Stanley Milgrams Experiment

"Zur Gehorsamsbereitschaft gegenüber Autorität"


Hausarbeit, 2006

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1. Durchführung des Experimentes von Stanley Milgram von 1961
2.2. Ergebnisse des Experimentes von Stanley Milgram von 1961
2.3. Wie erklärte sich Milgram die Ergebnisse seines Experimentes von 1961?
2.4. Hat sich Milgrams Experiment auf die Versuchsteilnehmer ausgewirkt?
2.4.1. „Individuen in Konfrontation mit Autorität“
2.4.2. Eine Befragung ehemaliger Versuchspersonen, 40 Jahre später
2.5. Ethik und Kritiken am Milgram Experiment
2.6. Wäre ein solches Experiment noch heute durchführbar?

3. Fazit

Literaturliste

1. Einleitung

„Beeindruckt von der hohen Bereitschaft vieler Menschen, sogar Morde [Milgram bezog sich hier vor allem auf die Verfolgung und Tötung der Juden im 2. Weltkrieg] auszuführen,

wenn der entsprechende Befehl einer herrschenden Autorität vorliegt, fragte sich Stanley Milgram, ob sich ein solcher Gehorsam auch unter experimentellen Bedingungen

herbeiführen lasse.“ (Mietzel 1996, S. 313)

Milgram konnte nicht verstehen, wie scheinbar normale und harmlose Menschen plötzlich in der Lage sein konnten, unschuldige Menschen, auch Frauen und Kinder aufs brutalste zu verfolgen und zu töten, nur weil es ihnen von einer scheinbaren Autorität befohlen wurde.

Die Idee für sein Experiment hatte Milgram 1960 als Student an der Princeton University, New Jersey, nachdem sein dortiger Mentor, Solomon Asch, mit einem Experiment, das erst später berühmt wurde, den enormen Druck nachwies, den eine Gruppe auf einen einzelnen auslösen kann. Aschs Versuchspersonen gaben bei einer Schätzaufgabe bewusst ein falsches Urteil ab, nur um sich gruppenkonform zu verhalten.

Milgram wollte daraufhin den Einfluss des Gruppendrucks in einer weniger harmlosen Situation testen. Würde sich eine Versuchsperson dazu bringen lassen, einem anderen Menschen grundlos Schmerzen zuzufügen? „Bei Vorversuchen wollte Milgram feststellen, wie weit die Versuchspersonen ohne Gruppendruck gehen würden. Dabei stellte sich heraus, dass die Gruppe gar nicht nötig war: Eine einzige Person reichte aus.“
(www. stjohannesglind, 2005)

In diesem Zusammenhang setze ich mich mit folgenden Schwerpunkten aus einander:

- (Wie) Hat sich Milgrams Experiment auf die Versuchsteilnehmer ausgewirkt?
- Ethische Probleme und Kritikpunkte am Experiment von Stanley Milgram
- Wäre ein derart umstrittenes Experiment noch heute durchführbar?

2. Hauptteil

2. 1. Durchführung des Experimentes von Stanley Milgram

Unter der Vorgabe, eine wissenschaftliche Studie zum Thema „Erforschung der

Gedächtnisleistung“ (Slater 2005, S. 38) durchzuführen, wurden Versuchspersonen aller

sozialen Schichten und Bildungsniveaus gesucht.

Milgram gab eine Anzeige in einer Lokalzeitung auf, in der er ausschließlich Männer zwischen 20 und 50 Jahren aufrief, an einer Untersuchung über die Gedächtnisleistung und das Lernvermögen teilzunehmen. Und er war erfolgreich.

Insgesamt wurden 40 männliche Versuchspersonen ausgewählt: „Das Bildungsniveau

reichte von einem, der die Highschool nicht beendet hatte, bis zu Leuten mit Doktortitel

und anderen akademischen Auszeichnungen.“ (Milgram 1997, S. 33)

„Das Experiment wurde in einem eleganten Laboratorium für zwischenmenschliche Beziehungen der Yale Universität durchgeführt. Dieser Umstand ist für die von den Versuchspersonen angenommene Legitimität des Experiments von Bedeutung.“

(Milgram 1997, S. 33)

Untersucht werden sollte das Lernverhalten nun mittels einer Situation, in der eine Versuchsperson den „Lehrer“ und die andere den „Schüler“ spielt.

Das eigentliche Ziel des Experimentes war jedoch herauszufinden, wieweit ein Mensch in einer Situation, in der ihr „befohlen“ wird, einem protestierenden Opfer zunehmende Qualen zuzufügen, einer scheinbaren Autorität gehorchen würde, und wann es den Gehorsam verweigere.

Der „Versuchsleiter“, ein streng aussehender 31jähriger Biologielehrer, und der „Schüler“, ein 27jähriger Buchhalter, waren in die Durchführung und den Hintergrund des Experimentes eingeweiht. Nur der „Lehrer“, die eigentliche Versuchsperson, wusste nicht, dass es hier nicht um die Auswirkung von Bestrafung auf das Lernverhalten gehen sollte.

Zunächst erklärte der Versuchsleiter warum sich, laut neuester Studien, Bestrafung positiv auf das Lernverhalten auswirke. (…) „Eine Theorie lautet, dass der Mensch etwas exakt lernt, wenn er für einen Fehler jedesmal bestraft wird.“ (Milgram 1997, S. 34)

Außerdem sagte man den Versuchspersonen, es gäbe erst wenige Erkenntnisse darüber, welchen Einfluss Strafe wirklich auf den Lernprozess habe, da es kaum Studien zu dieser Thematik am Menschen gäbe.

Im Anschluss kam es zur Auslosung, wer den „Schüler“ und wer den „Lehrer“ spielen sollte. Natürlich wurde hier gemogelt: auf beiden Zetteln stand „Lehrer“.

Ohne Umschweife wurden nun der „Schüler“ und die ahnungslose Versuchsperson in einen Nebenraum gebracht. Sofort schnallte der Versuchsleiter den „Schüler“ an einen „elektrischen Stuhl“. Er forderte auch den „Lehrer“ auf, ihn dabei zu unterstützen. Besonderen Wert legte er dabei darauf, dem „Lehrer“ genaue Instruktionen zu geben, wie fest die Hand- und Körpergurte geschnallt sein sollten. Der „Schüler“ sollte sich nicht befreien können, so instruierte der Versuchsleiter den „Lehrer“.

Die notwendige Elektrode, über die der „Schüler“ bei falschen Antworten Elektroschocks erhalten sollte, wurde am Handgelenk befestigt. Diese Elektrode sei mit dem Schock-generator im Nebenraum verbunden.

Um die Echtheit des Schockgenerators zu unterstreichen, hatte man dem „Lehrer“ vor Beginn des Experimentes einen Probeschock von 45 Volt verabreicht.

Die eigentliche Aufgabe, an der nun die Auswirkungen von Bestrafung auf das Lern-verhalten untersucht werden sollte, war folgende:

Der „Lehrer“ las eine Reihe von Wortpaaren vor und wiederholte im Folgenden den ersten Begriff, kombiniert mit vier anderen Worten. Die Aufgabe des „Schülers“ bestand nun darin, zu bestimmen, welches der vier neuen Worte ursprünglich mit dem ersten Wort gepaart war. Die Antwort wurde mittels Schaltknöpfen, die am Schockgenerator ein Feld aufleuchten ließ, übermittelt.

Dem „Lehrer“ wurde aufgetragen, dem „Schüler“ bei jeder falschen Antwort einen Schock zu verabreichen. Entscheidend war dabei, dass die Stärke des verabreichten Schocks bei jeder falschen Antwort um 15 Volt gesteigert werden sollte, bis 450 Volt. Darüber hinaus sollte vor jedem Schock die Voltstärke laut angesagt werden.

2. 2. Ergebnisse des Experimentes von Stanley Milgram von 1961

26 der 40 Versuchspersonen von 1961 gehorsam bis zum Schluss, d.h. sie verabreichten Elektroschocks bis 450 Volt.

Doch dies taten die „Lehrer“ nicht ganz freiwillig: Beobachter berichteten, so Milgram, der Konflikt des „Lehrers“ war zu erkennen. Einerseits wollten sie das Experiment abbrechen; sie hörten, wie sehr sich der „Schüler“ quälte; er bat schon bei 150 Volt das Experiment abzubrechen, bei 285 Volt schrie er nur noch, später reagierte der „Schüler“ gar nicht mehr. Ob er noch lebte, das wusste der „Lehrer“ nicht. Doch der „Versuchsleiter“, eine legitimierte Autorität, blieb hart. Jedes Mal, wenn die Versuchsperson zögerte, befahl er fortzufahren. Dies erfolgte nach einem festen Prinzip: war zu erkennen, dass die Versuchsperson nicht weitermachen wollte, sagte der Versuchsleiter mit Bestimmtheit:

„Bitte, fahren Sie fort!“ (Milgram 1997, S. 38). Hatte er damit keinen Erfolg, sagte er folgendes: „Das Experiment erfordert, dass sie weitermachen!“; „Sie müssen unbedingt weitermachen!“; „Sie haben keine Wahl, Sie müssen weitermachen!“ (Milgram 1997, S. 38). Diese Aussagen benutzte der „Versuchsleiter“ stets in dieser Reihenfolge, wenn die Gefahr bestand, dass der „Lehrer“ das Experiment abbricht. Bei jedem Mal begann er mit der ersten Aussage. Erst wenn all diese „Anspornsequenzen“ ohne Wirkung auf die Versuchsperson blieben, wurde das Experiment abgebrochen.

Dies verdeutlicht, wie groß der Druck war, der auf die Versuchspersonen ausgeübt wurde.

Nach dem Experiment sprach Milgram mit jeder einzelnen Versuchsperson. Sie erfuhren, dass sie keine gefährlichen Elektroschocks verabreicht hatten und der „Schüler“ unversehrt sei.

Ungehorsamen Versuchspersonen erklärte er, wie positiv es gewesen sei, sich gegen die Anweisungen des Versuchsleiters zu widersetzen. Den gehorsamen Versuchspersonen versicherte Milgram, dass ihr Verhalten ganz normal gewesen sei und sich andere Versuchsteilnehmer in der gleichen Art und Weise verhalten hätten.

2. 3. Wie erklärte sich Milgram die Ergebnisse seines Experimentes von 1961?

Bevor Milgram 1961 sein erstes Experiment zur Gehorsamsbereitschaft gegenüber Autorität durchführte, bat er eine Gruppe renommierter Psychiater, Studenten und Einwohner von New Haven um eine Einschätzung: wie würden sich potentielle Versuchspersonen in der beschriebenen Situation verhalten?

Alle sagten das Gleiche voraus: „Die Teilnehmer würden bei maximal 150 Volt aufhören, mit Ausnahme pathologischer Sadisten. (Slater 2005, S. 41)

Selbst Milgram war „auf dieses Resultat (…) nicht vorbereitet. Niemand war es.“

(www. stjohannesglind, 2005)

Doch wie erklärte er sich und der Welt nun, dass 65% der Versuchsteilnehmer, normale Menschen, gehorsam waren bis zum Schluss?

Milgram ging davon aus, dass sich die Menschen mit zunehmendem Gehorsam nur noch als Werkzeug verstanden, das den Willen anderer Menschen ausführte, scheinbar ohne an die Konsequenzen ihres Handelns zu denken. Er meinte, wenn sich diese Wendung vollzogen hatte, erfolgte in den Menschen auch eine Anpassung des Denkens an die Autorität und die Bereitschaft zur Teilnahme an grausamen Handlungen sei gegeben. Milgram erklärte sich die Gehorsamsbereitschaft der Menschen, nicht nur bezogen auf sein Experiment, sondern auch auf Situationen aus dem Alltag, hier vor allem bezogen auf die Grausamkeiten des 2. Weltkrieges, also folgendermaßen: der Ursprung des eigenen Handelns wird nicht mehr in der eigenen Person wahrgenommen (Milgram 1997, S. 11), dies führt zum Gehorsam. Verstärkt werde die Bereitschaft zum Gehorsam durch Gewaltandrohung, d.h. Menschen werden mittels ihrer Furcht zum Gehorsam gezwungen.

In seiner experimentellen Analyse wird den Versuchspersonen zwar zu keiner Zeit Gewalt angedroht, auch werden sie nicht bestraft, wenn sie das Experiment abbrechen, doch sie waren trotzdem gehorsam. Es scheint also, dass die Furcht um das „eigene Leben“ nur einen Teilaspekt darstellt, der zum Gehorsam führt.

Milgram schrieb, in seinem Experiment sei der Gehorsam vor allem durch die Behauptung, der Versuchsleiter habe das Recht, über andere Kontrolle auszuüben, erreicht worden. Das heißt, die gehorsame Versuchsperson hat die Verantwortung scheinbar auf den „Versuchsleiter“ übertragen. Diese Vermutung bestätigte sich später durch die Aussagen mehrerer Versuchspersonen: wurden sie gefragt, wer die Verantwortung getragen hätte, wenn dem „Schüler“ etwas passiert wäre, gingen der Großteil von einer Verantwortung des „Versuchsleiters“ aus – dieser hatte ihnen ja aufgetragen, die Elektroschocks zu geben. Sie selbst hätten nur das getan, worum der „Versuchsleiter“ sie bat.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Stanley Milgrams Experiment
Untertitel
"Zur Gehorsamsbereitschaft gegenüber Autorität"
Hochschule
Alice-Salomon Hochschule Berlin
Veranstaltung
Wissenschaftliches Arbeiten
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V114537
ISBN (eBook)
9783640161843
ISBN (Buch)
9783640164950
Dateigröße
428 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stanley, Milgrams, Experiment, Wissenschaftliches, Arbeiten
Arbeit zitieren
Franziska Misch (Autor:in), 2006, Stanley Milgrams Experiment, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114537

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