Zur Sexualität und Rolle der Frau in Sri Lanka


Hausarbeit, 2007

27 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitende Worte

2. Kulturstandards in Sri Lanka
2.1. Konfliktvermeidung und Indirektheit
2.2. Hierarchisches Denken
2.3. Beziehungs- und Gruppenorientierung
2.4. Durchlässigkeit von Lebensbereichen
2.5. Externe Motivation
2.6. Improvisation und Gegenwartsorientierung

3. Zur Sexualität von Frauen in Sri Lanka
3.1. Pubertät
3.2. Aufklärung
3.3. Geschlechtsverkehr
3.4. Hochzeit und Ehe

4. Zur Rolle der Frau in Sri Lanka
4.1. Frauen in der Ehe
4.2. Frauen in der Öffentlichkeit
4.3. Frauen im emanzipatorischen Wandel der Gesellschaft

5. Eine Befragung singhalesischer Frauen

6. Schlussbetrachtungen

Quellenverzeichnis

1. Einleitende Worte

In allen Ländern dieser Welt hat der Begriff Sexualität und somit auch die jeweilige Rolle der Frau eine völlig andere Bedeutung. In einigen Regionen ist die sogenannte Emanzipation der Frau in einem äußerst fortschrittlichen Stadium angelangt und auch der Umgang mit Sexualität und allem, was dazu gehört, wird offen und vorbildlich gehandhabt. In anderen Teilen der Erde liegt die Entwicklung dieser Themen jedoch noch sehr weit zurück und man kann feststellen, wie sich dies auch auf andere Lebensbereiche übergreifend auswirkt und wie schwierig es teilweise ist, mit diesen völlig verschiedenen Denkmustern umzugehen. Dennoch lösen eben diese Länder mit ihren Werten und Anschauungen auf solch fortschrittlich entwickelte Kulturen wie die Unsere stets ein gewisses Interesse sowie Faszination aus. Wir möchten beispielsweise wissen, wie man mit einer Tabuisierung des Themas Verhütung leben kann und wir bemitleiden die Frauen, die nur ihren Eltern zuliebe einen Mann heiraten, den sie vielleicht am Tage ihrer Hochzeit das erste Mal zu Gesicht bekommen.

Im Rahmen meines Studiums hatte ich im August 2006 die Möglichkeit, ein 4-wöchiges Praktikum in einem kleinen Waisenheim an der Westküste Sri Lankas zu absolvieren und konnte somit einen kleinen Einblick in die Besonderheiten dieser Kultur gewinnen.

Während meines Aufenthaltes sind mir zahlreiche Themengebiete begegnet, die sich für eine Bearbeitung im Rahmen dieser Hausarbeit im Seminar Psychochologie der interkulturellen Kommunikation eignen würden. Da ich jedoch in einem Waisenheim ausschließlich für Mädchen gearbeitet habe und demzufolge überwiegend mit Frauen zusammen war, deren Verhaltensweisen und Rollen ich sehr gut beobachten konnte, habe ich mich entschieden, das weibliche Geschlecht dieser Kultur etwas näher zu beleuchten. Da die Verhaltensentwicklung der Frauen meiner Meinung nach eng verbunden ist mit dem Thema Sexualität in der jeweiligen Kultur,

möchte ich in der vorliegenden Ausarbeitung auch dazu einige Ausführungen liefern und gleichzeitig versuchen, Verbindungen zwischen diesen beiden Themengebieten herzustellen.

Während den Vorbereitungen und Recherchen zu meiner Hausarbeit wurde ziemlich schnell deutlich, dass es bisher nur wenig wissenschaftliche Literatur über diese ferne Kultur im indischen Ozean gibt, die in deutscher Sprache verfasst ist und in der nicht ausschließlich über den langjährigen Bürgerkrieg zwischen Singhalesen und Tamilen berichtet wird. Da ich das Thema jedoch aus diesem Grund nicht verwerfen wollte, stützen sich meine folgenden Ausarbeitungen größtenteils auf Quellen aus dem Internet sowie auf meine eigenen Erfahrungen in Sri Lanka.

Um sich mit den Themengebieten Sexualität und Rolle der Frau aus wissenschaftlicher Perspektive zu beschäftigen, möchte ich zunächst einen Überblick über die in Sri Lanka vorherrschenden Kulturstandards geben. Anschließend werde ich mich dem Thema Sexualität von singalesischen Frauen und den damit verbundenen Lebensphasen widmen. Darauf aufbauend möchte ich einige Ausführungen zum Rollenverständnis der Frauen in Sri Lanka machen und schließlich eine kleine Befragung vorstellen, die ich während meines Aufenthaltes selbst durchgeführt habe.

2. Kulturstandards in Sri Lanka

Um sich mit spezifischen Themen einer bestimmten Kultur eingehend zu befassen, sollte man sich meiner Meinung nach vorher mit den dort herrschenden Kulturstandards vertraut machen, womit nach Thomas (1996) die zentralen Merkmale des kulturspezifischen Orientierungssystems gemeint sind:

„Unter Kulturstandards werden alle Arten des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns verstanden, die von der Mehrzahl der Mitglieder einer bestimmten Kultur für sich persönlich und andere als normal, selbstverständlich, typisch und verbindlich angesehen werden. Eigenes und fremdes Verhalten wird auf der Grundlage dieser Kulturstandards beurteilt und reguliert.“ (Thomas, 1996, S.112)

Die zentralen Kulturstandards eines Landes oder einer Region werden in sehr unterschiedlichen Situationen wirksam und regulieren weite Bereiche der Wahrnehmung, des Denkens, Wertens und Handelns in der Begegnung von Menschen. Weiterhin werden sie auf verschiedenen Abstraktionsebenen definiert, die von allgemeinen Werten einer Kultur bis hin zu sehr spezifischen Verhaltensvorschriften reichen. Die Ausprägung von Kulturstandards kann sowohl auf individueller als auch auf gruppenspezifischer Ebene innerhalb eines gewissen Toleranzbereichs variieren. Verhaltensweisen und Einstellung, die außerhalb der Toleranzgrenze liegen, werden jedoch in der Regel abgelehnt und sanktioniert. Die zentralen Kulturstandards einer bestimmten Kultur können in einer anderen völlig fehlen oder nur eine geringe Bedeutung haben. Ebenso können verschiedene Kulturen auch ähnliche Kulturstandards aufweisen, die jedoch unterschiedliche Funktionen erfüllen können, in unterschiedlichen Handlungsfeldern wirksam werden oder auch unterschiedlich weite Toleranzbereiche haben.

Nach der erfolgreichen Sozialisation eines Individuums innerhalb seiner eigenen Kultur werden die jeweiligen Kulturstandards und ihre handlungsregulierenden Funktionen nicht mehr bewusst erfahren, sondern können erst im Kontakt mit Interaktionspartnern aus anderen Kulturen bemerkt werden. Dies geschieht häufig in Form von kritischen Interaktionserfahrungen, deren Analyse die Identifikation handlungswirksamer Kulturstandards beider Personen ermöglichen (vgl. Thomas, 1996, S.112f.)

Innerhalb der wissenschaftlichen Literatur zu diesem Thema lassen sich bedauerlicherweise keine Kulturstandards finden, die explizit für Sri Lanka

zutreffen. Die Autoren Tjitra und Zeutschel (2003) beschreiben jedoch in dem Handbuch zur interkulturellen Kommunikation und Kooperation von Thomas, Kammhuber und Schroll-Machl (Hrsg.) eine Reihe von indonesischen Kulturstandards (S.203-207) und führen anschließend einige Überlegungen zur Generalisierung bzw. Gültigkeit dieser Kulturstandards in anderen südostasiatischen Kulturen an. Dabei stellen sie zwar fest, dass es nicht ohne weiteres möglich ist, die beschriebenen indonesischen Kulturstandards auf die gesamte südostasiatische Region zu beziehen, wenn man jedoch von einer groben Dichotomie zwischen den asiatischen und den westlichen Kulturstandards ausgeht (welche die Orientierung erleichtert, auch wenn sie bei differenzierterer Betrachtung an ihre Grenzen stößt), so lassen sich einige zentrale Kulturstandards herauskristallisieren, die allen südostasiatischen Regionen gemeinsam sind, wenn auch mit landesspezifischen Abwandlungen (vgl. Tjitra & Zeutschel, 2003, S.209).

Auch wenn nach den Autoren eine Verallgemeinerung der indonesischen Kulturstandards auf die gesamte Region Südostasien mit Vorsicht zu genießen ist, möchte ich diese in meinen folgenden Ausführungen vorstellen und versuchen, meine eigenen Erfahrungen mit diesen Kulturstandards in Sri Lanka zu reflektieren.

2.1. Konfliktvermeidung und Indirektheit

Eine Konfliktvermeidung wird erreicht, indem sich alle beteiligten Interaktionspartner ständig bemühen, ruhig miteinander umzugehen und alles zu vermeiden, was Unruhe und Konflikte hervorrufen könnte. Dabei wird keine innere Verpflichtung zur empathischen Sichtweise oder friedlichen Auflösung drohender Konflikte verlangt, sondern lediglich ein Verhalten, welches nach außen kontrolliert und reif wirkt. Besonders deutlich wird diese Grundhaltung bei Prozessen des gemeinschaftlichen Problemlösens und der Entscheidungsfindung (vgl. Tjitra & Zeutschel, 2003, S.204).

Während meines Aufenthaltes in Sri Lanka bin ich im Umgang mit den Einheimischen oftmals diesem Kulturstandard der Konfliktvermeidung und Indirektheit begegnet. In der Kommunikation von Singhalesen konnte ich nicht beobachten, dass ihre Stimmen einen äußerst lauten Ton annahmen oder dass sie ganz und gar schreiten. Außerdem hatte ich häufig das Gefühl, dass sie Auseinandersetzungen lieber gänzlich aus dem Weg gehen. Das Waisenheim, in dem ich 4 Wochen lang gearbeitet habe, wurde von einem Deutschen gegründet, der auch in Marawila vor Ort ist und sich um die Leitung und Organisation des Heims kümmert. Wenn er hin und wieder mit den Arbeiten der Angestellten nicht ganz zufrieden war und versuchte, diese Angelegenheiten mit ihnen zu klären, dann konnte ich oft die Zurückhaltung der Singhalesen beobachten. Ich habe nie erlebt, dass sie ihm widersprochen oder sich ganz und gar mit ihm gestritten haben. Teilweise versuchten sie sogar, solchen Konfliktsituationen durch irgendeinen Vorwand zu entfliehen.

Nach meinen bisherigen Erfahrungen in Sri Lanka lässt sich der indonesische Kulturstandard der Konfliktvermeidung und Indirektheit ohne Probleme auch auf die singhalesische Kultur übertragen.

2.2. Hierarchisches Denken

Diesem Kulturstandard unterliegt das Prinzip des Respekts vor dem Gegenüber. Man sollte sich in Sprache, Mimik und Gestik stets so verhalten, wie es dem Rang des jeweiligen Kommunikationspartners entspricht. Auch hier ist nicht die innere Überzeugung entscheidend, sondern lediglich die äußere Haltung. Dabei drückt man durch ein entsprechendes Verhalten den Grad seiner Bildung, Zivilisation und Toleranz aus. Der hierarchische Status einer Person bildet die Grundlage für ein hierarchisches Machtkonzept, welches eng mit dem Harmoniekonzept verbunden ist: Wenn jedes Individuum seiner Position zufolge am jeweiligen gesellschaftlichen Platz bleibt, können Machtkonflikte verhindert werden, welche die Harmonie stören könnten. Der hierarchische Status wird durch Alter, Geschlecht, Herkunft, Bildung und berufliche Position eines

Individuums bestimmt. Er stellt also eine Mischung aus biologischen, vererbten und erworbenen Faktoren dar. Der Status einer Kultur und die damit verbundene Macht sind auch immer mit bestimmten Verpflichtungen verknüpft (vgl. Tjitra & Zeutschel, 2003, S.204f.).

Diesen Kulturstandard des Hierarchiedenkens konnte ich in Sri Lanka relativ häufig beobachten. Besonders auffällig war für mich, dass die Singhalesen uns „Weißen“ (also hellhäutigen Menschen, die offensichtlich aus einem anderen Land kommen) stets mit Respekt gegenüber stehen. Aus persönlichen Gesprächen konnte ich jedoch erfahren, dass es sich hier oftmals nur um die äußere Haltung und nicht um innere Überzeugungen handelt. Ein Großteil der Menschen in Sri Lanka lebt in sehr ärmlichen Verhältnissen und sieht in der westlichen (und gerade europäischen) Kultur die Chance, sich weiterzuentwickeln und etwas mehr Wohlstand zu bekommen. Viele Einheimische sind sich sehr wohl der Tatsache bewusst, dass Sri Lanka auf den Tourismus und auch Export von bestimmten Gütern (z.B. Ceylon-Tee) in andere Länder angewiesen ist und verhalten sich deshalb auch äußerst respektvoll (teilweise sogar unterwürfig) gegenüber Ausländern. Allerdings gibt es auch zahlreiche Europäer oder Einwanderer bzw. Touristen aus anderen Ländern, die dieses Verhalten zu ihrem eigenen Vorteil nutzen und deshalb denke ich, dass es sich bei diesem Respekt oftmals nur um äußere Haltungen der Singhalesen handelt.

Das hierarchische Denken in Sri Lanka wird ebenfalls in alters- und geschlechtsspezifischen Zusammenhängen deutlich. Ältere Menschen genießen dort einen Status, wie er wahrscheinlich nur in sehr wenigen Kulturen verbreitet ist. Während meines Aufenthaltes hatte ich die Möglichkeit, ein singhalesisches Altenpflegeheim zu besuchen und ich war erstaunt, wie würdevoll und herzlich dort mit den Menschen umgegangen wird. Auch in den ärmsten Familien in Sri Lanka versucht man, den älteren Menschen bis zu ihrem Tod ein glückliches und lohnenswertes Dasein zu ermöglichen. Die Großmütter und –väter haben oftmals bis zum Schluss „das Sagen“ in den Familien und genießen Achtung und Respekt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Zur Sexualität und Rolle der Frau in Sri Lanka
Hochschule
Hochschule Zittau/Görlitz; Standort Görlitz
Veranstaltung
Psychologie der interkulturellen Kommunikation
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
27
Katalognummer
V114502
ISBN (eBook)
9783640152988
ISBN (Buch)
9783640154982
Dateigröße
573 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sexualität, Rolle, Frau, Lanka, Psychologie, Kommunikation
Arbeit zitieren
Diplom-Kommunikationspsychologin (FH) Julia Fischer (Autor:in), 2007, Zur Sexualität und Rolle der Frau in Sri Lanka, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114502

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