Globus für den Reichsaußenminister von Ribbentrop

Eine umfassende Beschreibung und Interpretation eines der zentralen Exponate in der ständigen Ausstellung „Deutsche Geschichte in Bildern und Zeugnissen“ im Deutschen Historischen Museum Berlin


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Objektive Daten, Grundmotive und historische Provenienz des Objektes
1. Präsentation des Objektes im DHM
2. Datierung und Besitznachweise
3. Maße und Gewicht
4. Korpus
5. Karte
6. Gestell

III. Interpretation
1. Der Columbus-Großglobus im Reichsaußenministerium Wilhelmstraße 73/
a) Die Standfußanfertigung durch die Vereinigten Werkstätten
b) Das Interieur des Reichsaußenministeriums
c) Kategorie: Profane Reliquie
2. Der Globus als Symbol
3. Der DHM-Globus im Lichte des Ikonoklasmus

IV. Fazit / Resümee

Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Es sollen hier ausgehend von und eng an dem Exponat mit dem Titel „Globus für den Reichsaußenminister v. Ribbentrop“, welches in der ständigen Ausstellung „Deutsche Geschichte in Bildern und Zeugnissen“ im Zeughaus im Deutschen Historischen Museum Berlin zu sehen ist, die recherchierten objektiven Daten dieses auf das Jahr 1938 zu datierenden Großglobus benannt und ausgedeutet werden, um dann den historischen Kontext genau dieses Globus zu beleuchten. Die offizielle Bezeichnung des „Columbus-Großglobus für Staats- und Wirtschaftsführer“ fand sich sozusagen voll erfüllt: Der DHM-Globus war der – genauer gesagt ein – Globus des seit 1938 amtierenden Außenministers des Deutschen Reiches, Joachim Ribbentrop (1983-1946), und damit ein Globus aus dem nationalsozialistischen Führungskreis. Es wird auf die Komposition des Globus als Teil eines Ganzen, der Globus in den Räumen des Reichsaußenministeriums in der Wilhelmstraße 73/74 und die damit erzielte Raumwirkung einzugehen sein. Der Globus an sich ist schon seit Jahrhunderten ein Bedeutungsträger, durch den bestimmte Vorstellungen assoziiert werden (sollen). An dieser Stelle ist auch auf die hinter der (optischen) Wirkung stehende, übergeordnete Symbolhaftigkeit eines Globus näher einzugehen, der Globus als Symbol. Wurde auch im Dritten Reich, wie auch zu jeder anderen Zeit, dem Geist der jeweiligen Zeit entsprechend, das symbolische Gewicht der Globen bewusst eingesetzt, um eben eine bestimmte Wirkung zu erzielen? In einem abschließenden Arbeitsschritt soll der Bogen wieder zurück zum DHM-Exponat geschlagen werden. Deutliche Beschädigungen am Korpus des ausgestellten Globus erwecken Assoziationen zu ikonoklastischen Zerstörungen von Bildern oder Denkmälern. Sollte auch hier versucht worden sein, übergeordnete Werte und die Symbolträchtigkeit des Globus zu zerstören und ihn sozusagen aus einer Tradition heraus zu beseitigen?

II. Objektive Daten, Grundmotive und historische Provenienz des Objektes

Zunächst soll hier eine Motivbeschreibung des Exponates erfolgen: Dabei soll u. a. folgenden Fragen nachgegangen werden. Wie wird das Objekt in der Dauerausstellung des DHM präsentiert? Inwieweit lässt sich der Globus zeitlich datieren? Was ist hinsichtlich der Besitzverhältnisse eruierbar? Darüber hinaus sollen objektive Daten und Grundmotive hinsichtlich des Korpus, der Karte und des Gestells herausgearbeitet und beschrieben werden.

1. Präsentation des Objektes im DHM

Der monumentale Erdglobus aus dem deutschen Columbus-Verlag steht im DHM zentral in der Sichtachse zwischen dem Zeughaus und dem Pei-Bau. Noch zu Beginn der ständigen Ausstellung „Deutsche Geschichte in Bildern und Zeugnissen“ im Jahre 2006 wurde angenommen, der DHM-Globus stamme ursprünglich aus Hitlers Arbeitszimmer in der Neuen Reichskanzlei. Sowohl der Globus aus Hitlers Arbeitszimmer als auch der ausgestellte DHM-Globus zeichnen sich durch spezielle Standfußsonderanfertigungen aus. Der Globus aus Hitlers Arbeitszimmer in der Neuen Reichskanzlei hatte jedoch einen achteckigen, treppenförmigen Standfuß (im Gegensatz zu dem Rundfuß mit vier Auslegern des DHM-Globus), womit belegt ist, dass es sich bei dem DHM-Globus nicht um den Hitler-Globus handelt. Im Übrigen ist es an dieser Stelle inkorrekt, von dem Hitler-Globus zu sprechen. Immerhin wird Hitler mit mehreren Großgloben (ein Globus in der Halle des „Berghofes“ auf dem Obersalzberg, zwei Globen in der Reichskanzlei in Berlin, ein Globus im Führerbau in München) in Berührung gekommen sein.

In der Vitrinenkomposition wird der Globus flankierend durch zwei Bilder präsentiert. Das aus der Feder des Fotographen Boris Puschkin stammende linke Bild zeigt, wie zum Ende des 2. Weltkrieges vier sowjetische Soldaten einen Columbus-Großglobus in Hitlers Arbeitszimmer in der Neuen Reichskanzlei betrachten. Das rechte Bild entstammt einer Filmszene aus dem Film „Der große Diktator“, einer beißenden Satire auf Hitler und den Nationalsozialismus. In dieser Szene des 1940 uraufgeführten Films wird Hitler, urkomisch dargestellt durch Charlie Chaplin, und sein „Spielball“ in Gestalt eines Globus, zur Lachnummer gemacht.

2. Datierung und Besitznachweise

Der Großglobus wurde ab dem Jahre 1935 durch den damals in Berlin ansässigen deutschen Columbus-Verlag als limitierte Serie produziert, käuflich zu erwerben für den seinerzeit durchaus stattlichen Preis von 2.000,- Reichsmark[1]. Allein schon aufgrund des Preises war der Globus grundsätzlich ein sehr eindrucksvoller, imponierender Gegenstand. Wie bereits die offizielle Bezeichnung „Columbus-Großglobus für Staats- und Wirtschaftsführer“ anklingen lässt, war der Globus bestimmt für hochrangige Nazifunktionäre und Wirtschaftsgranden. Die Großgloben sollten einen repräsentativen Zweck, z.B. in Herrenzimmern bzw. großen repräsentativen Zimmern oder Eingangshallen, erfüllen. Bei dieser limitierten Serie handelt es sich um den ersten überhaupt in Serie hergestellten Großglobus. Unklar ist allerdings, wie viele dieser Globen insgesamt hergestellt wurden. Die möglicherweise darüber Auskunft gebenden Columbus-Verlagsarchive und Fabriken wurden im Zweiten Weltkrieg gänzlich ausgebombt. Nachweisen lassen sich derzeit mindestens 28 Großgloben, von denen heute noch 15 Globen existieren sollen. [Quelle: Pobanz, Wolfgang, anlässlich seines Vortrages „Die Großgloben des Columbus-Verlages aus den 1930er Jahren“ am 31.10.2007 im Auditorium des Deutschen Historischen Museum Berlin.] Bei dem im DHM ausgestellten Globus handelt es sich um ein Exemplar der 2. Auflage, welche ab Ende 1937 hergestellt wurde. Der DHM-Globus ist daher auf das Jahr 1938 zu datieren. Die Globuskugel und die Karte wurden ausschließlich im Hause Columbus produziert. Die 2. Auflage unterscheidet sich von der 1. Auflage lediglich durch leichte geographische Korrekturen und Aktualisierungen im Gebiet Italienisch-Ostafrikas und in der Antarktis.

Hinsichtlich der Besitzverhältnisse ist wenig bekannt: Dem Inventarexposé des DHM [Inventarnummer: Pro 68/274 (MfDG] zu Folge, war der ausgestellte Globus seit 1968 im Besitz des Museums für Deutsche Geschichte der DDR und ist mit der Wende in das Eigentum des DHM übergegangen. Mögliche weitere Vorbesitzer und die Frage, wie das Museum für Deutsche Geschichte der DDR in den Besitz des Globus kam, ließen sich nicht erhellen.

3. Maße und Gewicht

Großgloben, ja sogar begehbare, wurden bereits Jahrhunderte vor dem Columbus-Großglobus hergestellt, aber eben nicht seriell. Mitte der 1930er Jahre hatten gängige Globen einen Durchmesser zwischen 20 cm und 55 cm. Der DHM-Globus ist in seinen Maßen monumental, mit einer Höhe von 150 cm und einen Durchmesser von 135 cm. Die Erdkugel selber hat einen Durchmesser von 106 cm. Neben den monumentalen Maßen imponiert auch das Gewicht von zirka 110 kg. Dieser Globus wurde sicherlich nicht für ein ständiges Umstellen konzipiert, da er allein mit reiner Muskelkraft schwerlich zu transportieren sein wird.

4. Korpus

Die Globuskugel besteht aus zwei auf der Äquatorlinie zusammengesetzte Hälften, der Nord- und der Südhalbkugel. Der Korpus ist aus dem Weichmetall Aluminium gefertigt, einem seinerzeit relativ jungen Werkstoff. Im Vergleich zu anderen Metallen ist Aluminium noch nicht lange bekannt, es wurde erst im Jahr 1808 entdeckt. Es dauerte dann bis in die 1880er Jahre bis das in der Natur in nicht gediegener Form vorkommende Metall Aluminium synthetisch und kostengünstig produziert werden konnte und sich in der Folge zu einem vielseitigen und weit verbreiteten Gebrauchsmetall entwickelt. [Vgl.: www.formteile.ch/aluminium.htm #Geschichte; letzter Zugriff: 13.04.2008.] Bis zum Einsatz von Aluminium bestanden die Großgloben aus innen ausgehöhlten hölzernen Kugeln oder mehreren, zu einer Kugel geformten Holzreifen, die mit Pappe und Leinen überzogen wurden. Kleinere Globenkugeln wurden aus Papiermaché und Gips gefertigt, andere in Stein graviert. [Schmidt, 1997 (b), S. 35; Schmidt, 2005, S. 69] Erst im 20. Jahrhundert löste Aluminium diese Werkstoffe aufgrund seiner günstigen Materialeigenschaften ab. Trotz seiner relativen Weichheit ist Aluminium insbesondere ein recht zähes Leichtmetall und damit für den Globusbau prädestiniert.

5. Karte

Die Karte selber wurde mit einer mehrfarbigen Lackfarbe auf Papier gebracht und auf den zweiteiligen Aluminiumkorpus handbeklebt. Dabei entstand die Farbgebung in sieben Farben durch Handkolorierung und ist so gehalten, dass die politische Abhängigkeit der Kolonien und ähnlicher abhängiger Regionen von der Kolonialmacht deutlich zum Ausdruck kommt. Dies gilt beispielsweise auch für die Grenzen der deutschen Kolonien, Togo, das Kaiser-Wilhelm-Land auf Papua-Neuguinea, Deutsch-Südwestafrika, Deutsch-Ostafrika. Der Globus zeigt dabei im Maßstab 1:12 Millionen eine geophysische Darstellung der Erde, das heißt dass neben dem politischen Kartenbild auch das Fluss-, Gebirgs- und Landschaftssystem, wie die Tundra, Wüsten und Sümpfe, berücksichtigt und dementsprechend dargestellt wird. Ebenfalls sind, wie auf Großgloben gängig, u. a. weltweit fahrende Dampfer- und Eisenbahnlinien, Karawanenwege, Telegraphenlinien, darüber hinaus Festungen und Kriegshäfen eingezeichnet.

Anzumerken ist, dass das „Groß-“ vor dem Globus nicht auch gleich bedeutet, dass mehr Informationen auf dem Globus als auf kleineren Globen verzeichnet sind. Tatsächlich wurde diese Karte durch die Vergrößerung kleinerer Karten geschaffen, so dass vor allem die Schrift und Konturen besser zu erkennen bzw. zu lesen sind, nicht aber mehr Informationen hergeben. Die Karte dieses Columbus-Großglobus entstand konkret aus der Kombination von Vergrößerungen zweier kleinerer Globenkarten, jeweils im Maßstab 1:25 Millionen. [Quelle: Pobanz, anlässlich seines Vortrages am 31.10.2007]

[...]


[1] Zum Vergleich: 2.000,- Reichsmark entsprachen Mitte der 1930er Jahre einem Kleinwagen [Quelle: RTL Spiegel TV (über die Suche nach dem Hitler-Globus) vom 04.11.2007]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Globus für den Reichsaußenminister von Ribbentrop
Untertitel
Eine umfassende Beschreibung und Interpretation eines der zentralen Exponate in der ständigen Ausstellung „Deutsche Geschichte in Bildern und Zeugnissen“ im Deutschen Historischen Museum Berlin
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Geschichtswissenschaften)
Veranstaltung
Politische Ikonographie 1530-1918
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V113544
ISBN (eBook)
9783640144310
ISBN (Buch)
9783640145713
Dateigröße
456 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Globus, Reichsaußenminister, Ribbentrop, Politische, Ikonographie, Columbus-Großglobus für Staats- und Wirtschaftsführer, Joachim Ribbentrop, Wilhelmstraße, Außenminister, DHM-Globus, Globus aus dem nationalsozialistischen Führungskreis, Columbus, Symbolträchtigkeit, Pei-Bau, Reichskanzlei, Berlin, Hitler-Globus, Großglobus, Herrenzimmer, Vereinigte Werkstätten, Paul Ludwig Troost, Leonhard Gall, Speer, Gerdi Troost, Ottomeyer, Interieur, Drittes Reich, 3. Reich, Nationalsozialismus, Art-Déco, Reliquie, Profane Reliquie, Ikonoklasmus, Czech, monumentaler Globus, ikonoklastische Handlung, Desymbolisierung, Symbol
Arbeit zitieren
Marc Castillon (Autor:in), 2008, Globus für den Reichsaußenminister von Ribbentrop, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113544

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