Coaching als ziel- und erfolgsorientierte, person-zentrierte Beratung in der Arbeitswelt


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2004

25 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Einleitung und Überblick

1. Definition und Beschreibung: Coaching

2. Coaching als person-zentriert Beratung/Psychotherapie

3. Coaching als berufsbezogene Einzelsupervision
3.1. Ein stilisiertes Fallbeispiel

4. Coaching als berufliche Leistungsoptimierung
4. 1. Ein stilisiertes Fallbeispiel

5. Coaching als Führungsaufgabe: Neuere Entwicklungen

6. Literaturverzeichnis

Coaching als ziel- und erfolgsorientierte,

person-zentrierte Beratung in der Arbeitswelt

0. Einleitung und Übersicht

In den letzten Jahren zeichnet sich ein Umbruch in der Landschaft der sozialen Organisationen immer deutlicher ab. Konzepte aus dem Bereich der modernen Betriebsführung, des Qualitätsmanagements, der betriebswirtschaftlichen Erfolgs- und Ergebniskontrolle, etc. halten Einzug im sogenannten Non-Profit Sektor der Gesellschaft. Modernes Dienstleistungsmanagement tritt zunehmend an die Stelle von obrigkeitsstaatlichen Bewirtschaftungs- und Personalführungsmethoden, die noch aus vordemokratischen Zeiten stammen. Auch im sozialen Bereich sollen die Prinzipien einer modernen demokratisierten Dienstleistungsgesellschaft gelten. Die Absicht ist: Hilfeleistungen professionell zur Verfügung zu stellen, d.h. sie sollen bedarfsgerecht und flexibel sein und zur rechten Zeit am richtigen Ort in optimaler Passung angeboten werden um vorhandenen Ressourcen optimal zu nutzen.

Wie im Profit-Bereich der Gesellschaft viele kleine Zulieferfirmen industrielle Großbetriebe umlagern und von diesen abhängig sind und dadurch auch umgekehrt z.B. in der Automobilbranche die Großbetriebe von den Zulieferern abhängig werden, weil sie an diese immer mehr Fertigungsanteile abgeben und diese dort für eine „just in time“ Anlieferung kostengünstig auslagern, so finden wir auch im Non-Profit-Bereich des Sozialen Sektors einen ähnlichen Modernisierungsprozeß. Hier entpflichtet und „verschlankt“ sich der moderne Sozialstaat von vielen sozialen Leistungen und Aufgaben. Unter dem allgemeinen Modernisierungsdruck von Globalisierung und Individualisierung, unter dem Druck von neuen sozialen (Integrations-) und bevölkerungspolitischen Problemen baut sich der Sozialstaat um, übernimmt neue Verpflichtungen und versucht, alte abzugeben oder „billiger“ zu lösen usw. Deshalb müssen auch die sozialen Einrichtungen lernen, ihre Angebote nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu erbringen: Hilfeangebote nach Kosten-Nutzen-Kalkulation konzept- und bedarfsgerecht umzuschneidern, Zuständigkeiten neu zu definieren, eine neue „Firmenphilosophie“ einzuführen und eine konzeptgerechte Personalentwicklung durchzusetzen. Es werden überlieferte Personalverantwortlichkeiten abgebaut, es wird auch hier Personal „ausgelagert“, es werden Aufträge verstärkt an private Träger abgegeben um gezielt eine Anbieterkonkurrenz in der Landschaft durch Unterstützung von neuen Jung-(Sozial-) Unternehmen zu fördern und deren Aufwand und Mitteleinsatz konzept- und butgetgerecht, wirkungs- und ergebnisorientiert zu überwachen.

Die Veränderungsprozesse in der Sozialen Landschaft sind dramatisch. Ich erlebe es in jeder Supervisionsstunde, sei es Team- Einzel- oder Gruppensupervision, ebenso wie in jeder Weiterbildungsgruppe, die Auswirkungen dieser Veränderungsprozesse. Wenn ich die positiven Aspekte fokussiere, kann ich sagen: Auch die Institutionen des Sozial- und Bildungswesens arbeiten zunehmend unter Modernisierungsdruck; mit beschleunigtem Grundumsatz, zielorientierter, wirkungsgerechter und effektiver. Die Soziale Arbeit wird professioneller. Bis hinein in Kleidung und Auftreten der Berufsgruppe und bis hinunter an die Basis, zeigt sich heute: Der Ruf in den frühen 90er Jahren nach dem Know How des Sozialmanagement ist nicht ohne Wirkung geblieben. Eine neuer Stilisierung des Sozialpädagogen und des Sozialarbeiters ist entstanden: Der professionelle Sozialmanger.

Aber nicht nur der Non-Profit Bereich hat sich ändern müssen. Mit der Aufweichung und Mobilisierung Berufe zu temporären Jobs, mit der Steigerung der Risikos des Arbeitsplatzverlustes, mit der Notwendigkeit der lebenslänglichen Weiterqualifikation, der ständigen Umschulung, Fortbildung etc. entsteht auch im Profitbereich eine zunehmend unübersichtliche Lage, bzw. ein anwachsender Orientierungs- und Hilfebedarf. Auf vielfältige weise ziehen nun Qualifikationen aus dem Bildungs- und Sozialbereich in den Wirtschaftssektor ein. Der Profit-Sektor lernt von den Beratungsmethoden und Hilfekonzepten die im Sozialbereich lange schon entwickelt sind. Auch das soziale Engagement in vielen Firmen wächst. In großen Industriefirmen zählen heute an der Basis des Betriebs- und Arbeitslebens, die firmeneigenen Sozialarbeiter und Sozialpädagogen als Fachleute für Soziale Fragen und für Soziale (Integrations-) Aufgaben, für Methoden der Streitschlichtung und der Konfliktbewältigungen sehr selbstverständlich zum Personal. Aber auch im unteren und mittleren Management werden Methoden der sozialen Einzelfallhilfe, der Beratung und Gruppenarbeit nachgefragt und kommen unter neuem Produktnamen (z.B. Teambuilding, Out-door Maßnahmen) zur Anwendung.

Interessant ist es auch, zu beobachten, wie sich in diesem Prozeß die klassischen Tabus von Profit und Non-Profit Organisationen aufweichen: Geld/Erfolg als das zentrale Tabu im Sozialbereich. Und Hilfsbedürftigkeit/Krankheit als das zentrale Tabu des Profit-Bereichs. Ebenso wie sich die Sozialen Einrichtungen und deren Personal in der Vergangenheit scheuten, vom Geld und von den Kosten zu reden, wo es doch ganz augenscheinlich um karitative, selbstlose menschliche Hilfe gehen sollte, so scheuten sich die Menschen des Profit-Bereichs davor, Hilfeangebote und Hilfemethoden, die für (sozial) schwache Menschen entwickelt wurden; in ihrem Arbeitsbereich persönlich in Anspruch zunehmen. Das Image des (nicht nur wirtschaftlich) Erfolgreichen läßt dies nur schwer zu.

Auf den ersten Blick, so erschien es mir, läßt sich der Sachverhalt (z.B. personenbezogenen Beratung als erfolgreicher Manager in Anspruch zu nehmen) vielleicht leichter Akzeptieren, wenn er in einer anderen terminologischen Verpackung daherkommt. Deshalb fand ich zunächst hinter den neuen Etiketten und Begriffen (z.B. Coaching) nur das mir bereits Vertraute. Auf den zweiten und dritten Blick entdeckte ich dann doch relevante Unterschiede. Zum Teil in der Methode selbst, zum größten Teil aber ergeben sich die Unterschiede aus den Wertorientierungen und rechtlichen Regelungen, die in dem jeweiligen institutionellen Feld Geltung erlangt haben.

1. Definition und Beschreibung: Coaching

Was also ist mit Coaching gemeint? Was unterscheidet diese Aufgabe von der klassischen personbezogenen Beratung, wie wir sie aus dem psycho-sozialen Feld kennen?

„Coaching ist,..., personenbezogene Einzelberatung von Menschen in der Arbeitswelt. Die Spielarten reichen von „begleitender Persönlichkeitsentwicklung für Topmanager“ bis hin zum „Mitarbeitercoaching“ das ein Vorgesetzter im Rahmen seiner „entwicklungsorientierten Führungstätigkeit“ betreiben sollte“.

Dies schreibt ein bekannt gewordener Managerberater in seinem Lehrbuch von 1991: „Coaching für Manager. Problembewältigung unter vier Augen.“ (Looss 1991, S.13) Neuere Lehrbücher definieren Coaching als: „Personenzentrierten Beratungs- und Betreuungsprozeß, der berufliche und private Inhalte umfassen kann und zeitlich begrenzt ist.“ Einige Autoren betonen die Verankerung dieser Tätigkeit im sog. Profit-Sektor der Gesellschaft. Coaching ist Hilfe zur Selbsthilfe und setzt eine freiwillige Beziehung von gegenseitiger Akzeptanz und absoluter Diskretion voraus. (Rauen 2000) . Man könnte auch sagen: Coaching ist das, was aus der personzentrierte Beratung unter den Bedingungen des „Freien Marktes“ werden kann.

Ein Coaching-Prozeß beginnt typischerweise mit der Entwicklung eines Arbeitsbündnisses in dem die Zielvorstellungen der Beratungs- und Betreuungsarbeit formuliert und abgeklärt werden. Dies führt in der Regel zu einer formalisierten vertraglichen Vereinbarung, in der die Aufgabenverteilungen zwischen Klient und Coach, die Terminvereinbarungen, die Arbeitsformen, die Zeitperspektive der Zusammenarbeit, die Diskretion der Arbeit und die Honorierung festgelegt werden.

Ziele des Coachings können zum Beispiel sein: Karriereberatung und Erweiterung der Management-Kompetenz, Veränderungen der Firmenstruktur, Konflikte innerhalb der Belegschaft, Flugangst und Abhängigkeitsprobleme, Übernahme einer neuen Führungsposition, eine angeordnete Steigerung der Produktivität, familiäre Belastungen, etc.

Die Arbeitsweise des Coachings sieht ebenfalls sehr vielfältig aus: Intensive Selbstexploration des Klienten, gemeinsames Brain-storming, Entwicklung von realistischen Teilzielen, Beschaffung von relevanten Informationen, planvolle Entwicklung von Projekten, Suchen nach Ressourcen, Entwickeln neuer Verhaltensgewohnheiten, Einarbeiten in neue Aufgaben, Training einzelner Fertigkeiten etc.

Coaching-Termine können ebenfalls ganz unterschiedliche Formen annehmen: Einige Coachs bevorzugen am Anfang lange und intensive Sitzungen um sich in die Materie einzuarbeiten und um eine tragfähige Coaching-Beziehung zu entwickeln: Ein ganzer Samstag im Büro des Klienten, oder ein Wochenende außerhalb in einer Freizeitanlage, eine Nachmittag in der Praxis des Coachs oder ein einstündiges Vorgespräch am Arbeitsplatz des Klienten.

Es wird sicherlich bereits hier deutlich, das Coaching eine exklusive Form der Einzelbetreuung für eine ebenfalls exklusive Zielgruppe und deren besondere Probleme ist. Der gute Coach zeichnet sich deshalb durch sein ebenso exklusives Arbeits- und Betreuungsangebot aus:

- Diskretion und absolute Verschwiegenheit,
- Exklusivität und Loyalität,
- Finanzielle und persönliche Unabhängigkeit
- Persönliche und berufliche Lebenserfahrung und ein entsprechendes Alter
- Betriebwirtschaftliche Feldkompetenz und persönliche Leitungserfahrungen
- Psycho-soziale Kompetenz und psychologisches Wissen
- Organisationssoziologie und gesellschaftswissenschaftliches Wissen
- kommunikative Methodenvielfalt und Beratungskompetenz
- Freiwillige Selbstkontrolle bei einem Supervisor
- exklusive Preisgestaltung

(Rauen, 2000 a, S. 150f. und Wrede 2000)

1. Coaching als person-zentriert Beratung/Psychotherapie

In der Akzentuierung die das Lehrbuch von Looss 1991 vornimmt, wird das vertrauliche Einzelgespräch unter vier Augen in das Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Ein vertraulicher und verschwiegener Ort, eine vertrauliche und verschwiegene, zugewandte Beratungsperson (der Coach), die ein problemlösendes Gespräch über die Sachverhalte möglich macht, die der Top-Manager sonst mit niemand besprechen kann. Ohne in seinem Lehrbuch auf die Quellen der psychologischen Beratungskonzepte hinzuweisen, wird doch in den Ausführungen deutlich: Hier schreibt ein Autor, der Theorie und Praxis der prozeßorientierten und person-zentrierten Beratung/ Psychotherapie kennt.

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Details

Titel
Coaching als ziel- und erfolgsorientierte, person-zentrierte Beratung in der Arbeitswelt
Hochschule
Universität Siegen
Autor
Jahr
2004
Seiten
25
Katalognummer
V114154
ISBN (eBook)
9783640144976
ISBN (Buch)
9783640146154
Dateigröße
441 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Coaching, Beratung, Arbeitswelt
Arbeit zitieren
Prof. Dr. phil, Diplompädagoge Norbert Groddeck (Autor:in), 2004, Coaching als ziel- und erfolgsorientierte, person-zentrierte Beratung in der Arbeitswelt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114154

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