Bremerhaven und Cuxhaven

Ein Vergleich zweier Seestädte im Wandel


Studienarbeit, 2008

31 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Historische Hintergründe
1.1. Bremerhaven
1.2. Cuxhaven
1.3. Fazit

2. Die heutige Situation
2.1. Bevölkerung
2.2. Verkehr
2.3. Wirtschaft

3. Gemeinsame Probleme und Interessen, Konkurrenz, Zusammenarbeit

4. Perspektiven und Zukunftsstrategien

5. Zusammenfassung

Anlage: Abbildungen

Literatur

Internetquellen

Einleitung

Im Verlauf der landeskundlichen Hauptexkursion durch Deutschland im Sommer 2007 wurden auch die Städte Bremerhaven und Cuxhaven an der deutschen Nordseeküste besichtigt. Im Vordergrund stand dabei die Überlegung, wie sich Seestädte mit traditionell maritimer Ausrichtung an die Auswirkungen des allgemeinen industriellen und sektoralen Wandels anpassen (können). Unter diesem Aspekt sollen die beiden Städte hier verglichen werden. Die vorliegende Arbeit basiert auf einem Referat, das im Seminar zu der Hauptexkursion gehalten wurde sowie auf Ausführungen vor Ort.

Auf den Internetseiten Bremerhavens ist zu lesen: „Bremerhaven wurde zur Großstadt, die durch Häfen und Schiffbau, Fischwirtschaft und Lebensmittelproduktion, Wissenschaft und Forschung, Kultur und Tourismus geprägt ist“ (www.bremerhaven.de). Diese Eigenschaften ließen sich nun problemlos auch auf Cuxhaven übertragen, vielleicht mit einer anderen Gewichtung der Schwerpunkte. Allerdings entwickelte sich hier im Laufe der Zeit „nur“ eine Mittelstadt. Der für diese Arbeit interessanteste Aspekt des Vergleichs ist daher die Konkurrenzsituation, die entsteht, wenn sich zwei Städte, die gerade einmal 42 km voneinander entfernt liegen, auf ähnliche, wenn nicht gleiche Schwerpunkte konzentrieren. Die Frage der Konkurrenz soll deshalb einen Schwerpunkt des Berichts darstellen (s. Kapitel 3).

Beide Städte (und damit auch deren Häfen) liegen an den Mündungen großer Flüsse, beide erfüllten und erfüllen teilweise noch heute die Funktion eines Vorhafens[1] (zu Bremen bzw. Hamburg). Daraus ergibt sich eine erste wichtige Gemeinsamkeit für die beiden Seestädte: Zwar sind Vorhäfen wichtige Einrichtungen für Ihre Mutterstädte; allerdings waren Hamburg und Bremen von Beginn an auch darauf bedacht, ihre Exklaven nicht zu Konkurrenzstandorten der eigenen Häfen werden zu lassen. Dem entgegen steht das dringende Bedürfnis der ‚Tochterstädte’, sich wirtschaftlich weiterzuentwickeln und die Entwicklung auch auf Nicht-Hafen-Bereiche auszuweiten. Diese Bestrebungen wurden lange Zeit teils erheblich behindert. Die Frage ist nun, wie die beiden Seestädte damit umgingen und heute umgehen.

Zunächst sollen ein kurzer geschichtlicher Abriss sowie ein erster Vergleich der beiden Städte das Erbe verdeutlichen, das der heutigen Situation zugrunde liegt. Anschließend wird anhand ausgewählter Merkmale (Bevölkerung, Verkehr, Wirtschaft) die heutige Situation der beiden Städte verglichen. Dabei müssen Auswahl und vertiefende Betrachtung der Aspekte allerdings beschränkt bleiben, da sonst der Rahmen eines Exkursionsberichtes gesprengt würde.

1. Historische Hintergründe

1.1. Bremerhaven

Die Großstadt Bremerhaven mit ihren 115.629 Einwohnern (vgl. Stat. Landesamt Bremen 2007a, S. 3 Onlineversion) als solche ist - verglichen mit anderen deutschen Städten - noch sehr jung. Die Entwicklung zur heutigen „größte[n] Stadt an der deutschen Nordseeküste und Oberzentrum für die Region zwischen Elbe und Weser“ (www.bremerhaven.de) erfolgte in relativ kurzer Zeit[2].

Bremerhaven wurde am 11. Januar 1827 von dem damaligen Bremer Bürgermeister Johann Smidt zwischen den Dörfern Geestendorf und Lehe an der Ostseite der Wesermündung in die Nordsee gegründet (Abbildung 1). Das dafür notwendige Gelände hatte die Stadt vorher vom Königreich Hannover abgekauft. Grund für die Anlage des Ortes war einzig die Errichtung des eingangs erwähnten Vorhafens für die Stadt Bremen, daher auch der Name Bremerhaven. Bremen hatte zu dieser Zeit stark mit der zunehmenden Versandung der Weser zu kämpfen, so dass Seeschiffe die Bremischen Häfen häufig nicht mehr ansteuern konnten. Die 60 km nördlich beginnende Trichtermündung des Flusses stellte dagegen eine seeschifftiefe Fahrrinne sicher. Trotz naturräumlich etwas ungünstiger - weil windexponierter - Lage entwickelte sich Bremerhaven schnell zu einem bedeutenden Passagier- und Güterumschlagplatz. Ausschlaggebend dafür war vor allem „die Massenauswanderung [nach Übersee], die wenige Jahre nach der Stadtgründung einsetzte. 1832 traten bereits über 10.000 Passagiere auf überfüllten Segelschiffen von Bremerhaven aus den Weg in eine ungewisse Zukunft an, um in der Neuen Welt ihr Glück zu versuchen. Ein Menschenstrom, der erst 140 Jahre später versiegen sollte“ (www.bremerhaven.de). In seinem Buch über die „Geschichte der europäischen Auswanderung über die Bremischen Häfen“ verdeutlicht der Historiker Arno Armgort die Ausmaße, die dieses Geschäft annahm: „Mehr als sieben Millionen Menschen sind in den letzten zwei Jahrhunderten über Bremen und Bremerhaven ausgewandert“ (Armgort 1991: 9). Bremerhaven fiel vor allem die zentrale Rolle als Einschiffungsstation für die Passagiere zu[3]. Der Aufstieg Bremerhavens aufgrund des Auswanderergeschäftes ist dabei untrennbar mit dem Namen des „Norddeutschen Lloyd“ verbunden. Diese Reederei, die 1857 als Aktiengesellschaft gegründet wurde, entwickelte sich durch die Überseeschifffahrt vor allem nach Nordamerika zur zeitweise größten Passagierreederei der Welt und prägte so die wirtschaftliche Entwicklung Bremerhavens maßgeblich. Ein Großteil der heute bestehenden Hafenbecken geht auf die damals rasant wachsenden Bedürfnisse des Lloyd zurück. Des Weiteren beschäftigte die Reederei Tausende von Arbeitern und Angestellten, wovon die Stadt ebenfalls profitierte[4]. Mit dem Bau des Schnelldampfers „Mainz“ im Jahr 1897 begründete der Norddeutsche Lloyd auch den Beginn der überregionalen Bekanntheit Bremerhavens als Werftenstandort (vgl. ebd.: 63).

Die positive Entwicklung registrierte natürlich auch das damalige Königreich Hannover, das die Wirkung des Landverkaufs an Bremen offenbar unterschätzt hatte. Ab 1845 wurde daher mit der Gründung des Hafenortes Geestemünde in unmittelbarer Nachbarschaft zu Bremerhaven der Versuch unternommen, einen Konkurrenzhafen zu etablieren[5]. Die Eröffnung des eigentlichen Hafens fand jedoch erst 1863 statt (vgl. Scheper 1977: 64), und damit viel zu spät, um Bremerhaven ernsthaft zu gefährden. Trotzdem entwickelte sich Geestemünde mit der Zeit zu einem nicht unbedeutenden Hafenstandort, wodurch zum Beispiel die Grundlagen für den Ausbau zum heutigen Fischereihafen geschaffen wurden. Da sich Geestemünde als selbstständige Stadt jedoch nicht behaupten konnte, vereinigte sie sich im Oktober 1924 nach langen Kontroversen mit der nördlich von Bremerhaven liegenden Stadt Lehe. Das so entstandene Konstrukt wurde Wesermünde genannt und hatte nunmehr etwa 70.000 Einwohner. Dabei entstand die kuriose Situation, dass die bremische Stadt[6] Bremerhaven landseitig vollkommen von einer preußischen Stadt umgeben und damit quasi eingekesselt war. Diese schwierige Situation hatte mehr als 15 Jahre Bestand, bis sich Preußen 1939 auch noch Bremerhaven „einverleibte“ und damit erstmals eine Großstadt (112.000 Einwohner) an der Unterweser etablierte. Die neu entstandene Bandstadt hieß weiterhin Wesermünde, allerdings blieben die Überseehäfen bremisches Gebiet. Davon profitierten auf lange Sicht jedoch weder Bremen noch Preußen und man kam schließlich zu der Erkenntnis, dass Stadt und Häfen zusammen gehören sollen[7]. Da Bremen seine Privilegien an den Überseehäfen natürlich nicht aufgeben wollte, wurde Wesermünde im Februar 1947 komplett an das Land Bremen abgegeben und aufgrund ideologischer (nationalsozialistischer) Belastungen des Namens kurze Zeit später in Bremerhaven umbenannt. Als zweiter Teil des Stadtstaates Bremen besteht die Stadt bis heute in dieser Form. Weitere Eingemeindungen hat es seither nicht gegeben, da das Stadtgebiet wiederum komplett vom heutigen Land Niedersachsen umgeben ist, welches eine erneute Vergrößerung des Landes Bremen derzeit wohl nicht vorsieht.

Bremen seinerseits hat sich trotz der Selbstständigkeit Bremerhavens bislang nicht von seinem Überseehafenbereich als rechtlichem Eigentümer trennen können (und wollen), so dass bis heute ein stadtbremischer und ein stadtbremerhavener Hafenbereich parallel existieren.

Trotz immenser Kriegszerstörungen (Bremerhaven war ein bedeutender Marinestützpunkt) kamen der Wiederaufbau der Stadt nach dem Krieg und damit auch die wirtschaftliche Entwicklung relativ schnell in Gang. Bremerhaven knüpfte vor allem an seine Hochseedampfer- und Frachtgutumschlag-Kompetenzen an und so wurde Mitte der 60er Jahre bereits die 5-Millionen-Tonnen-Grenze im Gesamtumschlag der Bremerhavener Hafengruppe (vgl. Scheper 1977: Anh. 19) erreicht. 1968 begann daraufhin im Norden der Stadt der Bau des ersten großen Containerterminals, noch im gleichen Jahr verkehrten bereits Vollcontainerschiffe im Überseeverkehr (vgl. ebd.). Ebenso erlebte der Passagierverkehr auf Überseeverbindungen kurzzeitig eine neue Hochphase, z. B. mit einem regelmäßigen Liniendienst „Leningrad - Bremerhaven - Montreal“ (ebd. Anh. 18) und natürlich der klassischen Verbindung New York - Bremerhaven, die nach dem Krieg noch einmal wiederbelebt wurde[8]. Allerdings waren diese Linien nun fast ausschließlich dem Freizeitverkehr gewidmet. Die Funktion Bremerhavens als Auswandererhafen war also, bedingt durch den wirtschaftlichen Aufschwung der Bundesrepublik und die immer populärer werdende Passagierluftfahrt trotz allem endgültig vorbei (vgl. Armgort 1991: 14). Die städtische Wirtschaft musste sich daher umorientieren und konzentriert sich seitdem vor allem auf den Güterumschlag. Einen ersten Höhepunkt dieser Entwicklung erlebte die Stadt 1971 mit der Inbetriebnahme des „Containerkreuz[es] Bremerhaven, [dem damals] größten Containerhafen der Bundesrepublik“ (Scheper 1977: Anh. 19). Bis zur politischen Wende fungierte die Stadt außerdem als Hauptumschlaghafen für die Versorgung der in Deutschland stationierten amerikanischen Militäreinheiten sowie für Truppentransporte[9].

1.2. Cuxhaven

Die Historie dieser Seestadt mit ihren heute knapp 52.000 Einwohnern (vgl. Niedersächsisches Landesamt für Statistik 2007, Onlineversion) ist nicht viel älter als die Bremerhavens, da sie ebenfalls ein künstlich angelegtes Gebilde ist. Ursprünglich wurde Cuxhaven aufgrund verschiedener Empfehlungen im Jahr 1816 als Seebad gegründet. Das dafür notwendige Land lag im damaligen Amt Ritzebüttel, das wiederum zur Stadt Hamburg gehörte. Darauf folgte zunächst die rasche und erfolgreiche Entwicklung zu einem Kurbad[10], allerdings sollte Cuxhaven gleichzeitig die eingangs erwähnte Funktion eines Vorhafens für Hamburg erfüllen. Deshalb veröffentlichte der damalige Amtmann Ritzebüttels bereits „1818 den ersten genauen Grundriss des Hafens“ (vgl. www.cuxhaven.de/cuxhaven_430.php). Ein intensiver Hafenausbau erfolgte allerdings erst viele Jahre später, gegen Ende des 19. Jahrhunderts[11].

Von bedeutender Wirkung war dabei vor allem der Bau des Amerika-Hafens sowie des so genannten Steubenhöfts (der mit 400 Metern Länge zeitweise weltgrößten Anlegestelle nebst Abfertigungshalle für Überseepassagierschiffe) zwischen 1912 und 1914. So wurde auch Cuxhaven zum Standort der Überseeschifffahrt und damit zu einer Konkurrenz für Bremerhaven. Impulsgebenden Charakter für die Entwicklung des Hafengeländes hatte die Ansiedlung verschiedener militärischer Marineeinheiten, welche umfangreiche infrastrukturelle Investitionen nach sich zogen (Abbildung 2). „Man kann durchaus sagen, dass Cuxhaven erst durch die Marine zu einer richtigen Stadt wurde“ (http://www.cuxhaven.de/cuxhaven_18.php)[12]. Seit 1907 genießt Cuxhaven Stadtrechte, die ihr nach verschiedenen Eingemeindungen verliehen wurden. Überhaupt rekrutiert sich die für eine Mittelstadt riesig anmutende aktuelle Stadtfläche von etwa 162 km² größtenteils aus der Eingemeindung der umliegenden Dörfer und Gemeinden. So ergibt sich heute die kuriose Situation, mitten im offiziellen Stadtgebiet große Freiflächen und sogar Ackerbau und Viehzucht erleben zu können[13]. 1937 wurde die Gemeinde Cuxhaven preußisch und gleichzeitig unabhängig von Hamburg; Cuxhaven selbst wurde kreisfreie Stadt. Allerdings blieben „bis zum 1. Januar 1993 der Amerika-Hafen und das Steubenhöft hamburgisches Eigentum, obgleich sie zum Cuxhavener Stadtgebiet gehörten[14] “ (ebd.). Nach Ende des zweiten Weltkriegs wurde das Gebiet Niedersächsisch und Cuxhaven verlor seine Freiheit. Die Stadt ist seither Kreisstadt des gleichnamigen Landkreises.

Die Hochphase der Passagierschifffahrt erlebte Cuxhaven ebenfalls im Zuge der industriellen Revolution in Deutschland, vor allem durch die Ansiedlung der Hamburgischen Reederei „Hapag“, die hier ab 1900 einen Liniendienst Cuxhaven - New York etablierte (vgl. Röhl 1995: 22). Aber auch hier beendete die Passagierbeförderung per Luft ab den 1950er Jahren diese Einnahmequelle. 1973 wurde der letzte Linienverkehr nach Amerika vom Steubenhöft eingestellt (vgl. Borrmann 1980: 22). Nachdem Cuxhaven an das Eisenbahnnetz nach Hamburg angeschlossen war, entwickelten sich vor allem der Fischfang und die Fisch verarbeitende Industrie der Stadt im großen Stil, besonders seit der Fertigstellung des Fischmarktes nebst zugehöriger Logistikeinrichtungen im Jahr 1908 (vgl. ebd.: 5). Mehrere Hafenbecken wurden dafür neu geschaffen. In der Folge wurde Cuxhaven zum bedeutendsten Fischereihafen Deutschlands. Der Handel stieg mit Ausnahme der Kriegszeiten[15] kontinuierlich an, bis zu einem Rekordumschlag von 155.000 t Fisch im Jahr 1955 (vgl. Röhl 1995: 23f.). Parallel erfolgte der Ausbau zum Stück- und Massengutumschlagplatz nebst zugehöriger logistischer Einrichtungen. Durch die vollständige Selbstständigkeit seit 1993 konnte das Land Niedersachsen den Amerikahafen noch deutlich ausbauen. Der Aufstieg des Kurbades zum staatlich anerkannten Heilbad bewirkte außerdem einen starken Anstieg der Touristenzahlen. „ Mit durchschnittlich 3 Millionen Übernachtungen und ca. 500.000 Tagesgästen im Jahr ist es [heute] ein sehr beliebtes Urlaubsziel in Deutschland“ (http://www.cuxhaven.de/cuxhaven_277.php).

1.3. Fazit

Die Entwicklung Cuxhavens erfolgte bis heute gewissermaßen als die eines kleinen Bruders Bremerhavens. Der Ausbau zur Seehafenstadt erfolgte nie in dem Ausmaß wie in der Weserstadt. Dieser Umstand ist der Tatsache geschuldet, dass Bremerhaven aus einer existenziellen Not heraus als reiner Güterumschlagplatz gegründet wurde, wohingegen Cuxhaven eher Zusatzfunktionen für den Haupthafen Hamburg erfüllen sollte. Dazu zählten auch Funktionen wie die Bekämpfung der Flusspiraterie im Mündungsbereich der Elbe oder die Ansiedlung eines Havariekommandos für Seeschiffe. Des Weiteren spielte in Cuxhaven von Anfang an der Fremdenverkehr eine zentrale Rolle für die Stadt, woraus sich traditionell eine Diversifizierung der Wirtschaft ergab. Dies schlägt sich selbst im heutigen Ortsbild nieder, da die verschiedenen Funktionen der Stadt (Passagierhafen, Frachtguthafen, Strand, Kurpark etc.) auch räumlich voneinander abgegrenzt sind. Auch eine Parallelstadtentwicklung, wie für Bremerhaven z. B. Geestemünde, hat in Cuxhaven nicht stattgefunden. Der größte Unterschied in der Entwicklung beider Städte ist jedoch die rechtliche Unabhängigkeit, die in Cuxhaven mit dem Groß-Hamburg-Gesetz begann und spätestens seit 1993 vollständig vollzogen ist und die in Bremerhaven bis heute auf sich warten lässt.

2. Die heutige Situation

Was für Spuren haben nun die letzten zweihundert Jahre mit ihrer vorwiegend industriezeitlichen Prägung im jeweiligen Stadtbild hinterlassen? Beide Städte kämpfen heute mit strukturellen und finanziellen Schwierigkeiten. Beispielsweise weist das Bundesland Bremen, wozu Bremerhaven ja gehört, bekanntermaßen die höchste pro Kopf-Verschuldung der ganzen Bundesrepublik auf. Im Folgenden soll auf ausgewählte Aspekte der aktuellen Situation genauer eingegangen werden.

2.1. Bevölkerung

Eines der größten Potenziale aller Städte ist ihre Einwohnerschaft. Einwohner prägen die Identität von Städten und bringen Geld in die Stadtkassen (sofern sie nicht etwa arbeitslos sind). Nur durch eine angemessene Bevölkerungszahl können Infrastrukturprojekte finanziert und auch gerechtfertigt werden. Ebenso kann die Nutzung vorhandener Einrichtungen nur durch eine ausreichende Zahl von Bewohnern sichergestellt werden. Dabei ist es von erheblicher Bedeutung, wer genau in einer Stadt wohnt. Hier spielen vor allem das Alter und der Bildungsgrad eine entscheidende Rolle.

[...]


[1] Definition eines Vorhafens: „Ein Vorhafen ist ein dem landeinwärts liegendem Haupthafen vorgelagerter Hafen, der zu dessen Verkehrs- und Wirtschaftsentlastung und Schutz dient!“ (Lüssow 1936: 9)

[2] Zwar gibt es Besiedelungsspuren im Gebiet rund um die Wesermündung schon seit etwa zweitausend Jahren, doch handelte es sich dabei lange Zeit um einzelne kleine Ansiedlungen, die über einen dörflichen Charakter nicht hinauswuchsen. „Die älteste schriftliche Überlieferung reicht bis 1139 zurück; damals wurden die zum heutigen Stadtgebiet [Bremerhavens] gehörenden Kirchdörfer Geestendorf und Wulsdorf urkundlich genannt“ (Bickelmann o.J.u.O.). Ähnliche Entwicklungen gelten für die Region des heutigen Cuxhaven. Die vorliegende Arbeit befasst sich aber nur mit der neueren Geschichte der beiden Städte.

[3] Den Rekord an Auswanderern hält das Jahr 1907 mit rund 243.000 Passagieren. „Bremerhaven war [damit] vor Hamburg zum bedeutendsten deutschen Auswandererhafen geworden und rangierte noch vor Le Havre“ (Scheper 1977: 66).

[4] Rund 50 Jahre nach seiner Gründung beschäftigte der Lloyd etwa „15.000 Seeleute, 600 kaufmännische und 4.000 technische Angestellte - die Mehrzahl der letzteren beim technischen Betrieb in Bremerhaven - , außerdem 6.000 Dockarbeiter, Küper und Stauer“ (Armgort 1991: 61)

[5] Zur Entwicklung des Hafens Geestemünde vgl. Janowitz, A. (2001): Der Geestemünder Handelshafen 1850-1930. In: Bickelmann, H. (Hrsg.) (2001): Bremerhavener Beiträge zur Stadtgeschichte III. Stadtarchiv Bremerhaven.

[6] Bremerhaven besitzt seit 1851 mit der ersten eigenen Verfassung Stadtrechte (vgl. Kellner-Stoll 1982: 170f.)

[7] Eine Stellungnahme des damaligen Oberbürgermeisters van Heukelum vom 11 Dezember 1946 an die amerikanische Militärregierung, die zu dieser Zeit Bremerhaven besetzt hatte, gipfelt in dem Satz: „Stadt und Häfen sind untrennbar“ (Scheper 1977: 393).

[8] Vor allem als 1953 die New Yorker „United States Line“ einen regelmäßigen Linienverkehr einführte, erlebte die Stadt noch einmal für etwa zwei Jahrzehnte eine Glanzzeit. Denn die Reederei setzte auf dieser Linie mit der „United States“ das damals größte, schnellste und luxuriöseste Dampfschiff der Welt ein. Der wirtschaftliche Effekt dieser Verbindung war für die Seestadt enorm. In einem zeitgenössischen Zeitungsartikel hieß es über die United States Line“: „Ihre Reederei ließ an Hafengebühren und ihre Besatzungen an Heuergeldern Millionenbeträge in Bremerhaven“ (Benscheidt 2000: 13).

[9] Auch diese Funktion entfiel allerdings mit dem Abzug der alliierten Truppen nach der Wende.

[10] „1913 war Cuxhaven schon Deutschlands größtes Nordseebad. Mit 26.000 Kurgästen in einer Saison stand es damals weit an der Spitze aller Küstenbäder“ (http://www.cuxhaven.de/cuxhaven_18.php).

[11] Wobei bereits seit 1569/70 ein hamburgischer Schutz- und Nothafen auf dem Gelände des heutigen Hafenareals bestand (vgl. Borrmann 1980: 3).

[12] Vor allem die deutschen Minensuchverbände waren in Cuxhaven stationiert. Heute ist die Stadt vollkommen entmilitarisiert, alle Einheiten wurden umverlegt oder abgewickelt (vgl. ebd.).

[13] Aus dieser Weitläufigkeit können durchaus auch Identifikationsprobleme entstehen. Borrmann (1980: 29) stellt fest, dass die Stadt eine großräumige „Streusiedlung“ ist, deren „Ortsteile […] noch längere Zeit an einem Eigenleben hängen [werden]. […] Die planerische Zukunft wird den Raum für ein funktionsgerechtes Verkehrs- und Verwaltungszentrum bestimmen müssen, damit die Stadt einen Mittelpunkt, ein Herz bekommt “ (ebd.).

[14] Auch dies ist wieder eine Parallele der beiden Städte, Bremerhaven hat das Dilemma bis heute nicht lösen können.

[15] Während der beiden Weltkriege wurden die Fischauktionen ausgesetzt. Darüber hinaus hat Cuxhaven aber beide Kriegsphasen relativ unbeschadet überstanden, die Kampfhandlungen in der Region konzentrierten sich hauptsächlich auf Wesermünde/Bremerhaven (vgl. Borrmann 1980: 19f.).

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Bremerhaven und Cuxhaven
Untertitel
Ein Vergleich zweier Seestädte im Wandel
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Geographisches Institut)
Veranstaltung
Hauptexkursion mit begleitendem Oberseminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
31
Katalognummer
V113487
ISBN (eBook)
9783640132560
ISBN (Buch)
9783640135103
Dateigröße
1358 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Arbeit ist ein Exkursionsbericht. Anmerkung vom Dozenten: "Ganz toller HEX-Bericht. Meinen Glückwunsch."
Schlagworte
Bremerhaven, Cuxhaven, Hauptexkursion, Oberseminar
Arbeit zitieren
Philipp Steffens (Autor:in), 2008, Bremerhaven und Cuxhaven, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113487

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