Interaktion mit Sterbenden

Beobachtungen für Ärzte, Schwestern, Seelsorger und Angehörige - eine Studie von Barney G. Glaser und Anselm L. Strauss


Hausarbeit, 2006

21 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Teil I: Einführung
2.1. Kapitel I: Allgemeines über Wahrnehmen des Sterbens
2.2. Kapitel II: Verschiedene Kontexte des Wahrnehmens

3. Teil II: Verschiedene Kontexte des Wahrnehmens
3.1. Kapitel III: Geschlossene Bewusstheit
3.2. Kapitel IV: Argwohn – Das Ringen um die Beherrschung der Situation
3.3. Kapitel V: Das rituelle Spiel wechselseitiger Täuschung
3.4. Kapitel VI: Doppeldeutigkeit des „Wissens“
3.5. Kapitel VII: Wenn mit „Wissen“ nicht mehr gerechnet wird

4. Teil III: Probleme des Wissens vom Sterben
4.1. Kapitel VIII: Direkte Aufklärung des Todkranken
4.2. Kapitel IX: Die ahnungslose Familie
4.3. Kapitel X: Wenn die Familie weiß, wie es um den Patienten steht
4.4. Kapitel XI: Nichts mehr zu tun – Die aussichtlosen Fälle
4.5. Kapitel XII: Nichts mehr zu tun – Erleichterung
4.6. Kapitel XIII: „Wissen“ und die Einstellung der Schwestern

5. Teil IV: Schlussfolgerungen
5.1. Kapitel XIV: Praktische Anwendung der Bewusstheits-Theorie
5.2. Kapitel XV: Bewusstheit und die Untersuchung von sozialer Interaktion

6. Zum Hintergrund der Theorieentwicklung

7. Strukturelle Komponenten

8. Anmerkungen

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die in der Folge beschriebene Studie „Awarness of Dying“ (1965), deutsch „Interaktion mit Sterbenden“ (1974) von Barney G. Glaser und Anselm L. Strauss basiert auf dem Wissen der Soziologen, dass der Anteil der älteren Bevölkerung in Amerika steigt. Forscher gehen davon aus, dass sich aufgrund dessen „zahlreiche persönliche und soziale Fragen [ergeben], darunter nicht zuletzt, wie diese Menschen sich auf die neue Langlebigkeit (…) und auf den Tod einstellen.“ (Glaser & Strauss 1974, S. 5) Fragen über Tod und Sterben werden allgemein erörtert. Diesen Trend beabsichtigten Barney G. Glaser und Anselm L. Strauss mittels ihrer Studie zu fördern. Zudem möchten sie einen Beitrag leisten, „das Sterben für den Patienten, seine Angehörigen und das Krankenhauspersonal durch Vernunft und Mitleid zu erleichtern.“ (Glaser & Strauss 1974, S. 5)

Die Forscher Glaser und Strauss sind bewusst in Krankenhäuser gegangen, um dort ihre Feldstudien (Interviews und Beobachtungen) durchzuführen, da sie wussten, dass immer mehr Amerikaner im Krankenhaus sterben. Sie haben sich dabei auf sechs Krankenhäuser in der Bucht von San Francisco beschränkt. Die Krankenhäuser unterschieden sich in sofern, dass dort Menschen unterschiedlicher sozialer Schichten und Einkommensklassen behandelt wurden. Darüber hinaus wählten die Forscher in jedem der einzelnen Krankenhäuser verschiedene Beobachtungspunkte aus. Zum einen gab es Stationen, auf denen die Gepflegten sehr schnell und unerwartet verstarben, auf anderen Stationen verstarben sie langsam und erwartet. Manche der Patienten wussten um den bevorstehenden Tod, andere ahnten nicht einmal davon. (Vgl. Glaser & Strauss 1974, S. 6)

Die zentrale Frage, die sich die Soziologen zum Mittelpunkt ihrer Studie machten, war folgende: „Wenn Amerikaner zunehmend in Krankenhäusern sterben und dabei eher von Ärzten und Schwestern als von Angehörigen gepflegt werden – wie verhalten sich diese Vertreter der Gesellschaft im weiteren Sinn und wie gehen sie mit dem Sterbenden um?“ (Glaser & Strauss 1974, S. 6) Ihren Schwerpunkt setzten sie dabei auf die Interaktion zwischen dem Sterbenden und dem Krankenhauspersonal im Sterbeprozess. (Glaser & Strauss 1974, S. 5f.) Von besonderem Interesse galt die Frage, ob Menschen eher sozial als biologisch sterben können und was das für die verschiedenen zwischenmenschlichen Beziehungen im Krankenhaus bedeutet. (Vgl. Glaser & Strauss 1974, S. 7)

Die Analyse der vorliegenden Studie von Glaser und Strauss (1964) beruht auf der genauen Beobachtung von Bewusstheits-Kontexten. Jene seien bei allen Beteiligten des Sterbeprozesses vorhanden. „Immer mehr Menschen werden im Krankenhaus und an chronischen Leiden sterben, und das Problem der Bewusstheit wird weiterhin an Bedeutung gewinnen.“ (Glaser & Strauss 1974, S. 14) Zudem sagten die Forscher voraus, dass durch die hartnäckigen Fragen der Todkranken und Sterbenden, die das Krankenhaus als wissenschaftliche Institution sehen und daher von dessen Stab ein kompetentes Urteil erwarten, das Bewusstseinsproblem zunehmend in den Mittelpunkt rücken wird. (Glaser & Strauss 1974, S. 14) Dieses Phänomen haben sich die Soziologen Glaser und Strauss zum Gegenstand ihrer Forschungsarbeit und Publikation gemacht.

Glaser und Strauss erheben darüber hinaus den Anspruch, mittels ihrer Forschungsarbeit einen Beitrag zum besseren Verständnis sozialpsychologischer Aspekte der Sterbepflege zu leisten. (Glaser & Strauss 1974, S. 19)

In der Folge möchte ich die einzelnen Beobachtungsschwerpunkte der Studie vorstellen. In der Publikation wurden diese mittels einzelner Kapitel getrennt. Ich beschränke mich dabei auf die zentralen Aussagen.

2. Teil I: Einführung

2.1. Kapitel I: Allgemeines über Wahrnehmen des Sterbens

Bei den Amerikanern gilt Tod und Sterben als allgemeines Tabuthema. Werden öffentliche Diskussionen darüber geführt, beschränken sie sich in der Regel auf die Todesstrafe und die Euthanasie. Aus dem Schweigen über den Prozess des Sterbens ergibt sich, dass der Patient möglicherweise nicht über die Unabwendlichkeit seines Todes aufgeklärt wird. Dieses Phänomen beobachteten die Forscher auch bei jenen Menschen, die sich beruflich mit Sterbenden in Krankenhäusern auseinandersetzen. Auf der Grundlage ihrer Beobachtungen stellten sie die folgende These auf: „ (…) angesichts des Todes unterscheidet sich ihr Verhalten kaum von dem der Laien.“ (Glaser & Strauss 1974, S. 11) Viele dieser Menschen vermeiden den Kontakt zu Sterbenden weitestgehend, indem sie sich in Bereichen der Medizin und Pflege spezialisieren, die sie wenig mit Sterbenden in Berührung kommen lassen. (Vgl. Glaser & Strauss 1974, S. 12) Jene Menschen, die wiederum die Belastungen der Pflege Sterbender auf sich nehmen, so Glaser und Strauss (1974, S. 12), betrachten gewisse Dinge als unvermeidlich. Meines Erachtens erlangen sie damit die Fähigkeit, mit sterbenden Menschen umzugehen und den Tod als einen Teil des Lebens zu betrachten. Dadurch werden sie in die Lage versetzt, Sterbende zu pflegen und deren Angehörige intensiv zu betreuen. Ich bin davon überzeugt, dass die intensive Auseinandersetzung der Pflegeperson/ des Arztes mit sich selbst von entscheidender Bedeutung im Umgang mit Sterbenden ist. Dennoch denke ich, dass wir uns bei der Pflege Sterbender nicht ausschließlich auf unsere Intuition verlassen sollten. Von Bedeutung erscheinen mir neben Schulungen zum professionellen Umgang mit Sterbenden und der Gesprächsführung mit Angehörigen die Supervision. Dieser Rahmen sollte allen Beteiligten die Möglichkeit geben, über Ängste und Gefühle in Verbindung mit dem Gepflegten sprechen zu können, um einen professionellen Austausch zu ermöglichen.

Auf der Grundlage ihrer Beobachtungen haben Glaser und Strauss herausgefunden, dass sich Menschen, die vom bevorstehenden Tod betroffen sind, in unterschiedlichen Bewusstheits-Kontexten befinden. Sie benennen die folgenden (Vgl. Glaser & Strauss 1974, S. 17f.):

Geschlossene Bewusstheit: der Patient ist ahnungslos

Argwöhnische Bewusstheit: der Patient verfolgt einen Verdacht

Bewusstheit der wechselseitigen Täuschung: alle Beteiligten wissen Bescheid, gestehen es aber

nicht ein

offene Bewusstheit: der Patient kennt seinen Zustand und gibt dies auch zu

Abhängig davon, in welchem Bewusstheits-Kontext sich der Patient befindet, gestaltet sich die Interaktion des Sterbenden mit seinen Angehörigen und dem Krankenhausstab (Pflegepersonal, Ärzte, Therapeuten).

2.2. Kapitel II: Verschiedene Kontexte des Wahrnehmens

In diesem Kapitel setzen sich die Forscher mit der Frage auseinander, was das Krankenhaus-personal veranlasst, den sterbenden Patienten als Todeskandidaten zu betrachten. Ihren Beobachtungen zufolge, unterscheidet der Stab bei der Einlieferung/ Betreuung des Sterbenden die zwei zentralen Fragen, ob der Patient in ihrer Einrichtung sterben wird und wenn ja wann. Die erste Frage wird als Ungewissheit des Todes definiert, die zweite, nach dem Zeitpunkt des Sterbens als Todeszeit. In der Folge unterscheiden sie aufgrund der Kombination dieser Komponenten vier Todeserwartungen:

1. gewisser Tod zu bekannter Zeit
2. gewisser Tod zu unbekannter Zeit
3. der Tod ist ungewiss, aber der Zeitpunkt, an dem die Gewissheit eintritt, ist bekannt
4. Tod wie Zeitpunkt sind ungewiss

Die Forscher gehen davon aus, dass jede Erwartung individuelle Auswirkungen auf die Interaktion mit dem Sterbenden hat. Sie hängt im Wesentlichen von dem Sterbenden selbst ab. (Vgl. Glaser & Strauss 1974, S. 24)

3. Teil II: Verschiedene Kontexte des Wahrnehmens

3.1. Kapitel III: Geschlossene Bewusstheit

Dieses Kapitel widmet sich dem Phänomen, dass Patienten in amerikanischen Krankenhäusern häufig nicht erkennen, wie nahe sie dem Tod sind, der Stab weiß jedoch Bescheid. Die Forscher bezeichnen dies als geschlossenen Bewusstheits-Kontext. In bestimmten Situationen entscheidet der Arzt, dass dieser Bewusstheits-Kontext auch in Zukunft geschlossen bleibt. Das führt dazu, dass der Patient nichts von seinem bevorstehenden Tod erfährt. Glaser und Strauss publizierten, dass es bestimmter struktureller Voraussetzungen für die Existenz und Fortdauer eines geschlossenen Bewusstheits-Kontextes bedarf. Zum einen benennen sie die fehlende Erfahrung des Patienten, den nahenden Tod zu erkennen. Hinzukommt das Problem, dass amerikanische Ärzte ihren Patienten nur ungern sagen, dass sie sterben werden. Diese glauben, so die Forscher, dass Todkranke die Wahrheit nicht wissen wollen. Eine dritte strukturelle Voraussetzung für das Aufrechterhalten eines geschlossenen Bewusstheits-Kontextes ist, dass Angehörige ihr Wissen, um den bevorstehenden Tod des Patienten, nicht an diesen weitergeben. Eine weitere strukturelle Voraussetzung hänge mit der Organisation des Krankenhausbetriebes und den Verpflichtungen des Personals zusammen. Glaser und Strauss beobachteten, dass die Krankenhäuser darauf eingerichtet seien, dem Patienten Informationen vorzuenthalten. Eine weitere bedeutende Voraussetzung sei das Phänomen, dass der Patient i.d.R. keine Verbündeten hat, die ihm behilflich sein könnten, das Wissen des Stabes um seinen bevorstehenden Tod zu entdecken. (Vgl. Glaser & Strauss 1974, S. 32ff)

All diese strukturellen Voraussetzungen funktionieren im Kontext, mit dem Ziel, den Patienten nicht über seinen bevorstehenden Tod aufzuklären. Wird jedoch nur eine der bestehenden Komponenten nicht weiter aufrechterhalten, verändert sich der gesamte Bewusstheits-Kontext.

Dieses Festhalten am geschlossenen Bewusstheits-Kontextes wirkt sich auf alle Interagierenden und auf den Sterbenden aus: der Patient, der glaubt, er werde wieder gesund, wird sich unter Umständen strikt an die Anweisungen der Ärzte und Pflegepersonen halten oder gerade nicht, weil er glaubt, die Erkrankung überwunden zu haben. Muss sich die Familie an dem Täuschungs-manöver beteiligen, kann dies zu einer enormen emotionalen Belastung der Angehörigen führen. Auch Pflegekräfte können durch das Schweigen über den bevorstehenden Tod enorm belastet werden. (Vgl. Glaser & Strauss 1974, S. 44ff)

Ich denke, es ist mit großen Schwierigkeiten für alle Beteiligte verbunden, den Bewusstheits-Kontext geschlossen zu halten. Die emotionale Belastung für die Familie ist meines Erachtens schon groß genug; man sollte sie daher nicht noch mit einem Schauspiel für den Sterbenden unter Druck setzen.

3.2. Kapitel IV: Argwohn – Das Ringen um die Beherrschung der Situation

Der geschlossene Bewusstheits-Kontext wird weiterhin aufrechterhalten, doch der Patient ahnt, dass das Krankenhauspersonal nicht mehr an seine Genesung glaubt. Die Forscher haben beobachtet, wie der Stab der Konfrontation des Patienten mit der Frage, ob er sterben werde, aus dem Weg geht. Sie bemerkten, welch enorme Belastung diese Situation für alle Beteiligten darstellen kann. Dabei beobachteten sie vor allem die emotionale Belastung aufgrund des nicht aussprechen Dürfens. Für viele Beteiligte stellte sich die Frage, ob es richtig sei, den Patienten nicht über seinen bevorstehenden Tod aufzuklären und ihm damit die Chance zu verwehren, seine Angelegenheiten zu sortieren und Abschied von seinen Angehörigen zu nehmen. (Vgl. Glaser & Strauss 1974, S. 48ff)

Meines Erachtens ist es ethisch fragwürdig, den Patienten nicht aufzuklären. Wer soll darüber entscheiden können, dass es das Beste für den Patienten sei, nichts von seinem bevorstehenden Tod zu erfahren? Sicherlich mag es Menschen geben, die durch das Wissen um ihren baldigen Tod sehr belastet werden, doch ich denke das sollte den Stab nicht von seiner (moralischen) Pflicht entbinden, dem Patienten gegenüber ehrlich zu sein.

3.3. Kapitel V: Das rituelle Spiel wechselseitiger Täuschung

Der Patient weiß, dass er sterben wird, doch sowohl das Krankenhauspersonal als auch der Patient handeln übereinstimmend derart, als würde der Sterbende weiterleben. Dieses Phänomen bezeichnen Glaser und Strauss als wechselseitige Täuschung. Mittels Beobachtungen der Interaktion von Beteiligten, fanden die Forscher heraus, dass der Bewusstheits-Kontext der wechselseitigen Täuschung zwei Eigenheiten beinhaltet. Zum einen So-tun-als-ob und das Fortführen/ Festhalten beider Parteien an der Täuschung. (Glaser & Strauss 1974, S. 64) Der Kontext der wechselseitigen Täuschung kann also nur aufrechterhalten werden, wenn alle Beteiligte so tun, als würde der Patient nicht an seiner Erkrankung versterben und an dieser Täuschung festhalten. Er beginnt, wenn mindestens eine Person der Interagierenden den Wunsch zur Täuschung signalisiert und der andere auf diesen Wunsch eingeht. Dieses Phänomen konnten Glaser und Strauss mehrfach im Rahmen ihrer Studie beobachten. Sie geben an, eine primäre strukturelle Voraussetzung für die Existenz und Fortdauer der wechselseitigen Täuschung sei, dass niemand über den bevorstehenden Tod spreche. Dazu komme es nur dann, wenn der Patient das Gespräch zu diesem Thema bringt. In Amerika sei es typisch, derartige Themen nicht anzuschneiden. Selbst das Berufsethos der Amerikaner verlange nicht, mit dem Sterbenden über den bevorstehenden Tod zu sprechen. (Vgl. Glaser & Strauss 1974, S. 65)

3.4. Kapitel VI: Doppeldeutigkeit des „Wissens“

Sowohl der Stab, als auch der Patient wissen um den bevorstehenden Tod, d.h. es liegt ein offener Bewusstheits-Kontext vor. Doch diese Todesgewissheit ist geprägt von Unwissenheit oder Argwohn, weil der Patient die weiteren Umstände seines Todes nicht kennt. Eine solche Situation liegt vor, wenn das Krankenhauspersonal den schnellen körperlichen Verfall und bevorstehenden Tod erkennt, der Patient jedoch nicht. Eine These, die Glaser und Strauss in diesem Zusammenhang aufstellen, ist folgende: weiß der Patient, dass er sterben wird, ist er für sein Verhalten selbst verantwortlich. Gesellschaftlich wird von ihm erwartet, dass er sich mit dem bevorstehenden Tod abfindet. Dadurch wird die weitere Interaktion zwischen dem Stab und dem Patienten, sowie dessen Angehörigen durch das Verhalten des Patienten bestimmt. Infolgedessen ergeben sich bestimmte Erwartungen des Krankenhausstabes an den Patienten, wie er mit der Todes-gewissheit umzugehen habe. Glaser und Strauss beobachteten, dass jene Patienten, die sich den Erwartungen gemäß verhalten, eine aufopferndere Pflege erhielten, während jene, die sich entgegen den Erwartungen verhielten, weniger aufopfernd gepflegt wurden. (Vgl. Glaser & Strauss 1974, S. 78f) Das Verhalten der Sterbenden beurteilt der Stab nach ungeschriebenen Gesetzten des Krankenhauses. Sehr verbreitet seien die folgenden Forderungen: „der Patient sollte weitgehend seine Fassung und Ausgeglichenheit bewahren. Ganz am Ende sollte er mit Würde den Tod erwarten. Er sollte sich nicht vorzeitig von der Welt abwenden und den Lebenden den Rücken kehren. (…) Solange es ihm möglich ist, sollte er an dem sozialen Leben auf den Stationen teilnehmen. Er sollte dem Stab seine Tätigkeit durch Kooperation erleichtern. (…) Ein Patient, der sich weitgehend an diese Normen hält, wird respektiert.“ (Glaser & Strauss 1974, S. 82)

Die Vorteile des offenen Bewusstheits-Kontextes sehen Glaser und Strauss in der Fähigkeit des Patienten, seine Dinge noch ordnen zu können und sein Leben nach eigenen Vorstellungen zu beenden. Beobachtungen zufolge zieht der klinische Stab diesen Kontext der Bewusstheit vor, v.a. die Pflegepersonen. Zwar werden sie u. U. durch Gespräche über den Tod belastet, doch sie sind nicht mehr gezwungen, dem Sterbenden vorzuspielen, er könnte die Schwere seiner Erkrankung überwinden. Pflegekräfte, die sich durch diese Interaktion sehr belastet fühlen, entwickeln mit der Zeit bestimmte Taktiken, um die Belastung zu verringern oder sich erst gar nicht in derartige Gespräche verwickeln zu lassen. Wieder andere eignen sich durchaus für diese schwierige Art von Gesprächen. In der Regel wird man ihnen die Pflege Sterbender überlassen. (Vgl. Glaser & Strauss 1974, S. 97ff)

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Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Interaktion mit Sterbenden
Untertitel
Beobachtungen für Ärzte, Schwestern, Seelsorger und Angehörige - eine Studie von Barney G. Glaser und Anselm L. Strauss
Hochschule
Alice-Salomon Hochschule Berlin
Veranstaltung
Qualitative Sozialforschung
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
21
Katalognummer
V114541
ISBN (eBook)
9783640153107
ISBN (Buch)
9783640156054
Dateigröße
476 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Interaktion, Sterbenden, Qualitative, Sozialforschung
Arbeit zitieren
Franziska Misch (Autor:in), 2006, Interaktion mit Sterbenden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114541

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