Medien im Mittelalter


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

26 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Der Medienbegriff im Wandel seiner Zeit
2.1 Die Etymologie des Terminus Medium
2.2 Der Mittelalterliche Medienbegriff
2.3 Der Medienbegriff heute- im Mittelpunkt der Medientheorien

3. Medienkörper Mensch- Mittel zur Verständigung
3.1 Medium Schrift
3.2 Medium Sprache

4. Medien im Mittelalter- ein Blick auf die Medien der Burg und des Landes
4.1 Menschmedium im Mittelalter- das Medium der Burg
4.2 Der Sänger
4.3 Der Hofnarr
4.4 Das Blatt

5. Die Medien des ländlichen Raumes

6. Der Buchdruck Gutenbergs- Aufbruch in eine neue Medien- Galaxis

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

1. EINLEITUNG

So sehr sich unser Zeitalter und unsere Lebensumstände unter der Macht von Kommunikation und dem Einfluss der Medien vollziehen, war auch das Leben im Mittelalter zu einem mindestens ebenso wesentlichen Teil wie das heutige Leben von Kommunikationsmedien bestimmt. Selbstverständlich waren die mittelalterlichen Medien völlig andere, als die uns heute Bekannten. Ihre Existenz jedoch lässt sich nicht bestreiten. Spätestens mit den Arbeiten Marshall McLuhans ist die Geschichte der Kommunikationsmedien ein möglicher Ansatzpunkt für historisch- soziologische Beschreibungen geworden.

Die folgende Arbeit befasst sich mit diesen bereits im Mittelalter existierenden Medien. Das Herausstellen des Themas MEDIEN IM MITTELALTER, setzt eine vorausgehende Definition des Medienbegriffs und dessen Begriffsgeschichte voraus. Ferner wird es notwendig sein, das Mittelalter historisch in eine medien- relevante Epoche einzugrenzen. Die vorliegende Arbeit beansprucht allerdings in keiner Weise eine Epochendarstellung zu liefern, die das gesamte Mittelalter untersuchen würde. Ohne die Problematik der Epocheneingrenzung zu erwähnen, betrachten wir das Mittelalter in der groben Zeitspanne von 800 bis 1400. Innerhalb dieser medien- bezogenen Epochenuntersuchung soll das Augenmerk jedoch nicht nur auf dem Medium Schrift liegen. Auch wenn die Medien Schrift und Text im Mittelpunkt gesellschaftlicher Kommunikation der mittelalterlichen Lebenswelt standen, soll im Rahmen dieser Arbeit auch auf die bisher vielleicht weniger untersuchten Medien des Mittelalters eingegangen werden. Die Beschäftigung mit den Medien des Mittelalters setzt zudem voraus, dass die Medien Text und Schrift unter Berücksichtigung der mittelalterlichen Oralität betrachtet werden.

Vor dem Hintergrund des Medienbegriffs im Allgemeinen wie auch im mittelalterlichen Sinne, will die Arbeit vor allem der Frage nach der Art und Weise der Kommunikation nachgehen. In Anlehnung an das von Niklas Luhmann geprägte dreiteilige Kommunikationsmodell von Information, Mitteilung und Verstehen soll das Kommunikationsspektrum des Mittelalters aufgezeigt werden.

2. DER MEDIENBEGRIFF - IM WANDEL SEINER ZEIT

Der Begriff des Mediums verfolgt begriffsgeschichtlich und etymologisch eine lange Geschichte, die in dieser Arbeit nur in einem gewissen Maße skizziert werden kann. Der Terminus Medium leidet schon lange unter seiner Polysemie. Er ist und wird nicht nur immer wieder Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen verschiedener Fachbereiche, sondern ist zugleich auch zu einem schillernden Wort unserer Umgangssprache geworden. In der Eingrenzung und genaueren Definition dieses Terminus muss dieser Umstand berücksichtigt werden.

Abgesehen von den unterschiedlichen Disziplinen, die sich dem Terminus Medium gewidmet haben und sodann komplexe Theorien daraus entwickelt haben, hat sich eine besondere Unterscheidung des Begriffs Mediums weitestgehend durchgesetzt. So lässt sich der Terminus in die von Harry Pross formulierten Begriffe der Primärmedien, Sekundärmedien und Tertiärmedien1 unterscheiden. Diese Unterscheidung artikulierte Pross erstmals im Jahre 1972 und gehört seither „zum Grundbestand der Medienforschung im deutschen Sprachraum.“2

Die umfassende Mediengeschichte unserer Zeit lässt sich schematisch grob in drei große Bereiche einteilen, an denen sich diese Arbeit zeitgeschichtlich orientieren wird: die erste Phase der Mediengeschichte bis 1500 dominierte durch ihren Schwerpunkt der Primär- oder auch Menschmedien, die zweite Phase von 1500 bis etwa 1900 verlagerte diese Dominanz dann bereits, einhergehend durch die Erfindung der Drucktechnik, auf die Sekundär- oder so benannten Druck- Medien.

Die Druck- Medien waren zu dieser Zeit zunächst nur Individualmedium, bevor sie dann zum Massenmedium wurden. Die letzte Phase bezieht sich auf unser gegenwärtiges Medienzeitalter, das sich von 1900 bis heute auf die Verwendung von Tertiärmedien oder auch elektronischen Medien konzentriert. Manfred Faßler erweitert die von Harry Pross geprägte Medien- Einteilung um die Ebene der quartären Medien, die sich auf die

„computerbasierten und- verstärkten Medienbereiche netztechnischer, und elektronisch- räumlicher Konsumtion, Information und Kommunikation“3 bezieht.

Die Bedeutungsverschiebung vom mittelalterlichen zum heutigen Medienbegriff ist immens und wird im Rahmen dieser Arbeit aufgezeigt. Um Missverständnisse auszuschließen, orientiert sich die Arbeit an der Auffassung Niklas Luhmanns, das Medium offenbare sich in der Übermittlung von Sprache. Neben der Sprache als hauptsächliches Verständigungsmedium, sind auch die so genannten Medien des 18. Jahrhunderts Schrift und Druck gemeint. Medium wird von Luhmann als „eine große Menge von lose gekoppelten Elementen, die sich durch rigide gekoppelte Strukturen formen lassen. In diesem Sinne kann man zum Beispiel Sprache als ein Medium ansehen, das eine Riesenmenge von Aussagen ermöglicht, aber als Medium noch nicht festgelegt (...) Sprache ist ein Medium nur, soweit sie benutzt wird, um etwas (mehr oder weniger Bestimmtes) zu sagen.(...).“4

Der in Gerhard Maletzkes Hauptwerk PSYCHOLOGIE DER MASSENKOMMUNIKATION beschriebenen Definition nach, sind Medien „die technischen Instrumente oder Apparaturen, mit denen Aussagen öffentlich, indirekt und einseitig einem dispersen Publikum vermittelt werden.“5 Publizistische Einrichtungen wie Sender, Verlage, Zeitungen, Fernsehanstalten etc. schließt Maletzke hierbei aus, diese seien vielmehr so genannte Kommunikatoren.

Im weiteren Verlauf der Arbeit wird ein kurzer Blick auf die Etymologie des Terminus Medium geworfen, um sich dann in einem Versuch dem mittelalterlichen Medienbegriff anzunähern.

2.1 DIE ETYMOLOGIE DES TERMINUS MEDIUM

Laut Auskunft der einschlägigen Herkunftswörterbücher ist das Wort Medium seit dem 17. Jahrhundert im Deutschen belegt und kam zunächst als naturwissenschaftlicher und grammatischer Terminus auf. Etymologisch verfolgt, ist es mit den Wörtern Mitte, Mittel, dem französischen millieu, dem italienischen mezzo und den griechischen Wörtern meta und meson verwandt, daneben ist es mit vielen weiteren urverwandt und lässt sich auf die

indoeuropäische Wurzel medhios zurückführen. Im Lateinischen hingegen dominieren die Bedeutungen mittlerer, Mitte (räumlich und zeitlich), Mittelmaß, Mittelweg, Mittler und Hälfte. Nach Werner Faulstich ließen sich hier zudem grammatikalische, physikalische, spiritistische und parapsychologische Bedeutungen unterscheiden, die im Rahmen dieser Arbeit jedoch irrelevant sind. Jegliche wissenschaftliche Definitionen außer Acht gelassen, wird der Begriff des Mediums heute überwiegend im Sinne von Kommunikationsmittel verstanden.

Hinsichtlich der inflationären Verwendung des Begriffs Medium ist zu konstatieren, dass es keine feststehende Definition für Medium gibt, sondern lediglich eine übliche Bedeutung im Sprachgebrauch. Dabei wird die Funktion, die des Vermittelns, des Begriffs jedoch häufig ausgeblendet.

2.2 DER MITTELALTERLICHE MEDIENBEGRIFF

Im Hinblick auf die uns heute bekannten Medientheorien und ihre immer wieder neuen Begriffseingrenzungen, fällt auf, dass es einen für das Mittelalter spezifischen Medienbegriff bisher jedoch nicht gibt. Medium wie auch Kommunikation sind zu einem beliebten Begriff der Forschung geworden und so ist es auch nicht verwunderlich, dass sich mehrere Disziplinen intensiv mit dem Phänomen von Medium und Kommunikation auseinandersetzen und dabei teils eigene Definitionen des Begriffs verwenden. In Eingrenzung des Begriffs würde sich die Forschung zunächst einmal mit der Untersuchung der vorhandenen Medien beschäftigen, die zu der Zeit des Mittelalters eine Rolle spielten. Weiter müssten Oralität und Literalität als zwei wichtige Schlüsselbegriffe innerhalb der zwischenmenschlichen Kommunikation im Mittelalter erkannt werden. Denn untrennbar existieren im Mittelalter die beiden Tradierungsmodelle Oralität und Literalität mit- und nebeneinander. Dass Schrift untrennbar von der Sprache existiert, verdeutlicht ein Zitat Ferdinand de Saussaures, dem Begründer der modernen Linguistik:

„Der Gedanke ist die eine Seite des Blattes, der Laut die andere. So wie es unmöglich ist, eine Seite des Papiers zu zerschneiden, ohne die andere zu zerschneiden, ist es

auch unmöglich, in einer Sprache den Gedanken vom Laut und den Laut vom Gedanken zu trennen.“6

Das Mittelalter ist eine Zeit,„in der die Schrift einerseits als kommunikative Möglichkeit in eine oral strukturierte Lebenswelt einbrach, andererseits erst in Auseinandersetzung mit den Prinzipien mündlicher Kommunikation ihre sozialen Fähigkeiten entwickelte.“7 Das Mittelalter begegnet uns als jene geschichtliche Zeit, in die der Weg für den literalen Siegeszug geebnet war.

Die Kommunikation im Mittelalter vollzog sich vor allem über das mittelalterliche Gemeinschaftsleben. So verlief die Kommunikation naturgemäß primär personal, jedoch keineswegs unmedial. Auch wenn die mittelalterliche Kommunikation etwas anders als heute verlief, wurde doch bereits zu dieser Zeit der Grundstein für heutige Kommunikationsmodelle gelegt.

In der Annäherung an eine Vorstellung des mittelalterlichen Medienbegriffs steht im Mittelpunkt dieser Arbeit zunächst einmal die Unterscheidung der Medien, die im Mittelalter existierten. Dabei ist zwischen zwei spezifischen Medientypen zu differenzieren: zum einen existierten die so genannten Menschenmedien, zum anderen die Schreibmedien, wobei den Menschenmedien deutlich mehr Bedeutung beigemessen wurde. Die Gesamtheit der mittelalterlichen Medien lässt sich weiter nach ihrer Lokalität differenzieren. So fanden Medien auf der Burg ihren Einsatz in Form von Hofnarr, Sänger und dem Blatt auf gleiche Weise wie die Medien auf dem Land. Die genannten Medien entstanden meist in ihrer Notwendigkeit. Hier kann beispielsweise der Frage nachgegangen werden, ob ein Medium dann entsteht, sobald größere Distanzen überwunden werden müssen, wie zum Beispiel infolge der mittelalterlichen Distanz von Land und Stadt. Bevor ich jedoch die ländlichen Medien aufzeigen werde, gehe ich im Folgenden zunächst exemplarisch auf die einzelnen Burg- Medien ein.

[...]


1 Als Primärmedien werden diejenigen bezeichnet, die Kommunikation ohne Gerät, gleichsam von Mensch zu Mensch, vermitteln. Wie beispielsweise durch die Sprache und Körpersprache. Sekundäre Medien sind Kommunikationsmittel wie Schrift, Bild oder Rauch. Informationen werden hier ohne Einsatz von Technik von Seiten der Rezipientenseite transportiert. Im Gegensatz dazu stehen die Tertiären Medien, wie etwa Telegraph, die Geräte bei Kommunikator und Rezipient verlangen.

2 Stefan Hoffmann: Geschichte des Medienbegriffs. Hamburg 2002. S. 155

3 Manfred Faßler: Was ist Kommunikation? München 1997. S. 117.

4 Niklas Luhmann: Die Wissenschaft der Gesellschaft. Frankfurt/Main 1990. S.182/183.

5 Gerhard Maletzke: Psychologie der Massenkommunikation. Hamburg 1963. S. 76.

6 ebd. S. 17

7Margit Bihler: Buch und Schrift im Mittelalterlichen Gebrauch. Textquellen aus Essens Mittelalter im Lichte des historischen Funktionswandels der Schrift. Göppingen 1994. S. 3.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Medien im Mittelalter
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)  (Institut für Literaturwissenschaft)
Veranstaltung
Vom Leib zum Buch
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
26
Katalognummer
V114338
ISBN (eBook)
9783640158638
ISBN (Buch)
9783640159703
Dateigröße
650 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Medien, Mittelalter, Leib, Buch
Arbeit zitieren
Bachelor of Arts Isabel Gotovac (Autor:in), 2004, Medien im Mittelalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114338

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