, Bundesrepublik, Deutschland, Somersemester
Arbeit zitieren
Mulopo Apollinaire Makambu (Autor:in), 2002, Persönliche Beziehungen als tragendes Element in der Außenpolitik? , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114757

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