Sind FOCJ effizienter als herkömmliche Gemeindestrukturen?

Eine empirische Analyse


Bachelorarbeit, 2005

62 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Literaturübersicht
2.1. Das Konzept der FOCJ
2.2. Schulbildung und Föderalismus – Anwendungen von FOCJ

3. Gemeindestrukturen im Kanton Zürich
3.1. Einteilung der politischen und der Schulgemeinden
3.2. Organisationsform und politische Rechte
3.3. Historische und aktuelle Entwicklungen
3.4. Kritik der Schulgemeinden und andere Meinungen

4. Operationalisierung des FOCJ-Konzepts
4.1. Entschärfung der Kritikpunkte der Schulgemeinden
4.2. Mögliche Wirkungen von FOCJ-Strukturen auf Gemeinden
4.3. Identifikation von FOCJ-Strukturen
4.4. Probleme der Identifikation

5. Empirische Überprüfung der Effizienz
5.1. Bestimmung der abhängigen Variablen
5.1.1. Abhängige Variable: Steuerbelastung
5.1.2. Abhängige Variable: Liegenschaftspreise
5.2. Bestimmung der unabhängigen Variablen
5.2.1. Unabhängige Variablen zur Steuerbelastung
5.2.2. Unabhängige Variablen zu den Liegenschaftspreisen
5.3. Schätzung der Steuerbelastung pro Einwohner
5.3.1. Robustheitstests zur Schätzung der Steuerbelastung
5.3.2. Einwände zu den Schätzungen der Steuerbelastung
5.4. Schätzung der Liegenschaftspreise
5.4.1. Robustheitstests zu den Schätzungen der Liegenschaftspreise
5.4.2. Einwände zu den Schätzungen der Liegenschaftspreise

6. Diskussion und Ausblick
6.1. Zusammenfassung der Ergebnisse
6.2. Ausblick

Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Schulgemeindearten im Kanton Zürich

Tabelle 2: Strukturveränderungen in Schulgemeinden

Tabelle 3: Unabhängige Variablen der Steuerbelastungsschätzungen

Tabelle 4: Deskriptive Statistik der Variablen zur Steuerbelastung

Tabelle 5: Unabhängige Variablen der Liegenschaftsschätzungen

Tabelle 6: Deskriptive Statistik der Variablen zu den Liegenschaftspreisen

Tabelle 7: OLS-Schätzung der Steuerbelastung

Tabelle 8: Robustheitstests zur Steuerbelastung

Tabelle 9: OLS-Schätzung der Liegenschaftspreise

Tabelle 10: Robustheitstests zu den Liegenschaftspreisen

Abbildungen

Abbildung 1: Überlappungen von Schulgemeinden im Kanton Zürich

Abbildung 2: FOCJ-Gemeinden im Kanton Zürich

Abbildung 3: FOCJ-Gemeinden als bevölkerungsproportionale Kreise

Definitionen und Gleichungen

Definition 1: Identifikation der FOCJ-Struktur

Definition 2: Menge der Gemeindearten mit FOCJ-Charakter

Gleichung 3: Allgemeine empirische Modellgleichung

Gleichung 4: Modellgleichung zur Schätzung der Variable TAXNA

Gleichung 5: Modellgleichung zur Schätzung der Variable TAXTO

Gleichung 6: Modellgleichung zur Schätzung der Variable EFHP

Gleichung 7: Modellgleichung zur Schätzung der Variable STWP

1. Einleitung

Sind FOCJ – so genannte „Functional, Overlapping and Competing Jurisdictions“[1] – effizienter als die herkömmlichen Strukturen des auf geographisch disjunkten Einheiten beruhenden Föderalismus?

Die ökonomische Theorie des Föderalismus sieht dessen Vorteil in der Stärkung des politischen Wettbewerbs. Politischer Wettbewerb, fiskalische Äquivalenz und direkte Demokratie setzen den Politikern Anreize zu besserer Realisierung der Präferenzen der Bürger und zu sparsamerer Mittelverwendung. Auf der anderen Seite können durch Zentralisierung Skalenvorteile ausgenutzt werden und erwünschte Umverteilung wird erleichtert.

Mit Hilfe des Konzeptes der FOCJ würden, gemäß BRUNO S. FREY und REINER EICHENBERGER (1999), die Vorteile des Föderalismus verstärkt und mit jenen der Zentralisierung in vielen Bereichen kombiniert. FOCJ sind nach ihrer Funktion bestimmt, stehen im Wettbewerb untereinander um Bürger und Gemeinden, verfügen über demokratische Institutionen und Steuerhoheit. Durch die funktionale Orientierung dieser selbständigen Einheiten könnten sie den Bürgern nach deren Präferenzen einzelne oder mehrere Leistungen beziehungsweise Leistungspakete anbieten. Auf lokale Nachfrageunterschiede würde problemlos Rücksicht genommen werden, da FOCJ geographisch nicht gebunden und dadurch flexibel sind. Die überlappende Struktur würde eine effiziente Größe dieser Einheiten garantieren. Demokratische politische Konkurrenz zwischen FOCJ führte zu der erwünschten fiskalischen Äquivalenz und einer ökonomischen Mittelverwendung, da FOCJ auch die Möglichkeit hätten, Steuern für ihre Leistungserfüllungsaufgaben einzuheben. Kurz: FOCJ führten zu mehr Flexibilität, besserer Präferenzentsprechung und zu einer Öffnung der politischen Märkte, die sonst von Politikerkartellen, also der classe politique beherrscht würden.

Halten die vorgebrachten Behauptungen einem empirischen Test stand? Diese Frage soll in einer empirischen Untersuchung anhand der Schulgemeinden im Kanton Zürich beantwortet werden. Diese spezielle Art von Gemeinden erbringen lediglich Erziehungsleistungen für entweder eine, mehrere oder aber nur Teile von politischen (geographischen) Gemeinden zugleich. So gibt es im Kanton Zürich 219 Schulgemeinden für 171 politische (geographische) Gemeinden (Stand Jänner 2004). Das System wird von den Verfechtern als effizient gelobt und von den Gegnern als zu kompliziert und übermäßige Kosten verursachend kritisiert.

Das Ziel der dieser Arbeit ist es, mit Hilfe von Gemeinde-Panel-Daten von 1996 bis 2002 des Kantons Zürich die Effizienz der Schulgemeinden zu untersuchen. Dabei soll festgestellt werden, ob politische Gemeinden mit Schulgemeinde beziehungsweise politische Gemeinden, die mehrere Schulgemeinden innerhalb ihrer geographischen Ausdehnung bilden, insgesamt Vorteile gegenüber Einheitsgemeinden haben, die die Schulleistung selbständig anbieten.

Dabei werden zwei unterschiedliche Effizienzmaße angewendet. Zum einen wird der Einfluss von FOCJ-Strukturen auf die Steuerbelastung innerhalb der Gemeinde geschätzt und zum zweiten werden die Auswirkungen dieser neuen Idee des Föderalismus auf die Liegenschafts- preise des Jahres 2002 der jeweiligen Gemeinde untersucht. Als Datenbasis dienen die Gemeindedaten des Statistischen Amtes, die zur Verfügung stehenden Datensätze der Bildungsdirektion des Kantons Zürich und ein Datenset zu den Liegenschaftspreisen der Zürcher Kantonalbank.

Es wird im Rahmen dieser Arbeit gezeigt, dass Gemeinden mit FOCJ-Struktur eine niedrigere Steuerbelastung pro Einwohner und tendenziell höhere Liegenschaftspreise aufweisen. Die Ergebnisse stellen einen ersten Hinweis auf die höhere Effizienz von FOCJ-Gemeinden dar und sind damit auch eine erste empirische Verifikation der Theorie von FREY und EICHENBERGER (1999).

Der weitere Aufbau dieser Arbeit ist wie folgt organisiert: Kapitel 2 gibt einen Literaturüberblick. Dabei wird auf das Konzept des funktionalen Föderalismus und insbesondere auf die Idee der FOCJ eingegangen. In diesem Zusammenhang wird gleichfalls auf die Literatur zu den amerikanischen Special Districts hingewiesen. Kapitel 3 widmet sich der Beschreibung und Darstellung der Situation im Kanton Zürich und der Schulgemeinden. In Kapitel 4 wird erläutert, wie die Erkenntnisse der bereits erfolgten Untersuchungen der amerikanischen Special Districts und die Theorie der Functional, Overlapping and Competing Juristdictions auf die Schulgemeinden im Kanton Zürich angewandt werden können. In diesem Zusammenhang werden auch die Probleme einer solchen Operationalisierung angesprochen. Kapitel 5 befasst sich mit dem empirischen Teil dieser Arbeit. Im Rahmen eines konkreten empirischen Modells werden die Effizienz der FOCJ-Strukturen im Vergleich zu herkömmlichen Gemeindeorganisationen geschätzt und die Ergebnisse interpretiert. Eine abschließende Diskussion, eine Zusammenfassung und ein Ausblick auf weitergehende Forschungsaspekte erfolgt in Kapitel 6.

2. Literaturüberblick

Im Rahmen dieser Studie wird versucht, die Theorie des funktionalen Föderalismus mit besonderem Gewicht auf den Functional Overlapping and Competing Jurisdictions anhand der speziellen Situation der Schulgemeinden des Kantons Zürich in der Schweiz zu überprüfen. Obgleich es zwar eine umfangreiche und breite Literatur zum Thema Schule, Schulqualität, Schuleffizienz und Auswirkungen von Schulbildung auf den späteren beruflichen Erfolg gibt, sind wissenschaftliche Artikel, die versuchen eine Verbindung zwischen den Strukturen des Föderalismus und der Schulbildung zu schlagen, von kleiner Zahl. Die zwei Themengebiete wurden – von einer engen Literatur zu den amerikanischen Special Districts abgesehen – bis jetzt als weitgehend disjunkt angesehen und somit auch nicht in Verbindung gebracht. Nach dem Wissen und den Literaturrecherchen des Autors ist diese Arbeit die erste in Europa, die sich direkt mit der empirischen Überprüfung der Effizienz des funktionalen Föderalismus befasst. Für die USA existieren zwei Arbeiten zu diesem Thema von JEFFREY S. ZAX (1988, 1989).[2] Aufgrund der eher dünnen Literatur wird in diesem Kapitel separat zuerst die Idee der FOCJ und in einem weiteren Schritt die bestehende Special District Literatur aufgearbeitet.

2.1. Das Konzept der FOCJ

In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur wurde dem Thema des funktionalen Föderalismus bis jetzt eher geringe Aufmerksamkeit gewidmet. Die führenden Lehrbücher der Finanzwissenschaft befassen sich zwar im Regelfall mit dem Thema des Föderalismus im Allgemeinen, jedoch sind die neueren Konzepte des funktionalen Föderalismus und der FOCJ noch nicht in der Standardliteratur mitverarbeitet.[3] Dies erklärt sich unter anderem auch durch die Neuheit des Konzepts und dem Fehlen von empirischen Beiträgen zu dessen Überprüfung. Im Rahmen von mehreren Artikeln und einem Buch mit dem Titel „The New Democratic Federalism for Europe“ stellen BRUNO S. FREY und REINER EICHENBERGER (1999) ihre Theorie der FOCJ der Öffentlichkeit vor.[4] Dabei steht die Abkürzung FOCJ für Functional, Overlapping and Competing Juristdictions. Bei den FOCJ handelt es sich um ein System, das sich von den herkömmlichen Grundaspekten und Analyseeinheiten der Theorie des Föderalismus unterscheidet. Die traditionelle Theorie des Föderalismus untersucht die in einem geographischen Gebiet gegebenen politischen Einheiten auf den verschiedenen Regierungsebenen. Dagegen wird beim Konzept der FOCJ davon ausgegangen, dass diese Einheiten erst als Antwort auf verschiedene Probleme gebildet werden.

Dabei ist es bedeutend, dass die FOCJ eine oder eine kleine Zahl von Funktionen (functional) innerhalb einer geographischen Zone erfüllen (zum Beispiel Schulbildung, Polizeischutz, Gesundheitswesen, Wasserversorgung und soziale Sicherheit). Die Ausdehnung der Tätigkeitszone der FOCJ ist durch deren Aufgabe beziehungsweise Funktion bestimmt. Da verschiedene Funktionen verschiedene optimale Größen von Gebietskörperschaften erfordern, scheinen spezialisierte funktionale Einheiten eine mögliche Lösung des Problems der Skalenerträge und zur Realisierung von Synergieeffekten. Die Größe wird endogen durch die von der FOCJ-Einheit auszuführende Funktion bestimmt.

Des Weiteren können sich FOCJ überlappen (overlapping). Dies ist eine direkte Folge der unterschiedlichen geographischen Ausdehnung für verschiedene Aufgabenbereiche. Ein Individuum oder eine politische Gemeinde ist im Regelfall Mitglied mehrerer FOCJ. In beiden Fällen können und müssen sich FOCJ mit verschiedenen Funktionen geographisch überkreuzen. Bei individueller Mitgliedschaft ist es sogar möglich, dass es Überlappungen von Einheiten mit gleicher Funktion innerhalb eines geographischen Gebietes gibt. Als Beispiel sei die Mitgliedschaft in einer Krankenkasse genannt. So gibt es in einer Gemeinde mehrere Mitglieder verschiedener Krankenkassen. Die Überlappungseigenschaft verringert die Wahrscheinlichkeit, dass eine einzelne FOCJ-Einheit ein Monopol innerhalb einer bestimmten geographischen Ausdehnung in Anspruch nehmen kann.

Durch die Möglichkeiten von „Abwanderung und Widerspruch“ – gemäß der Theorie von ALBERT O. HIRSCHMANN (1974) – sind FOCJ in ständiger Konkurrenz (competing) zu- und untereinander. Abwanderungs- und Widerspruchsmöglichkeiten existieren sowohl für einzelne Individuen als auch für politische Gemeinden oder andere Körperschaften. Direktdemokratische Kontrolle und der Wettbewerb um Sitze in den Verwaltungen der FOCJ sind dabei ein wesentlicher Aspekt der Konkurrenz. Ein weiterer bedeutender Punkt ist der mögliche Wechsel einzelner Individuen oder Kommunen von einer „schlechten“ FOCJ-Einheit zu einer „guten“. Diese Möglichkeit besteht natürlich auch im Rahmen des gewöhnlichen Föderalismus und wird als „Abstimmung mit den Füßen“ bezeichnet.[5] Im Falle der FOCJ ist aber die physische Migration von einem Ort an den anderen nur ein Aspekt. Da nämlich diese neuen Strukturen des Föderalismus nicht geographisch gebunden sind, ist es nicht notwendig, dass Mitglieder inferiorer FOCJ physisch abwandern. Vielmehr werden sich jene Strukturen ausweiten, die die Präferenzen ihrer Mitglieder am besten erfüllen.

Zuletzt muss erwähnt werden, dass es sich bei den FOCJ auch um tatsächliche Körperschaften (jurisdictions) handelt, die das Recht haben, von ihren Mitgliedern Steuern zu erheben und die über vorzugsweise direkt-demokratische Kontrollmechanismen verfügen.

Die möglichen Vorteile dieser neuen Form des Föderalismus liegen nach der oben erfolgten Darstellung der Eigenschaften auf der Hand. Zum einen können die bekannten Vorteile des Föderalismus weiter realisiert und gleichzeitig Skalenvorteile und Synergien genutzt werden. Zum anderen bietet sich aber auch die Möglichkeit der Vermeidung beziehungsweise Internalisierung von Spillovers. Es kann also mitunter besser sichergestellt werden, dass Entscheider, Kostenträger und Nutznießer von öffentlichen Gütern ein und dieselbe Person sind. Des Weiteren werden die derzeitigen Quasi-Monopole der politischen Gemeinden entschärft und eine verstärkte Konkurrenz zwischen Politikanbietern ermöglicht. Die demokratischen Kontrollmöglichkeiten wie auch die einfache Abwanderung erhöhen darüber hinaus die Wahrscheinlichkeit, dass die Präferenzen der Bürger besser realisiert werden können.

Eine kritische Analyse dieses neuen Konzepts des Föderalismus gibt VICTOR J. VANBERG (2000) in seiner Abhandlung des Buches von FREY/EICHENBERGER (1999). VANBERG weist dabei insbesondere darauf hin, dass die Abwanderungs- und teilweise auch die Widerspruchsmöglichkeiten innerhalb der FOCJ davon abhängen, ob Individuen oder Kommunen Mitglieder dieser neuen Einheiten sind. Sofern vor allem Kommunen FOCJ- Einheiten bilden, ist es bedeutend schwieriger zu bestätigen, dass die Präferenzen der Bürger dieser Gemeinden besser erfüllt werden. Auch der Wettbewerbsaspekt der FOCJ könnte dadurch eingeschränkt werden.

2.2. Schulbildung und Föderalismus – Anwendungen der FOCJ

Die gezielte Suche nach weiteren Beiträgen und Anwendungen des funktionalen Föderalismus oder der FOCJ hat im deutsch- und französisch-sprachigen Raum zu keinen nennenswerten Ergebnissen geführt. Über die theoretische Grundlage – wie unter Abschnitt

2.1. dargestellt – hinaus konnte der Autor dieser Arbeit in den durchgeführten Literaturrecherchen nur sehr beschränkt auf Anwendungen oder zumindest anekdotenhafte Erfahrungen mit FOCJ ähnlichen Strukturen zurückgreifen. Die Recherchen zum funktionalen Föderalismus im Zusammenhang mit Schul- aber auch Gemeindeaufgaben im generellen lieferten in der französischen Literatur[6] keine und in der deutschen Literatur nur zwei kurze, nicht-wissenschaftliche Berichte aus der Schweiz, in denen die Vor- und Nachteile von Zusammenlegungen der Schulgemeinden mit den politischen Gemeinden erörtert werden.[7] Frankreich fördert zwar die Zusammenarbeit von Gemeinden in Form von sogenannten „communautés urbaines“. Es handelt sich dabei jedoch nicht um Strukturen, die mit den Functional, Overlapping and Competing Jurisdiction verglichen werden können. Vielmehr stellen die „communautés urbaines“ Zusammenschlüsse von Gemeinden zur Bereitstellung öffentlicher Dienste auf einer höheren Hierarchieebene dar. Sie sind damit weder funktional noch überlappend organisiert, stehen nicht in Konkurrenz zueinander und verfügen über keine direkt-demokratischen Strukturen.[8]

Wesentlich ergiebiger gestaltete sich die Suche innerhalb der amerikanischen Literatur zu den Special Districts. Auch Artikel, die Zusammenhänge zwischen Schulleistungen und dieser Art der Organisation analysieren konnten gefunden werden.

So zeigen RONALD G. EHRENBERG ET AL. (2002) für Schuldistrikte in New York, dass längere Amtsperioden von Schulratsmitgliedern die Wahrscheinlichkeit der Annahme von Budgetvorlagen für diese Distrikte erhöhen. Die längeren Amtsperioden werden, seitens der abstimmenden Bürger, mit größerer Stabilität im Schulrat und einem größeren Vertrauen gegenüber dessen Mitgliedern in Verbindung gebracht. Schulqualität – gemessen an standardisierten Tests – hat dagegen keinen Einfluss auf die Abstimmung über das Budget.

Die Auswirkungen von Zuschüssen des Bundesstaates auf die Annahme oder die Ablehnung von Budgetvorlagen ist wider Erwarten sehr gering.

THOMAS A. DOWNES und JEFFREY E. ZABEL (2002) untersuchen den Einfluss von schulspezifischen Charakteristika auf die Liegenschaftspreise in Chicago über die Jahre 1987 bis 1991. Sie kommen zum Schluss, dass höhere Durchschnittsergebnisse bei Standardtests in Schulen ceteris paribus zu höheren Bodenpreisen in der Nähe dieser Schulen führen. Des Weiteren spielen Input-abhängige Variablen der Schulbildung, also zum Beispiel Ausgaben pro Schüler, keine Rolle für die Bepreisung der untersuchten Liegenschaften. Die verwendeten Daten suggerieren, dass die einzelnen „guten“ Schulen einen weit höheren Einfluss auf die Liegenschaftspreise haben als Schuldistrikt-spezifische oder Wohngemeinde- spezifische Variablen. So hat zum Beispiel der Prozentanteil von Schwarzen, der Prozentanteil von Nicht-Muttersprachlern oder ärmerer Eltern in der Wohngemeinde oder im Schuldistrikt einen geringeren Einfluss auf die Liegenschaftspreise als dies die gleichen Variablen auf Schulebene für das jeweilige Einzugsgebiet haben. Anders ausgedrückt: Ein hoher Anteil Kinder ärmerer Eltern in einer bestimmten Schule hat für das Einzugsgebiet dieser Schule größere Auswirkungen auf die Bodenpreise, als dies der Gesamtanteil ärmerer Menschen in diesem Gebiet hat. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass Eltern ihre Kinder auf gute, räumlich nahe Schulen schicken wollen und dafür auch bereit sind, höhere Bodenpreise in Kauf zu nehmen.

In einem theoretischen Modell zur Ausbildung von Special Districts analysiert ANDREW D. AUSTIN (1998) mögliche Abwägungen, die von zwei Kommunen – der großen Stadt und der kleinen Landgemeinde – gemacht werden und dann entweder in der Fusion oder in der Ausbildung eines Special Districts münden. Je nach bereitzustellendem Bündel von öffentlichen Gütern, der dazu verwendeten Technologie, den möglichen Skalenvorteilen, den erwarteten Synergieeffekten, den entstehenden Kosten und der zukünftig erwarteten Präferenzerfüllung der Bürger ist für die Kommunen Eigenständigkeit, Fusion oder Kreation eines Special Districts zu bevorzugen. Daneben sind aber auch die geltenden Gesetze des Bundesstaates und die Verhandlungsmacht der einzelnen Kommunen zu berücksichtigen.

Der Einfluss von Interessengruppen auf die Ausgabenentscheidungen innerhalb von Schuldistrikten wird von CYNTHIA MILLER (1996) dargestellt. Durch die Änderung der demographischen Situation ist der Anteil älterer Menschen in der Gesellschaft angestiegen und der Anteil von Schulkindern gefallen. MILLER findet schwache Hinweise dafür, dass Distrikte mit einem hohem Prozentanteil an alten und kinderlosen Personen niedrigere Ausgaben für Ausbildung aufwenden, während Distrikte mit hohem Elternanteil höhere

Schulausgaben bevorzugen. Dies ist speziell dann der Fall, wenn es sich um ältere Personen handelt, die nicht oder nicht mehr in demselben Bundesstaat leben wie ihre Enkelkinder.

SHAWNA GROSSKOPF ET AL. (2001) betonen die Bedeutung von Wettbewerb und Monitoring-Möglichkeiten zur Verbesserung der Effizienz von Schuldistrikten. Monitoring- Möglichkeiten – verstanden als Kontrollvariablen wie Schuldistriktgröße (je kleiner, desto besser die Monitoing-Möglichkeiten), Prozentanteil von Eltern mit College-Abschluss (je höher, desto besser), Prozentanteil von Hausbesitzern (je höher, desto besser) und so fort – haben einen weit höheren Einfluss auf die Qualität der Ausbildung als zusätzliche Ausgaben pro Schüler. Nicht explizit als Kontrollvariablen in die Schätzungen miteinbezogen werden allerdings Abstimmungsmöglichkeiten zu Budgetvorlagen oder Wahlmöglichkeiten von Schulratsmitgliedern. Die Intensität des Wettbewerbs zwischen öffentlichen und privaten Schulen spielt eine bedeutende Rolle für die Schulqualität. Schulen und Schuldistrikte, die keinem Wettbewerb und nur geringem direkten Monitoring ausgesetzt sind, arbeiten kostenintensiver und insgesamt weniger effizient was schulische Outputs anbelangt.

Einen kontroversen Beitrag zur Schul- und -distrikteffizienz liefert DALE BALLOU (1996). Öffentliche Schulen wählen nicht unbedingt die besten Lehrer aus und die besten Bewerber haben nicht zwingend die besten Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das Problem mangelnder Schulleistungen ist damit nicht ein Problem fehlender und gut ausgebildeter Lehrer sondern vielmehr ein Problem der Nachfrageseite, also der Nachfrage nach Lehrern. Insbesondere aufgrund des mangelnden Wettbewerbs innerhalb öffentlicher Schulen ist ein geringes Interesse von Schuladministratoren bei der Auswahl von neuen Lehrern festzustellen. Obgleich ein Überangebot an Lehrern besteht, werden die freien Posten nicht immer mit den besten besetzt, da kein großer Druck auf den Schulen zur Verbesserung der Qualität liegt. Erhöhter Wettbewerb zwischen Schulen und demokratische Kontrollmöglichkeiten könnten einen Weg darstellen, dieses Problem zu beheben.

In einer empirischen Untersuchung zur Größe von Schuldistrikten und den Leistungen von Studenten in Kalifornien finden DONNA DRISCOLL ET AL. (2003), dass große Distrikte im Durchschnitt schlechtere Testergebnisse liefern als kleine Distrikte. Die Autoren kommen zum Schluss, dass insbesondere innerhalb von großen Schuldistrikten weniger auf die Präferenzen und die heterogenen Bedürfnisse von Schülern und deren Eltern eingegangen werden kann. Auch bürokratische Strukturen und die zentrale Organisation sind gemäß den Ergebnissen der Schätzungen für die schlechteren Ergebnisse großer Distrikte mitverantwortlich.[9]

Die Behauptung, die Ausgaben für die Verwaltung innerhalb öffentlicher Schulen seien zu groß, wird von DOMINIC J. BREWER (1996) mit Hilfe eines Datenpanels über die Jahre 1978 bis 1987 von Schuldistrikten im Bundesstaat New York unterstützt. Eine Anzahl von statistischen Modellen und Tests liefert schwache Hinweise, dass administrative Ausgaben auf Distriktebene gegenüber administrativen Ausgaben auf Schulebene negativ zu beurteilen sind. So bedeutet zusätzliche Zentralisierung auch mehr Formalismus. Formalismus und Bürokratie haben aber kontraproduktive Auswirkungen auf die Fähigkeit und Bereitschaft von Lehrern effektiv ihre Aufgabe – nämlich die Ausbildung von Schülern – zu verfolgen. Die Frage, ob Verwaltungsausgaben in New York per se zu hoch sind, bleibt bei BREWER allerdings unbeantwortet.

In einer Reihe von Beiträgen beschäftigt sich auch CAROLINE M. HOXBY (2002, 1999, 1994) mit den Zusammenhängen von Wettbewerb zwischen öffentlichen Schülen, Schulqualität und Ausgaben für Schulbildung. So zeigt HOXBY (2002) unter anderem, wie die Möglichkeit zur freien Wahl von Schulen die Produktivität des Bildungsbereiches beeinflusst. Dazu werden drei Reformen in den USA untersucht. Ein Voucher-System in Milwaukee und zwei Charter-School-Systeme in Michigan und Arizona.[10] Es zeigt sich, dass die Studien- und Lernleistungen der Schüler signifikant und schnell stiegen, als in drei Bundesstaaten Wettbewerb-verstärkende Strukturen eingeführt wurden. Die Ausgaben für Bildung blieben dabei in allen drei Untersuchungsgebieten unverändert, was die Identifikation des positiven Effekts zusätzlichen Wettbewerbs erleichtert.

Mittels eines theoretischen Agency-Modells zur Bereitstellung öffentlicher Güter mit besonderem Gewicht auf öffentlichen Schulen untersucht HOXBY (1999) die Leistungen von Anbietern öffentlicher Güter, welche im ersten Fall durch lokale Steuererträge aus Steuern auf Grund und Boden und im zweiten Fall zentral finanziert werden. Sie zeigt, dass lokal finanzierte öffentliche Güter mit weit geringeren Agency-Problemen erstellt werden als zentral finanzierte. Dies erklärt sich aus der erhöhten Kontrolle durch die Bürger, die die Grundsteuern direkt zur Finanzierung lokaler öffentlicher Güter erbracht haben. Sie wollen ihr Geld wohl investiert wissen. Weiters zeigt HOXBY im Rahmen ihres Modells, dass die lokale Bereitstellung von öffentlichen Gütern mindestens so produktiv ist, wie eine zentral (theoretisch durch einen wohlwollenden, sozialen Planer mit vollständiger Information) organisierte Bereitstellung der gleichen Güter.

In einem dritten Beitrag zum Thema Schulen, Schulstrukturen und Wettbewerb geht HOXBY (1994) ebenfalls auf die Auswahlmöglichkeiten zwischen öffentlichen Schulen als auch privaten Schulen in einem bestimmten Distrikt ein. Sie untersucht dabei empirisch, wie sich Schulkonzentration auf diverse Schulvariablen auswirkt. Es zeigt sich, dass bessere Wahlmöglichkeiten zu geringeren Ausgaben pro Schüler, niedrigeren Lehrergehältern, größeren Klassen aber gleichzeitig auch zu besseren Leistungen der Schüler führen. Dabei ist es von Bedeutung zu erwähnen, dass HOXBY keine negativen Auswirkungen des „Sortings“ auf leistungsschwächere Schüler findet. Im Klartext: Das aufgrund höherer Konkurrenz und besserer Auswahl zu erwartende „Sorting“ zwischen leistungsstärkeren und leistungs- schwächeren Schülern geht nicht auf Kosten der schwächeren.

JEFFREY S. ZAX (1988, 1989) befasst sich in zwei Beiträgen mit den Auswirkungen verschiedener Organisationsformen von Körperschaften auf die öffentlichen Finanzen. Er zeigt dabei unter anderem, dass Special Districts äußerst effiziente Körperschaften darstellen. Sie passen ihre Größe gemäß ihren jeweiligen Funktionen an, sind oft funktional organisiert und verfügen über direkt-demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten. Weiters weist ZAX darauf hin, dass stark zentralistisch organisierte Körperschaften in den USA tendenziell jene monopolistischen Auswirkungen haben, die man aus Leviathan Modellen erwartet. Dagegen führt eine funktionale Aufgabenteilung zwischen Körperschaften zu Markt ähnlichen Resultaten und einer Realisation von Skaleneffekten.

Aus der untersuchten Literatur kann zusammenfassend festgehalten werden, dass Wettbewerb, Kontrollmöglichkeiten, und flexible Strukturen die Schuloutputs erhöhen und auch einen Einfluss auf Liegenschaftspreise, Steuern, Produktivität und Kosten in Schuldistrikten und den dazu gehörenden Gemeinden haben. Eine direkte Untersuchung der Theorie des funktionalen Föderalismus wurde – mit Ausnahme der Artikel von JEFFREY S. ZAX (1988, 1989) – in keinem der angeführten Literaturbeiträge vorgenommen. Es wurden lediglich jeweils einzelne Elemente der Theorie der FOCJ untersucht. Diese Arbeit ist damit nach dem Wissen des Autors die erste in Europa, die sich der genaueren empirischen Untersuchung der Theorie der Functional, Overlapping and Competing Jurisdiction widmet.

3. Gemeindestrukturen im Kanton Zürich

Der Kanton Zürich liegt im ostschweizerischen Mittelland. Er erstreckt sich vom Rhein an der nördlichen Landesgrenze bis nahe an den Fuß der Alpen. Mit etwa 1,2 Millionen Einwohnern ist Zürich der bevölkerungsreichste Kanton der Schweiz. Die Agglomeration Zürich, welche auch außerkantonale Gebiete umfasst, ist auch der mit Abstand größte Ballungsraum der Schweiz. Der Kanton Zürich setzt sich aus 171 politischen Gemeinden zusammen. Zwischen diesen beiden staatlichen Ebenen angesiedelt sind die zwölf Bezirke des Kantons, die in ausgewählten Bereichen wie etwa der Gemeindeaufsicht oder der Rechtsprechung ebenfalls Staatsaufgaben übernehmen.[11]

3.1. Einteilung der politischen und der Schulgemeinden

Neben den 171 politischen Gemeinden existieren im Kanton Zürich ebenfalls 219 Schulgemeinden per Stand Jänner 2005. Diese Art von Gemeinden ist auf die Erbringung von Ausbildungsleistungen beziehungsweise schulischer Erziehung spezialisiert. Die Schulgemeinde, sofern sie existiert, ist von der politischen Gemeinde getrennt beziehungsweise unabhängig. Ferner sind die Schulgemeinden untereinander unabhängig. Sie decken je nach Typ die Schulbildung in der Primar- und Sekundarschule über unterschiedliche geographische Gebiete ab. Dies erklärt sich verständlicherweise daraus, dass auch die Einzugsgebiete der einzelnen Schulen unterschiedlich sind.

Es sind verschiedene Formen von Gemeindestrukturen und Schulgemeindestrukturen innerhalb des Kantons zu unterscheiden. Während die Einheitsgemeinde einen Zusammenschluss von politischer, Primar- und Sekundarschulgemeinde darstellt, sind ein Großteil der Schulgemeindeformen im Kanton Zürich eigenständige Primar- und Sekundarschulgemeinden.

Tabelle 1 gibt einen Überblick über die verschiedenen Schulgemeindearten und deren Anzahl im Kanton im Jahr 2005. Gemäß der Einteilung und den Definitionen der Bildungsdirektion des Kantons Zürich gibt es acht verschiedene Typen beziehungsweise Arten von Schulgemeinden.

[...]


[1] vgl. FREY/EICHENBERGER (1999)

[2] ZAX (1988, 1989) befasst sich in seien Beiträgen mit den Auswirkungen von verschiedenen Organisationsformen von Körperschaften auf die öffentlichen Finanzen und mit den Effekten einer funktionaler Aufgabenteilung zwischen Körperschaften.

[3] vgl. BLANKART (2003), BRÜMMERHOFF (2001), CULLIS/JONES (1998), MUSGRAVE/PEACOCK (1994), MYLES (1995), ZIMMERMANN/HENKE (1994)

[4] Für weitere Beiträge zum funktionalen Föderalismus und den FOCJ siehe auch EICHENBERGER (2002), FREY/EICHENBERGER (2000), FREY (1999), EICHENBERGER (1998), FREY/EICHENBERGER (1996)

[5] vgl. TIEBOUT (1956)

[6] Es existieren zwar zahlreiche Artikel zu den französischen Agglomerationsgebieten und den Problemen in den sogenannten „Banlieues“. Kein Beitrag konnte allerdings mit den Ideen der FOCJ in Verbindung gebracht werden.

[7] vgl. die Beiträge von TONI ZINDEL (2004) und HANS-RUDOLF GALLIKER (2004) in der Zeitschrift „kommunal magazin“

[8] Beispiele zu den „communautés urbaines“ finden sich im Internet unter: http://www.grand-nancy.org/, http://www.nantesmetropole.fr/ und http://www.grandlyon.com/; vgl. BLÖCHLIGER (2005)

[9] Es ist hier hinzuzufügen, dass große Schuldistrikte in Kalifornien im Regelfall über 50’000 Schüler bedienen.

[10] Die Ursprünge der heutigen Charter-School-Systeme der Vereinigten Staaten finden sich in den Schulreformen der 80er und 90er Jahre. Aufgrund der großen Unzufriedenheit mit der Ausbildungsqualität und dem bürokratischen Aufbau vieler Schulbehörden wurden Charter Schools mit dem Ziel errichtet, im Bildungsbereich Markt ähnliche Strukturen einzuführen und das Schulsystem unbürokratischer und demokratischer zu gestalten.

[11] Für weitere Informationen zum Kanton Zürich vergleiche die Broschüre des statistischen Amtes: „Kanton Zürich in Zahlen 2004“

Ende der Leseprobe aus 62 Seiten

Details

Titel
Sind FOCJ effizienter als herkömmliche Gemeindestrukturen?
Untertitel
Eine empirische Analyse
Hochschule
Université de Fribourg - Universität Freiburg (Schweiz)
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
62
Katalognummer
V113575
ISBN (eBook)
9783640132577
Dateigröße
724 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Bestnote für Bachelorarbeit. Empirische Arbeit mit Daten aus dem Schweizer Kanton Zürich.
Schlagworte
FOCJ, Gemeindefusion, Gemeindestruktur, effiziente Gemeinden, Kapitalisierung, Schulgemeinden
Arbeit zitieren
David Stadelmann (Autor:in), 2005, Sind FOCJ effizienter als herkömmliche Gemeindestrukturen? , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113575

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