Berufliche Qualifikation und Integration von Berufsanwärtern mit geistiger Behinderung


Examensarbeit, 2001

210 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.) Zielsetzung und Problemstellung der Arbeit

2.) Die Bedeutung von Arbeit und beruflicher Tätigkeit
2.1.) Die Bedeutung für Individuum und Gesellschaft – eine grundsätzliche Betrachtung
2.2.) Die Bedeutung von Arbeit für Menschen mit geistiger Behinderung am Beispiel zweier ausgewählter Autoren
2.2.1.) Ansatz von JACOBS
2.2.2.) Ansatz von SCHARTMANN ...
2.2.3.) Kritische Reflexion der vorgestellten Ansätze und Versuch einer eigenen Positionsbestimmung

3.) Die Werkstufe an der Schule für Geistigbehinderte als Eingangstor zur Arbeitswelt und die Werkstatt für Behinderte als vorrangiger Ort beruflicher Rehabilitation - Abriß des traditionellen Rahmens
3.1.) Die Schule für Geistigbehinderte in ihrem Stufenaufbau – eine grundsätzliche Betrachtung
3.1.1.) Klientel
3.1.2.) Die einzelnen Stufen der Schule für Geistigbehinderte
3.1.3.) Die verschiedenen Werkstufenkonzeptionen
3.1.3.1.) Ziele und Inhalte der Werkstufe nach den hessischen Unterrichts-richtlinien für die Schule für Praktisch Bildbare
3.1.3.2.) Die Werkstufenkonzeption der Bundesvereinigung Lebenshilfe Marburg e.V
3.1.3.3.) Der Werkstufenplan des Bundeslandes Bayern
3.1.3.4.) Kritische Reflexion der verschiedenen Werkstufenkonzeptionen und Versuch einer eigenen Positonsbestimmung
3.2.) Die Werkstatt für Behinderte als vorrangiger Ort beruflicher Rehabilitation
3.2.1.) Berufliche Rehabilitation – Was ist das eigentlich?
3.2.2.) Ein kurzer historischer Abriß zur Entstehung und Entwicklung der Werkstätten für Behinderte
3.2.3.) Der Auftrag der Werkstatt für Behinderte nach dem Schwerbehindertengesetz
3.2.4.) Die einzelnen Bereiche der Werkstatt für Behinderte
3.2.5.) Der konfliktträchtige Spannungsbogen zwischen Pädagogik und Produktivitätsprinzip in der Werkstatt für Behinderte
3.2.6.) Die Werkstatt für Behinderte im Wandel?: Einige Anmerkungen zum neuen Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Bekämpfung der Arbeits-losigkeit Schwerbehinderter

4.) Schulische und berufliche Integration von Menschen mit geistiger Behinderung – innovatorische Ansätze und Bestrebungen
4.1.) Schulische Integration auf der Sekundarstufe I von Jugendlichen mit geistiger Behinderung
4.1.1.) Die Weiterführung schulischer Integrationsprozesse von der Grund-schule in die Sekundarstufe I – eine grundsätzliche Betrachtung
4.1.2.) Die integrative Beschulung von Jugendlichen mit geistiger Behinderung am Beispiel der Ernst - Reuter –Schule II
4.2.) Berufliche Integration – Was ist das eigentlich?
4.3.) Die Integrationsfachdienste als ein innovatorischer Ansatz zur Vermeidung des Automatismus Schülerschaft auf der Schule für Geistigbehinderte führt zur Mitarbeiterschaft der Werkstatt für Behinderte
4.3.1.) Was ist ein Integrationsfachdienst?
4.3.2.) Zielsetzung und Aufgabenbereich der Integrationsfachdienste
4.3.3.) Entstehung und bisherige Arbeit der vier Integrationsfachdienste in Hessen
4.4.) Das hessische Konzeptionspapier zur Schaffung und Finanzierung von Arbeits-, Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb der Werkstätten für Behinderte als innovatorischer Ansatz zur Öffnung der Werkstätten hin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt
4.4.1.) Grundsätzliches
4.4.2.) Das Stufenmodell
4.4.3.) Die Fachkraft für Außenarbeitsplätze (jetzt mit dem neuen Begriff: Fachkraft für berufliche Integration)
4.4.4.) Das PBI als Forschungs- und Beratungsprojekt zur intensiveren Umsetzung des Hessischen Konzeptionspapiers
4.5.) Integrative Arbeitsmöglichkeiten für Beschäftigte einer Werkstatt für Behinderte außerhalb der Werkstatt
4.5.1.) Übergangsgruppen
4.5.2.) Regiebetriebe
4.5.3.) Ausgelagerte Beschäftigungsplätze in einem Betrieb des allgemeinen Arbeitsmarktes
4.5.4.) Reguläres Arbeitsverhältnis – allgemeiner Arbeitsmarkt
4.5.4.1.) Befristete Arbeitsverhältnisse
4.5.4.2.) Unbefristete Arbeitsverhältnisse
4.5.4.3.) Gemeinnützige Arbeitnehmerüberlassung
4.5.4.4.) Geschützte Abteilungen
4.5.4.5.) Sozialfirmen
4.5.4.6.) Selbsthilfefirmen
4.6.) Kritische Reflexion der vorgestellten Ansätze und Versuch einer eigenen Positionsbestimmung

5.) Innovatorische Ansätze zur beruflichen Qualifizierung und Integration von Menschen mit geistiger Behinderung
5.1.) Im traditionellen Rahmen: Ausgewählte Beispiele der beruflichen Qualifikation von Beschäftigten einer Werkstatt für Behinderte
5.1.1.) Detmolder Lernwege-Modell
5.1.2.) Berufsbildorientierte Ausbildung in den Lahn-Werkstätten Marburg
5.1.3.) Das berufliche Qualifizierungsmodell der Lammetal-Werkstätten Lamspringe GmbH
5.1.4.) Kritische Reflexion der vorgestellten Ansätze und Versuch einer eigenen Positionsbestimmung
5.2.) Innovative und auf berufliche Integration ausgerichtete Ansätze
5.2.1.) Das Normalisierungsprinzip als anthropologisches Fundament für berufliche Integrationsprozesse
5.2.2.) Rechtliche Grundlagen: Beschäftigungspflicht – Ausgleichsabgabe – Kündigungsschutz
5.2.3.) Unterstützte Beschäftigung
5.2.3.1.) Unterstützte Beschäftigung – Was ist das eigentlich?
5.2.3.2.) Zur Entwicklung der Unterstützten Beschäftigung
5.2.3.3.) Die Bundesarbeitsgemeinschaft Unterstützte Beschäftigung (BAG-UB) als deutscher Impulsgeber
5.2.3.4.) Arbeitskonzept der Unterstützten Beschäftigung
5.2.3.4.1.) Individuelle Berufsplanung und Fähigkeitsprofil
5.2.3.4.2.) Arbeitsplatzakquisition
5.2.3.4.3.) Arbeitsplatzanalyse
5.2.3.4.4.) Die Berufliche Qualifizierung nach dem Prinzip: Erst Plazieren dann Qualifizieren
5.2.3.4.5.) Erhaltung des Arbeitsplatzes durch langfristige Nachbetreuung und Krisenintervention
5.2.3.5.) Der Arbeitsassistent
5.2.3.6.) Kosteneinsparung durch Unterstützte Beschäftigung
5.2.3.7.) Stellenwert einer Unterstützten Beschäftigung für Menschen mit geistiger Behinderung
Exkurs: Persönliches Budget
5.2.4.) Die Berufsausbildungskonzeption der Bundesvereinigung Lebens-hilfe e.V. in Marburg
5.2.5.) Integrationsbetriebe
5.2.5.1.) Integrationsbetriebe - Was ist das eigentlich?
5.2.5.2.) Die cba München als Beispiel für einen Integrations-betrieb
5.2.6 .) Berufliche Qualifizierung und Lebensvorbereitung durch die Schule für Geistigbehinderte – ein innovativer und kreativer Ansatz: Lernen in wirklichkeitsentsprechenden Erprobungs- und Erfahrungsfeldern am Beispiel der Gustav-Heinemann-Schule in Pforzheim
5.2.6 . 1.) Ein breites Spektrum an Erfahrungen – kurzer historischer Abriß
5.2.6 . 2.) Ansätze der schulischen Arbeit
5.2.6 . 3.) Vorbereitung auf Beruf und Leben
5.2.6 . 3.1.) Oberstufe
5.2.6 . 3.2.) Werkstufe
5.2.6 . 3.3.) Die beruflichen und sozialen Integrationsbemühungen in der Region durch den Verein Miteinander leben e.V
5.2.7.) Kritische Reflexion der vorgestellten Ansätze und Versuch einer eigenen Positionsbestimmung

6.) Kooperation und Vernetzung in der jeweiligen Region als unverbrüchliche Notwendigkeit zur effizienten Ausgestaltung von beruflichen Qualifizierungs- und Integrationsprozessen von Menschen mit geistiger Behinderung

7.) Vorschläge und Forderungen zur optimalen Ausgestaltung von beruflichen Qualifizierungs- und Integrationsprozessen von Menschen mit geistiger Behinderung – thesenhaft formuliert im Sinne eines Ausblicks

8.) Literaturverzeichnis

9.) Anhang

1.) Zielsetzung und Problemstellung der Arbeit

Menschen mit geistiger Behinderung[1] interessierten und faszinierten mich schon von Kindheit an.

In Nieder-Ramstadt, der Gemeinde in der ich zur Schule ging, befindet sich ein größer „Diakonie-Komplex“. Man kann in diesem Zusammenhang schon fast vom Dorf im Dorf sprechen, und so war es für mich normal, Umgang mit Menschen mit Behinderung zu haben, denn dort sind diese so sehr in die Gemeinde integriert, daß man an jeder Ecke, in jedem öffentlichen Gebäude oder Supermarkt ständig auf diese Menschengruppe trifft und somit auch unwillkürlich mit diesen in Kontakt kommt.

Mein Interesse an der Problematik des Übergangs von der Schule für Praktisch Bildbare in die Arbeitswelt wurde erstmals durch den Besuch des projektbegleitenden Seminars „Berufliche Integration: Projektseminar zum Forschungsprojekt `Berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen`“ geweckt.

Ich befand mich zu diesem Zeitpunkt noch am Anfang meines Studiums.

Meine ersten praktischen Erfahrungen hatte ich unmittelbar vorher während des ersten Praktikums in einer Werkstufenklasse gemacht.

An dieser Schule wurden die Schüler auf ihr späteres Berufsleben, anhand der „Möglichkeiten ein Praktikum oder Hospitationstage in der, die Schüler später aufnehmende Werkstatt für Behinderte durchführen zu dürfen“,[2] vorbereitet, dies war die einzige dort durchgeführte Vorbereitungsvariante.

Da auch alle Menschen mit geistiger Behinderung, die ich bis dahin privat kannte in einer, ihrer Institution eingegliederten Werkstatt für Behinderte arbeiteten, empfand ich diesen beruflichen Werdegangs als „normal“.

Im Rahmen des oben genannten Projektseminars wurde ein Fragebogen für Werkstufenschüler, der Auskunft über deren Berufseinstellungen und Berufserwartungen geben sollte, entwickelt und an Praktisch Bildbaren Schulen verteilt. Ich half, den Fragebogen an der von mir besuchten Praktikumsschule zu verteilen.

Beate Schulz wertete diesen in ihrer Wissenschaftlichen Hausarbeit aus.

Aus datenschutzrechtlichen Gründen war der Fragebogen so konzipiert, daß keine Rückschlüsse auf den jeweiligen Schüler gezogen werden konnten. Daher konnte ich nie die direkten Berufswünsche „meiner Schüler“ erfahren, doch spricht das Ergebnis der Wissenschaftlichen Hausarbeit von Beate Schulz dafür, daß es differenzierte Berufseinstellungen und Berufserwartungen auf Seiten der Werkstufenschüler gibt.

Seit dieser Zeit bin ich für dieses Thema sensibilisiert und interessiere mich für innovatorische Ansätze, welche die Möglichkeit bieten, den „Automatismus Schülerschaft auf der Schule für Geistigbehinderte führt zur Mitarbeiterschaft der Werkstatt für Behinderte“ (JACOBS 1992, S. 16) aufzubrechen, ohne jedoch die berechtigte Existenz einer Werkstatt für Behinderte in Frage zu stellen, denn viele der von mir persönlich befragten Menschen mit geistiger Behinderung arbeiten gerne in „ihrer“ Werkstatt für Behinderte. Außerdem sollte auch nicht vergessen werden, daß durch die Existenz der Werkstätten für Behinderte erst die Möglichkeit einer geregelten und bezahlten Arbeit für Menschen mit geistiger Behinderung geschaffen wurde.

Doch da viele bekanntlich nicht alle sind, ist es Ziel und Sinn dieser Arbeit, denjenigen, die eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt dem Sonderarbeitsmarkt vorziehen, selbst wenn dieser Wunsch erst nach jahrelanger Tätigkeit in einer Werkstatt für Behinderte auftreten sollte, hierzu Wahlmöglichkeiten aufzuzeigen und diese Alternativen auf ihre „Realisierbarkeit“ hin kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls auf Vervollkommnungsmöglichkeiten hin zu überprüfen.

Die zentrale Forderung der, bereits in der zweiten Hälfte der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts auf dem Normalisierungsprinzip basierenden und von betroffenen Eltern[3] von Kindern mit Behinderung ins Leben gerufenen, Integrationsbewegung nach echten Wahlmöglichkeiten in Kindergarten und Schule gewinnt seit den 90er Jahren des abgelaufenen Jahrhunderts zunehmend Bedeutung für die Integration in nachschulische Lebensbereiche wie Arbeit, Wohnen, Freizeit sowie Öffentlichkeit (vgl. JACOBS 2000, S. 9). Auf Seiten der „Sonderpädagogik als Rehabilitationswissenschaft“ leistete das von Professor Dr. K. JACOBS in den Jahren 1993 bis 1998 geleitete Modellprojekt `Berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen` mit seiner theoretisch fundierten und an der Praxis orientierten Arbeit Pionierfunktion im Bereich der beruflichen Qualifikation und Integration.

Ich beabsichtige im Nachfolgenden einen, im Rahmen einer Wissenschaft-lichen Hausarbeit möglichen Querschnitt über vorhandene Wege der beruflichen Qualifikation und Integration zu geben, bei dem zwar von unterschiedlichen Ansätzen ausgegangen wird, die jedoch alle das selbe Ziel haben, die beruflichen Qualifikation und Integration von Menschen mit geistiger Behinderung.

Das Normalisierungsprinzip hat ebenfalls zu einem anthropologischen Paradigmenwechsel[4] geführt, der die `Theorie der Andersartigkeit von Menschen mit Behinderung` durch die `Theorie der Dialektik von Gleichheit und Verschiedenheit aller Menschen` immer mehr ablöst (vgl. HINZ 1997: Online im Internet: URL: http://bidok.uibk.ac.at/texte/hinz-betrieb.html) [Stand: 12.01.2001].

Im Zuge dieses Paradigmenwechsels wird das medizinisch-defizitäre Menschenbild bezüglich eines Menschen mit geistiger Behinderung immer mehr durch ein egalisierendes Menschenbild abgelöst.

Auch ich vertrete eine solche egalisierende Sichtweise dieser Menschengruppe und werde daher in meiner Arbeit weitestmöglich die Terminologie „Menschen mit geistiger Behinderung“ und nicht „Geistig-behinderte“ verwenden.

Auch möchte ich an dieser Stelle anmerken, daß aus Gründen der Übersichtlichkeit und Leserfreundlichkeit in dieser Wissenschaftlichen Hausarbeit auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung in der Schreibweise verzichtet wurde und stets wenn die männliche Form benutzt wird automatisch auch die weibliche Form mitgemeint ist sowie umgekehrt.

2.) Die Bedeutung von Arbeit und beruflicher Tätigkeit

2.1.) Die Bedeutung für Individuum und Gesellschaft – eine grundsätzliche Betrachtung

Der lexikalen Bedeutung nach ist Arbeit

bewußtes, zielgerichtetes Handeln des Menschen zum Zweck der Existenzsicherung wie der Bedürfnisbefriedigung von Einzel-bedürfnissen; zugleich wesentl. Moment der Daseinserfüllung (DER BROCKHAUS 1998 , Bd. I, S. 234).

Hegel charakterisierte Arbeit als Mittel der Selbstbewußtwerdung des Menschen (vgl. GROSSES UNIVERSAL VOLKS LEXIKON 1984, Bd. I, S. 249).

Seit dem Heraufkommen des modernen Berufsethos im Protestantismus, der sittlichen Forderung der Pflichterfüllung bei Kant und der sozialen Bewertung des Arbeitseinkommens gegenüber dem ohne Arbeitsleistung erworbenen Einkommen aus Vermögen und Besitz ist eine Arbeitsweltanschauung herangereift, die im Rahmen einer Sozialethik die Arbeit als einen der höchsten sittlichen Werte der Persönlichkeit und der Menschheit betrachtet (DÖRRIE 1995, S. 23).[5]

„Arbeit ist eine Tätigkeit mit allgemein gesellschaftlicher Bedeutung“ (BACH, BAUMANN, BECK 1975 zitiert nach JACOBS 1984, S. 17).

In der industriellen Gesellschaft sind ökonomischer Standart, soziales Ansehen und persönliche Zufriedenheit im wesentlichen an Arbeit und Beruf gebunden (BLEIDICK, u.a. 1998, S. 42).

Keine menschliche Gesellschaft ist ohne Arbeit vorstellbar, die Teilhabe an jener sichert dem Individuum wie keine andere Aktivität die Integration in die Gesellschaft (vgl. SEYFRIED 1990, S. 24).

Das Arbeiten an sich erfüllt [ jedoch ] noch nicht die Kriterien eines gesellschaftlich relevanten Tätigseins. [...], sondern Beruf und erwerbsmäßige Tätigkeit charakterisieren den Stand des Menschen in unserer Gesellschaft (BUNDESVEREINIGUNG LEBENSHILFE e.V. 1999, S. 6 f).

Das Erwerbsleben macht einen Großteil des sozialen Seins eines Menschen aus. Durch Erwerbsarbeit kann der Mensch nicht nur seine Existenz sichern[6] und sich seine materiellen Wünsche erfüllen, sondern auch den persönlichen Bedürfnissen bezüglich seiner Selbstverwirklichung durch Arbeit gerecht werden (vgl. ebd.). Denn „heute ist das Wort Arbeit für uns alle ein Ehrentitel“ (DÖRNER 1995, S. 48).

TROST / SCHÜLLER haben die Bedeutung, von Arbeit für den Menschen in ihrer Untersuchung „Beschäftigung von Menschen mit geistiger Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt“ herausgearbeitet:

- Durch Arbeit kann es zu einer persönlichen und finanziellen Unabhängigkeit kommen, welche es dem Menschen ermöglicht, sein Leben eigenverantwortlich zu gestalten.
- Mittels Arbeit erwirbt sich der Mensch soziale Anerkennung von seinen Mitmenschen und gleichzeitig für sich das Gefühl, am Gemeinschafts-leben teilzuhaben.
- Durch die Arbeitsanforderungen und deren Bewältigung kann sich der Mensch Fähigkeiten und Fertigkeiten aneignen bzw. diese intensivieren. Die so erlangte Handlungsfähigkeit kann an der Festigung des Selbstwertgefühls mitwirken und muß somit als eine Persönlichkeits-weiterentwicklung angesehen werden.
- Arbeit eröffnet dem Menschen auch die Möglichkeit, soziale Kontakte neben der Familie zu knüpfen und den Umgang mit anderen zu üben.
- Bedingt durch die Trennung von Wohnen und Arbeiten entstehen unterschiedliche Lebens- und Erfahrungsbereiche,[7] die jeder Mensch zu koordinieren hat. Arbeit bedeutet somit für den Menschen eine sowohl räumliche als auch zeitliche Strukturierung seines Alltags. Erst diese Trennung verleiht Begriffen wie Freizeit, Urlaub und Wochenende ihre Bedeutung (vgl. 1992, S. 15).

Artikel 23 der UN-Deklaration vom 10.12.1948 sichert allen Menschen das Recht auf Arbeit, eine freie Berufswahl, angemessene und befriedigende Arbeitsbedingungen und auf Schutz gegen Arbeitslosigkeit zu (vgl. ALLGEMEINE ERKLÄRUNG DER MENSCHENRECHTE der Vereinten Nationen, 10.12..1948).

In der UN-Deklaration vom 20.12.1971 legt Punkt 3 für Menschen mit geistiger Behinderung das Recht auf soziale Sicherheit und produktive Arbeit oder sinnvolle Beschäftigung, welche die Fähigkeiten des Beschäftigten soweit wie möglich ausschöpft, fest (vgl. YEARBOOK OF HUMAN RIGHTS FOR 1971).

2.2.) Die Bedeutung von Arbeit für Menschen mit geistiger Behinderung am Beispiel zweier ausgewählter Autoren

2.2.1.) Ansatz von JACOBS:

JACOBS gibt in seinem Buch „Autistische Jugendliche – Berufliche Bildung und Integration“ hierzu eine Begriffsbestimmung.

Laut JACOBS ist es für menschliche Arbeit typisch,

daß sie immer in bewußte bzw. bewußtseinsfähige Perspektiven und Pläne eingebunden ist, daß ihr ein bewußtes Ziel vorausgeht und daß zur Realisierung dieses Ziels gesellschaftliche Werkzeuge und Sprache benutzt werden. Arbeitsprodukte stellen die Verkörperung und Vergegenständlichung geistiger Kräfte und Fähigkeiten dar. (JACOBS u.a. 1984, S. 17).

Er geht in seinem Ansatz von Arbeit als Zentrum sinnerfüllter Lebensgestaltung aus.

Die psychische Entwicklung eines Menschen ist nach JACOBS abhängig von seiner vorrangigen Tätigkeit. Bei einem erwachsenen Menschen ist diese normalerweise die berufliche Arbeit.

JACOBS sieht diesbezüglich in der Gründung der Werkstätten für Behinderte eine Möglichkeit, für Menschen mit Behinderung zu arbeiten, da es vorher für sie nur das lange Zeit geltende Schicksal der „trostlosen Verwahrung“ (KLEE zitiert nach JACOBS 1992 a, S. 144) gab.

Die Arbeitstätigkeit eines Menschen entscheidet darüber, inwieweit er sich weiterentwickeln kann, d.h. sich entfaltet und seine Fähigkeiten und Kenntnisse erweitert (JACOBS u.a. 1984, S. 18).

Die Tätigkeiten in der Arbeit kann JACOBS zufolge zum einen eine Konfrontation mit der gesellschaftlichen Realität und der Aneignungs-möglichkeiten, oder zum anderen Isolation und Verhinderung von Aneignungsprozessen bedeuten (vgl. ebd.).

Denn Arbeit

muß nicht zwingend unter humanistischem Aspekt sinnerfüllte Lebensgestaltung sein, sie kann auch Weiterentwicklung verhindern und zur Stagnation, sogar zur Retardierung und zum Abbau von Fähigkeiten führen (JACOBS u.a. 1984, S. 18).

Während Tätigkeit das Motiv für den Menschen sein könnte, seine Existenz zu begründen und Bedürfnisse zu befriedigen, könnte das Ziel der Tätigkeit sein, im gemeinschaftlichen Arbeitsprozeß eine bestimmte Arbeitsaufgabe zu erledigen. Das Ziel und das Motiv der Tätigkeit sollte daher vom arbeitenden Menschen bewußt reflektiert werden, um gezielt verändernd auf die Umwelt einwirken zu können, doch ist das Ausmaß der Umweltveränderungsmöglichkeit abhängig von Inhalt und Umfang der zu verrichtenden Tätigkeitsschritte. Will der Mensch bewußt seine Umwelt verändern, so muß der Sinn seiner Tätigkeit im Gesamtzusammenhang für ihn einsichtig sein, sowie kognitiv von ihm erfaßt werden können (vgl. ebd.).

Da die Struktur der Tätigkeit von außerordentlicher Bedeutung für die weitere Entfaltung des Menschen, für seine Denk- und Handlungsfähigkeit ist, ist eine optimale Abstimmung des Arbeitsplatzes auf die Fähigkeits- und Fertigkeitsentwicklung des Menschen notwendig, und zwar um so notwendiger bei „behinderten“ Menschen, die [...] hinsichtlich der Aneignungs-möglichkeiten eingeschränkt sind und Defizite weniger kompensieren können als „nichtbehinderte“ Menschen (JACOBS u.a. 1984 S. 19).

2.2.2.) Ansatz von SCHARTMANN:

Die Tätigkeitstheorie der kulturhistorischen Schule dient SCHARTMANN (1999) als Ausgangspunkt seines theoretischen Bezugsrahmens in seiner Dissertationsschrift „Persönlichkeitsfördernde Arbeitsgestaltung mit geistig behinderten Menschen“, da diese seiner Meinung nach den Zusammenhang zwischen „Arbeit“ und „Persönlichkeitsentwicklung“ sichtbar macht und zugleich die Subjektgenese aus sich heraus erklärt.

SCHARTMANNS Ansatz geht von Arbeit als Grundlage der Persönlichkeitsentwicklung aus.

Tätigkeit bedeutet stets Subjekthaftigkeit, stellt also den Prozeß der Selbstkonstitution des Subjekts dar. Der Mensch gilt demnach nicht als Objekt irgendwelcher Umstände, sondern ist Subjekt seiner selbst (vgl. SCHARTMANN 1999, S. 46).

Menschliche Entwicklung ist in diesem Zusammenhang für SCHART-MANN, den Menschen

als das Subjekt seiner Lernprozesse zu begreifen, die sich aus der aktiven Aneignung der realen Lebensverhältnisse ergeben und somit als eine Vermittlung [Hervorhebung im Original] [...] von objektiven Strukturen in persönliche Dimensionen zu verstehen sind“ (SCHARTMANN 1999, S. 63).

Tätigkeit ist die grundlegende Eigenschaft sämtlicher Materie und kann die Kategorie „Arbeit“ somit in sich aufnehmen.

Arbeit, als eine inhaltlich bestimmte Form der Tätigkeit, hat Allgemein-gültigkeit für den Aufbau des menschlichen Entwicklungsniveaus.

Auch Aneignung ist eine besondere menschliche Art der Tätigkeit. Da Aneignung die Funktion jeglicher Tätigkeit ist und Arbeit ebenfalls eine Form der Tätigkeit darstellt, so folgert SCHARTMANN daraus, daß die Aneignung auch als eine Funktion der Arbeit bezeichnet werden kann (vgl. ebd., S. 60).

Menschliche Arbeit in ihrer allgemeinen Struktur[8] und insbesondere die Aneignung als zentrales funktionales Element jedweder Tätigkeit, ist für ihn die Grundlage der Persönlichkeitsentwicklung des Menschen (vgl. ebd., S.64).

Persönlichkeit ist also nach ihm „das Resultat der menschlichen Aneignung der objektiven Welt“ (SCHARTMANN 1999, S. 61). D.h. der Mensch ist als tätiges, sich aneignendes und in diesem Aneignungsprozeß sich selbst veränderndes Subjekt zu verstehen (vgl. ebd., S. 64).

2.2.3.) Kritische Reflexion der vorgestellten Ansätze und Versuch einer eigenen Positionsbestimmung

JACOBS Ansatz von Arbeit als Zentrum sinnerfüllter Lebensgestaltung geht also davon aus, daß die Arbeitstätigkeit eines Menschen darüber entscheidet, inwieweit sich dieser weiterentwickeln kann, bzw. daß diese unter widrigen Umständen auch Weiterentwicklung verhindern und zur Stagnation, sogar zur Retardierung und zum Abbau von Fähigkeiten führen kann.

Hieraus ist m.E. zu folgern, daß die Qualität der Arbeit entscheidend ist für die individuellen Entwicklungschancen eines Menschen mit geistiger Behinderung. Bekommt ein solcher Mensch demnach eine abwechslungs-reiche, in fordernde und fördernde Arbeit, so kann sich dieser besser entwickeln und seine Fähigkeiten und Fertigkeiten verbessern als beispielsweise ein Mensch mit vergleichbarer Behinderung mit einer langweiligen und monotonen Arbeit. Auch vermittelt m.E. eine, den Menschen mit Behinderung ansprechende Arbeit diesem das Bewußtsein, etwas Sinnvolles zu leisten. Dadurch kann es zu einer Aufwertung seines Selbstwertgefühls kommen.

JACOBS sieht, wie bereits erwähnt, in der Gründung der Werkstätten für Behinderte eine Chance für Menschen mit geistiger Behinderung zu arbeiten, da es vorher für diese Menschen bloß eine „trostlose Verwahrung“ gab. Dieser Auffassung ist zuzustimmen, doch ist m.E. angesichts der immer lauter werdenden Forderungen nach beruflicher und sozialer Integration bezüglich der Werkstätten für Behinderte anzumerken, daß diese einen Sondermarkt darstellen, der Menschen mit Behinderung erneut von Menschen ohne Behinderung und „normalen“ Lebensbedingungen isoliert, außerdem ist m.E. dort, aufgrund der dort vorherrschenden Produktions-weise, der Sinn der Tätigkeit im Gesamtzusammenhang für den Menschen mit geistiger Behinderung häufig nicht mehr einsichtig, da der Mensch mit Behinderung, m.E. vergleichbar mit Fließbandarbeit, nur ein Detail zum Endprodukt beiträgt.

Doch ohne die Voraussetzung des Verstehens des Gesamtzusammenhangs kann der Mensch mit geistiger Behinderung, wie JACOBS m.E. richtig anmerkt, nicht gezielt verändernd auf seine Umwelt einwirken und wird dadurch m.E. erneut in seiner Persönlichkeitsentwicklung eingeschränkt. Daher ist es m.E. wichtig, daß Arbeit im Sinne von sinnerfüllter Lebensgestaltung stets unter dem Aspekt von Integration und Normalisierung stattfindet.

SCHARTMANN sieht Arbeit als eine der Grundlagen der Persönlichkeitsentwicklung.

Für ihn stellen menschliche Arbeit als zweckmäßige, werkzeugvermittelte und kooperative Tätigkeit und Aneignung als wesentliches funktionales Element jeglicher Tätigkeit, die Grundlage der Persönlichkeitsentwicklung des Menschen dar. D.h. der Mensch ist als in objektiven Strukturen tätiges, sich aneignendes und in diesem Aneignungsprozeß sich selbst veränderndes Subjekt zu verstehen.

Der Mensch ist also als Subjekt seiner durch Tätigkeit erworbenen Lernprozesse zu verstehen. Hieraus läßt sich m.E. schließen, daß jeder Mensch, also auch Menschen mit geistiger Behinderung, in der Lage ist, sich durch Arbeit und „Aneignung der objektiven Welt“ in seiner Persönlichkeit weiterzuentwickeln.

Da gerade viele Menschen mit geistiger Behinderung nur ein begrenztes Umfeld haben, das sie sich aneignen können, ist für diese Menschen ihre Persönlichkeitsentwicklung unwillkürlich im Vorfeld bereits begrenzt. Es wird zwar sicherlich eine gewisse Zeit dauern, bis sie sich die verschiedenen Möglichkeiten der in diesem Umfeld möglichen Tätigkeiten angeeignet haben, doch nachdem dies geschehen ist, wird ihre Entwicklung automatisch stagnieren, dies kann wiederum JACOBS zufolge zur Retardierung und zum Abbau von bereits erworbenen Fähigkeiten führen.

Daher ist m.E. eine Erweiterungsmöglichkeit des Tätigkeitsbereiches von Nöten.

Für Menschen mit geistiger Behinderung, deren Arbeitsmöglichkeiten heute noch größtenteils in Werkstätten für Behinderte zu finden sind, könnte m.E. jedoch eine solche „Tätigkeitserweiterung“ ohne „Öffnungsbestrebungen“ von Seiten der Werkstätten schwerlich durchzuführen sein.

Will man also die Fähigkeit des Menschen, sich in objektiven Strukturen durch Tätigkeit ein aneignendes und in diesem Aneignungsprozeß sich selbst veränderndes Subjekt zu sein, fördern, so muß man diesem auch ein abwechslungsreiches Tätigkeitsfeld bieten bzw. eröffnen.

3.) Die Werkstufe an der Schule für Geistigbehinderte als Eingangstor zur Arbeitswelt und die Werkstatt für Behinderte als vorrangiger Ort beruflicher Rehabilitation - Abriß des traditionellen Rahmens

3.1.) Die Schule für Geistigbehinderte in ihrem Stufen-aufbau – eine grundsätzliche Betrachtung

Sonderschulen für Geistigbehinderte sind Bildungseinrichtungen zur Ableistung der allgemeinen und zum Teil auch der berufsbildenden Schulpflicht für Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung (vgl. BLEIDICK u.a. 1998, S. 38).[9]

Seit 1964 besteht in der Bundesrepublik Deutschland für jedes Kind mit geistiger Behinderung, unabhängig von Art und Schwere seiner Behinderung, das Recht und die Pflicht an schulischem Unterricht teilzunehmen.

Mit dem pädagogischen Auftrag,

ihren Schülern „Selbstverwirklichung in sozialer Integration“[10] zu ermöglichen, übernimmt die Schule für Geistigbehinderte eine besondere Verantwortung, -auch [!] in Hinblick darauf, welche berufliche Zukunft jungen Männern und Frauen mit geistiger Behinderung eröffnet werden kann (TROST 1997, S. 49).

Ziel der Schule für Praktisch Bildbare ist es, Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung zu befähigen, sich als Person zu verwirklichen, Umwelt zu erleben, sich in sozialen Bezügen zu orientieren, bei ihrer Gestaltung mitzuwirken und zur eigenen Existenzsicherung beizutragen (vgl. § 53 Absatz 5 des HESSISCHEN SCHULGESETZES in der Fassung vom 30. Juni 1999).

Somit übernimmt die Schule für Praktisch Bildbare eine besondere Verantwortung für die soziale Integration der Schüler mit geistiger Behinderung.

Didaktisch-methodisch wird handlungsbezogener und am Projekt orientierter Unterricht empfohlen, da dieser von den Bedürfnissen, den Interessen, den Erfahrungen sowie den Ansprüchen der Schüler ausgeht (vgl. HESSISCHER KULTUSMINISTER, 1983, S. 3).

Die Erziehung dieser Schüler bedarf nämlich einer erfahrungsorientierten Auseinandersetzung mit Personen und Handlungsabläufen des täglichen Lebens, da sie dadurch notwendige lebenspraktische und soziale Fähigkeiten erlernen und anwenden können (vgl. TROST / SCHÜLLER 1992, S. 19).

Die schulische Förderung der Schüler soll sich von der Frühförderung bis hinein ins Arbeitsleben erstrecken, hierfür ist es von Nöten, daß Schule, Elternhaus, Arbeitsverwaltung, Freizeiteinrichtungen, Behindertenheime, Ärzte und Öffentlichkeit eng miteinander kooperieren (vgl. HESSISCHER KULTUSMINISTER 1983, S. 5).

3.1.1.) Klientel

In die Schule für Praktisch Bildbare werden Kinder aufgenommen, deren Lernverhalten bzw. Entwicklungsstand erheblich unter der Entwicklungs-norm ihrer Altersgruppe liegen, so daß diese in anderen Schultypen nicht oder nicht ausreichend gefördert werden können (vgl. HESSISCHER KULTUSMINISTER 1983, S. 3).

Außerdem erfüllen in dieser Schulform Kinder mit geistiger Behinderung ihre Schulpflicht.

Grundsätzlich ist jeder Geistigbehinderte / Praktisch Bildbare unabhängig von Art und Schwere seiner Behinderung in Fördermaßnahmen der Schule einzubeziehen (HESSISCHER KULTUSMINISTER 1983, S. 3).

Sobald die Aussicht auf eine erfolgreiche Teilnahme des Kindes am Unterricht einer anderen (Sonder-) Schulform besteht, soll eine Umschulung vorgenommen werden, entsprechende Unterrichtsversuche sind vorher jedoch durchzuführen, was eine Kooperation zwischen abgebender und aufnehmender Schule notwendig macht (vgl. ebd. S. 5).

3.1.2.) Die einzelnen Stufen der Schule für Geistigbehinderte

Die Schule für Geistigbehinderte ist differenziert in die aufeinander-folgenden Schulstufen:[12] Grund-; Mittel-; Haupt- sowie Werkstufe.[11]

In Hessen ist der Grundstufe der Praktisch Bildbaren Schule noch die Aufnahme- und Beobachtungsstufe vorangestellt.[13]

Aufnahme- und Beobachtungsstufe

In ihr finden in der Regel alle schulpflichtig gewordenen Kinder mit geistiger Behinderung Aufnahme, die noch nicht genügend gefördert sind, um in die Grundstufe aufgenommen werden zu können.

Ein abwechslungsreiches Spiel- und Lernangebot, sowie Möglichkeiten zum Kontakte knüpfen, sollen die Basis zur Klärung der künftigen Beschulung bilden.

Grundstufe

Die Kinder können sich in dieser Schulstufe bereits in eine Gruppe eingliedern und angebracht mit Spiel- und Lernmaterial umgehen.

Lernprozesse werden überwiegend in spielerischer Lernform den Kindern nähergebracht.

Das Anliegen der Grundstufe ist die Erschließung der direkten Umwelt der Schüler.

Mittelstufe

Die Schüler sollten sozial soweit gereift sein, daß es manchen gelingt, soziale Beziehungen innerhalb ihrer Lerngruppe aufzubauen.

Das typische dieser Stufe ist das handelnde Lernen der Schüler, bei dem sie

Sachverhalte mitvollziehen und Dinge miterschaffen dürfen.

Es werden Themen des erweiterten Nahraums der Schüler behandelt, z.B. Schul- oder Stadtteilbereich.

Hauptstufe

Die Schüler sind selbständiger und weniger an die „Führungshilfe“ des Lehrers gebunden.

Sie sollten in der Lage sein, in einem begrenzten Rahmen Aufgaben eigenständig zu übernehmen und diese auch bewältigen zu können.

Der Erfahrungsbereich der Schüler sollte im Sachunterricht durch „umweltkundliche Orientierung“ erweitert werden.

Werkstufe

Die Werkstufe soll eine möglichst umfassende Förderung der Schüler mit geistiger Behinderung in Hinblick auf ihr Erwachsenenleben und die damit verbundenen Anforderungen beinhalten (vgl. TROST / SCHÜLLER 1992, S. 19).

Sie stellt die Abschlußstufe der Schule für Geistigbehinderte Schüler dar.

Diese Stufe soll die Schüler auf den Übergang ins Arbeitsleben vorbereiten. In den meisten Bundesländern dauert die Werkstufe drei Schul-besuchsjahre.[14] In einigen Bundesländern dient sie der Erfüllung der Berufsschulpflicht.[15]

Die Allgemeinbildung nimmt zwar in der Werkstufe noch einen ausgedehnten Raum ein, doch werden inhaltlich auf Arbeit abzielende Vorhaben vermehrt in den Unterricht miteinbezogen (vgl. BACH 1979, S. 97).

Es ist vorgesehen, daß ein Schüler nach Möglichkeit alle Stufen durchlaufen soll.

Über die Schulbesuchsdauer in der Schule für Praktisch Bildbare ist in den „Richtlinien für den Unterricht in der Schule für Praktisch Bildbare (Sonderschule) nichts angegeben. Normalerweise ist der Besuch der Grund-; Mittel-; Haupt- und Werkstufe jeweils drei Jahre lang, es gibt jedoch individuell im Bedarfsfall die Verlängerungsmöglichkeit jeder Schulstufe. Die Überschreitung der zwölfjährigen Schulpflicht ist mittlerweile sogar zur gängigen Praxis geworden (vgl. MERTES 1990, S.205).

Die Lernziele werden in den einzelnen Schulstufen unterschiedlich gewichtet. Auf Vorschlag der Lehrer entscheidet die Gesamtkonferenz über eine Umstufung eines Schülers (vgl. HESSISCHER KULTUSMINISTER 1983, S. 5).

3.1.3.) Die verschiedenen Werkstufenkonzeptionen

3.1.3.1.) Ziele und Inhalte der Werkstufe nach den hessischen Unterrichtsrichtlinien für die Schule für Praktisch Bildbare

Der pädagogische Auftrag der Schule für Praktisch Bildbare ist es, den Schülern „das Lernen und die soziale Eingliederung in allen Lebensbereichen zu ermöglichen“ (HESSISCHER KULTUSMINISTER 1983, S. 4).[16]

Die Rahmenbedingungen der Schule für Praktisch Bildbare in Hessen gibt das AMTSBLATT DES HESSISCHEN KULTUSMINISTERS vor.

Die Werkstufe in Hessen ist integrierter Teil der Schule für Praktisch Bildbare und stellt deren Abschlußstufe dar. Sie dauert drei Jahre, die Verweildauer kann aber um zwei Jahre verlängert werden.

Die hessische Werkstufe deckt nicht, wie es in manchen Bundesländern vorgesehen ist, die Berufsschulpflicht der Schüler mit geistiger Behinderung ab.[17]

In den Rahmenrichtlinien der Schule für Praktisch Bildbare wird davon ausgegangen, daß die Schüler

in der Regel nach der Schulentlassung einen Arbeitsplatz in der Werkstatt für Behinderte [erhalten], sofern sie nicht in einem Haushalt, in einem Betrieb - ggf. an einem geschützten Arbeitsplatz - eine Tätigkeit finden können, die ihren besonderen Möglichkeiten und Schutzbedürfnissen Rechnung trägt (HESSISCHER KULTUS-MINISTER 1983, S. 3).[18]

Beim Übergang von der Schule in den Beruf hat die Schule eine unterstützende bzw. beratende Funktion einzunehmen (vgl. ebd.).

Bezüglich der beruflichen Eingliederung steht in der Konzeption der hessischen Unterrichtsrichtlinien, daß die schulische Förderung sowohl von vorbereitenden, begleitenden als auch von nachfolgenden Maßnahmen anderer Institutionen unterstützt werden soll, welche sich von der Frühförderung bis hin zum Arbeitsleben erstrecken sollten.

Auch wird eine enge Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus als wichtig erachtet (vgl. ebd.).

In der Werkstufe gewinnt die Hinführung an die Berufswelt immer mehr an Bedeutung, denn Ziel einer Praktisch Bildbaren Schule sollte es sein, „möglichst viele Schüler auf einen geschützten Arbeitsplatz außerhalb der Werkstatt für Behinderte unterzubringen“ (HESSISCHER KULTUS-MINISTER 1983, S. 3).

Die Schüler sollen in die Lage versetzt werden, eine berufliche Tätigkeit ausüben zu können, welche einen Beitrag zu ihrer finanziellen Existenz-sicherung leisten kann. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, daß dieses Ziel nur für einen geringen Anteil der Schülerschaft realisierbar sein wird (vgl. ebd., S. 38).

In der Werkstufe sollen den Schülern mit geistiger Behinderung neben dem Arbeitsbereich auch die Bereiche Wohnen, Freizeit, Partnerschaft sowie Öffentlichkeit nähergebracht werden.

Der Unterricht soll weitestgehend als fächerübergreifender Gesamt-unterricht erteilt werden (vgl. ebd., S. 4).

Die Unterrichts- und Erziehungsziele, welche auf Arbeit und Beruf Bezug nehmen, sind unter dem Unterpunkt 5.5 „Fähigkeiten, in Arbeit und Beruf tätig zu sein“ der Richtlinien für den Unterricht in der Schule für Praktisch Bildbare näher erläutert. Zur Einleitung dieses Punktes steht dort:

Vielen Geistigbehinderten ist es nicht möglich, durch eine berufliche Tätigkeit zum eigenen Unterhalt ausreichend beizutragen. Ihnen wird gesellschaftliche Anerkennung meist nur dann zuteil,, wenn sie die zur Erhaltung und zum Funktionieren sozialer Gruppen notwendigen Einstellungen und Fähigkeiten erwerben. Demnach meint hier „Arbeit“ auch das Übernehmen und Ausführen von Aufgaben in der Familie, Schule und Wohngemeinschaft. Neben der Befähigung zur beruflichen Tätigkeit, durch die ein finanzieller Beitrag zur Existenzsicherung geleistet wird, sollen Fähigkeiten angestrebt werden, die ein geordnetes Leben auch bei geringen Mitwirkungsmöglichkeiten zum Ziel haben (HESSISCHER KULTUSMINISTER 1983, S. 38).

Die Vorbereitung der Schüler auf Arbeit und Beruf geschieht anhand der Unterrichtsziele:

-„Gestellte Aufgabe zuverlässig und sorgfältig ausführen“
-„Grundlegende Techniken bei der Bearbeitung häufig vorkommen-der Materialien beherrschen“
-„Grundlegende Techniken für die Bearbeitung verschiedener Materialien mit Maschinen beherrschen“
-„Zeitsetzungen anerkennen und sich danach richten“
-„Sich während des Arbeitsablaufes notwendige Hilfen ver-schaffen“
-„Sich in Arbeitsgruppen und Arbeitsabläufe einordnen und seinerseits auf Gruppenmitglieder und Arbeitsabläufe einwirken“
-„Vorbereitungen für die tägliche Arbeit selbständig treffen“
-„Geltende Arbeitsregeln kennen, sie einhalten und gegebenenfalls auf Änderungen hinwirken“
-„Beziehungen zwischen Arbeit und Lohn bzw. Sozialleistungen erkennen und sich daraus ergebende Ansprüche durchsetzen“ (HESSISCHER KULTUSMINISTER 1983, S. 44; vgl. ebd. S. 38 ff.).

Im Nachfolgenden sollen die einzelnen Erziehungsziele detailliert vorgestellt werden:

„Gestellte Aufgabe zuverlässig und sorgfältig ausführen“ soll zur Sicherung des zukünftigen Arbeitsplatzes des Schülers beitragen.

Für die Erziehung zu Sorgfalt und Zuverlässigkeit ist sowohl die Vorbereitung und Durchführung werkgerichteter Projekte als auch die Verrichtung von alltäglich in der Schule anfallenden Pflichten durch die Schüler vorgesehen.

„Grundlegende Techniken bei der Bearbeitung häufig vorkommender Materialien beherrschen“ zielt darauf ab, den Schülern alltäglich vor-kommende Stoffe, wie z.B. Holz, Papier, Metall näherzubringen und ihnen Techniken zu deren Bearbeitung, gegebenenfalls unter Verwendung ein-facher Werkzeuge, beizubringen.

Den Schülern sind grundlegende Techniken, wie beispielsweise Falten, Sägen und Nageln zu vermitteln. Sie sollen von einfachen zu schwerer werdenden Arbeiten geführt werden. Der Lernanreiz soll hierbei durch das eigene Ausprobieren erzeugt werden.

Die Schüler sollen bei diesem Unterrichtsziel Erfahrungen hinsichtlich ihrer eigenen Geschicklichkeit und Leistungsfähigkeit sammeln können.

„Grundlegende Techniken für die Bearbeitung verschiedener Materialien mit Maschinen beherrschen“ bezweckt das umfassende Erlernen des Umgangs mit Maschinen.

Hierzu gehört, Gefahren bei Bedienung von Maschinen zu kennen und unnötige Angst vor diesen zu verlieren.

„Zeitsetzungen anerkennen und sich danach richten“ soll den Schüler in die Lage versetzen, sich an zeitliche Gegebenheiten anzupassen und deren Bedeutung für die verschiedenen Lebensbereiche zu erkennen.

„Sich während des Arbeitsablaufes notwendige Hilfen verschaffen“ beabsichtigt, die Schüler zur Kontrolle ihrer eigenen Arbeitsvorgänge zu befähigen und ihnen zu lehren, Hilfe und Rat anderer Menschen in Anspruch zu nehmen, um die eigene Arbeit erfolgreich zu verrichten.

„Sich in Arbeitsgruppen und Arbeitsabläufe einordnen und seinerseits auf Gruppenmitglieder und Arbeitsabläufe einwirken“ ist im hauswirtschaft-lichen Bereich, in arbeitsteiligen Werkvorhaben sowie bei Gruppen-vorhaben mit wechselnden Arbeitsplätzen denkbar.

Die Schüler sollen anhand von Arbeitsanordnungen, Veränderungen von Fertigungsabläufen und der Planung von Vorhaben die Chance zur eigenen Rollenfindung und zu deren Einnahme erhalten.

„Vorbereitungen für die tägliche Arbeit selbständig treffen“, soll die Schüler befähigen, eigenständig Versorgungsmaßnahmen treffen zu können und „Pflichten der täglichen Arbeit als Anspruch an sich selbst zu erkennen“ (HESSISCHER KULTUSMINISTER 1983, S. 40).

Im Unterricht kann dieses Erziehungsziel, z.B. durch Absprachen treffen und Aufträge absprechen oder Werkzeug bereitlegen bzw. Material bereitstellen umgesetzt werden.

„Geltende Arbeitsregeln kennen, sie einhalten und gegebenenfalls auf Änderungen hinwirken“ ist ein fundamentaler Abschnitt der schulischen Berufsvorbereitung. Den Schülern muß nämlich bewußt werden, daß Arbeitsabläufe stets mit gewissen Regeln verbunden sind, an die sich jeder zu halten hat.

Ein wichtiger Aspekt dieses Erziehungsziels ist auch, die Befähigung des Schülers mit geistiger Behinderung, seine Meinung gegenüber anderen zu äußern, wenn

Regelungen im Einzelfall [...] dem Anspruch auf Gleichbehandlung, Bedürfnisausgleich oder angemessene Behandlung nicht gerecht werden (HESSISCHER KULTUSMINISTER 1983, S. 40).

„Beziehungen zwischen Arbeit und Lohn bzw. Sozialleistungen erkennen und sich daraus ergebende Ansprüche durchsetzen“ soll den Schülern Zusammenhänge von Arbeitsleistung und sozialen Leistungen in verein-fachter Erläuterung vermitteln. Bei dem Schüler soll aufgrund dieses Wissens ein entsprechendes Verhalten zutage treten.

Bezüglich durchzuführender Betriebspraktika[19] stehen in den Rahmen-richtlinien der Schule für Praktisch Bildbare keine näheren Angaben, dies kann einerseits von engagierten Lehrern voll ausgeschöpft werden, so daß diese ihren Schülern mehrere Praktika, eventuell auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, ermöglichen können, und andererseits können sich uninteressierte, eher zum Überbehüten neigende Lehrer hinter dieser „Nichtaussage“ verstecken (vgl. BÖHRINGER 1996, 35).

3.1.3.2.) Die Werkstufenkonzeption der Bundesvereinigung Lebens-hilfe Marburg e.V.

Die Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. entwickelte im Juni 1981 ihre Empfehlungen für die Werkstufe der Schule für Geistigbehinderte, da die Ausführungen der 1980 veröffentlichten Werkstufenempfehlungen der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK), ihrer Meinung nach, zu rahmenhaft waren.

Grundsätzlich soll sich der Unterricht in ihrer Werkstufenkonzeption jedoch nach den Empfehlungen der Kultusministerkonferenz richten, denn auch die Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. versteht unter dem Auftrag der Schule für Geistigbehinderte die „Selbstverwirklichung in sozialer Integration“ (BUNDESVEREINIGUNG LEBENSHILFE 1994, S.3).

Die Werkstufe ist integrierter Teil in die Schule für Geistigbehinderte und soll von allen Schülern unabhängig von ihrem Entwicklungsstand vor ihrem Schulaustritt absolviert werden.

In ihr soll die Bildungsarbeit der vorangegangenen Schulstufen unter dem Aspekt des Erwachsenenlebens fortgesetzt werden (vgl. ebd.).

Die Aufgabe und das Ziel der Werkstufe ist es,

den geistig behinderten Jugendlichen auf das Leben als Erwachsener so vorzubereiten, daß er sich trotz seiner Behinderung in allen Lebensbereichen und –situationen zurechtfinden, eingliedern, betätigen und behaupten kann (BUNDESVEREINIGUNG LEBENSHILFE 1994, S.3).

Das Erwachsenenleben läßt sich laut der Empfehlung der Lebenshilfe grob in die fünf gleichwertigen Lebensbereiche „Leben und Wohnen“, „Arbeit und Beruf“, „Freizeit“, „Umwelt und Öffentlichkeit“ sowie „Partnerschaft“ gliedern (vgl. ebd.).

Damit der Jugendliche mit geistiger Behinderung in diesen sich behaupten kann, muß er vorher lernen,

- die eigene Person zu erfahren und Lebenszutrauen zu entwickeln,
- sich selbst zu versorgen und zur Sicherung der eigenen Existenz etwas beizusteuern,
- sich in der Umwelt zu orientieren und sie angebracht zu erleben,
- sich in sozialen Bezügen zurechtzufinden und bei ihrer Gestaltung mitzuwirken,
- die Sachumwelt zu erkennen und diese zu gestalten (vgl. ebd., S. 4).

Die Erziehungs- und Bildungsarbeit soll sich nach den regionalen und lokalen Anforderungen und Möglichkeiten, denen der Jugendliche mit geistiger Behinderung nach seiner Schulentlassung begegnet, richten (vgl. ebd., S. 3).

Die didaktischen und methodischen Grundsätze sollen die Individualität des Schülers fördern und daher soweit wie möglich an konkreten späteren Lebenssituationen ausgerichtet sein.

Diese Lerninhalte werden auch in der Werkstufe nicht in traditionellen Unterrichtsfächern, sondern in wirklichkeits-bezogenen, erlebnis- und handlungsbetonten Lernsituationen vermittelt (BUNDESVEREINIGUNG LEBENSHILFE 1994, S. 5).

Der Unterricht soll dementsprechend weitestmöglich als projektorientierter Klassen- oder Gruppenunterricht organisiert und durch Praktika ergänzt werden.

Die Ausrichtung der genannten projektorientierten Unterrichts-formen auf konkrete Lebens- und Situationszusammenhänge führt dazu, daß solche Unterrichtsvorhaben fast immer „fächer-übergreifend“ sind (BUNDESVEREINIGUNG LEBENSHILFE 1994, S. 5).

Ein damit verbundenes längeres Verweilen bei bestimmten Schwerpunktthemen erleichtert den Jugendlichen mit geistiger Behinderung auch das Erkennen von Zusammenhängen, denn diese benötigen, um ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten in notwendigen Grundtechniken kontinuierlich zu erweitern, einzelne Arbeitsvorhaben in einer inhaltlich abgestimmten Abfolge (vgl. ebd., S. 6 f.).

Einer der Schwerpunkte der Werkstufe soll die Vorbereitung auf Arbeit und Beruf sein. Die Schüler sollen dort jedoch nicht für einen bestimmten Beruf oder eine Tätigkeit ausgebildet werden, sondern es soll ihnen eine möglichst umfangreiche und auch praktische Grundausbildung nähergebracht werden.

Die Schüler sollen während ihrer Werkstufenzeit befähigt werden, mit verschiedenen Materialien, Werkzeugen, Geräten und einfachen Maschinen umgehen zu können und Produkte in Einzel- und Serienfertigung für andere herstellen zu können. Auch ist es Aufgabe der Werkstufe, den Schülern die Möglichkeit zu bieten, verschiedene Dienstleistungsbereiche kennenzulernen und ihnen erste Erfahrungen an ausgesuchten Sortier-, Verpackungs- und Montagetätigkeiten „mit realistischem Übungscharakter“ zu ermöglichen.

Durch solche vielseitigen Arbeitsprojekte können die Schüler ihre Arbeitsfähigkeit entwickeln und in „realitätsnahen Situationen“ diese trainieren, differenzieren und anwenden (vgl. ebd., S. 6).

Bei der Auswahl und Gestaltung dieser Arbeitsprojekte sollte aus pädagogischen und technischen Gründen auf folgende Kriterien geachtet werden:

1. Der herzustellende Gegenstand, seine Funktion und seine Verwendung müssen den Schülern bekannt und möglichst einsichtig sein.
2. Für das herzustellende Produkt muß entweder ein Eigenbedarf beim Schüler oder ein bestimmter Außenbedarf aus dem Erfahrenskreis des Schülers bestehen.
3. Das Erzeugnis sollte die Beteiligung des Schülers an dessen Vorbereitung ermöglichen.
4. Das Erzeugnis muß mit einfachen handwerklichen und technischen Mitteln herstellbar sein.
5. Bei der Herstellung müssen mehrere voneinander unterscheidbare Tätigkeiten anfallen, die als Teilarbeiten allen Schülern das Erlernen und Üben von Grundfertigkeiten in Grundkursen und die Aufgliederung des Arbeitsprozesses in Teilschritte ermöglichen.
6. Die einzelnen Arbeitsvorgänge und ihre Bedeutung für den Gesamtablauf der Herstellung des Erzeugnisses müssen für die Schüler einsichtig und anschaulich darstellbar sein.
7. Die Schüler müssen Gelegenheit haben, Teilverantwortung zu übernehmen und bei Entscheidungen mitzuwirken.
8.Die Arbeitsergebnisse müssen quantitativ und qualitativ zu vergleichen und zu werten sein. Die Wertung muß den Schülern einsichtig gemacht werden können.
9. Das Vorhaben muß für Schüler überschaubare Zeitsetzungen ermöglichen (BUNDESVEREINIGUNG LEBENSHILFE 1994, S. 7 f.).

In der Werkstufe sollen die Jugendlichen möglichst viele Lebensbereiche des Erwachsenenlebens durch Praktika kennenlernen.

Im Bereich der beruflichen Arbeit sind daher Betriebserkundungen und Betriebspraktika mit den Schülern, in Begleitung ihrer Lehrer[20] durchzuführen. So können die Schüler ihre Fähigkeiten erproben und sich gleichzeitig ein Bild der „sozialen, räumlich-technischen und zeitlichen“ Charakteristika des Arbeitslebens machen (vgl. ebd., S. 8).

Die Praktika bedürfen laut der Empfehlung der Lebenshilfe einer gewissenhaften Vorbereitung. Auch die Eindrücke und Erlebnisse der Schüler müssen im Unterricht aufgearbeitet werden, außerdem ist eine Miteinbeziehung der Eltern und Vertreter der Betriebe, zuzüglich anderweitiger Beteiligter, in allen Phasen des Praktikums von Nöten (vgl. ebd.).

Auch in der Werkstufe sollen die Lernfortschritte dokumentiert werden, da dies sowohl der Erstellung eines Abschlußberichts als auch des Abschlußzeugnisses dient. Dieser Abschlußberichts soll die Interessenlage, die Fähigkeiten und Fertigkeiten und gegebenenfalls die besonderen Bedürfnisse des Berufsanwärters veranschaulichen (vgl. ebd., S. 9).

Eine spätere Selbständigkeit und eigene Gestaltung des Lebens kann den Schülern mit geistiger Behinderung nur gelingen, wenn ihnen bereits in der Schule, d.h. spätestens in der Werkstufe die Gelegenheit zur Einübung entsprechender Verhaltensweisen geboten wird. Daher sind alle Schüler

zu befähigen, in der Planung und Gestaltung des Unterrichts und des Schullebens verantwortlich mitzuarbeiten, die Ergebnisse der Arbeit zu bewerten und ihr und anderer Verhalten kritisch zu betrachten und zu steuern (BUNDESVEREINIGUNG LEBENSHILFE 1994, S. 10).

Für die kontinuierliche Gesamtförderung ist auch eine enge Kooperation mit dem „außer- und nachschulischen Bereich“ unerläßlich. Daher wird es von seiten der Lebenshilfe als wichtig erachtet, daß in den Besprechungen mit Vertretern der Berufsberatung, der Behörden und der Betriebe sowohl die Lehrer als auch die Eltern und die Schüler selbst einzubeziehen sind (vgl. ebd.).

Ebenfalls wird in Hinblick auf den Arbeitsbereich eine enge Kooperation der Schule mit der Werkstatt für Behinderte gefordert, dies könnte beispielsweise umgesetzt werden durch:

- regelmäßige abwechselnde Hospitationen,
- gegenseitige Teilnahme an Veranstaltungen,
- gemeinsame Teambesprechungen,
- den Austausch von förderungsbezogenen Informationen,
- Abklärung von möglichen Einzelproblemen und durch
- eine gegenseitige Beratung und Hilfe (vgl. ebd., S 11).

Eine Schule für Geistigbehinderte sollte über Freizeiträume, Modellwohnräume, Werkstatträume und entsprechende hauswirtschaftliche Arbeitsräume sowie Material- und Lagerräume verfügen.

Was deren räumliche Gestaltung betrifft, so sollte die Einrichtung und Ausstattung der realen Wirklichkeit der verschiedenen Lebensbereiche weitestgehend entsprechen (vgl. ebd.).

Die Außenanlage der Schule sollte den Schülern die Möglichkeit bieten, diese durch verschiedene Tätigkeiten pflegen und bebauen zu können, dort Tiere zu halten und mit verschiedenen Materialien etwas Bauen und Gestalten zu können (vgl. ebd., S 12).

3.1.3.3.) Der Werkstufenplan des Bundeslandes Bayern

Die Werkstufe in Bayern wurde als „Modellversuch Werkstufe der Schule für geistig Behinderte“ vom Staatsinstitut für Unterricht und Kultus und Wissenschaft und Kunst in München gestartet. Seit dem 1. August 1989 ist der Lehrplan in Kraft gesetzt.

Auch in Bayern bildet die Werkstufe den Abschluß der Schule für Geistigbehinderte, in ihr finden alle berufsschulpflichtigen Schüler mit geistiger Behinderung Aufnahme.

Die Schüler besuchen normalerweise vom zehnten bis zwölften Schulbesuchsjahr die Werkstufe. Es soll laut Lehrplan die Arbeit der Unter-, Mittel- und Oberstufe[21] fortgesetzt werden.

Die Erziehung und der Unterricht in der bayrischen Werksstufe sollen dem Schüler mit geistiger Behinderung helfen, erwachsen zu werden und ein sinnerfülltes Leben in möglichst weitgehender Selbständigkeit führen zu können (vgl. BAYRISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UNTER-RICHT UND KULTUS UND WISSENSCHAFT UND KUNST 1989, S. 114). Daher bestehen die Lernziele und Inhalte aus Lebenssituationen, welche die Schüler nicht nur in der Gegenwart, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach auch in der Zukunft bewältigen müssen (vgl. ebd., S. 116).

Der Bildungsauftrag der Werkstufe ist, die Entwicklung der Gesamt-persönlichkeit des Schülers mit geistiger Behinderung zu fördern[22] (vgl. ebd., S. 114).

Es gibt sechs Grundsätze für den Unterricht in der Werkstufe, die im folgenden näher erläutert werden sollen (vgl. ebd., S. 115 f.):

1.) Grundsatz der Situationsbezogenheit

Unterricht, Erziehung und Förderung [...] müssen dem Grundsatz verpflichtet sein, Gegenstände und Situationen – soweit möglich - an ihren natürlichen Orten aufzusuchen, oder sie in die Schule hereinzuholen und als Lernsituation zu gestalten. Schule wird so zu einem Lebensraum, in dem Leben in seinen verschiedenen Aspekten (Arbeiten, Lernen, Freizeit, Wohnen, Versorgen, Kommunikation, Partnerschaft, Öffentlichkeit) gemeinsam gelernt wird (BAYRISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UNTERRICHT UND KULTUS UND WISSENSCHAFT UND KUNST 1989, S. 115).

2.) Grundsatz der Ganzheitlichkeit

Bei allen schulischen Belangen geht es grundsätzlich um dem Schüler als ganzen Menschen.

3.) Grundsatz der Sachgebundenheit

Hierbei geht es um das sachgemäße Behandeln von Material,[23] Werkzeug und Maschinen, da hierin eine wichtige Maßnahme zur Arbeitsfähigkeit und Persönlichkeitsreifung des Schülers liegt.

4.) Grundsatz der Selbständigkeit

Die Schüler sollen möglichst alle Tätigkeiten selbst und weitestgehend alleine ausführen, sie sollen die Notwendigkeit des genauen Arbeitens an der eigenen Arbeit erfahren. Dennoch ist es wichtig, daß die Lehrer auch unvollkommene Arbeiten der Schüler tolerieren.

5.) Grundsatz der arbeitspädagogischen Orientierung

Der Unterricht in der Werkstufe muß sich im Rahmen der beruflichen Grundbildung an den didaktischen und methodischen Leitlinien der Arbeits-pädagogik orientieren, da dadurch der Schüler Arbeitsvorgänge selbst durchschauen kann, mit seiner Rolle als arbeitender Mensch bekannt wird, nicht unter Ängsten und Unzulänglichkeitsgefühlen zu leiden hat und aus eigenen befriedigenden Arbeitserfahrungen einen Leistungswillen ent-wickeln kann.

6.) Erwachsenenpädagogik als Prinzip

Da die Werkstufenschüler erwachsenwerdende Jugendliche sind, sollen sie von ihren Bezugspersonen auch wie Erwachsene respektiert und auch dementsprechend behandelt werden.

Dem Jugendlichen oder jungen Erwachsenen soll es laut Lehrplan durch die Werkstufe ermöglicht werden:

- „einen Arbeits- und Beschäftigungsplatz in einer Werkstatt für Behinderte oder in der freien Wirtschaft einzunehmen und dabei persönliche Befriedigung zu erfahren,[24]
- die Freizeit- und Erholungsangebote nach eigenen Bedürfnissen auszuwählen und zu nutzen,
- sich allmählich von seiner Familie zu lösen und gegebenenfalls in einer seinen Möglichkeiten angepaßten Wohnform in Gemeinschaft zu leben,
- Freundschaften und Partnerbeziehungen aufzunehmen und zu erhalten,
- sich in der Öffentlichkeit zu orientieren, zu bewegen und öffentliche Einrichtungen in Anspruch zu nehmen“ (BAYRISCHES STAATS-MINISTERIUM FÜR UNTERRICHT UND KULTUS UND WISSENSCHAFT UND KUNST 1989, S. 114).

In der bayrischen Werkstufe liegt der Schwerpunkt der pädagogischen Arbeit auf der Vermittlung einer beruflichen Grundausbildung. Dem Schüler sollen demnach Grundfertigkeiten und –fähigkeiten, welche für eine berufliche Tätigkeit von Bedeutung sind, nähergebracht werden (Vgl. ebd., S. 159).

Die hierfür anzuwendenden didaktischen Methoden und Unterrichtsformen sollen dem Alter der Schüler entsprechen.

Der Lehrplan für die Werkstufe der Schule für Geistigbehinderte ist gegliedert in allgemeine Vorbemerkungen und die fünf Lebensbereiche „Arbeit und Beruf“, „Freizeit“, „Wohnen“, „Ich-Erfahrung und Partner-schaft“ sowie „Öffentlichkeit und Umwelt“.

Im Nachfolgenden soll nur der Lebensbereich 1: Arbeit und Beruf vorgestellt werden, da er für das Thema dieser Arbeit relevant ist.

Der Lebensbereich Arbeit und Beruf ist in die sechs Situationsfelder

- 1.) der Behinderte in seiner Berufsrolle,
- 2.) Arbeits- und Produktionsformen,
- 3.) Kunstgewerbliches Gestalten,
- 4.) Handwerk und Technik,
- 5.) industrielle Fertigung und
- 6.) Dienstleistungen unterteilt.[25]

Die bedeutendsten Lernbereiche in der Werkstufe für die berufliche Grundbildung sind Werken, Textilarbeit und Hauswirtschaft, da diese die in den Werkstätten am häufigsten vorkommenden Arbeitsbereiche sind.

Da der handlungsbezogene Unterricht auf die spätere Beschäftigung in diesen Bereichen hinzielt, müssen die Lernsituationen in der Schule möglichst viele identische Elemente mit den späteren Anwendungssituationen am Arbeitsplatz aufweisen (BAYRISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UNTERRICHT UND KULTUS UND WISSENSCHAFT UND KUNST 1989, S. 117).

Daher ist es von Nöten, daß die Lehrer sich zuvor in die Anforderungen und Verhältnisse der zukünftigen Arbeitswelt Einblick verschafft haben.

Die berufliche Grundausbildung der Schüler findet aber nicht nur in den Bereichen Werken, Textilarbeit und Hauswirtschaft statt, sondern auch im grundlegenden Unterricht der Werkstufe, daher müssen alle diese Bereiche eng miteinander in Einklang gebracht werden (vgl. ebd.).

Die Vorbereitung der Schüler mit geistiger Behinderung in der Werkstufe auf ihr späteres Arbeitsleben setzt voraus, daß diese nicht nur mit entsprechenden Räumen, Einrichtungen, Materialien, Maschinen und Werkzeugen ausgestattet ist, sondern daß die dortigen Maschinen und Werkzeuge auch mit den geltenden industriellen und handwerklichen Normen und Vorschriften übereinstimmen (vgl. ebd.).

Das Praktikum wird im Lehrplan für die Werkstufe der Schule für Geistigbehinderte extra als wichtiger Bestandteil der Vorbereitung auf das Berufsleben erwähnt, die Schüler haben sogar die Möglichkeit es als Blockpraktikum oder an festen Praktikumstagen zu absolvieren.

Als Durchführungsort hierfür ist in der Regel die Werkstatt für Behinderte vorgesehen (vgl. ebd.), doch können diese auch in anderen Betrieben durchgeführt werden (vgl. ebd., S. 119).

Als wichtig für die Hinführung der Schüler zur Arbeitswelt wird in Bayern auch die frühzeitige Zusammenarbeit mit den Eltern und dem Arbeitsamt angesehen (vgl. ebd., S. 117).

3.1.3.4.) Kritische Reflexion der verschiedenen Werkstufen-konzeptionen und Versuch einer eigenen Positionsbestimmung

Alle drei vorgestellten Werkstufenkonzeptionen sehen als pädagogischen Auftrag der Schule für Geistigbehinderte/ Praktisch Bildbare die „Selbstverwirklichung in sozialer Integration“(L., S. 3; Vgl. HK., S.4) bzw. „ein sinnerfülltes Leben in möglichst weitgehender Selbständigkeit leben zu können“ (BK., S. 114).[26]

Die Werkstufe stellt für alle Konzeptionen die Abschlußstufe dar, die jeden altersentsprechenden Schüler aufnehmen muß.

In Bayern erfüllt der Schüler mit geistiger Behinderung mit dem Besuch der Werkstufe seine Berufsschulpflicht (Vgl. BK., S. 114). In Hessen hingegen gehört die Werkstufe zur ganz normalen Regelschulzeit, es ist vorgesehen, daß der Jugendliche danach noch eine Berufsschule oder gegebenenfalls eine Sonderberufsschule besucht (vgl. § 64 des Hessischen Schulgesetzes).

Die Vorbereitung auf das Erwachsenenleben in der Werkstufe soll in allen Lebensbereichen durchgeführt werden.

Die Lebenshilfe vertritt die Meinung, daß die Bereiche Arbeit, Wohnen, Freizeit, Partnerschaft und Öffentlichkeit grundsätzlich gleichberechtigt den Schülern nähergebracht werden sollen.

In Hessen und Bayern wird der Schwerpunkt in der Abschlußstufe dagegen auf die Berufsvorbereitung gelegt.

M. E. kommen im Erwachsenenalter nicht nur im Bereich „Arbeit und Beruf“ auf den Jugendlichen mit geistiger Behinderung Veränderungen zu, sondern auch in allen anderen Bereichen, so ist es beispielsweise denkbar, daß eine Partnerschaft eingegangen wird bzw. eventuell der Wunsch zum gemeinsamen Wohnen aufkommt usw., daher sollten alle Bereiche, wie in den Empfehlungen der Lebenshilfe vorgesehen, gleichberechtigt vermittelt werden, denn „Selbstverwirklichung in sozialer Integration“ kann nur verwirklicht werden, wenn der Jugendliche mit geistiger Behinderung auch auf Kompetenzen in den anderen Bereichen zurückgreifen kann.

Zur didaktisch-methodischen Gestaltung des Werkstufenunterrichts sehen alle drei Konzeptionen die projektorientierte /handlungsbezogene Unterrichtsform als die angemessenste an.

Auch m.E. ist diese am geeignetsten, um die Selbständigkeit und Handlungskompetenz der Schüler zu fördern. Ein Hauptelement dieser Unterrichtsart ist nämlich das Lernen in konkreten Situationen und der aktive Einbezug der Schüler, sowie deren Bedürfnisse und Wünsche. Dadurch können die Schüler ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten testen. Ebenso lernen sie sich und ihr Gegenüber wahrzunehmen und Bedürfnisse oder Probleme anzusprechen. Doch sollte bei der Themenwahl stets ein direkter Bezug zu den Problemen bzw. Interessen der Schüler angestrebt werden.

M. E. wird an dieser Unterrichtsform jedoch das Lernen in konkreten/ realen Situationen häufig nicht sinngemäß umgesetzt. So sollen z.B. bei der Raumausstattung der Werkstufenkonzeption der Lebenshilfe „Modell-wohnräume“ in der Schule vorhanden sein (Vgl. L., S. 11), doch hier stimme ich mit BÖHRINGER überein „Wohnen lernt man dort wo gewohnt wird, mit Mitbewohnern und Nachbarn – nicht in der Schule“ (BÖHRINGER 1999a, S.189).[27]

Auch Praktika und Betriebserkundungen sind Bestandteil dieses Unterrichts. In den Konzeptionen der Lebenshilfe und des Bundeslandes Bayern werden dergleichen auch als wichtig angesehen.

Im bayrischen Werkstufenplan besteht sogar die Möglichkeit, Praktika auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu machen. In der Regel finden diese jedoch in der Werkstatt für Behinderte statt.

In den Rahmenrichtlinien Hessens werden Praktika gar nicht erwähnt, d.h. es obliegt dem jeweiligen Ermessen des Lehrers ob, wo und wie lange er diese durchführt.

In der Lebenshilfekonzeption sollen die Schüler Praktika in Begleitung ihres vertrauten Lehrers machen (vgl. L., S. 8). Es wird zwar nicht ausdrücklich gesagt, daß die Praktika nur in der Werkstatt für Behinderte stattfinden sollen, doch läßt diese Aussage keinen Zweifel diesbezüglich offen.

M. E. sind Praktika unverzichtbar für die Schüler, wenn es darum geht, sie auf ihr Erwachsenenleben vorzubereiten. Denn nur so können sie ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten in wirklichen „Realsituationen“ erproben und nachdem sie alle für sie in Betracht kommenden nachschulischen Möglichkeiten kennen, selbstbestimmt diese für sich abwägen.

Im bayrischen Werkstufenplan wird zwar erwähnt, daß der Berufsanwärter mit geistiger Behinderung nach seiner Schulentlassung „einen Arbeits- und Beschäftigungsplatz in einer Werkstatt für Behinderte oder in der freien Wirtschaft einnehmen“ (BK., S. 114) kann, doch tendenziell wird davon ausgegangen, daß er eine Arbeit in einer Werkstatt für Behinderte findet (vgl. BK., S. 115.). Auch die Konzeption der Lebenshilfe sieht dies anscheinend als selbstverständlich, denn sie beschränkt ihre nachschulische Kooperation fast ausschließlich auf die Werkstatt für Behinderte.

Auch die in diesen Konzeptionen vorgesehene Gestaltung der Räume und die Auswahl der zu erlernenden Arbeitstechniken und Fertigungsweisen verstärkt diese Annahme (vgl. BK., S. 117 und L., S. 11).

Diese Grundhaltung könnte m.E. eine mögliche Ursache für den Automatismus, „Schülerschaft aus der Schule für Geistigbehinderte führt zur Mitarbeiterschaft der Werkstatt für Behinderte“ sein.

Solange dieser Automatismus besteht, ist die Umsetzung des pädagogischen Auftrags der Schule für Geistigbehinderte, die „Selbstverwirklichung in sozialer Integration“, fehlgeschlagen, denn zur sozialen Integration gehört im Zuge des Normalisierungsprinzips[28] auch berufliche Integration des Menschen mit geistiger Behinderung.

Die Rahmenrichtlinien in Hessen sind in diesem Falle den anderen beiden schon einen Schritt voraus, dort ist erklärtes Ziel, „möglichst viele Schüler auf einem geschützten Arbeitsplatz außerhalb der Werkstatt für Behinderte unterzubringen“ (HK., S.3). Dies soll durch eine gute Kooperation mit der Arbeitsverwaltung erreicht werden.

Alle drei Werkstufenkonzeptionen erachten eine Zusammenarbeit mit dem Elternhaus des Schülers als wichtig (vgl. HK., S. 3, BK., S. 117, L., S. 8).

Auch m.E. ist ein guter Kontakt zwischen Schule und Elternhaus unabdingbar. Denn die Einstellung der Eltern bezüglich der beruflichen Perspektive ihres Kindes hat maßgeblichen Einfluß auf dessen späteren Berufswunsch.

Deshalb gehört es zu den vorrangigen, wenn auch nicht problemlosen Aufgaben der Schule für Geistigbehinderte, gemeinsam mit den Eltern die beruflichen Perspektiven ihres Kindes zu erörtern und sich kontinuierlich mit ihnen über vorliegende Erfahrungen auszutauschen (TROST /SCHÜLLER 1992, S. 22 f.).

Abschließend hierzu möchte ich noch anmerken, daß mir in den einzelnen Werkstufenkonzeptionen die Heraushebung der Notwendigkeit des Besitzes von sozialer Kompetenz[29] bei den Schülern gefehlt hat. In der Schule für Geistigbehinderte sollte diese gezielt gefördert werden, da sie für eine spätere Einstellungschance auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von entscheidender Bedeutung ist.

Schulabgänger aus Integrationsklassen haben diesbezüglich Vorteile gegenüber den Schulabgängern aus Sonderschulen, da sie das „gemeinsame Leben und Lernen“ (JACOBS 1993, S.254) bereits eingeübt haben.

3.2.) Die Werkstatt für Behinderte als vorrangiger Ort beruflicher Rehabilitation

3.2.1.) Berufliche Rehabilitation – Was ist das eigentlich?

Unter Rehabilitation[30] versteht man die Gesamtheit der Maßnahmen

die eine Behinderung verhüten, beseitigen oder mildern, dem Behinderten die Ausübung eines Berufes oder einer angemessenen Tätigkeit ermöglichen, [...] und ihm die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen oder erleichtern (JACOBS 1979, S.41 f.).

Ursprünglich verstand man unter dem Begriff der Rehabilitation Maßnahmen zur Wiedereingliederung eines Menschen in die Gesellschaft, d.h. dieser Mensch stand bereits im Arbeitsprozeß und verlor seine Leistungsfähigkeit aus diversen Gründen.

Heutzutage wird der Begriff auch für Menschen verwendet, deren Leistungsfähigkeit geschädigt wurde noch bevor sie im Arbeitsprozeß standen (vgl. ebd.).[31]

Laut GRAMPP ist Rehabilitation

ein System von medizinischen, berufsfördernden und sonstigen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit von Menschen mit Behinderung. Sie will eine dauerhafte, gezielte und planmäßige Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft herbeiführen und selbstverantwortliche Mitwirkung in allen Lebensbereichen ermöglichen. Der Mensch, der, aus welchen Gründen auch immer, behindert, also inhabilis - ungeeignet, unzweckmäßig geworden ist, soll wieder geeignet gemacht, eben rehabilitiert werden (GRAMPP 1998, S. 362).

Berufliche Rehabilitation ist aufgrund der möglichen ökonomischen Verwertbarkeit des Menschen mit geistiger Behinderung von Interesse für die Gesellschaft. Vorrangig sind für die Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation die Träger der Rentenversicherung zuständig, doch wenn keine versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zutreffen, kommt eine Zuständigkeit der Bundesanstalt für Arbeit in Betracht.

Laut JACOBS ist sie Mittel zu einer für den Menschen mit geistiger Behinderung sinnvollen und menschenwürdigen Lebensführung, da sie diesem soziale Anerkennung und Selbstbestätigung ermöglicht (vgl. 1979, S. 43).

Dem Rehabilitanten sollen berufliche Fähigkeiten und Fertigkeiten beigebracht werden, so daß diesem die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglicht wird.

Hilfen zur beruflichen Rehabilitation müssen die Erziehung und Förderung des Behinderten zur Lebenstüchtigkeit und damit verbunden, zu größtmöglicher individueller und sozialer Selbstbestimmung einschließen [...] zur beruflichen Rehabilitation [gehören] alle nachgehenden, begleitenden Hilfen, die notwendig sind, um dem Behinderten seinen erreichten Stand an Selbstverwirklichung zu erhalten und seinen Platz in der Arbeitswelt zu sichern (JACOBS 1979, S. 43).

Ziel der beruflichen Rehabilitation sollte es also sein, Lernsituationen zu schaffen, die dem Menschen mit geistiger Behinderung ermöglichen, die nötigen Kompetenzen und Qualifikationen zu erlangen, denn nur so kann die Trennung in „berufliche Bildung“ und „Persönlichkeitsentwicklung“ aufgehoben werden (vgl. GRAMPP 1998, S. 370).

Doch berufliche Rehabilitation allein genügt nicht, um einen Menschen mit geistiger Behinderung in die Gesellschaft zu integrieren, denn ohne gleichzeitige soziale Rehabilitation wird er von seinen Mitmenschen abgelehnt und somit von diesen isoliert (vgl. JACOBS 1979, S. 42).

Berufliche Rehabilitation führt also nur in Kombination mit sozialer Rehabilitation zur Teilnahme des Menschen mit geistiger Behinderung am Leben in der Gesellschaft.

3.2.2.) Ein kurzer historischer Abriß zur Entstehung und Entwicklung der Werkstätten für Behinderte

Vor 1900 konnten Menschen mit geistiger Behinderung nur in der Landwirtschaft eine Anstellung finden oder in einem der geschlossenen „Zucht- und Tollhäuser“ ihr Dasein fristen, isoliert von der Außenwelt (vgl. TAUBITZ 1982, S. 159).

Um Schwachsinnige vor zusätzlicher Verwahrlosung zu schützen, sei eine Anstaltunterbringung für sie unumgänglich gewesen[32] (vgl. MERKENS 1988, S.31).

Die vielen Gründungen von Schwachsinnigenanstalten durch kirchlich-caritative Institutionen wurden laut SPECK zumindest im 19. Jahrhundert nicht nur vom christlichen Pflichtbewußtsein, sondern auch von pädagogischen und medizinischen Impulsen und Erkenntnissen mitgetragen (vgl. SPECK 1999, S. 15).[33]

Ziele der Anstaltserziehung waren, den Schwachsinn in seinen schlimmsten Auswirkungen zu mildern, die Zöglinge zu nützlichen und brauchbaren Erwachsenen zu bilden und die Verhütung des Schwachsinns durch öffentliche Aufklärung soweit wie möglich voranzutreiben. [...] Die Anstaltsgründungen waren somit Antworten auf bedrängende soziale Notlagen, die von Theologen, Medizinern und Pädagogen mit dem Angebot von Heimplätzen zu beantworten versucht wurden (MEYER 1973, S.69 zitiert nach MERKENS 1988, S.31 f.).

Die erste „geschützte Werkstatt“ für „imbezielle[34] Schulabgänger“ ohne Aussicht auf eine Anstellung wurde 1920 in Holland ins Leben gerufen.[35] Eine ähnliche Einrichtung wurde 1922 in Deutschland von dem Düssel-dorfer Hilfschullehrer Inhoven gegründet (vgl. TAUBITZ 1982, S. 159). Weitere Gründungen folgten daraufhin ebenfalls in den zwanziger Jahren in Frankfurt, Bremen und Berlin (vgl. BERNHART 1979, S. 48).

Sie wurden gegründet, um Kriegsversehrten die Möglichkeit eines Arbeitsplatzes zu eröffnen. Diese „Werkstätten für Erwerbsbeschränkte“ entwickelten sich erst mit der Zeit auch zu Einrichtungen für Menschen, die von Geburt an behindert waren, so daß diesen dadurch auch eine Teilhabe am Erwerbsleben möglich wurde. (vgl. GRIES 1968, S. 192 ff).

Die Idee dieser „geschützten Werkstätten“ entwickelte sich während des Nationalsozialismus in Deutschland nicht weiter (vgl. TAUBITZ 1982, S. 159).[36]

Die Verbrechen in dieser Zeit müssen als Versuch gesehen werden, die Erfolge der 150jährigen Geschichte der Heilpädagogik rückgängig zu machen (vgl. MÖCKEL 1988, S. 226).

Nach dem Krieg wurden die Behinderten, sofern sie nicht in ihren Familien lebten wieder, wie in der Zeit vor 1933 üblich, in „geschlossenen Institutionen“ untergebracht. Hierunter sind Anstalten zu verstehen, „in denen Arbeits-, Wohn- und Freizeitsphäre weitgehend identisch [...] sind“ (MEURER 1973, S. 76).

Erst durch die Gründung der Bundesvereinigung „Lebenshilfe für das geistig behinderte Kind e.V.“ in Jahre 1958 und deren Initiative wurden der Aufbau „Beschützender Werkstätten“ fortgeführt.

Auch Kirchen und Wohlfahrtsverbände folgten der Initiative und richteten weitere Institution dieser Art ein, so daß es 1962 bereits 17 Werkstätten mit insgesamt 500 Arbeitsplätzen in Deutschland gab (vgl. GRIES 1968, S. 199).

In der Zeit als die „Beschützenden Werkstätten“ noch nicht durch gesetzliche Bestimmungen reglementiert wurden, entwickelte sich ein breites Spektrum an unterschiedlichen Werkstattkonzeptionen, da jeder Träger für seine Konzeption nur sich selbst gegenüber verantwortlich war (vgl. TAUBITZ 1982, S. 160).

In diesen „Beschützenden Werkstätten“ fand jeder Berufsanwärter, unabhängig von seiner auf dem Markt verwertbaren Arbeitskraft, Aufnahme (JACOBS 1988, S. 14).

Mit der gesetzlichen Gleichstellung von Heimen und Anstalten durch das Bundessozialhilfegesetz von 1961 erlebte das Werkstattwesen einen weiteren Auftrieb, denn mit Hilfe der damit verbundenen öffentlichen Mittel beschleunigte sich der weitere Ausbau, so daß es bereits 1968 in Deutschland 140 beschützende Werkstätten für Behinderte gab (vgl. GRIES 1968, S. 199).

Erst nachdem 1968 die Werkstätten als förderwürdige Einrichtung in das Arbeitsförderungsgesetz[37] aufgenommen und sogleich im Schwer-behindertengesetz mitberücksichtigt wurden, kam es zu einer relativen Vereinheitlichung in der Entwicklung der Werkstätten (vgl. TAUBITZ 1982, S. 160).

Durch die konzeptionelle und inhaltliche Vereinheitlichung der Werkstätten wuchs deren Zahl beständig an (vgl. GRIES 1968, S.199f.).

Doch ist damit eine Entwicklung in Gang gesetzt worden, die sich von den ursprünglichen Zielen der Werkstätten immer mehr entfernt hat. Die Umbenennung der „Beschützenden Werkstätten“ in „Werkstatt für Behinderte“[38] ist Kennzeichen für die Umstrukturierung dieser Einrichtung, die dabei ist, ihren ehemals beschützenden Charakter aufzugeben, zugunsten der von seiten des Geldgebers an sie herangetragenen Erwartung, sich den Normen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt immer weiter anzunähern. Dies bedeutet insbesondere Orientierung an der industriellen Produktion und an den Betriebswirtschaftlichen Gesetzen der Rentabilität (JACOBS 1986, S.66).

Dadurch entsteht die Gefahr, daß im Zuge der beruflichen Rentabilität die individuellen Ansprüche der Menschen mit geistiger Behinderung auf eine Weiterentwicklung der Persönlichkeit zugunsten einer Anpassung an die geltenden Leistungsnormen der Gesellschaft vernachlässigt werden (vgl. JACOBS 1988, S. 14 f).

Die Aufnahme in das Arbeitsförderungsgesetz ist somit zum Auslöser des Zielkonflikts vieler Werksstätten geworden, der in Kapitel 3.2.5. näher beschrieben wird.

3.2.3.) Der Auftrag der Werkstatt für Behinderte nach dem Schwerbehindertengesetz

Die Werkstatt für Behinderte ist eine Institution zur Eingliederung von Menschen mit Behinderung in das Arbeitsleben.

Sie bietet Menschen, welche wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können,[40] einen Arbeitsplatz oder die Gelegenheit zur Ausübung einer geeigneten Tätigkeit.[39]

In einer Werkstatt für Behinderte sollen also Menschen, die aufgrund der Art oder Schwere ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, die jedoch beruflich rehabilitationsfähig sind, einen Arbeitsplatz finden.

Die Werkstatt für Behinderte hat den Übergang geeigneter Bewerber auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch geeignete Maßnahmen zu fördern, des weiteren muß sie über ein möglichst breitgefächertes Angebot an Arbeitstrainings- und Arbeitsplätzen[41] verfügen.

Ziel einer Werkstatt ist es demnach, als Durchgangsstation zu fungieren und die Menschen mit Behinderung für ihren zukünftigen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorzubereiten.

Hierfür spricht auch, daß die Werkstatt den dort arbeitenden Menschen die Möglichkeit bieten soll, ihre Leistungsfähigkeit zu entfalten, zu steigern oder wiederzuerlangen und dabei ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln.

Doch betrachtet man die Übertrittsquote derer, die tatsächlich wechseln, so spricht diese Quote[42] eher für eine Vernachlässigung des gesetzlichen Auftrags.

Die Werkstatt soll allen Menschen unabhängig von Art oder Schwere ihrer Behinderung offen stehen, sofern vermutet werden kann, daß diese, spätestens nach Teilnahme an Maßnahmen des Arbeitstrainingsbereichs, in der Lage sein werden, zumindest ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen. Somit wird sichergestellt, daß die Werkstatt für Behinderte auch produktiv arbeiten kann.

Die Rehabilitationsfähigkeit eines Menschen mit geistiger Behinderung ist somit an seine wirtschaftlich meßbare Arbeitsleistung gekoppelt.

[...]


[1] Eine geistige Behinderung wird normalerweise durch Schädigungen des zentralen Nervensystems vor, während oder nach der Geburt verursacht. Doch auch soziale Faktoren wie beispielsweise extreme Hospitalisierung können beim Menschen eine geistige Behinderung hervorrufen. Eine geistige Behinderung wirkt sich auf kognitive und emotionale Aufnahme-, Verarbeitungs- und Speicherprozesse, Ausdrucksverhalten, Motorik und sprachliche sowie nichtsprachliche Kommunikation aus (KRUEGER 1990, S. 42 ff.).

[2] Dieser Satz wurde in dieser Art und Weise von einer Lehrerin der Nachbarklasse geäußert.

[3] Beispiel einer solchen Elterninitiative ist die Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V..

[4] „Unter einen Paradigma wird die gemeinsame Überzeugung einer wissenschaftlichen Gemeinschaft verstanden“ (MOSER 1998, S. 279).

[5] In der modernen philosophischen Anthropologie wird Arbeit, innerhalb der Definition des menschlichen Wesens, überwiegend als dessen bestimmendes Merkmal gesehen (vgl. GROSSES UNIVERSAL VOLKS LEXIKON 1984, Bd. I, S 249).

[6] Soziale Leistungen, wie beispielsweise die Altersversorgung, sind durch Berufstätigkeit bedingt.

[7] Dies ist ein entscheidender Schritt in Richtung Normalisierung (Siehe hierzu näheres in Kap. 5.2.1).

[8] Als „zweckmäßige, werkzeugvermittelte und kooperative Tätigkeit“ (SCHARTMANN 1999, S. 64)

[9] In Hessen Schule für Praktisch Bildbare

[10] Dem Schüler soll dies durch die Unterrichtsthemen „Erfahren der eigenen Person und Aufbau eines Lebenszutrauens; Selbstversorgung und Beitragen zur eigenen Existenz-sicherung; Zurechtfinden und angemessenes Erleben in der Umwelt; Orientieren in sozialen Bezügen und Mitwirken bei ihrer Gestaltung; Erkennen und Gestalten der Sach-umwelt“(HESSISCHER KULTUSMINISTER 1983, S. 4) ermöglicht werden.

[11] Nähere Informationen über nachfolgende Schulstufen sind BACH, H. (Hrsg.): Handbuch der Sonderpädagogik, Bd. 5, Pädagogik der Geistigbehinderten, Berlin: Marhold 1979 entnommen.

[12] Eine Gliederung in Schulstufen anstatt Jahrgangsstufen ist in allen Bundesländern einheitlich.

[13] Diese Vorstufe muß aber nicht zwingend von jedem Kind durchlaufen werden, sondern gut geförderte Kinder können auch direkt in die Grundstufe eingeschult werden.

[14] In Hessen und Baden-Württemberg kann die Werkstufenzeit um zwei Jahren verlängert werden.

[15] Die Werkstufe dient nicht der Berufsschulpflichterfüllung in Hessen, Hamburg, Bremen und Berlin.

[16] Die Richtlinien für die Schule für Praktisch Bildbare (Sonderschule) sind zwar noch in Kraft, doch hat bereits die STÄNDIGE KONFERENZ DER KULTUSMINISTER neue verabschiedet.

[17] In § 64 des Hessischen Schulgesetzes steht, daß „ Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf [...] die Berufsschulpflicht durch den Besuch der Berufsschule in der Regelklasse oder in Bildungsgängen, die auf eine Berufsausbildung oder eine Berufs-tätigkeit vorbereiten oder für einen Beruf qualifizieren [erfüllen]. Die Berufsschulpflicht kann durch den Besuch von Sonderberufsschulen erfüllt werden.“

Auch § 52 des Hessischen Schulgesetzes besagt hierzu, daß in der Berufsschule der Bedarf an sonderpädagogischer Förderung außer in den Formen des gemeinsamen Unterrichts in der Regelklasse in Bildungsgängen erfüllt werden kann, die auf eine Berufsausbildung oder eine Berufstätigkeit vorbereiten oder für einen Beruf qualifizieren.

[18] Nur in Hessen und Rheinland-Pfalz wird ausdrücklich erwähnt, daß die Schüler auch auf einem Arbeitsplatz des allgemeinen Arbeitsmarkts tätig werden können.

[19] „Betriebspraktika sind Aufenthalte der Schüler in Betrieben, bei denen sie praktisch mitarbeiten und es ihnen ermöglicht wird, „nicht nur die Arbeit und die Arbeitsatmosphäre kennenzulernen, sondern auch die eigene Leistungsfähigkeit und ihre Grenzen zu erfahren“ (WENZEL 1968, S. 375 zitiert nach MERTES 1984, S. 321).

[20] Diese müssen, um in der Werkstufe unterrichten zu dürfen, über entsprechende handwerklich-technische und didaktische Fähigkeiten verfügen (vgl. ebd. S. 9).

[21] Die Oberstufe in Bayern ist übereinstimmend mit der Hauptstufe in Hessen.

[22] Der Projektunterricht wird hierbei vom BAYRISCHEN STAATSMINISTERIUM als besonders geeignet angesehen.

[23] Schwerpunkte sollen auf die Materialbereiche Holz, Metall und Papier / Pappe gelegt werden, da diese am Häufigsten an den Arbeitsplätzen der Werkstätten für Behinderte verwendet werden.

[24] Auf Seite 115 des Lehrplans für die Werkstufe der Schule für Geistigbehinderte in Bayern wird davon ausgegangen, daß „Geistigbehinderte [...] in der Regel in der Werkstatt für Behinderte eine angemessene berufliche Förderung und Beschäftigung [finden]. Deshalb muß die Werkstufe die Anforderungen der Werkstatt berücksichtigen“.

[25] Die ausführlichen Lernziele und –inhalte sind den Seiten 117-143 zu entnehmen.

[26] Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Lesbarkeit des Textes werde ich im nachfolgenden die Quellen HESSISCHER KULTUSMINISTER 1983 als HK.; BUNDESVEREINIGUNG LEBENSHILFE 1994 als L.; und BAYRISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UNTERRICHT UND KULTUS UND WISSENSCHAFT UND KUNST 1989 als BK. abkürzen.

[27] Der von mir in diesem Fall favorisierte Umsetzungsansatz von BÖHRINGER wird in Kap. 5.2.6. näher beschrieben.

[28] Siehe hierzu näheres in Kap. 5.2.1..

[29] Zur sozialen Kompetenz gehören nach Jacobs unabhängig vom beruflichen Qualifikationspotential Schlüsselqualifikationen wie „Leistungsbereitschaft, Zuver-lässigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Gruppenfähigkeit, Belastbarkeit und Durchhalte-vermögen, Bereitschaft und Fähigkeit zur Verantwortungsübernahme, Bereitschaft und Fähigkeit zur Durchsetzung eigener Belange und damit verbundener Konfliktfähigkeit“ (JACOBS 1993, S.253).

[30] Im Sozialrecht gibt es für den Begriff der Rehabilitation keine allgemeinnverbindliche Definition. Der Grund dafür liegt wohl darin begründet, daß die Rehabilitation in Deutschland nicht zentral geregelt ist, sondern dezentral den unterschiedlichen Bereichen des gegliederten sozialen Sicherungssystems zugeteilt ist.

[31] Bei vielen Begriffsbestimmungen von „Rehabilitation“ soll die Integration in die Gesellschaft durch medizinische, psychologische, sozialpolitische und pädagogische Maßnahmen erreicht werden (vgl. JACOBS 1979, S. 69).

[32] Diese Auffassung vertrat jedenfalls der Arzt K. F. Rösch: (1808-1866)

[33] Als Beispiele führt SPECK u.a. die Anstaltsgründungen von Wildberg bei Nagold (1838), Stetten (1848), Ecksberg (1852), Neuendettelsau (1854), Dachau (1863) an (vgl. 1999, S. 15).

[34] Imbezillität ist nach ROCHE LEXIKON MEDIZIN eine Bezeichnung „für angeborenen oder früh erworbenen Intelligenzdefekt mittleren Grades (Intelligenzquotient 35-49). Gedächtnis oft rel. gut, Denken bleibt im Bereich des Konkreten; Lesen und Schreiben schwer erlernbar, Sprache einfach u. elementar, [...] heute meist als geistige Behinderung bezeichnet“ (1993, S. 812).

[35] Von dem holländischen Sonderschuldirektor WEPSTER.

[36] Das Buch von Karl BINDING und Alfred HOCHE: „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens“ ist laut BLEIDICK als Wegbereiter des nationalsozialistischen Gedankenguts bezüglich der juristischen und ärztlichen Rechtfertigung der Euthanasie zu sehen (vgl. BLEIDICK (Hrsg.) 1999, S. 178).

[37] Hiernach konnten Werkstätten gefördert werden, die eine Reihe von Auflagen zur Rentabilitätserhöhung erfüllten (vgl. TAUBITZ 1982, S. 160).

[38] 1968 wurde auf Bestreben der „Lebenshilfe“ der Begriff „Beschützende Werkstatt“ in den Begriff „Werkstatt für Behinderte“ umgewandelt, da „die Werkstätten für Behinderte in ihrer Aufgabenstellung den normalen Produktionsstätten soweit wie möglich anzunähern sind und zugleich auf pädagogische und fürsorgliche Hilfen für die behinderten Beschäftigten in den Werkstätten nicht verzichtet werden kann“ (EMPFEHLUNGEN DES WERKSTATTAUSSCHUSSES DER LEBENSHILFE VOM MAI 1968, Werkstatt-Handbuch, 3.1, zit. nach TAUBITZ 1982, S. 160).

[39] § 54 des GESETZES ZUR SICHERUNG DER EINGLIEDERUNG SCHWERBEHIN-DERTER IN ARBEIT, BERUF UND GESELLSCHAFT (Schwerbehindertengesetzes - SchwbG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1986 (BGB1 I S. 1421, 1550), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter (SchwbBAG) vom 29. September 2000 (BGB1. I S. 1394) beschreibt den Auftrag der Werkstatt für Behinderte (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR ARBEIT UND SOZIALORDNUNG: Online im Internet: URL:http://www.bma.de/download/gesetze/SchwbG.htm) [Stand: 29.09.2000].

[40] Dies betrifft sowohl Menschen mit einer geistigen, körperlichen als auch psychischen Beeinträchtigung.

[41] Wie die Ergebnisse einer Untersuchung des PBI ergaben, dominieren in der Praxis die Arbeitsbereiche einfache Montage und Verpackungsarbeiten (46,6 %), Hauswirtschaft (8,2%), Metall (7,6 %) und Komplexe- und Elektromontage (7,3 %) (vgl. PBI 1995, S. 74).

[42] Laut einer exemplarischen Befragung der BUNDESVEREINIGUNG LEBENSHILFE schwankt die Übertrittsquote, je nach Bundesland, zwischen 0,3% und 0,6% (vgl. 1991, S.18).

Ende der Leseprobe aus 210 Seiten

Details

Titel
Berufliche Qualifikation und Integration von Berufsanwärtern mit geistiger Behinderung
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Sonder- und Heilpädagogik)
Note
1,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
210
Katalognummer
V114
ISBN (eBook)
9783638100793
ISBN (Buch)
9783638636643
Dateigröße
1112 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Berufliche, Qualifikation, Integration, Berufsanwärtern, Behinderung
Arbeit zitieren
Carmen Trautmann (Autor:in), 2001, Berufliche Qualifikation und Integration von Berufsanwärtern mit geistiger Behinderung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114

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