Innere Objekte bei Melanie Klein


Seminararbeit, 2007

14 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

1 Unbewusste Phantasien

2 Die unbewusste Phantasie der inneren Objekte

3 Zur Verinnerlichung von Objekten

4 Gute und böse innere Objekte
4.1 Gute innere Objekte
4.2 Böse innere Objekte

5 Zur Vereinigte-Eltern-Figur

6 Innere Objekte im Alltag

7 Weitere innere Objekte
7.1 Das Über-Ich als inneres Objekt
7.2 Die Seele als inneres Objekt

Literaturverzeichnis:

1 Unbewusste Phantasien

Während Freud den Begriff der Phantasie zwar gebraucht, doch sich nicht näher mit ihm befasst, spricht ihnen Melanie Klein eine zentrale Bedeutung zu. Für sie sind nicht unbewusste Triebwünsche der primäre Inhalt des Unbewussten, sondern unbewusste Phantasien. Sie sieht die Phantasie als eine grundlegende psychische Aktivität, die jedem psychischen Prozess zugrunde liegt, als Grundlage aller seelischen Vorgänge. (vgl. Frank 2002, S. 85) Auch Hinshelwood definiert unbewusste Phantasien als fundamentalen Bestandteil unserer Psyche. (vgl. 1997, S. 102) Als ich diese Annahmen zum ersten Mal las, wurde ich nachdenklich. Ich kann sehr wohl nachvollziehen, dass Phantasien für den Menschen und seine Psyche sehr wichtig und vielleicht sogar grundlegend sind, doch ich zweifle, ob es deshalb möglich ist, soweit zu gehen, dass unbewusste Phantasien die freudschen Triebwünsche ersetzen können, auch wenn sie sich vielleicht ähnlich sind. Mir erscheint es wichtig, dass beide Konzepte nebeneinander Platz finden, denn beide Ansichten enthalten für mich wichtige Momente. Trotzdem finde ich es gut, dass sie die unbewusste Phantasie mehr hervorhebt als Freud. Für sie ist die Phantasie für das psychische Wachstum wesentlich. Aus den Phantasien baut sich nach und nach ein komplexes System auf, das jedes Individuum einzigartig macht und von zentraler Bedeutung für die Persönlichkeitsorganisation als ganzes ist. Deswegen ist es auch schädlich für die Entwicklung wenn sie gehemmt wird. Einzigartig deshalb, weil jeder Mensch andere Phantasien hat, die sich von jeder Anderen eines anderen Menschen unterscheiden. Es gibt nicht zwei Menschen mit genau der gleichen Phantasie. Da also die Phantasien eines Menschen individuell und einzigartig sind, ist auch alles, was von diesen unbewussten Phantasien beeinflusst wird individuell. (vgl. Frank 2002, S. 89)

Kleins Meinung nach ist die Fähigkeit zur Phantasie angeboren und von Geburt an vorhanden, wenn auch in rudimentärer Form. Ausdruck findet die Phantasie im Kinderspiel und später im Denken und Verhalten von Erwachsenen. Denn jeder Mensch produziert sein ganzes Leben lang einen kontinuierlichen Strom von Phantasien. (vgl. Frank 2002, S. 91) Im Laufe der Entwicklung entziehen sie sich nur immer mehr dem Bewusstsein und werden zunehmend vom rationalen Denken überlagert. (vgl. Hinshelwood 1997, S. 102) Dass dem so ist, kann, glaube ich, jeder Mensch nachvollziehen. Jedes Kind und auch jeder Erwachsene besitzt ein gewisses Maß an Phantasie. Besonders Kinder besitzen häufig eine blühende bewusste und unbewusste Phantasie, doch auch bei Erwachsenen existiert sie, auch wenn wir mit zunehmendem Alter immer rationaler denken.

Pathologie und Normalität beruhen darauf, wie die Phantasien ausgedrückt, umgebildet und in Beziehung zur Realität gesetzt werden, und nicht auf dem bloßen Vorhandensein. Mit der Beziehung zur Realität ist bereits die ständige Wechselwirkung zwischen unbewussten Phantasien und der äußeren Welt angesprochen. Denn laut Klein beeinflussen sowohl Phantasien die Wahrnehmung der äußeren Realität als auch die Realität die Phantasien. Die Phantasien sind keine genauen Nachbildungen der äußeren Welt, die äußeren Erfahrungen tragen aber dazu bei das Innere zu formen. Außerdem gilt die unbewusste Phantasietätigkeit als Hauptantriebskraft für Kreativität und auch Destruktivität. Sie gibt der äußeren Realität Bedeutung der inneren Reichtum. (vgl. Frank 2002, S. 91)

Bis heute ist die unbewusste Phantasie ein zentraler Aspekt in der kleinianischen Psychoanalyse.

2 Die unbewusste Phantasie der inneren Objekte

Von Beginn seines Lebens an beginnt der Mensch eine innere Welt auf zu bauen. Diese Welt hat bewusste und unbewusste Anteile und beeinflusst sein Verhalten. Sie besteht aus inneren Objekten und fühlt sich für die Person selbst real an. (Frank ebd. S. 32) Die Person hat das Gefühl, dass sich reale Objekte in ihrem Inneren befinden, weshalb auch oft der Begriff innere Realität verwendet wird. Dieses Gefühl ist eine unbewusste Phantasie, denn nur für das Individuum selbst sind die Objekte real, in Wirklichkeit existieren sie nicht. Eine solche innere Realität mit unbewussten Phantasien von inneren Objekten besitzt jeder Mensch ab seiner Geburt. Ich stelle mir dazu immer ein Haus vor, das viele Menschen beherbergt. Das Haus ist die Person, die in ihrem Inneren bzw. unter ihrem Dach viele verschiedene Objekte jeder Art beherbergt. Jedes ist anders und wiederum einzigartig. Obwohl jeder Mensch solche Objekte besitzt, ist jede innere Welt anders und einmalig auf der Welt.

Hinshelwood erklärt dieses Gefühl von Objekten die in unserem Innern wohnen damit, dass körperliche Empfindungen psychisches Erleben nach sich ziehen, das als Beziehung zu einem Objekt gedeutet wird. Es entsteht das Gefühl, dass das Objekt die körperliche Sensation auslöst. Denn dem inneren Objekt werden Motive und Absichten nachgesagt. (vgl. Hinshelwood 1993, S. 93)

Das Fundament unserer menschlichen Psyche baut sich auf aus unbewussten Phantasien über Beziehungen zu äußeren aber auch zu diesen inneren Objekten. Diese inneren Objekte bilden außerdem unauflösliche Bestandteile von identitätsstiftenden Prozessen. Die Identität eines Menschen ist sehr stark an diese Objekte gebunden. (vgl. ebd. 1997, S. 91)

3 Zur Verinnerlichung von Objekten

Innere Objekte werden internalisiert. Internalisiert bedeutet, dass sie verinnerlicht werden, dass sie in die innere Welt aufgenommen. Auf das Haus bezogen, könnte man sich vorstellen, dass sie durch einen Eingang, wie eine Haustür in die innere Realität eintreten. Dort bleiben sie dann an einem bestimmten Ort des Körpers, also in einem Zimmer, und agieren dort.

Der Fachmann spricht von Introjektion oder Inkorporation. Der Begriff Introjektion bildet das Gegenteil zur Projektion und wurde 1909 von Ferenczi geprägt. Bereits Freud sprach von Objekten, die ins Ich aufgenommen werden. Und Abraham machte bereits vor Melanie Klein erste Versuche, die Introjektion zu beschreiben. Er zeigte den Prozess der Introjektion eines Objekts an einem Beispiel auf. Hinshelwood definiert Inkorporation als die Phantasie, ein Objekt körperlich aufzunehmen und das Gefühl zu haben, dass es körperlich anwesend und aktiv ist. Diese subjektive Wahrnehmung unterscheidet sich von der Introjektion dadurch, dass der Begriff Introjektion mehr die objektive Seite anspricht. Auch Introjektion bezeichnet einen kontinuierlichen Prozess, durch den die innere Welt mit inneren, real erscheinenden Objekten bevölkert wird. (vgl. ebd. 1993, S. 454)

Introjektion ist eigentlich ein psychischer Prozess, der aber mit der unbewussten Phantasie einhergeht, etwas in das Innere auf zu nehmen, zu verinnerlichen.

Im Grunde bezeichnen alle diese Begriffe den Prozess, wie ein Objekt zu einem inneren Objekt wird. Indem es in das Haus Mensch eintritt wird es verinnerlicht, oder internalisiert, oder inkorporiert, oder introjeziert. Aber es gibt auch die andere Seite. Objekte können auch wieder aus der inneren Realität heraustreten. Bereits Abraham entdeckte, dass bei seinen Patienten und später auch bei anderen Menschen, dass in die innere Welt Objekte aufgenommen werden können, aber dass sie auch wieder ausgestoßen werden können. Sie können das Haus auch wieder verlassen. (vgl. ebd. 1997, S. 91)

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Innere Objekte bei Melanie Klein
Hochschule
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck  (Institut für Erziehungswissenschaften)
Veranstaltung
Einführung in die kleinianischen und postkleinianischen Theorien
Note
2
Autor
Jahr
2007
Seiten
14
Katalognummer
V114607
ISBN (eBook)
9783640161942
ISBN (Buch)
9783640163878
Dateigröße
394 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Innere, Objekte, Melanie, Klein, Einführung, Theorien
Arbeit zitieren
Sigrid Lang (Autor:in), 2007, Innere Objekte bei Melanie Klein, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114607

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