Innere Pressefreiheit und Redaktionsstatuten in der Bundesrepublik


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Der Verfall der Informationsqualität

2. Definition und Abgrenzung „Äußere - Innere Pressefreiheit“

3. Die geschichtliche Entwicklung der inneren Pressefreiheit
3.1. Von der Gesinnungs- zur Geschäftspresse
3.2. Entstehung und Kampf von Interessensverbänden für die Unabhängigkeit der Redaktionen
3.3. Einschnitt und Stillstand im Dritten Reich
3.4. Ungleiche Kompetenzverteilung im Verleger-Redakteur-Verhältnis

4. Die rechtlichen Grundlagen
4.1. Die fehlende rechtliche Verankerung der „öffentlichen Aufgabe“ der Presse
4.2. Der „Tendenzschutzparagraf“ - Vorteil für die Verleger
4.3. Mangelnde Rechtsgrundlagen blockieren Bestrebungen der Journalisten

5. Die Statutenbewegung
5.1. Definition von Redaktionsstatuten
5.2. Die Anfänge der Statutenbewegung
5.3. Besondere Beispiele : „Stern“ und „Spiegel“
5.4. Redaktionsstatuten im Rundfunk
5.5. Die heutige Situation

6. Redaktionsstatute und weiter? – Der Kampf um die innere Pressefreiheit braucht neue Mittel

Literaturangaben:

1. Der Verfall der Informationsqualität

Eckart Spoo, ehemaliger Vorsitzender der Deutschen Journalisten-Union, prangerte 1972 in seinem Vorwort zu Klaus-Detlef Funkes Buch „Innere Pressefreiheit“ die Situation im Pressewesen der Bundesrepublik folgendermaßen an:

„Industriewerbung verdrängt die Information[...] Die meisten Zeitschriften sind ausschließlich als Transportmittel für Werbung konzipiert [...]. Der redaktionelle Teil ist Begleitmusik. Er darf das Geschäft verschönern, aber bitte nicht stören.“[1]

An der von Spoo damals kritisierten negativen Entwicklung der immer mehr von publizistischen Monopolen geprägten Medienlandschaft hat sich in den Folgejahren nicht wirklich viel verändert. Journalistisch wertvolle publizistische Inhalte treten zurück hinter privatwirtschaftliche Interessen von Herausgebern und Verlegern. Der journalistische Qualitätsverfall ist eine logische Folge und bei Betrachtung vieler heutiger Presseprodukte evident.

Journalisten fühlen sich in ihrer Freiheit, wichtige Informationen seriös und sachlich aufzubereiten, beschnitten und kämpfen seit Jahren um mehr redaktionelles Mitbestimmungsrecht in den hierarchisch viel zu starren Medienstrukturen. Sie wollen ihre sogenannte „innere Pressefreiheit“ zurückerobern, bewahren und ausbauen.

Die Geschichte dieser inneren Pressefreiheit, die angewandten Mittel seitens der Journalisten, die rechtlichen Grundlagen zur inneren Publizistikfreiheit sowie eine kurze Analyse der heutigen Situation sollen im Folgenden näher erläutert werden.

2. Definition und Abgrenzung „Äußere - Innere Pressefreiheit“

In der Regel wird mit dem Begriff „Pressefreiheit“ in erster Linie die sogenannte „äußere Pressefreiheit“ verbunden. Sie meint die durch Artikel 5 des Grundgesetzes garantierte freie Presse im Verhältnis zum Staat. Der Grundgesetzartikel beinhaltet das Recht auf freie Meinungsäußerung ohne jegliche Zensur.[2]

Neben der äußeren Pressefreiheit gibt es die außerhalb der betroffenen Fachkreise weniger bekannte „innere Pressefreiheit“. Diese ist bisher nicht konkret gesetzlich verankert. Die Bezeichnung „innere Pressefreiheit“ hatte ihre Entstehungsgeschichte in den zwanziger Jahren. Anfangs meinte „innere Pressefreiheit“ zunächst vor allem die Unabhängigkeit der Redaktion von wirtschaftlichen Interessen. In der Zwischenzeit hat der Begriff eine Bedeutungsdehnung erfahren und man versteht heute unter „innerer Pressefreiheit“ die grundsätzliche Eigenständigkeit der Redaktion, also der inneren Struktur der Presse. Die innere Pressefreiheit soll die Journalisten gegenüber Einflüssen jeglicher Art, die eine korrekte Berichterstattung und eine freie Meinungsäußerung gefährden könnten, abschirmen.

Neben der Unabhängigkeit von kommerziellen Interessen insbesondere seitens der Verleger beinhaltet das heutige Begriffsverständnis auch die „geistige Veleger-Redakteur-Beziehung“[3]. Die Journalisten fordern „Kompetenzabgrenzungen zwischen Verlag und Redaktion sowie Informations-, Mitsprache- und Mitbestimmungsrechte“[4], beispielsweise Inhalte oder die Personalpolitik betreffend.

Während also die äußere Pressefreiheit das gesamte Presseorgan vor unerwünschten Einflüssen schützt, soll die innere Pressefreiheit als eine Art „Publizistenfreiheit“ dem Journalisten direkt zu einer freien verantwortungsvollen Erfüllung seiner Aufgabe verhelfen.

3. Die geschichtliche Entwicklung der inneren Pressefreiheit

3.1. Von der Gesinnungs- zur Geschäftspresse

Als sich die Presse während der dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts europaweit immer mehr von einer Gesinnungs- in Richtung einer Geschäftspresse entwickelte, waren Folgen privatwirtschaftlicher Interessen auf den Charakter der Zeitung vorhersehbar. Während zuvor das publizistische Ziel im Vordergrund stand, wurde die Zeitung nun mehr und mehr Opfer „[...] betriebsfremder Interessen, die zwangsläufig auf sie Einfluss nahmen“.[5] Im Zuge der Technisierung und Umstrukturierung des Pressewesens von einem nicht primär auf Rentabilität bedachten zu einem kapitalistischen Pressewesen, grenzten sich auch immer mehr die Funktionen von Verlegern und Journalisten ab. Überschnitten sich zuvor die Aufgabenbereiche und Bestimmungsrechte, entwickelte sich nach und nach eine Polarisierung der Berufsfelder.

3.2. Entstehung und Kampf von Interessensverbänden für die Unabhängigkeit der Redaktionen

Die daraus resultierenden Divergenzen über die Verteilung der Kompetenzen bewegten die Konfliktpartner im letzen Viertel des 19. Jahrhunderts zur Gründung von Interessensvertretungen. Es entwickelten sich erste journalistische Berufsverbände.[6] Diese schlossen sich 1910 zu einem einzigen großen „Reichsverband der Deutschen Presse“ zusammen. Der Reichsverband verfolgte zunächst insbesondere tarifliche Verhandlungen mit den ebenfalls entstandenen Verlegerorganisationen. Immer mehr stand jedoch auch die inhaltliche, formelle Freiheit der Journalisten zur Diskussion.

In der Weimarer Republik war diese ebenso wenig verfassungsrechtlich gesichert wie heute. Die freie Meinungsäußerung der Journalisten war zwar –wie heute laut Grundgesetz- gegeben, stand jedoch in der Praxis hinter den kommerziellen Bestrebungen des Presseorgans. Zudem lag die Kompetenz, Richtlinien zu bestimmen, beim Verleger.

Diesen Zustand prangerte der Reichsverband 1920 erstmals an und forderte dass die Redaktion „[...] völlig unabhängig vom Verleger über den Textteil der Zeitung bestimmen sollte.“[7] Zum ersten Mal offiziell genannt wird der Begriff der „inneren Pressefreiheit“ bei den Beratungen für ein Journalistengesetz 1924.[8]

Es folgten jahrelange Auseinandersetzungen mit Verlegerverbänden um die redaktionelle und wirtschaftliche Freiheit sowie um die Definition des Verleger-Journalisten-Verhältnisses. Die Journalisten argumentierten mit der „öffentlichen Aufgabe“ der Presse, die nur wahrzunehmen sei, „wenn der Redakteur nicht als Angestellter sondern als eigenverantwortlich Handelnder in seiner Zeitung wirken könne“[9].

Kompromisse wurden nach und nach im Bereich der wirtschaftlichen Unabhängigkeit erreicht. Die Verleger stimmten 1925 einem Tarif- und Normaldienstvertrag zu.[10] Die sozialen Zugeständnisse der Verleger und eine gemeinsame Lösung die wirtschaftliche Freiheit betreffend konnten aber nicht das Problem der redaktionellen Unabhängigkeit aus der Welt schaffen. Laut der Entscheidung von 1925 war es immer noch alleine der Verleger, der die ideelle Aufgabe als Träger innehatte. Die Tarifverträge verpflichteten zwar den Verlag keinen Gewissenszwang auf den Redakteur auszuüben, allerdings musste sich dieser im Rahmen der vereinbarten Richtlinien seines Verlegers journalistisch bewegen.[11]

3.3. Einschnitt und Stillstand im Dritten Reich

Vorübergehend hinfällig wurden all diese Bemühungen um eine innere Pressefreiheit, als das Nazi-Regime am 4. Oktober 1933 mit dem sogenannten „Schriftleitergesetz“ im Zuge der Gleichschaltung die Kontrolle über das gesamte Informationswesen an sich riss. Unter den Nationalsozialisten wurde zwar erstmals klar zwischen den Aufgabenbereichen der Verleger und der Redakteure getrennt, und offiziell ausschließlich den Journalisten die Gestaltung des ideellen Inhalts übertragen, faktisch war dies allerdings alles andere als eine Stärkung der Unabhängigkeit und Selbstverwaltung des Redakteurs, da diese Posten ohnehin nur mit linientreuen Journalisten besetzt wurden. Die Änderungen waren folglich nichts anderes als eine vom „Zentralverleger“[12] Staat propagierte Farce.

[...]


[1] Funke, 1972, S. 8.

[2] „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ (Artikel 5, GG)

[3] Stöber, 1992, S. 99.

[4] Holtz-Bachta, 1998, S. 73.

[5] Funke, 1972, S. 12.

[6] Vgl. Funke, 1972, S. 12ff.

[7] Ebd., S. 17.

[8] Vgl. ebd., S.118.

[9] Stöber, 1992, S. 101.

[10] Vgl. Funke, 1972, S. 23.

[11] Vgl. Skriver, 1970, S. 34.

[12] Funke, 1972, S. 30.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Innere Pressefreiheit und Redaktionsstatuten in der Bundesrepublik
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg  (Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft)
Veranstaltung
Journalismus gestern und heute
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
14
Katalognummer
V113648
ISBN (eBook)
9783640150007
ISBN (Buch)
9783640150359
Dateigröße
407 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Innere, Pressefreiheit, Redaktionsstatuten, Bundesrepublik, Journalismus
Arbeit zitieren
Katharina Petzi (Autor:in), 2007, Innere Pressefreiheit und Redaktionsstatuten in der Bundesrepublik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113648

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Innere Pressefreiheit und Redaktionsstatuten in der Bundesrepublik



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden