Der Darfur-Konflikt im Spiegel der internationalen Presse - Eine vergleichende Inhaltsanalyse der Berichterstattung in internationalen Tageszeitungen


Diplomarbeit, 2008

137 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abstract

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Ausgangslage
1.2 Theoretischer Kontext
1.3 Problemstellung
1.4 Zielsetzung
1.5 Methodische Vorgehensweise
1.6 Aufbau der Arbeit

2. Der Sudan und die Krise in Darfur
2.1 Der Sudan – allgemeine Daten
2.2 Sudan – a history of war and conflict
2.2.1 Die koloniale Vergangenheit des Sudans
2.2.2 Von der Unabhängigkeit bis zum zweiten Bürgerkrieg
2.2.3 The fragile peace – das CPA-Abkommen von
2.3 Die Provinz Darfur und die Entwicklung des Konflikts
2.3.1 Allgemeine Daten
2.3.2 Historische Entwicklung und Konfliktursachen
2.3.3 Genese und Verlauf des Konflikts seit
2.4 Zusammenfassung

3. Forschungsstand, theoretische Grundlagen und Forschungsannahmen
3.1 Das Verhältnis von Medien und Politik im Allgemeinen
3.2 Medien und Außenpolitik
3.3 Das Policy-Media-Interaction-Modell
3.4 Agenda-Setting
3.5 Framing und Second-Level Agenda-Setting
3.6 Zusammenfassung

4. Methodische Vorgehensweise
4.1 Datenquellen und Untersuchungszeitraum
4.1.1 Datenquellen und Untersuchungszeitraum bei der Frequenzanalyse
4.1.2 Datenquellen und Untersuchungszeitraum bei der Frame-Analyse
4.2 Datenerhebungs- und Datenanalyseverfahren
4.2.1 Die Inhaltsanalyse als sozialwissenschaftliche Methode
4.2.2 Ziele, Vorteile und Probleme von Inhaltsanalysen
4.2.3 Frequenzanalyse
4.2.4 Frame-Analyse
4.3 Zusammenfassung

5. Auswertung und Interpretation der Inhaltsanalysen
5.1 Ergebnisse der Frequenzanalyse: Intensität der Presseberichterstattung im Zeitverlauf
5.1.1 Januar 2004 bis Dezember
5.1.2 Januar 2006 bis August
5.2 Ergebnisse der Frame-Analyse
5.2.1 Medien-Frames der Darfur-Berichterstattung
5.2.1.1 „China und Darfur”: Öl, Waffen und die olympischen Spiele
5.2.1.2 „Genozid und die internationale Verantwortung“
5.2.2 Vergleich der Medien-Frames im gesamten Untersuchungszeitraum
5.2.2.1 Der Frame „China und Darfur“ im Vergleich
5.2.2.2 Der Frame „Genozid und die internationale Veranwortung“ im Vergleich

6. Zusammenfassung, kritische Würdigung und Ausblick
6.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
6.2 Kritische Würdigung
6.3 Forschungsausblick

Anhang 1: Tabellarische Chronologie des Darfur Konflikts seit

Anhang 2: Frame „China und Darfur”

Anhang 3: Frame „Genozid und die internationale Verantwortung“

Anhang 4: Chinesische Beteiligungen an sudanesischen Ölfeldern

Literaturverzeichnis

Vorwort

Eine akademische Abschlussarbeit zu verfassen ist in der Regel ein Prozess, in dessen Verlauf viele Klippen zu umschiffen sind. Auch die vorliegende Diplomarbeit bildet hier keine Ausnahme. Aus diesem Grund möchte ich hier die Gelegenheit nutzen, einigen Personen zu danken, die mich bei der Entstehung dieser Arbeit unterstützt haben.

Zunächst gilt der Dank meinen beiden Betreuern – Professor Dr. Wolfgang Seibel und Professor Dr. Wilhelm Kempf. Durch ihre Bereitschaft mein Thema mitzubetreuen haben sie mir den erfolgreichen Abschluss meines Studiums erst ermöglicht. Professor Seibel ist durch seine unkomplizierte Art und seine vielfältigen Forschungsschwerpunkte der ideale Erstgutachter für diese Arbeit. Herr Professor Kempf hat trotz eines Forschungssemesters und der Tatsache, dass ich nicht aus dem Fachbereich Psychologie stamme, ohne zu zögern das Zweitgutachten übernommen. Dies ist auch an einer „Elitehochschule“ leider nicht selbstverständlich.

Während der konzeptionellen Phase, der Inhaltsanalyse sowie während des Schreibprozesses war eine Person immer an meiner Seite: meine Freundin Melli. Sie war sozusagen der Fels in der Brandung, die manchmal durchaus tosend war. Ihre unendliche Geduld mit mir, ihre hilfreichen Tipps sowie ihre moralischen Aufbauleistungen in schwierigen Phasen waren einfach heldenhaft.

Weiterhin möchte ich die anderen Mitstreiter unserer Clique nicht unerwähnt lassen, die mit mir dieses Studium durchgezogen haben: Becci, Isa, Fabi, Christian, Sascha, Benni T., und Benni S.. Sie haben die tiefsten Tiefs erträglich gemacht und die höchsten Hochs erst zu diesen gemacht.

Diese Arbeit bildet den Abschluss meines Studiums in Konstanz, das immerhin über 5 Jahre in Anspruch genommen hat. Ich nehme das zum Anlass meinen Eltern zu danken, die mir in all den Jahren nicht nur finanziell unter die Arme gegriffen, sondern mich auch von Beginn an vielfältig unterstützt haben. Außerdem haben sie auch bei der Korrektur dieser Diplomarbeit durch hilfreiche Tipps und Anregungen zu ihrem Gelingen beigetragen.

The Darfur conflict in view of the international press –

A comparative content analysis of press coverage in international daily newspapers

Abstract

This diploma thesis deals with the international media’s perception of one of Africa’s bloodiest conflicts of the recent past: the atrocities in the province of Darfur in Western Sudan. In the course of this thesis two main objectives are achieved.

Firstly, it will provide the reader with an introduction to one of the world’s worst intrastate conflicts, its historic and current developments. The opening chapter therefore takes a historic perspective to reveal the complex roots of the crisis. It is based on a thorough investigation of the relevant literature about the Sudan in general and about Darfur in particular.

Secondly, the media coverage of the Darfur conflict in international daily newspapers is examined. This examination is based on a two phase content analysis. The first phase is a frequency analysis which measures the intensity of media coverage in 11 international newspapers between January 2004 and August 2007. The second phase is a frame analysis which uncovers specific frames in 3 international newspapers between March 2006 and August 2007.

The results of the content analysis give a comprehensive overview of the international press coverage of the conflict in Darfur. The outcomes of the frequency analysis illustrate on the one hand that the variations of the intensity of media coverage can be explained against the background of the actual incidents in Darfur. The frame analysis on the other hand identifies two dominant media frames within international press coverage. The first frame highlights China’s critical role in the process of conflict resolution in the Darfur region by pointing out the strong economic and political ties between China and the Sudanese regime. The second one is labelled “Genocide and the international responsibility” and shows that the conflict in Darfur is meanwhile mainly uniformly perceived as genocide by the international media. Furthermore the responsibility of the international community to protect the people in Darfur is addressed. The findings of the frame analysis show that the international newspapers use similar frames to report about the conflict. Based on the theoretical assumptions deducted from the relevant literature one can therefore theorise that homogenous media coverage of the Darfur conflict can be one of the explaining factors behind increased international pressure to solve the crisis.

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Policy-Media-Interaction-Modell

Tabelle 2: Analysierte Tageszeitungen im Rahmen der Frequenzanalyse

Tabelle 3: Checkliste für die Qualitätskontrolle der Frequenzanalyse

Tabelle 4: Checkliste für die Qualitätskontrolle bei der Frame-Analyse

Tabelle 5: Beispiele für den Frame "China und Darfur"

Tabelle 6: Beispiele für den Frame "Genozid und die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft"

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Argumentationslogik der Studie von Jäger und Viehrig (2005)

Abbildung 2: Argumentationslogik der Vermutung dieser Diplomarbeit

Abbildung 3: Übersichtskarte Sudan

Abbildung 4: Die sudanesische Provinz Darfur

Abbildung 5: Agenda-Setting-Funktion der Medien

Abbildung 6: Die zwei Phasen der inhaltsanalytischen Untersuchung

Abbildung 7: Aufbau der Frequenzanalyse

Abbildung 8: Aufbau der Frame-Analyse

Abbildung 9: Darfur-Berichterstattung in amerikanischen Zeitungen Jan 04 - Dez 05

Abbildung 10: Darfur-Berichterstattung in britischen Zeitungen Jan 04 - Dez 05

Abbildung 11: Darfur-Berichterstattung in deutschen Zeitungen Jan 04 - Dez 05

Abbildung 12: Darfur-Berichterstattung in französischen Zeitungen Jan 04 - Dez 05

Abbildung 13: Darfur-Berichterstattung in amerikanischen Zeitungen Jan 06 - Aug 07

Abbildung 14: Darfur-Berichterstattung in britischen Zeitungen Jan 06 - Aug 07

Abbildung 15: Darfur-Berichterstattung in deutschen Zeitungen Jan 06 - Aug 07

Abbildung 16: Darfur-Berichterstattung in französischen Zeitungen Jan 06 - Aug 07

Abbildung 17: Frame "China und Darfur" im Vergleich März 06 - Aug 07

Abbildung 18: Kategorien des Frames "China und Darfur" im Vergleich

Abbildung 19: Frame "Genozid und die internationale Veranwortung" im Vergleich März 06 - Aug 07

Abbildung 20: Kategorien des Frames "Genozid und die internationale Veranwortung" im Vergleich

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Where there is no camera, there is no humanitarian intervention.“

(Bernard Kouchner 2002[1] )

1. Einleitung

1.1 Ausgangslage

Bis vor einigen Jahren war die Region Darfur im Westen des Sudans den meisten Menschen unbekannt. Diese entlegene Provinz im flächenmäßig größten Staat Afrikas war keine Nachricht wert. Wenn der Sudan überhaupt in die Schlagzeilen der Presse kam und so das Bewusstsein der Bevölkerung erreichte, dann durch die Berichterstattung über den seit Jahrzehnten schwelenden Konflikt zwischen dem Norden und dem Süden des Landes. Im Großen und Ganzen spielten die dortigen Ereignisse auf internationaler Ebene jedoch eine eher untergeordnete Rolle. Obwohl gewalttätige Auseinandersetzungen auch in Darfur in der Geschichte eher die Regel als die Ausnahme darstellen, erlangte der Konflikt erst mit der sich immer weiter zuspitzenden Krise zu Beginn des Jahres 2003 schlagartig weltweite mediale und politische Aufmerksamkeit. Die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der Zentralregierung in Khartoum und verschiedenen Rebellengruppierungen waren von Beginn an gekennzeichnet durch extreme Brutalität auf beiden Seiten. Insbesondere die von der Regierung unterstützten Milizen Janjaweed gingen dabei immer wieder mit äußerster Härte gegen die Zivilbevölkerung vor. Knapp 10 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda regte sich daraufhin langsam das Gewissen der Weltöffentlichkeit. Darfur hat sich seinen Platz auf der internationalen politischen Landkarte im wahrsten Sinne des Wortes „erkämpft“. Inzwischen ist Darfur weltweit zum Synonym für Menschenrechtsverletzungen, Massenvertreibungen und gewalttätige Übergriffe gegenüber der Zivilbevölkerung geworden.

Trotz dieser gestiegenen medialen und politischen Aufmerksamkeit fehlte es lange Zeit an einer gemeinsamen internationalen Anstrengung zur Lösung der Krise (Jäger & Viehrig 2005: 10). Die gemeinsamen Bemühungen von Afrikanischer Union und Vereinten Nationen führten im Mai 2006 zwar zur Unterzeichnung des Darfur-Peace-Agreements (DPA). Das Abkommen brachte jedoch nicht die gewünschten Ergebnisse und konnte eine weitere Eskalation des Konflikts nicht verhindern. In der Folge wurden die internationalen Anstrengungen verstärkt und die Vereinten Nationen verabschiedeten am 31.07.2007 die Resolution 1769. Diese Resolution bereitete den Weg für die Entsendung der größten Friedensmission in der Geschichte der Vereinten Nationen (United Nations African Union Mission in Darfur: UNAMID), deren Entsendung seit Beginn des Jahres 2008 im Gang ist. Parallel zu dieser verstärkten politischen Auseinandersetzung mit dem Sudan-Konflikt beschäftigen sich inzwischen auch zunehmend wissenschaftliche Studien mit seiner Problematik. Ein Bereich dieser Forschungsanstrengungen bezieht sich dabei auf die mediale Wahrnehmung der Darfur-Krise und deren Auswirkungen auf die damit verbundenen außenpolitischen Entscheidungsprozesse (vgl. z. B. Jäger & Viehrig 2005, Kim et al. 2007). Weitere Untersuchungen zum Einfluss der Medien auf die Politik im Allgemeinen und deren Rolle bei Entscheidungen über internationale Interventionen im Besonderen werden jedoch von der Forschung für notwendig erachtet (Schulz 1997: 240, Robinson 2002: 23).

1.2 Theoretischer Kontext

Das Verhältnis von Massenmedien und Politik stellt einen zentralen Forschungszweig in den Politik- und Kommunikationswissenschaften dar. Im Vordergrund der Untersuchungen stehen dabei die wechselseitige Beeinflussung und zunehmende Kopplung von Medien und Politik (Schulz 1997: 11, Wittkämper 1992). Generell lassen sich zwei Grundpositionen unterscheiden. Zum einen sind es Untersuchungen, die ihren Blickwinkel auf die Instrumentalisierung der Medien durch die Politik richten (vgl. Instrumentalisierungsthese bei Schulz 1997: 25, Schatz 1982) und zum anderen handelt es sich um Studien, welche die Abhängigkeit der Politik von den Medien thematisieren (vgl. Dependenzthese bei Schulz 1997: 24, Kepplinger 1983).

Folgt man der Argumentation der Dependenztheorie, so sind Medien nicht rein passive Vermittler von politischen Informationen; vielmehr können sie als aktives Element innerhalb des politischen Prozesses betrachtet werden (Eilders 2001: 1 f.). Die politische Wirklichkeit existiert damit nicht unabhängig von den Medien, sondern wird durch diese stark geprägt. Dieser Sachverhalt weist auf eine zentrale Bedeutung der Medien als politischen Machtfaktor hin (Kepplinger 1983: 61). In diesem Zusammenhang verweisen unter anderem auch Stober (1992: 29) und Meyn (2001: 35) auf die Fähigkeit der Medien, die öffentliche Meinungs- und Willensbildung zu beeinflussen.

Dabei beschränkt sich die Einflussnahme der Medien nicht nur auf innenpolitisch relevante Themenbereiche, sondern erstreckt sich auch auf außenpolitische Entscheidungsprozesse (Kepplinger 1983: 57, Wittkämper 1992: 151 f.). Die zunehmende Bereitschaft der internationalen Staatengemeinschaft, sich aktiv in Krisengebieten wie in Darfur zu engagieren, stellt eine Entwicklung innerhalb der internationalen Außenpolitik seit dem Ende des Kalten Krieges dar. Ein Beleg dafür kann in der Zunahme von militärischen und humanitären Interventionen gesehen werden. So ist die Zahl der Peacekeeping-Missionen der Vereinten Nationen um ein Vielfaches gestiegen (Yannis 2002: 826). Auf Grund ihrer spezifischen Nachrichtenfaktoren stehen Konflikte häufig im Zentrum der Medienberichterstattung (vgl. u. a. Schulz 1976, Eilders 1996). Jedoch wird nicht mit der gleichen Intensität über die jeweiligen Krisenregionen berichtet. Die Medien besitzen hier eine Agenda-Setting-Funktion. Grundannahme des Agenda-Setting-Ansatzes ist es, dass die Massenmedien die Themen, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden, mitbestimmen. Durch diese Thematisierungsfunktion beeinflussen sie nicht nur die Aufmerksamkeit, das Wissen und das Problembewusstsein der Öffentlichkeit gegenüber bestimmten Ereignissen, sondern auch das der politischen Entscheidungsträger (Burkart 1998: 247, Schenk: 2002: 404). Daraus folgt, dass jene Konflikte, die eine hohe mediale Präsenz aufweisen, auch eine höhere außenpolitische Priorität erlangen. Die stärkere nationale Auseinandersetzung mit diesen Konflikten löst jedoch nicht automatisch eine gemeinsame politische Aktion der internationalen Staatengemeinschaft aus. Internationale Interventionen kommen nur dann zustande, wenn ein gemeinsames internationales Vorgehen koordiniert werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn der Konflikt international einheitlich wahrgenommen wird und ein Konsens über den zu wählenden Lösungsansatz besteht. Um das zu verwirklichen, bedarf es einer homogenen Berichterstattung durch die Medien (Jäger & Viehrig 2005: 10 f.).

1.3 Problemstellung

Ausgangspunkt der Überlegungen zu dieser Diplomarbeit bildet die Studie von Jäger und Viehrig (2005), die sich mit der medial vermittelten Interpretation der Darfur-Krise im internationalen Vergleich beschäftigt. Zentrales Ergebnis der Untersuchung ist die Erkenntnis, dass die internationale Presseberichterstattung über den Sudan im Zeitraum von September 2003 bis August 2004 heterogen war. Dies führte gemäß den Autoren zu einer international uneinheitlichen Wahrnehmung der Krise. Auf Grund dessen konnte sich nach Jäger und Viehrig (2005) kein Handlungsdruck zur Durchführung einer gemeinsamen und entschlossenen internationalen Intervention aufbauen. Abbildung 1 stellt die Argumentationslogik dieser Studie vereinfacht dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Argumentationslogik der Studie von Jäger und Viehrig (2005)

Quelle: Eigene Darstellung

Die vorliegende Diplomarbeit bedient sich prinzipiell derselben Argumentationslogik, geht jedoch von einer inzwischen veränderten Ausgangssituation aus. Vor dem Hintergrund der Entwicklungen der Jahre 2006 und 2007, wie zum Beispiel dem Beschluss zur Entsendung von UNAMID im Juli 2007, lässt sich vermuten, dass sich inzwischen der Handlungsdruck für ein internationales Eingreifen verstärkt hat. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich die Wahrnehmung der Krise inzwischen international angeglichen hat. Eine Homogenisierung der internationalen Medienberichterstattung könnte ein Faktor sein, der zum Aufbau dieses verstärkten internationalen Handlungsdrucks beigetragen hat. Diese Vermutung wird in dieser Diplomarbeit durch eine Analyse der Berichterstattung in führenden internationalen Tageszeitungen untersucht. Abbildung 2 gibt eine schematische Darstellung der Argumentation, die dieser Vermutung zu Grunde liegt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Argumentationslogik der Vermutung dieser Diplomarbeit

Quelle: Eigene Darstellung

1.4 Zielsetzung

Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem Konflikt in der westsudanesischen Provinz Darfur und dessen medialer Darstellung in internationalen Tageszeitungen. Dabei werden im Laufe der Arbeit zwei Hauptziele verfolgt: Zunächst liefert die Diplomarbeit eine detaillierte Darstellung der historischen Wurzeln des Konflikts sowie seines Verlaufs von Januar 2003 bis August 2007. Dadurch werden die notwendigen Grundlagen für das Verständnis der Darfur-Krise geschaffen. Das Ziel des empirischen Teils der Diplomarbeit ist die Prüfung, ob sich in der Presseberichterstattung zum Thema Darfur in internationalen Tageszeitungen eine Unterstützung der o.g. Vermutung nachweisen lässt. Im Fokus stehen dabei die Intensität der Berichterstattung im Zeitverlauf sowie die Identifizierung von sogenannten Frames[2] in den internationalen Tageszeitungen und deren Untersuchung auf quantitative und inhaltliche Homogenität.

1.5 Methodische Vorgehensweise

Die theoretische Grundlage der Diplomarbeit bilden Ansätze aus den Medien- und Kommunikationswissenschaften. Diese werden herangezogen, um Annahmen über das Verhältnis von Medien und Politik abzuleiten und so einen analytischen Bezugsrahmen für die anschließende Inhaltsanalyse zu bilden. Ausgehend von Literatur über Dependenz- und Instrumentalisierungthese wird mit Hilfe des von Robinson (2002) entwickelten Policy-Media-Interaction-Modells dieses interdependente Verhältnis konkretisiert. Dabei steht in diesem Zusammenhang vor allem der Einfluss der Medien auf außenpolitische Entscheidungsprozesse im Vordergrund. Durch Rückgriff auf die Argumentation des Agenda-Setting-Ansatzes wird verdeutlicht, dass die Medien die Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Politik auf bestimmte Themen lenken können. Der Framing-Ansatz wird schließlich benutzt, um festzustellen, ob die Medien die Darfur-Krise in ähnlicher Weise wahrnehmen, thematisieren und darstellen. Die Framing-Theorie geht davon aus, dass Journalisten gegenüber einem Thema oder Ereignis eine spezifische Perspektive einnehmen, die sich in der Art ihrer Berichterstattung widerspiegelt. Frames dienen demnach der Strukturierung der Realität nach bestimmten Mustern bzw. Schemata. Dabei werden bestimmte Aspekte eines Ereignisses in den Vordergrund gestellt und andere vernachlässigt bzw. nicht berücksichtigt (Bonfadelli 2002: 51). Eine homogene Berichterstattung im Sinne der Zielsetzung erfordert somit das Vorhandensein einheitlicher Frames in den internationalen Tageszeitungen.

Den empirischen Teil der Arbeit bildet eine Inhaltsanalyse, die aus zwei Phase besteht. Speziell im Bereich der Medienwissenschaft besitzen Inhaltsanalysen einen hohen Stellenwert, da sie Aussagen über große Textmengen erlauben, die für die Massenmedien typisch sind (Bonfadelli 2002: 53). Zur Überprüfung der Fragestellung werden sowohl quantitative als auch qualitative inhaltsanalytische Methoden angewendet (Früh 1998, Mayring 2003, Merten 1995).

In Phase 1 wird zur Feststellung des Ausmaßes der Presseberichterstattung über die Darfur-Krise zunächst eine quantitative Frequenzanalyse durchgeführt. Diese quantitative Inhaltsanalyse untersucht die Darfur-Berichterstattung in 11 internationalen Tageszeitungen im Zeitraum von Januar 2004 bis August 2007. Damit wird überprüft, ob Unterschiede in Bezug auf die Intensität der Berichterstattung in den ausgewählten Tageszeitungen bestehen. In Phase 2 wird eine Frame-Analyse durchgeführt. Mit Hilfe der Frame-Analyse wird untersucht, ob die ausgewählten Tageszeitungen die Darfur-Krise in einheitlicher Weise wahrnehmen, thematisieren und darstellen und ob somit eine homogene Berichterstattung vorliegt. Die eher qualitativ orientierte Frame-Analyse untersucht Artikel in drei internationalen Tageszeitungen im Zeitraum von März 2006 bis August 2007.

1.6 Aufbau der Arbeit

Die Diplomarbeit gliedert sich in 6 Hauptkapitel, deren inhaltliche Schwerpunkte im Folgenden dargestellt werden.

Die Einleitung in Kapitel 1 liefert zunächst eine thematische Hinführung auf das Thema. Die Relevanz, das Thema Darfur-Konflikt aus einer medien- und politikwissenschaftlichen Perspektive zu betrachten, wird aufgezeigt. Darauf aufbauend werden Problemstellung, Zielsetzung und methodische Vorgehensweise der Diplomarbeit vorgestellt.

Kapitel 2 widmet sich daraufhin der Darstellung des zu untersuchenden Falls. Aus einer historischen Perspektive werden die Entwicklungen im Sudan und in der Region Darfur dargelegt und so die Grundlage für das Verständnis der komplexen Ursachenstruktur des Konflikts geschaffen.

Kapitel 3 stellt die theoretischen Grundlagen dar. Dieses Kapitel integriert Literatur aus den Medien- und Kommunikationswissenschaften sowie den Politikwissenschaften, um theoretische Annahmen über das Verhältnis von Medien und Politik zu gewinnen. Zunächst wird dabei das Verhältnis von Medien und Politik beleuchtet, um die wichtige Rolle der Medien im politischen Prozess aufzuzeigen. Anschließend wird dieser Aspekt auf die Außenpolitik übertragen. Das Policy-Media-Interaction-Modell klärt die Bedingungen, unter denen Medien einen Einfluss auf die Politik haben können. Den Abschluss der theoretischen Ausführungen bilden die Abschnitte zur Agenda-Setting-Funktion der Massenmedien und zum Framing-Ansatz.

In Kapitel 4 werden das Forschungsdesign sowie die Durchführung des Forschungsprozesses aufgezeigt. Im Fokus steht dabei die methodische Vorgehensweise bei den zwei Phasen der Inhaltsanalyse – Frequenz- und Frame-Analyse.

Kapitel 5 dient der Präsentation und Interpretation der Ergebnisse der beiden Phasen der Inhaltsanalyse.

Abschließend liefert Kapitel 6 eine zusammenfassende Schlussfolgerung sowie einen Ausblick auf die zukünftig nötigen Forschungen auf diesem Gebiet. Eine kritische Würdigung der Studie und Hinweise zum methodischen Vorgehen ergänzen dieses Kapitel.

„ Sudan is Rwanda in slow motion.”

Lake und Prendergast (2004)

2. Der Sudan und die Krise in Darfur

Die Krise in der sudanesischen Region Darfur kann nur verstanden werden, wenn man sie aus einer historischen Perspektive betrachet, die neben den Entwicklungen in Darfur auch diejenigen im gesamten Sudan mit einbezieht. Kapitel 2 dient zunächst als Einführung in die konfliktträchtige Geschichte des Sudans. Deshalb werden nach einer kurzen Einführung in Geographie und ethnische Zusammensetzung die wichtigsten Stationen der historischen Entwicklung des Sudans präsentiert. Die Abschnitte 2.1 und 2.2 liefern somit die Hintergrundinformationen für das Verständnis des Konflikts in Darfur. Darauf aufbauend richtet sich der Fokus in Abschnitt 2.3 direkt auf die Konfliktregion Darfur. Dabei wird zunächst durch Rückgriff auf die Geschichte Darfurs die komplexe Ursachenstruktur skizziert. Im Anschluss zeichnet dieser Abschnitt die Chronologie der Ereignisse in Darfur in der Zeit von Mai 2003 bis Juli 2007 nach. Abschließend gibt Abschnitt 2.4 eine zusammenfassende Bewertung der Entwicklungen.

2.1 Der Sudan – allgemeine Daten

Der Sudan ist mit einer Fläche von ca. 2,5 Millionen km² das größte Land Afrikas und das zehntgrößte Land der Erde. Auf Grund der großen Nord-Süd-Ausdehnung von 2100 km finden sich im Sudan drei Klimazonen: im Nordern herrscht arides Wüstenklima vor, der Zentralsudan ist charakterisiert durch trockenheißes Steppenklima und der Süden ist durch Savannenklima geprägt (Willand und Russ 2005: 7). Die ca. 35-40 Millionen Einwohner verteilen sich auf zahlreiche ethnische Gruppen, die insgesamt mehr als 100 Sprachen sprechen und verschiedenen Religionen angehören. Die Mehrheit der Bevölkerung (ca. 65%) ist muslimischen Glaubens und spricht arabisch.[3] Anhänger verschiedener Naturreligionen (Animisten) und Christen bilden die Minderheit im Sudan. Ungefähr 50% der Bevölkerung sind Schwarzafrikaner und weitere ca. 40% sind arabischer Abstammung. Die geographische Lokalisierung der Ethnien im Sudan stellt sich wie folgt dar (Auswärtiges Amt 2008):

- im Norden dominiert die arabisch-islamische Bevölkerungsgruppe; einige nubische Stämme bilden die Minderheit.
- im Osten leben vor allem Stämme der Rasheida- und Beja, die im Zuge von Migrationsbewegungen im 19. Jh. aus Saudi-Arabien zuzogen.
- im Westen leben nomadische Stämme der Beggara, Fur, Zaghawa sowie die schwarzafrikanische Bevölkerungsgruppe der Nuba. Diese Stämme sind ebenfalls mehrheitlich muslimischen Glaubens.
- im Zentrum des Landes sowie im Südsudan überwiegen Anhänger von Naturreligionen und Christen, die den Volksgruppen der Dinka, Nuer und Shilluk angehören und zu den nilotischen Stämmen gezählt werden.

Wie diese Darstellung der komplexen ethnischen Zusammensetzung des Landes zeigt, liegt das Land an der Grenze zwischen dem schwarzen Afrika und der arabisch-islamischen Welt (Falkenstörfer 1993: 1). Diese wichtige geostrategische Lage weist dem Sudan eine Brückenfunktion zu, die sich auch in der wechselhaften Geschichte des Landes widerspiegelt (siehe Abschnitt 2.2).

Abbildung 3 zeigt eine Übersichtskarte des Sudans mit den Landes- und Provinzgrenzen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Übersichtskarte Sudan

Quelle: UN Department of Peacekeeping Operations 2008

2.2 Sudan – a history of war and conflict

Die Geschichte des Sudans ist seit jeher geprägt von kriegerischen Auseinandersetzungen, Besatzung und innerstaatlichen Konflikten. Viele aktuelle Probleme des Sudans haben ihre Wurzeln in der Vergangenheit. Aus diesem Grund skizziert dieser Abschnitt die wesentlichen Passagen der historischen Entwicklung des Sudans – von den Anfängen kolonialer Besatzung (Abschnitt 2.2.1) über die Zeit der beiden Bürgerkriege (Abschnitt 2.2.1) bis zu den heutigen Konfliktlinien (Abschnitt 2.2.3).[4]

2.2.1 Die koloniale Vergangenheit des Sudans

Der Staat Sudan in seinen jetzigen Grenzen ist ein Produkt seiner wechselhaften kolonialen Vergangenheit. Im Jahr 1821 eroberte der ägyptische Vizekönig Muhammad Ali Pascha den Sudan.[5] Die türkisch-ägyptische Herrschaft verschärfte die bis heute bestehende Trennung zwischen dem Norden und Süden des Landes, da zu dieser Zeit die Unabhängigkeit der südsudanesischen Stämme unterminiert wurde und der Süden stark unter der massiven Ausweitung des Sklavenhandels litt (Verney 1995: 11, Johnson 2004: 6). Sklavenhandel, Korruption und wirtschaftliche Ausbeutung charakterisierten die Zeit der türkisch-ägyptischen Herrschaft im Sudan und bereiteten den Weg für eine antikoloniale Bewegung unter Führung von Muhammad Ahmad in den 1880er Jahren, die auch als Mahdi-Aufstand bezeichnet wird (Idris 2006: 31). Die Besatzungsmächte wurden zurückgedrängt und die Mahdisten errichteten daraufhin das Kalifat von Omdurman, das ca. 15 Jahre Bestand hatte. In den 1890er Jahren begann die Rückeroberung des Sudans durch die Kolonialmächte. In der Schlacht von Omdurman 1898 besiegte das britisch-ägyptische Expeditionskorps schließlich die Armee der Mahdisten und begründete damit das sogenannte britisch-ägyptische Kondominium[6] im Sudan. Offiziell handelte es sich dabei um die gemeinsam ausgeübte Verwaltung des Territoriums; de facto war der Sudan jedoch britische Kolonie, da Ägypten ebenfalls unter der Herrschaft Großbritanniens stand (Abdelrahman 2005: 8). Ähnlich wie im Fall der türkisch-ägyptischen Administration führte die Zeit unter britischer Herrschaft dazu, dass Norden und Süden des Landes weiter voneinander isoliert wurden. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die britische Kolonialpolitik im Süden anders ausgestaltet war als im Norden. Der Höhepunkt dieser „Southern Policy“ war die sogenannte „Closed District Ordinance“, die den Zugang zum Südsudan stark beschränkte (Johnson 2004: 9; Verney 1995: 11). Noch vor Beginn der sudanesischen Unabhängigkeit 1956 verschärften sich die Gegensätze zwischen den Regionen des Landes weiter. Die inneren Spannungen bezogen sich auf die künftige Struktur der sudanesischen Verfassung und insbesondere auf die Frage, ob dem Süden und anderen Regionen eine gewisse Form der Autonomie vom dominierenden Norden des Landes gewährt werden sollte (Verney 1995: 12). Als Beginn des ersten sudanesischen Bürgerkriegs kann der Aufstand südsudanesischer Truppen in Torit 1955 gesehen werden (Abdelrahman 2005: 15).

2.2.2 Von der Unabhängigkeit bis zum zweiten Bürgerkrieg

1956 wurde der Sudan als erster afrikanischer Staat von Großbritannien in die Unabhängigkeit entlassen (Tetzlaff 1993: 2). Allerdings war dieser Schritt weniger ein Resultat gezielter nationaler Mobilisierung gegen die britische Kolonialherrschaft, sondern vielmehr eine Konsequenz aus dem Konflikt zwischen Ägypten und Großbritannien über den zukünftigen Status des Sudans nach dem 2. Weltkrieg (Johnson 2004: 21).

Im Rahmen der politischen Dekolonisation wurde die Zentralverwaltung hauptsächlich an nordsudanesische Eliten übergeben, was die Gräben zwischen Norden und Süden weiter vertiefte. 1958 übernahm eine Militärregierung unter General Abboud die Kontrolle und verfolgte eine Politik der Arabisierung und Islamisierung des Südens. Die Situation zwischen dem Norden und Süden des Landes verschlechterte sich weiter, und immer häufiger entluden sich die Spannungen in gewalttätigen Aktionen der Guerilla-Gruppierung Anyanya gegen die Armee und repressiven Maßnahmen der Militärregierung gegen die Zivilbevölkerung (Johnson 2004: 31). 1964 trat die Militärregierung nach massiven Protesten zurück und wurde durch schnell wechselne Zivilregierungen ersetzt. Diese politische Instabilität der folgenden Jahre nutzte Oberst Numeiri 1969 zu einem erneuten Staatsstreich. Der schwelende Konflikt eskalierte zum offenen Bürgerkrieg, der in allen drei südsudanesischen Provinzen tobte und zwischen 500.000 und 700.000 Menschenleben forderte. Erst mit dem Friedensvertrag von Addis Abeba 1972 fand dieser Bürgerkrieg ein vorläufiges Ende (Khalid 2003: 139, Verney 1995: 12). Dieses Abkommen gewährte dem Süden zwar begrenzte regionale Autonomie und erlaubte die Errichtung eines Regionalparlaments für die drei südlichen Provinzen, verhinderte jedoch gleichzeitig eine vollkommene Loslösung des Südens (Verney 1995: 12, Peter 2004: 11). In der Folge erlebte der Sudan eine Periode der relativen Ruhe, die bis Anfang der 80er Jahre andauerte (Khalid 2003: 133). Der Konflikt flammte wieder auf, als die Zentralregierung in Khartoum unter Führung Numeiris zunehmend in die Autonomie des Südens eingriff, das Regionalparlament auflöste und den Südsudan verfassungswidrig in drei Regionen aufteilte, um die Kontrolle über die neu gefundenen Ölvorkommen im Süden zu erlangen. Dieser Bruch des Abkommens von Addis Abeba in Verbindung mit der Einführung des islamischen Rechts – der Sharia – im ganzen Land führten zum Ausbruch des zweiten Bürgerkriegs im Sudan. 1983 wurde die Sudanese People’s Liberation Army (SPLA) von Oberst John Garang gegründet, deren Ziel nicht die direkte Sezession des Südens vom Norden war, sondern die Schaffung eines vereinten, säkularen, föderativen, sozialistischen Sudans mit gleichberechtigten Ethnien (Abdelrahman 2005: 21, Tetzlaff 1993: 77). Zu Beginn waren die Kampfhandlungen zwischen der Volksbefreiungsarmee und der sudanesischen Armee eher beschränkt, weiteten sich jedoch bald zu einem der blutigsten Bürgerkriege des afrikanischen Kontinents aus. Seit dem Militärputsch von 1989 intensivierte die Regierung in Khartoum unter Führung General al-Bashirs die militärischen Aktivitäten und führte erbitterte Kämpfe gegen die verschiedenen südsudanesischen Rebellenorganisationen, insbesondere gegen die SPLA. Vor allem die Zivilbevölkerung im Süden des Landes litt unter den Grausamkeiten, die von beiden Konfliktparteien verübt wurden. Zusätzlich zu den direkten Opfern des Bürgerkriegs addieren sich die Hungertoten der Dürrekatastrophen in den Jahren 1983-1985 sowie 1988/1989 (Tetzlaff 1993: 94). Die Zahl der Todesopfer des zweiten Bürgerkriegs von 1983-2005 kann nicht exakt bestimmt werden und schwankt zwischen knapp einer Million und über 2 Millionen. Die Zahl der Flüchtlinge und Vertriebenen wird häufig mit mehr als 4 Millionen angegeben (International Crisis Group 2007[7] ).

2.2.3 The fragile peace – das CPA-Abkommen von 2005

Erst durch internationalen Druck wurden die Bemühungen beider Seiten um ein Friedensabkommen verstärkt (Öhm 2005: 157). Seit 2001 verstärkten die USA ihre aktive Sudanpolitik und setzten das Regime in Khartoum unter Druck, die Verhandlungen mit der SPLA weiterzuführen. Im Juli 2002 begannen die beiden Konfliktparteien, die Rahmenbedingungen eines Friedensprozesses zu skizzieren, die im sogenannten Machakos-Protokoll festgehalten wurden. Der wichtigste Punkt war die Einigung auf ein Referendum über den zukünftigen Status des Südsudans nach einer Übergangsperiode (ICG 2002: 3). In den folgenden zweieinhalb Jahren wurden weitere Teilprotokolle ausgehandelt, die sich unter anderem mit der Zusammensetzung der Armee sowie mit der Ressourcen- und Machtverteilung beschäftigten (Öhm 2005: 154). Im Januar 2005 wurde schließlich das Comprehensive Peace Agreement (CPA) unterzeichnet, das offiziell den seit 1983 andauernden Bürgerkrieg beendete (ICG 2005b: I). Die Umsetzung des Friedensvertrags gestaltet sich aus vielfältigen Gründen jedoch als äußerst schwierig. Die Regierungspartei National Congress Party (NCP) fürchtet eine zunehmende Schwächung ihres Einflusses und verzögert die Implementierung des Abkommens. Die SPLA ist nach dem Tod ihres Anführers John Garang mehr denn je zersplittert und nur bedingt in der Lage, konstruktiv am Friedensprozess mitzuarbeiten. Andere am Konflikt beteiligte Akteure wurden im CPA-Abkommen von vornherein nicht ausreichend mit einbezogen, so dass die Tragfähigkeit des gesamten Abkommens gefährdet wird (ICG 2005a: 1, ICG 2006c: 1).

Während sich der Fokus der Weltöffentlichkeit nun dem seit 2003 eskalierenden Konflikt in der Provinz Darfur zuwendet, ist der seit Jahrzehnten andauernde Konflikt zwischen Zentralregierung und Rebellenorganisationen immer noch weit von einer dauerhaften, friedlichen Lösung entfernt. Ein Scheitern des CPA-Friedensprozesses hätte jedoch auch Auswirkungen auf die anderen Krisenherde des Landes und könnte zu einer weiteren Verschärfung des Darfur-Konflikts beitragen (ICG 2007: 2).

2.3 Die Provinz Darfur und die Entwicklung des Konflikts

2.3.1 Allgemeine Daten

Die sudanesische Provinz Darfur befindet sich im Westen des Sudans und besteht aus den drei Bundesstaaten Nord-, Süd-, und Westdarfur. Auch innerhalb der Darfur-Region lassen sich grob drei unterschiedliche Klimabereiche unterscheiden. Im Norden befindet sich ein selbst von Nomaden kaum besiedelter Trockengürtel, der bis an die libysche Wüste heranreicht. Im Zentrum der Provinz liegt das bis zu 3000m hohe Gebirgsmassiv Dschebel Marra, an dessen Abhängen eingeschränkt sesshafte Bauern Landwirtschaft betreiben und im Süden bzw. Südwesten besteht ein semi-humider Gürtel, in dem die Landwirtschaft auf Grund der höheren Regenmengen etwas entwickelter ist (Prunier 2007: 14). Darfur hat mit ca. 500.000 km² ungefähr die Größe Frankreichs und ist mit einer geschätzten Einwohnerzahl von 4-6 Millionen für das Jahr 2004 sehr dünn besiedelt (Human Rights Watch[8] 2004b: 6). Die Bevölkerung von Darfur ist ein „komplexes ethnisches Mosaik“ (Prunier 2007: 16), das aus 40 bis 90 arabischen und afrikanischen Stämmen besteht (Flint und de Waal 2005: 8). Dieses komplizierte soziale Gefüge ist ein Resultat aus den über Jahrhunderte hinweg stattfindenden Bevölkerungsbewegungen afrikanischer und arabischer Stämme.[9] Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung sind allerdings Muslime. Eine Erklärung des Konflikts aus rein religiösen bzw. ethnischen Ursachen heraus, simplifiziert die Ursachenstruktur daher. Vielmehr liegen die Gründe für die Eskalation in Darfur in den vielschichtigen und konfliktbeladenen Beziehungen zwischen Darfur und der Zentralregierung in Khartum sowie im Konflikt über Ressourcen – fruchtbares Land, Wasser und Öl. Die ethnische Komponente des Konflikts überlagert in der Berichterstattung jedoch häufig die anderen entscheidenderen Konfliktfaktoren (Strube-Edelmann 2006: 11).

Schätzungen der Mortalitätsrate gehen inzwischen davon aus, dass der Konflikt in der Region zwischen 200.000 und 450.000 Menschenleben gefordert hat. Die Zahl der Flüchtlinge übersteigt inzwischen wahrscheinlich die Grenze von 2 Millionen (Hagan und Palloni 2006: 1579).

Abbildung 4 zeigt eine Übersichtskarte der Provinz Darfur mit den drei Bundesstaaten Nord-, Süd- und Westdarfur:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Die sudanesische Provinz Darfur

Quelle: Human Rights Watch 2008

2.3.2 Historische Entwicklung und Konfliktursachen

Seit dem 14. Jahrhundert wurde die Region von unabhängigen Sultanen regiert. Eine Phase türkisch-ägyptischer Besetzung Darfurs im späten 19. Jahrhundert dauerte nicht lange an. Erst 1916 verlor Darfur seine Unabhängigkeit endgültig als das letzte Fur-Sultanat von einem britischen Expeditionskorps erobert wurde. Darfur wurde annektiert und 1917 ins britisch-ägyptische Kondominium integriert (Collins 2006: 4). Ab diesem Zeitpunkt „musste das alte Sultanat auf Gedeih und Verderb innerhalb der Grenzen >>sudanesischer<< Herrschaft existieren“ (Prunier 2007: 38). In Abschnitt 2.2.1 wurde gezeigt, dass die Briten ihre Entwicklungsbemühungen auf den nördlichen Teil des Sudans um das Niltal beschränkten, was den bis heute bestehenden Zentrum-Peripherie-Konflikt begründete. Das einzige Interesse der britischen Kolonialverwaltung bestand zunächst darin, den Frieden zu bewahren, da sie Darfur wenig ökonomischen Nutzen für das Kondominium zusprachen (Prunier 2007: 36, Flint und de Waal 2005: 12). Die Verwaltung basierte deshalb auf dem in britischen Kolonialgebieten häufig angewandten Prinzip der Indirect Rule, bei dem die Macht über die Vermittlung traditionaler lokaler Autoritäten ausgeübt wurde (Collins 2006: 5). In der Praxis bedeutete dies jedoch eine Vernachlässigung Darfurs insbesondere gegenüber der Hauptstadt Khartum und den nördlichen Regionen Sudans. Flint und de Waal (2005: 13) machen diese Unterentwicklung vor allem im Bildungs-, Gesundheits- und Transportsektor fest. In der gesamten Provinz Darfur gab es 1935 lediglich 4 Schulen, die niedrigste Anzahl an Krankenhausbetten von allen sudanesischen Provinzen und nahezu keine Straßen- und Eisenbahnverbindungen. Diese seit Kolonialzeiten bestehende Unterentwicklung Darfurs wurde jedoch auch nach der sudanesischen Unabhängigkeit 1956 nicht abgebaut, sondern verfestigte sich in den politischen Realitäten des Landes. Das Gefühl der Bevölkerung Darfurs, lediglich an der Peripherie des Staates zu existieren, bildet auch eine der Ursachen für den Konflikt in Darfur in der heutigen Zeit. In den Jahren politischer Instabilität, die der sudanesischen Unabhängigkeit folgten (siehe Abschnitt 2.2.2), wurde die Bevölkerung Darfurs weiter marginalisert (ICG 2003: 1). Die langen Dürreperioden in den 1970er und 1980er Jahren verschlechterten die humanitäre Lage. Auf die Hungersnot der Jahre 1984/85 (de Waal 2005) wurde von der Regierung in Khartum aus machtpolitischen Gründen zu lange nicht adäquat reagiert, so dass sich die Situation für die Zivilbevölkerung weiter dramatisierte (Johnson 2004: 139, Prunier 2007: 67 ff.). Ebenfalls zu Beginn der 1980er Jahre wurde Darfur sowohl in den sudanesischen Bürgerkrieg zwischen Norden und Süden als auch in den Krieg im westlichen Nachbarland Tschad hineingezogen. In beiden Fällen wurden die Konflikte auf dem Rücken der Bevölkerung Darfurs ausgetragen (Johnson 2004: 140, Prunier 2007: 85). In den Jahren 1987-1989 kam es zu ersten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen in der Region zwischen den sesshaften Ackerbauern der Fur und arabischstämmigen nomadisierenden Kamel- und Viehzüchtern um den Zugang zu Land und Wasser. Diese durch Propaganda der Regierung in Khartum angeheizten Spannungen flammten in den folgenden Jahren immer wieder auf und resultierten in gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Ethnien (ICG 2004: 5). Von 1996-1998 dauerte der sogenannte Masalit-Krieg, in dessen Verlauf erstmals die von Regierung unterstützten und bewaffneten Milizen Janjaweed in die Kampfhandlungen eingriffen und gegen die Zivilbevölkerung vorgingen (Flint und de Waal 2005: 57 ff.). Auf Grund des andauernden Nord-Süd-Bürgerkriegs hat die schwelende Krise in Darfur jedoch weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene größere Beachtung gefunden. Die Bemühungen der sudanesischen Regierung und der internationalen Staatengemeinschaft waren hauptsächlich auf die Beilegung des Nord-Süd-Konflikts gerichtet. Auch in diesem Punkt wurde die Region Darfur wieder einmal vernachlässigt (Prunier 2007: 109).

Öhm (2005: 151 ff.) gibt eine Zusammenfassung der sich gegenseitig überlagernden Ursachen des Darfur-Konflikts:

- Legitimationskonflikt: Ein zentraler Faktor besteht in der schwachen Staatlichkeit des Sudans. Der sudanesische Staat ist der Prototyp eines sogenannten „failed state“. Folgerichtig nimmt der Sudan beim Failed States Index in den Jahren 2006 und 2007 Platz 1 ein (The Failed States Index 2006, 2007).[10]
- Zentrum-Peripherie-Konflikt: Die Zentralregierung in Khartum vernachlässigte die Entwicklung vieler Regionen über Jahrzehnte hinweg, was zu einer ökonomischen und politischen Marginalisierung geführt hat.
- Ressourcenkonflikt: Es besteht ein historischer Konflikt über die Nutzung von Ressourcen (insbesondere Land und Wasser) zwischen arabischstämmigen Nomaden und sesshaften Ackerbauern afrikanischer Stämme wie der Masalit und der Fur. Dieser Konflikt um lebensnotwendige Ressourcen verschärfte sich in den letzten Jahren zunehmend auf Grund von ausgedehnten Dürreperioden, Immigration arabischstämmiger Nomaden und politisch fragwürdiger Restrukturierungsentscheidungen der Zentralregierung.
- Ethnischer Konflikt: Der Ressourcenkonflikt zwischen arabischen und nicht-arabischen Bevölkerungsgruppen wird durch die einseitige Politik der Zentralregierung immer mehr auch zu einem ethnischen Konflikt transformiert.
- Konflikt um arabische Milizen: Der Einsatz der Janjaweed-Milizen gegen die Zivilbevölkerung führt zu einer Brutalisierung des Konflikts, die einer politischen Lösung entgegensteht.

2.3.3 Genese und Verlauf des Konflikts seit 2003

Die Region Darfur hat wie oben gezeigt schon seit Jahrzehnten unter gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen sowie Repressionen der Zentralregierung zu leiden. Erst mit der Eskalation der Gewalt zu Beginn des Jahres 2003 begann die Weltöffentlichkeit jedoch von diesem Krisenherd Notiz zu nehmen. Einige Autoren sehen die Eskalation der Gewalt in direktem Zusammenhang mit den Verhandlungen zur Beendigung des zweiten sudanesischen Bürgerkriegs, die sich ab dem Jahr 2002 intensivierten (Strube-Edelmann 2006, Prunier 2007). Die Vereinbarungen zwischen der sudanesischen Regierung und der südsudanesischen Rebellengruppe SPLA klammern die Darfur-Problematik vollständig aus. Die Rebellengruppen in Darfur forderten deshalb eine gerechtere Macht- und Ressourcenverteilung, um der weiteren Marginalisierung der Region entgegenzuwirken.[11]

Die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Rebellen und den Kräften der sudanesischen Armee begannen im Februar 2003 zu eskalieren. Vereinte Kräfte der beiden Rebellengruppierungen Sudan Liberation Army (SLA) und Joint Equality Movement (JEM) verübten Angriffe auf die Garnison in der Stadt Golu (Collins 2006: 8). Im April 2003 griffen SLA und JEM die Städte Nyala und Al-Fashir an, besetzten den Flugplatz von Al-Fashir und erbeuteten eine große Menge an Waffen und Munition (Mans 2004: 291). In den folgenden Monaten fügten die Rebellen den Regierungskräften durch ihre Guerillataktik starke Verluste zu (Flint und de Waal 2005: 100 ff.). Die sudanesische Regierung setzte voll auf eine militärische Lösung, um die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen (Prunier 2007: 129). Als Reaktion auf den zunehmenden militärischen Druck durch die Rebellen begann die Regierung Mitte 2003 arabische Milizen, die Janjaweed, zu bewaffnen und diese aktiv in ihre militärische Strategie zur Bekämpfung der Rebellen einzubinden. Obwohl offizielle sudanesische Regierungsstellen die Zusammenarbeit mit den Reitermilizen dementieren, berichten viele Quellen übereinstimmend von solch einer Kooperation (Strube-Edelmann 2006: 16, Collins 2006: 11, Flint und de Waal 2005: 101, HRW 2004c: 1) Mit dem Eintritt der Janjaweed in den Konflikt wurde die Zivilbevölkerung in Darfur immer häufiger Opfer von Gräueltaten. Die Strategie der Regierung war es, die Janjaweed gezielt gegen die ethnischen Gruppen einzusetzen, aus denen sich die Rebellengruppen SLA und JEM zusammensetzen. Resultat dieser Taktik waren schwere Übergriffe der Janjaweed auf Angehörige der Volksgruppen Fur, Masalit und Zaghawa (HRW 2004a: 7). Mit Unterstützung der sudanesischen Luftwaffe gingen die Janjaweed gegen ihre Dörfer vor und verfolgten eine Politik der „verbrannten Erde“ (ICG 2005b: 16). Hunderte Dörfer wurden zerstört und deren Bewohner teilweise getötet. Menschenrechtsorganisationen berichten über Folter, Vergewaltigungen und Massenvertreibungen (Amnesty International[12] 2004: 9 ff., HRW 2004b 13 ff.).[13] Diese massiven Menschenrechtsverletzungen veranlassten bereits zu diesem Zeitpunkt einige Beobachter die Ereignisse in Darfur auf Grund des Ausmaßes und der Systematik als ethnische Säuberungen zu klassifizieren (Collins 2006: 13, HRW 2004d: 9).

Im Mai 2004 begann die Afrikanische Union (AU) im Rahmen einer Friedensmission mit der Überwachung eines im April in der tschadischen Hauptstadt N’Djamena von den Konfliktparteien unterzeichneten Waffenstillstandsabkommens. Trotz einer Mandatserweiterung der African Union Mission im Sudan (AMIS) durch die UN-Resolution 1564 scheiterte der Versuch, das Abkommen durchzusetzen, da beide Seiten sich nicht an die Waffenruhe hielten und die Kämpfe immer wieder aufflammten. Ende 2004 begann in der nigerianischen Stadt Abuja unter Vermittlung der afrikanischen Union die erste Verhandlungsrunde über eine Lösung des Konflikts. Die dort verabschiedeten Vereinbarungen über humanitäre Fragen und Sicherheitsaspekte führten jedoch ebenfalls nicht zu einer entscheidenden Verbesserung der Lage (Strube-Edelmann 2006: 18ff). Die Kämpfe zwischen den Konfliktparteien sowie die Übergriffe der Janjaweed auf die Zivilbevölkerung gingen mit unvermittelter Härte weiter. Die Mission der Afrikanischen Union war auf Grund mangelnder Truppenstärke und Ausrüstung sowie eines eingeschränkten Mandats nicht in der Lage, die Zivilbevölkerung zu beschützen und einen Waffenstillstand durchzusetzen. Darfur blieb die „größte humanitäre Krise der Welt“ (ICG 2004: 1).

Im März 2005 beschließt der UN-Sicherheitsrat mit Resolution 1590, dass das Mandat der United Nations Mission in Sudan (UNMIS) erweitert wird, um die Mission der Afrikanischen Union in Darfur und die in Abuja begonnenen Friedensgespräche zu unterstützen. Die Verhandlungen in Abuja wurden auf Grund einer dramatischen Verschlechterung der Sicherheitslage monatelang unterbrochen. Die Kampfhandlungen weiteten sich immer weiter aus und griffen auch auf die Grenzregion mit dem Nachbarland Tschad über. Zu diesem Zeitpunkt konnte eine regionale Ausweitung des Konflikts nicht mehr ausgeschlossen werden.[14] Erst Mitte 2005 kam wieder Bewegung in den Friedensprozess. Im Juni wurde eine Prinzipienerklärung verabschiedet, die den weiteren Verlauf der Friedensgespräche regelt. Im November 2005 begann die 7. Verhandlungsrunde in Abuja. Diese Abuja-Verhandlungsrunden resultierten schließlich in der Unterzeichnung des Darfur Peace Agreement (DPA) im Mai 2006 zwischen der sudanesischen Regierung und einer Fraktion der Rebellengruppe SLA. Eine weitere Fraktion der SLA und das JEM lehnten das DPA jedoch ab. Die zunehmende Fragmentierung der Rebellengruppen untereinander erschwert somit eine politische Lösung des Konflikts weiter (ICG 2006a: 2). In der Folge der Unterzeichnung des DPA kam es zu einer erneuten Verschlechterung der Sicherheitslage in Darfur. Eine Großoffensive der sudanesischen Armee, erneute Übergriffe der Janjaweed-Milizen, Kämpfe zwischen den rivalisierenden Rebellengruppierungen sowie gewalttätige Proteste gegen das Darfur Peace Agreement prägten das Bild der folgenden Monate (ICG 2006b: 1). Darüber hinaus behinderte die sudanesische Regierung die Arbeit der Hilfsorganisationen systematisch, so dass die Versorgung der Flüchtlinge nicht mehr gewährleistet war. Um eine Verbesserung der Situation zu erreichen, beschlossen die Vereinten Nationen mit UN-Resolution 1706 vom 31. August 2006 die Überführung von AMIS in eine auf Darfur erweiterte UNMIS bis Ende des Jahres 2006. Die sudanesische Regierung lehnte diese UN-Mission jedoch entschieden ab und bezeichnete sie als Akt des „Neo-Kolonialismus“ (ICG 2006b: 3). Erst unter starkem internationalen Druck gab die Regierung im Juni 2007 nach und stimmte einer gemeinsamen Mission von AU und UN (UNAMID) zu. UN-Resolution 1769 vom 31. Juli 2007 gab dieser sogenannten Hybridmission ein robustes Mandat unter Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen. UNAMID ist mit einer geplanten Personalstärke von 26.000 Personen die größte Friedensmission in der Geschichte der Vereinten Nationen. Die Vorbereitungen für die Entsendung der Friedenstruppe gingen monatelang jedoch nur schleppend voran und wurden durch immer wieder aufflammende Gewalttätigkeiten behindert. Auch die Destabilisierung im Nachbarland Tschad hat die Vorbereitungen zur Stationierung von UNAMID gestört. Zu Beginn des Jahres 2008 waren dennoch ca. 9000 Blauhelmsoldaten vor Ort. Die UN arbeitet intensiv daraufhin, die geplante Personalstärke bald vollständig zu erreichen, um die Ziele von UNAMID nicht zu gefährden (UNAMID 2008).

2.4 Zusammenfassung

Dieses Kapitel hat gezeigt, dass die Probleme des Sudans im Allgemeinen und der Region Darfur im Besonderen nur dann verstanden werden können, wenn die historischen Konfliktlinien in die Analyse miteinbezogen werden. Kapitel 2 hat deshalb die Entwicklungen im Sudan und in Darfur aus einer historischen Perspektive betrachtet. Es wurde gezeigt, dass die Geschichte des Sudans seit jeher durch Bürgerkrieg und Gewalt gekennzeichnet war. Die dramatischen Entwicklungen der vergangenen fünf Jahre in der westsudanesischen Provinz Darfur sind deshalb kein Bruch mit der Vergangenheit, sondern eine logische Konsequenz daraus. Die Chronologie der Ereignisse hat ebenso deutlich gemacht, dass Friedensverträge und Waffenstillstandsabkommen in Zukunft in irgendeiner Form stärker überwacht werden müssen, um zu einer Verbesserung der Sicherheitslage zu führen. Denn trotz der Vielzahl an Abkommen und Vereinbarungen, die zwischen den Konflikparteien geschlossen wurden, hat sich die Sicherheitslage in Darfur in den letzten Jahren nicht entspannt. Die Gräben zwischen Rebellengruppen und Kräften der Regierung bleiben vertieft und die humanitäre Situation der Zivilbevölkerung bleibt demzufolge weiter dramatisch. Die Hybridmission der Vereinten Nation und der afrikanischen Union (UNAMID), die mit einem robusten Mandat und einer großen Personalstärke ausgestattet ist, soll nun diese Herkulesaufgabe lösen: Einer Region den Frieden bringen, die bis dato keinen Frieden kannte.

„Was in den Medien nicht präsent ist, ist auch in unserer Gesellschaft nicht mehr präsent.“

Meyn (2001: 34)

3. Forschungsstand, theoretische Grundlagen und Forschungsannahmen

Das Hauptziel von Kapitel 3 besteht in einer theoriegeleiteten Ableitung von Forschungsannahmen, die der inhaltsanalytischen Untersuchung zu Grunde liegen. Diese hier aufgestellten theoretischen Prämissen werden als gegeben angenommen und verdeutlichen die Relevanz der nachfolgenden empirischen Medienanalyse. Die einzelnen Abschnitte dieses Kapitels diskutieren zunächst den theoretischen Forschungsstand, um daraus Annahmen über das Verhältnis von Medien und Politik zu gewinnen. In Abschnitt 3.1 wird das Spannungsverhältnis zwischen Medien und Politik näher beleuchtet und die Relevanz des Forschungsfelds dargelegt. Instrumentalisierungs- und Dependenzthese werden als kontrastierende Denkschulen kurz skizziert. Besonderes Augenmerk wird im Weiteren auf den Einfluss der Medien auf außenpolitische Entscheidungsprozesse gelegt (Abschnitt 3.2). Das von Robinson (2002) entwickelte Policy-Media-Interaction-Modell, das die Bedingungen beschreibt, unter denen Medien Einfluss auf politische Prozesse haben, wird im Abschnitt 3.3 präsentiert. Die Ausführungen zum Agenda-Setting-Ansatz in Abschnitt 3.4 ergänzen die Argumentation der Dependenzthese. Eine Darstellung des Framing-Ansatzes, der für die praktische Durchführung der Inhaltsanalyse herangezogen wird, folgt in Abschnitt 3.5. Den Abschluss von Kapitel 3 bildet eine kurze Zusammenfassung der theoretischen Vorüberlegungen (Abschnitt 3.6).

3.1 Das Verhältnis von Medien und Politik im Allgemeinen

Die Expansion der Massenmedien in den letzten Jahrzehnten hat dazu geführt, dass sich auch die Forschung in diesem Bereich immer weiter ausdifferenziert hat. Ein populäres Forschungsfeld, das sich an der Schnittstelle von Medien- und Kommunikationswissenschaften auf der einen Seite und den Politikwissenschaften auf der anderen Seite befindet, bezieht sich auf das Verhältnis zwischen Massenmedien und Politik (Schulz 1997: 11). Dieses Beziehungsgefüge wurde stets als bedeutungsvoll charakterisiert, da es sich um „eines der grundlegenden Spannungs- und Kräfteverhältnisse“ (Wittkämper 1992: 2) pluralistischer Demokratien handelt. Während die Beziehungen früher häufig als einseitiges Verhältnis der Über- und Unterordnung verstanden wurden (Schulz 1997: 24), werden sie heutzutage eher als eine „Art Tauschverhältnis mit wechselseitiger Abhängigkeit“ skizziert (Sarcinelli 1991: 477). Dieser darin implizierte Funktionswandel der Massenmedien (Kepplinger 1983: 47) lässt sich auch an der Herausbildung zweier kontrastierender Denk- und Forschungsschulen erkennen, die versuchen, „die Beziehungen zwischen Medien und Politik theoretisch und empirisch aufzuklären“ (Schulz 1997: 25). Im Vordergrund der Untersuchungen stehen dabei die wechselseitige Beeinflussung und zunehmende Kopplung von Medien und Politik (Schulz 1997: 11, Wittkämper 1992). In der Instrumentalisierungs- bzw. der Dependenzthese werden die Medien dabei idealtypisch als eher schwach bzw. eher stark stilisiert (Meyer 2001: 81, Schulz 1997: 26, Jarren 1988a/b, Sarcinelli 1991).

Die Instrumentalisierungsthese, wie sie insbesondere von Schatz (1978, 1982) vertreten wird, geht davon aus, dass die Medien in zunehmende Abhängigkeit von der Politik geraten sind und durch diese instrumentalisiert werden. Durch diese weit reichenden Instrumentalisierungsstrategien (z. B. politische public relations) hat es die Politik geschafft, die Logik des Systems für ihre Zwecke auszunutzen und die Medien zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Die Medien haben dadurch einen Autonomieverlust erlitten, der ihre durch die Verfassung zugesicherte Unabhängigkeit beschneidet. Resultat ist eine dysfunktionale Schieflage des Systems zuungunsten der Medien, da diese ihre wichtigste Funktion, die Kontrolle der Politik, so nur unzureichend erfüllen können (Schulz 1997: 25, Burkart 1998: 384).

Die Dependenzthese verkehrt dieses Abhängigkeitsverhältnis ins Gegenteil. Sie geht davon aus, dass die Politik inzwischen in hohem Maße von den Medien abhängig ist. Insbesondere gilt dies für den Bereich der Politikvermittlung (Sarcinelli 1998). Legitimation und Durchsetzungsfähigkeit von Politik basieren heutzutage immer auch auf der Unterstützung durch die Massenmedien. Begriffe wie Mediokratie (Meyer 2001), Mediengesellschaft (Sarcinelli 1998) bzw. Medien als vierte Gewalt (Stober 1992), die in einschlägigen wissenschaftlichen Publikationen immer häufiger zu finden sind, illustrieren diesen Machtzuwachs der Medien gegenüber dem politisch-administrativen System deutlich. Im Mediokratie-Modell werden Medien zum Beispiel als „zentrale meinungsbildende Institutionen“ angesehen (Kamps 2007: 41). Manche Autoren sprechen sogar von einer „Kolonisierung der Politik“ durch die Medien (Meyer 2001). Auch wenn die extremen Ausprägungen dieser Positionen die Rolle der Medien wahrscheinlich überdramatisieren, kann man zumindest davon ausgehen, dass den Medien im politischen Prozess eine wichtige Rolle zukommt. Kepplinger (1983: 61) fasst diese Entwicklung innerhalb der Beziehungen zwischen Medien und Politik folgendermaßen zusammen: „[…] die Massenmedien, die ursprünglich außerhalb des politischen Systems angesiedelt waren, [haben] einen Platz innerhalb des politischen Systems übernommen. Sie sind zu einer politischen Macht geworden, die nicht mehr nur reagiert, sondern wesentlich agiert und – indem sie als eigenständige Kraft den Spielraum des politisch Möglichen definiert – indirekt mitregiert.“

Aus den Ausführungen zur Dependenzthese in diesem Abschnitt lässt sich demnach eine erste allgemeine Annahme über die Beziehung zwischen Medien und Politik formulieren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2 Medien und Außenpolitik

Basierend auf der im obigen Abschnitt 3.1 aufgestellten allgemeinen Annahme, wird der Gegenstandsbereich dieser theoretischen Argumentation im nun folgenden Abschnitt auf außenpolitische Entscheidungsprozesse erweitert. Schon seit langem beschränkt sich die Wirkungsforschung auf dem Gebiet der Kommunikations- und Politikwissenschaften nicht nur auf den Einfluss der Medien auf die Innenpolitik, sondern nimmt auch deren Bezug zur Außenpolitik mit in die Analyse auf. Zahlreiche Studien haben sich demnach bereits mit der Frage dieser Medienwirkungen in der internationalen Politik auseinandergesetzt (Wittkämper 1986, Cook et al. 1983, Bellers und Wehmeier 1980). Dieser Zusammenhang wird nun im Folgenden vor dem Hintergrund medientheoretischer Vorüberlegungen diskutiert.

Eine wesentliche politische Funktion des Systems der Massenmedien besteht schon seit jeher im Herstellen von Öffentlichkeit (Ronneberger 1974: 199, Eichhorn 1996: 121). Burkart (1998: 379) spricht davon, dass diese von den Massenmedien „gemacht“ wird. Sie wird somit durch die Veröffentlichung und das Zugänglichmachen von Informationen durch die Massenmedien konstruiert. In den Massendemokratien der heutigen Zeit spielt diese von den Massenmedien kreierte Öffentlichkeit eine bedeutende Rolle im Vermittlungsprozess zwischen dem Volk und den politischen Institutionen (Sarcinelli 1998: 436). Doch inwiefern stimmt die von den Medien gemachte Realität (d. h. die Medienrealität) mit der tatsächlich existierenden Wirklichkeit überein? Die zahlreichen Untersuchungen über die Beziehungen zwischen Medienberichterstattung und Realität deuten darauf hin, dass „Nachrichten und Wahrheit nicht dasselbe sind und klar voneinander geschieden werden müssen“ (Lippmann 1964: 243). Aus dieser von Lippmann bereits 1922 erstmals formulierten Erkenntnis wird die Bedeutung der Massenmedien für unsere Vorstellung von der Welt deutlich. Mit der rasanten Expansion der Massenmedien in den letzten Jahrzehnten gewinnt diese Medienrealität weiter an Einfluss, da inzwischen nahezu alle Informationen über die „Außenwelt“ (Lippmann 1964) durch die Medien kommuniziert werden. Wittkämper (1986: 55) fasst die Relevanz dieser Argumentation wie folgt zusammen: „Der einzelne ist um so mehr auf diese `Wirklichkeitsdarstellungen` der Medienberichterstattung angewiesen, je weniger er sich aus Primärerfahrungen ein eigenes – medienunabhängiges – Bild der Umwelt machen kann.“ Diese Abhängigkeit kann insbesondere für den Bereich der Außenpolitik angenommen werden, da diese – im Gegensatz zur Innenpolitik – für die wenigsten persönlich erfahrbar ist (Cohen 1963: 12 f.). Diese Argumentationslogik gilt auch für die außenpolitischen Entscheidungsträger – auch wenn diese im Allgemeinen über vielfältigere Informationsquellen als der Bürger verfügen.[15] Die Massenmedien sind somit in den meisten Fällen die Hauptinformationsquelle über außenpolitische Sachverhalte (McCombs 2004: 12, Haack 2007: 13). Sie ersetzen demnach bei „entfernteren“ Themen die direkte Wahrnehmung und besitzen deshalb in diesem Bereich einen größeren Einfluss (Eichhorn 1996: 24). Die Berichterstattung der Medien, deren Wahrnehmung durch die Rezipienten und die dadurch geprägte Vorstellung von der Wirklichkeit dienen den politischen Akteuren dieser Argumentation zur Folge auch als Grundlage für außenpolitische Entscheidungen (Meyers 1979: 224).

Folgende Annahme kann aus diesen theoretischen Vorüberlegungen abgeleitet werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wenn nun die Medien also außenpolitische Realitäten konstruieren, auf deren Basis außenpolitische Entscheidungen getroffen werden, muss konsequenterweise auch die Frage gestellt werden, welche Faktoren die Produktion dieser Medienrealität bestimmen. Genau dies wurde in den viel beachteten Studien von Galtung und Ruge (1965) sowie Östgard (1965) erstmalig untersucht. In diesen Untersuchungen werden Faktoren identifiziert, die bestimmen, welche Ereignisse tatsächlich als Nachricht in den Medien berichtet werden. Es werden also die Merkmale von Ereignissen gesucht, die dieses Ereignis zur berichtenswerten Nachricht machen. Es handelt sich somit um eine Theorie der Nachrichtenselektion, die die Komplexität der Welt zu reduzieren versucht (Schulz 1997: 68). Die Arbeiten von Galtung und Ruge sowie von Östgard haben zur Herausbildung eines eigenen Forschungsfelds innerhalb der Medien- und Kommunikationswissenschaften geführt – der sogenannten Nachrichtenwert- bzw. Nachrichtenfaktorenforschung (u. a. Schulz 1976, Eilders 1996, 1997). Diverse Versuche wurden unternommen diese Nachrichtenfaktoren vollständig zu ermitteln, zu kategorisieren und gegebenenfalls verschiedenen Dimensionen zuzuschreiben (u. a. Schulz 1976 und 1997: 70). Für das Thema dieser Diplomarbeit – den Darfur-Konflikt– spielen vor allem die Nachrichtenfaktoren „Aggression“ und „Werte“ eine besondere Rolle. Gemäß der Definition von Schulz (1997: 70 f.) ist der Nachrichtenwert eines Ereignisses umso größer, „je mehr offene Konflikte oder Gewalt vorkommen“ (Faktor Aggression), bzw. „je stärker allgemein akzeptierte Werte oder Rechte bedroht sind“ (Faktor Werte).[16] Im Fall des Konflikts in der sudanesischen Region Darfur sind diese beiden Faktoren extrem ausgeprägt. Sowohl das Ausmaß der kriegerischen Auseinandersetzung als auch die eklatante Verletzung der Menschenrechte in dieser Region haben dazu geführt, dass die Medien diesen Konflikt auf ihre Agenda gesetzt haben.

Ein Forschungsfeld, das implizit die oben dargestellte Nachrichtenwerttheorie integriert, diese jedoch erweitert, indem eine Wirkung von Medienberichten auf außenpolitische Entscheidungen angenommen wird, bezieht sich auf den sogenannten CNN-Effekt. In Anlehnung an Jakobsen (1996: 206) und Gowing (1994: 24-30) können die kausalen Mechanismen des CNN-Effekts folgendermaßen skizziert werden: Auf Grund der Ausgeprägtheit der Nachrichtenfaktoren bei einem Konflikt wird dieser auf die Agenda der Medien gesetzt. Die darauf folgenden Medienberichte über Grausamkeiten, Gewalttätigkeiten oder Menschenrechtsverletzungen führen dazu, dass die Politik der Regierung in Bezug auf den Konflikt öffentlich kritisiert wird. Der Druck auf die Regierung, etwas dagegen zu unternehmen, wird immer größer und überschreitet einen kritischen Wert. Die Regierung fühlt sich daraufhin gezwungen zu handeln und ändert ihre Politik. Obwohl sich die Terminologie des CNN-Effekts zwar explizit auf das Medium Fernsehen bezieht, lassen sich seine Grundargumente jedoch auch auf alle anderen Formen der Massenmedien anwenden, insbesondere auf die Presse (Robinson 2002: 2). Die wissenschaftliche Debatte über die Existenz und die Auswirkungen eines solchen Effekts begann Anfang der 90er Jahre im Kontext der US-geführten Interventionen in Kuwait und in Somalia und ist bis heute ein kontrovers diskutiertes Forschungsfeld (Robinson 2002: 10). Folgt man der viel zitierten Argumentation des CNN-Effekts, so hatten die Medien einen großen Einfluss auf die Entscheidungen zur Intervention. Während einige Kommentatoren den neuen Humanismus der Medien feierten und deren wichtige Rolle im Vorfeld der Interventionen unterstrichen (Rotberg und Weiss 1996), sahen andere, insbesondere in Kreisen der amerikanischen Regierung und bei Vertretern des politischen Realismus, diese ungerechtfertigte Einmischung der Medien in die amerikanische Außenpolitik als kritisch an (Robinson 2002: 10 und 1999: 302). Die Existenz des CNN-Effekts wird inzwischen zwar mehrheitlich nicht bestritten (Livingston 1997: 1). Über das Ausmaß des Effekts, die genauen Wirkungszusammenhänge sowie die Bedingungen, unter denen er sich entfalten kann, herrscht jedoch in der akademischen Diskussion immer noch keine Einigkeit (Jakobsen 1996 und 2000, Strobel 1997, Gilboa 2005: 34).

Basierend auf der oben formulierten allgemeinen Annahme 2 und der soeben theoretisch skizzierten Argumentation, kann nun folgende Prämisse über das Verhältnis der Medien zur Außenpolitik getroffen werden:

[...]


[1] Zitiert nach Cate (2002).

[2] Zur Erklärung des Framing-Konzepts und dessen Verwendung im Rahmen der Diplomarbeit siehe Abschnitt 1.5 sowie Abschnitt 3.5.

[3] Je nach Definition werden zwischen ca. 20 und mehr als 500 ethnischen Gruppierungen unterschieden (Öhm 2005: 151, Abdelrahman 2005: 6). Die Einwohnerzahl ist auf Grund der jahrzehntelang andauernden Konflikte schwierig zu bestimmen. Sie schwankt von ca. 35 Millionen bis 40 Millionen (CIA the World Fact Book 2008).

[4] In dieser Arbeit wird die Geschichte des Sudans nur in groben Zügen abgehandelt, da der Fokus der Arbeit im politik- und kommunikationswissenschaftliche Bereich liegt und nicht im geschichtswissenschaftlichen. Weitere Ausführungen zur historischen Entwicklung finden sich u.a. bei Holt und Daly (1994), Daly (1986 und 1991) sowie bei Khalid (2003).

[5] Offiziell gehörte Ägypten zu dieser Zeit dem Osmanischen Reich an. Deshalb spricht man von türkisch-ägyptischer Herrschaft über den Sudan. De facto war Ägypten weitgehend emanzipiert vom osmanischen Reich.

[6] Als Kondominium wird die auf einvernehmlicher Grundlage beruhende gemeinsame Ausübung der Gebietshoheit über ein Territorium durch zwei oder mehrere Staaten bezeichnet.

[7] Publikationen der International Crisis Group werden im Folgenden mit „ICG“ abgekürzt.

[8] Publikationen von Human Rights Watch werden im Folgenden mit „HRW“ abgekürzt.

[9] Für eine detailliertere Darstellung der Migrationsbewegungen und der ethnischen Zusammensetzung in der Provinz Darfur siehe Prunier (2007).

[10] Foreign Policy und der Fund for Peace geben dieses Ranking heraus, das diejenigen Staaten identifiziert, die am meisten vom Scheitern bedroht sind.

[11] Eine tabellarische Chronologie des Konflikts von Beginn des Jahres 2003 bis Anfang 2008 findet sich in Anhang 1.

[12] Publikationen von Amnesty International werden im Folgenden mit „AI“ abgekürzt.

[13] Eine systematische Darstellung der Gräueltaten im Darfur-Konflikt liefern u. a. Totten und Markusen (2006).

[14] Der Konflikt hat sich inzwischen nicht nur in der Grenzregion zwischen Darfur und dem Tschad intensiviert, sondern auch zur Destabilisierung des gesamten Tschads beigetragen. Die Kämpfe zwischen den Rebellen und tschadischen Regierungstruppen haben im Februar 2008 sogar die Hauptstadt N’Djamena erreicht.

[15] Zum Beispiel Botschaften, Nachrichtendienste, Experten, Konferenzen, Kontakte mit ausländischen Politikern.

[16] Die operationalen Definitionen der beiden Faktoren finden sich ebenfalls bei Schulz (1997: 70 f.)

Ende der Leseprobe aus 137 Seiten

Details

Titel
Der Darfur-Konflikt im Spiegel der internationalen Presse - Eine vergleichende Inhaltsanalyse der Berichterstattung in internationalen Tageszeitungen
Hochschule
Universität Konstanz  (Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft)
Note
1,5
Autor
Jahr
2008
Seiten
137
Katalognummer
V114400
ISBN (eBook)
9783640150212
ISBN (Buch)
9783640187836
Dateigröße
1763 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Darfur-Konflikt, Spiegel, Presse, Eine, Inhaltsanalyse, Berichterstattung, Tageszeitungen
Arbeit zitieren
Philipp Kratschmer (Autor:in), 2008, Der Darfur-Konflikt im Spiegel der internationalen Presse - Eine vergleichende Inhaltsanalyse der Berichterstattung in internationalen Tageszeitungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114400

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