Bestimmung und Eindämmung von Wissensverlust sowie personellen Wissensrisiken


Masterarbeit, 2007

86 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung
1.1 Gründe für die Themenwahl
1.2 Problemstellung, Themeneingrenzung und Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Theoretische Grundlagen und Begriffsbestimmungen
2.1 Wissen
2.1.1 Definition des Wissensbegriffs
2.1.2 Wissensarten und Wissenstransformation
2.1.2.1 Fazit Wissen, Wissensarten und Wissenstransformation
2.1.3 Personelle Wissensrisiken
2.1.3.1 Fazit personelles Wissensrisiko
2.2 Wissensmanagement
2.2.1 Definition von Wissensmanagement
2.2.2 Bausteine des Wissensmanagements
2.2.2.1 Fazit Wissensmanagement
2.2.3 Barrieren des Wissensmanagements
2.2.3.1 Fazit Barrieren im Umgang mit Wissensmanagement
2.3 Berufliche Weiterbildung und Weiterbildungsmanagement
2.3.1 Berufliche Weiterbildung
2.3.2 Weiterbildungsmanagement
2.3.3 Aspekt der sozialen Kompetenz im Rahmen von Weiterbildung
2.3.3.1 Fazit Weiterbildung und soziale Kompetenz
2.4 Verschmelzungen der bisherigen Teilbereiche
2.4.1 Wissen und Wissensmanagement – Nutzung der Skills Matrix
2.4.1.1 Fazit Skills Matrix
2.4.2 Weiterbildung und Wissen sowie deren Management
2.4.2.1 Fazit Weiterbildung und Wissen sowie deren Management
2.4.3 Wissen, Weiterbildung, personelle Wissensrisiken und deren Management

3 Wissenschaftliche Methodik
3.1 Methodik und wissenschaftliche Vorgehensweise
3.2 Methoden zur Bewertung und Kontrolle der Zielerreichung

4 Ausarbeitung der hybriden Skills Matrix
4.1 Anforderungen an die künftige Lösung
4.2 Vorteile der geplanten Lösung
4.3 Entwicklung des Soll-Konzeptes der hybriden Skills Matrix
4.3.1 Konzeption
4.3.2 Vertiefung einiger Teilbereiche der hybriden Skills Matrix
4.3.3 Erfassung und Auswertung der hybriden Skills Matrix

5 Kritische Würdigung
5.1 Realisationsprüfung
5.2 Offen gebliebene Probleme
5.3 Ausblick auf zukünftige Entwicklungen

6 Zusammenfassung

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

1.1 Gründe für die Themenwahl

Im Sommer 2002 wurde durch eine Befragung von 266 Unternehmen eine ausgeprägte Wahrnehmung von Wissensverlustsituationen durch Fluktuation innerhalb der Organisation oder die Auflösung von temporären Strukturen (Projektorganisation) festgestellt.

Im Einzelnen steht vor allem die Kündigung von Mitarbeitern ganz oben, gefolgt von der temporären Abwesenheit von Mitarbeitern, der Auflösung von temporär gebildeten Strukturen sowie der Pensionierung von Mitarbeitern (vgl. Trojan; 70; S. 11).

Die damit verbundenen Auswirkungen sind nicht weniger alarmierend: 26% der Verlustsituationen wirken sich auf das Unternehmen als Ganzes aus, 30% auf zentrale Bereiche, 21% auf Abteilungen und nur ca. 5% sind auf die einzelne Stelle beschränkt (ca. 17% waren nicht klar zuordenbar).

Eine im April 2003 durchgeführte Studie bei 267 Unternehmen legt darüber hinaus offen, dass 80% der Unternehmen eine Produktivitätseinbuße aufgrund von Know-how-Verlusten im Zuge von Mitarbeiterwechsel und/oder Krankheit und Doppelarbeiten beklagen (vgl. ME; 40; S. 3).

Oft erfolgt erst in Wahrnehmung einer solch bedrohenden Situation die Auseinandersetzung mit dem Thema Wissensmanagement und die Suche nach geeigneten Maßnahmen der Wissensbewahrung resp. der Entgegnung von Wissensverlustsituationen.

Es ist daher wichtig, das Erfahrungswissen für das Unternehmen pro-aktiv zu sichern, so lange diese Wissensträger noch Teil der Organisation sind (vgl. Auer; 7, S.2).

Wenn Wandel zum Alltag wird, global agierende Unternehmen aber trotzdem bestehen wollen, kommt dem Informations- und Kommunikationsmanagement – und dem damit verbundenen Management von Wissen – eine besondere Bedeutung zu (vgl. Koubek; 31; S. 12).

Die Wichtigkeit von Wissen und wissenden Mitarbeitern steigt stetig. Gerade im Subsegment "Informationsdienstleister" (z.B. beratende Gewerbe) des tertiären Wirtschaftssektors findet eine "Entmaterialisierung der Produktion" statt. Zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor werden hierbei qualifizierte Mitarbeiter und leistungsfähige Systeme (vgl. Koubek; 31; S. 14).

Erschwerend kommt hinzu, dass zumindest in den deutschsprachigen Ländern für die nächsten Jahre ein stetig wachsender Fachkräftemangel zu erwarten ist. Ursache dieses Fachkräftemangels ist vor allem der sog. demografische Wandel: Die Generation der geburtenstarken Jahrgänge verlässt in den kommenden Jahren sukzessive die Unternehmen.

Dies wird den Wettbewerb um gute Ressourcen und somit die Kosten erhöhen, aber sicherlich auch zu einer gestiegenen Fluktuationsneigung führen - da gute Mitarbeiter eher abgeworben werden (vgl. Reinberg; 55; S. 4 - 6).

Beide Ursachen verstärken die Notwendigkeit eines aktiven Umgangs mit (personalen) Wissensrisiken.

1.2 Problemstellung, Themeneingrenzung und Zielsetzung

Problemstellung

Zum Thema Wissensmanagement und Weiterbildungsmanagement – Wissensteilung, Wissensspeicherung, „Wissen um unternehmenseigenes Wissen“ - gibt es Leitfäden, Modelle und Praxisberichte (oft als best practices bezeichnet). Jedoch sind die Modelle – zur Bewahrung der logischen Konsistenz und Allgemeingültigkeit – eher abstrakt gehalten und erschweren somit die Umsetzung (Trojan; 70, S. 48 - 49).

Aber auch die Umsetzung theorie- und praxiserprobter Leitgedanken im eigenen Unternehmen ist nicht ohne Anpassungsaufwand möglich, denn Pauschallösungen kann es nicht geben (vgl. Probst; 54; S. 27).

Doch selbst dann besteht die Gefahr, mit der Adaption eine Komplexitätssteigerung in die eigenen Abläufe hineinzutragen (vgl. Trillitzsch; 69; S. 270). Das Problem liegt deshalb in der unbestreitbar notwendigen Orientierung und dem Studium aktueller Erkenntnisse, ohne dabei bereits zu stark Lösungsansätze zu übernehmen.

Eine Initiative zur ganzheitlichen Betrachtung von Wissensrisiken muss an bereits im Unternehmen existierende Systeme anschließen und dabei bestehende Lösungsansätze nutzen (vgl. Probst; 54; S. 27).

Insbesondere durch den Einsatz von externen Mitarbeitern in Projekten verschärft sich das Problem von Fluktuation und Wissensverlust, da gerade eine zeitlich befristete Zusammenarbeit – vor allem in wissensintensiven Projekten – einen ungleich schnelleren Zyklus von Wissensaufnahme, Wissensspeicherung und Wissensteilung verlangt, um am Ende eine Wissensverlustsituation zu vermeiden.

Damit führt das Ausscheiden eines Mitarbeiters durch den Wegfall spezifischer Fähigkeiten zu einem Vermögensverlust der Unternehmung (vgl. Hube; 25; S. 26 – 27).

Zusätzlich lässt gerade der arbeitsintensive Projektalltag mit Termindruck, Zeit- und Budgetmangel oft keinen Raum für zusätzliche Maßnahmen – seien diese auch noch so wertvoll oder angebracht.

Gerade in expansiven Phasen sind die Fragen nach zusätzlichen Mitarbeitern, zusätzlicher Qualifikation – in Form von Weiterbildung bestehender Mitarbeiter, der Festeinstellung neuer Mitarbeiter oder der temporären Verstärkung externer Kräfte – nicht nur zentral, sondern auf operativer Ebene dringend zu beantworten.

Im Zuge solcher Notwendigkeiten gerät der strategische Aspekt leicht aus dem Blickwinkel: Interne Kräfte werden kurzsichtig verschoben und zusammen mit eiligst integrierten externen Kräften leicht zu "Lückenbüßern". Sie werden dort eingesetzt, wo es "am meisten brennt".

Themeneingrenzung

Thema dieser Ausarbeitung ist primär die Identifikation von Wissensrisiken unter gleichzeitiger Visualisierung vorhandenen Wissens.

Im Rahmen dieser Ausarbeitung wird bewusst – hauptsächlich zur bestmöglichen Abgrenzung und Konzentration auf Kernbereiche der Verschmelzung von Wissensmanagement, Weiterbildungsmanagement und dem Management von personalen Wissensrisiken (und nicht zuletzt aufgrund des vorgegebenen Umfangs dieser Ausarbeitung) – der interdisziplinäre Charakter (vgl. www.records.nsw.gov.au; 73) betont. Eine Nutzung und Verbindung mit Erkenntnissen der Organisationsentwicklung findet hingegen nicht statt (vgl. Heimer; 24; S. 1).

Obwohl letztlich eine technische Umsetzung ansteht, wird dieser Aspekt gänzlich ausgeblendet: Im Mittelpunkt steht die Ableitung der Inhalte, nicht der technischen Umsetzung.

Um die angesprochenen Synergieeffekte nutzen zu können, ist es notwendig, auf technologischer Ebene nach Kombinationsansätzen zu suchen (vgl. Fredrich; 18; S. 192). Eine Möglichkeit, Technik so einzusetzen, dass diese mittels einer Applikation Teile der Bereiche personelles Risiko, Wissen und Weiterbildung (zumindest teilweise) abdeckt, ist die hybride Skills Matrix.

Bei dieser Verbindung dürfen die relevanten Unternehmensprozesse allerdings nicht vergessen werden: Nicht nur die verwendeten Applikationen müssen aus den einzelnen Teilbereichen zusammengeführt werden, sondern auch die dahinterliegenden Unternehmensprozesse (vgl. Fredrich; 18; S. 193).

Die Erörterung der Teilprozesse resp. der involvierten Unternehmensprozesse ist nicht Teil dieser Ausarbeitung. (Dies den Rahmen sprengen und wäre nicht zielführend, da sich der Fokus verschieben würde).

Gleichsam behandelt diese Ausarbeitung nicht die Schnittstelle zum Personalmanagement resp. der organisatorischen Einheit „Personalwesen“, obwohl z.B. bzgl. der individuellen Karriereplanung eine direkte Verbindung zur im Folgenden aufgezeigten Nutzung der hybriden Skills Matrix besteht.

Wie bei allen Managementmaßnahmen gibt es auch in den Bereichen Wissensmanagement, Weiterbildungsmanagement und Risiko-Management (hier im Speziellen: personales Wissensrisiko) hierarchische Ebenen, auf denen die einzelnen Managementfunktionen ausgeübt werden.

Wichtig ist die Klarstellung, dass die primäre Nutzung der hybriden Skills Matrix auf die operationale Ebene des Personal- bzw. Weiterbildungsmanagements, des Wissensmanagements und des Managements personaler Wissensrisiken abzielt (vgl. Fredrich; 18; S. 121). Auf dieser Ebene werden konkrete Bedarfe für einen Bereich, eine Abteilung oder ein Team identifiziert.

Strategisches oder gar normatives Management ist daher nicht Thema dieser Ausarbeitung.

Weiterhin wichtig ist die Abgrenzung zur tatsächlichen Risikominimierung; auch diese muss aufgrund des vorgegebenen Rahmens vorgenommen werden.

Abschließend sei erwähnt, dass zur Umsetzung und Nutzung der in dieser Ausarbeitung dargestellten hybriden Skills Matrix ein etabliertes Weiterbildungsmanagement ebenso vorhanden sein sollte, wie erste konkrete Umsetzungen auf operativer Ebene im Bereich Wissensmanagement stattgefunden haben müssen.

Ziel dieser Arbeit

Entsprechend ist es nicht das Ziel, die Themenbereiche Wissensmanagement, Personal-Management und Weiterbildung mittels neuer technischer Anwendungen (Software) zu behandeln, sondern eine sachlogische Verknüpfung herzustellen.

Mit dieser Ausarbeitung wird aufgezeigt, dass ein großer Handlungsbedarf zur Vermeidung von Wissensverlust besteht. Anschließend werden Maßnahmen spezifiziert, welche es ermöglichen, Wissensverlust zu vermeiden und das der gesamten Organisation verfügbare Wissen zu erhöhen.

Zentrale Ziele dieser Ausarbeitung sind somit zum einen die nachhaltige, strukturelle Verbesserung des Personen-bezogenen Wissensrisiko-Portfolios.

Hierbei gilt es, spezielle Vorgaben für explizite Know-how-Träger einzuführen, welche einen möglichen Wissensverlust durch Fluktuation berücksichtigen. Zum anderen sollen allgemeine Handlungsanweisungen für das operative Weiterbildungsmanagement unter Berücksichtigung strategischer Personalplanung aufgezeigt werden.

Die Umsetzung von Wissensmanagement-Maßnahmen dient dabei nicht einem Selbstzweck, sondern unterstützt das Erreichen der Unternehmensziele (vgl. Probst; 54; S. 58).

Wichtige Rahmenvorgaben werden darin gesehen, einerseits die theoretische Basis der zu verschmelzenden Teilbereiche Wissensmanagement, Weiterbildungsmanagement und Management von personalen Wissensrisiken zu erarbeiten und anschließend eine nachvollziehbare und somit diskutierbare Grundlage zu schaffen. Andererseits ist möglichst Budget- und Ressourcen-schonend vorzugehen.

Die Hypothese dieser Ausarbeitung besteht entsprechend darin, dass durch den bewussten Umgang mit der hybriden Skills Matrix (im Gegensatz zu einem eher intuitiven, passiven Reagieren), ein Instrumentarium geschaffen wird, mit dessen Hilfe Wissensmanagement effizienter umgesetzt sowie personelle Wissensrisiken verringert werden können. Dies hat dann auch ein verbessertes Personal(einsatz-)management zur Folge.

1.3 Aufbau der Arbeit

Diese Diplomarbeit besteht aus 6 Kapiteln, welche zum Teil wiederum in Unterkapitel gegliedert sind.

Nach der Einführung in das Thema (Kapitel 1.1) sowie der Problemstellung (Kapitel 1.2) werden die notwendigen theoretischen Grundlagen und begrifflichen Abgrenzungen dargelegt. Hierzu werden die relevanten Bereiche Wissen (Kapitel 2.1), Wissensmanagement (Kapitel 2.2) sowie Weiterbildung und Weiterbildungsmanagement (Kapitel 2.3) in Bezug auf die für die weitere Ausarbeitung relevante Sichtweise beleuchtet.

Der theoretische Teil schließt in Kapitel 2.4 mit der synergetischen Betrachtung der Teilbereiche.

Wichtige Erkenntnisse der einzelnen Teilbereiche, aber auch des Kapitels bzgl. der Verschmelzung der Teilbereiche werden in einem Unterkapitel als Fazit zusammengefasst.

Im Anschluss werden in Kapitel 3 die in dieser Ausarbeitung angewandten wissenschaftlichen Forschungsansätze vorgestellt sowie geeignete Methoden der Erfolgskontrolle erläutert.

Kapitel 4 beinhaltet die inhaltlichen Kernaussagen der Ausarbeitung und verdichtet die gewonnenen Erkenntnisse aus Kapitel 2 zu einer Handlungsempfehlung.

Das Konzept konzentriert sich dabei auf die Erweiterung eines Instrumentariums, welches in Kapitel 4.1 zunächst vorgestellt wird. Es folgen detaillierte Spezifikationen der notwendigen Abwandlung des bekannten Instrumentes zu einem neuen "hybriden" Instrument (Kapitel 4.2 bis 4.4).

Kapitel 5.1 setzt sich abschließend kritisch mit der Umsetzbarkeit und Praxistauglichkeit der vorgestellten Handlungsempfehlung auseinander. In Kapitel 5.2 werden die im Rahmen dieser Ausarbeitung vernachlässigten Fragestellungen und Probleme offen gelegt. Der in Kapitel 5.3 beschriebene Einblick in künftige Entwicklungen erlaubt es abschließend, sich gedanklich etwas von den konkreten Gegebenheiten zu lösen, streift kommende Strömungen und Notwendigkeiten, benennt Räume für weitere Forschungsarbeiten.

Die Arbeit schließt mit einem Resümee (Kapitel 6).

2 Theoretische Grundlagen und Begriffsbestimmungen

2.1 Wissen

2.1.1 Definition des Wissensbegriffs

Wissen ist ein immaterielles Gut, das de facto nicht aufgebraucht werden kann. Im Gegensatz zu anderen Ressourcen erhöht sich sein Wert durch Gebrauch und Teilung (vgl. Lucko; 39; S. 7).

Hierarchisch gegliedert unterscheidet man zwischen

- Daten

(Daten unterliegen einer gemeinsamen Codierung – z.B. der Darstellung 27.04.1971 als Geburtstagsdatum);

- Informationen

(Informationen bestehen aus der syntaktischen Verbindung von Daten);

- Wissen

(Wissen besteht aus der semantischen Verbindung von Informationen).

Die Übergänge sind fließend.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Vom Zeichen zum organisationalen Lernen

(in Anlehnung an: Probst; 54; S. 15 und S. 125)

Die Größe von Daten, Informationen und Wissen ist – entsprechend ihrem Wert für die Wissensbasis - bewusst stetig erweitert dargestellt. Die Abbildung zeigt weiterhin auf, dass eine Wechselwirkung zwischen den verschiedenen Ebenen besteht, welche für die Erweiterung der Wissensbasis verantwortlich ist (vgl. Probst; 54; S. 15).

Die Transformationsleistung (von Daten zu Wissen) liegt im Wesentlichen in der Vernetzung bzw. einer Interpretationsleistung – der Einordnung von Daten in einen Kontext. Diese Transformationsfähigkeit beginnt beim Individuum. In der Rückkopplung auf höherer Ebene entsteht dann kollektives Wissen. Der einzelne Mitarbeiter wird somit zum Produzenten und Inhaber immaterieller Vermögenswerte – zum Teilhaber der Unternehmung (vgl. Probst; 54; S. 18 – 19).

2.1.2 Wissensarten und Wissenstransformation

Zur effizienten Überwindung und Eindämmung von Wissensverlustsituationen ist es wichtig, verschiedene Arten von Wissen zu unterscheiden.

Eine erste Unterscheidungsebene differenziert zwischen dem Wissen des Einzelnen (im Extremfall etwas, was nur eine oder wenige Personen wissen) und dem kollektiven Wissen. Eine zweite Ebene unterscheidet zwischen implizitem und explizitem Wissen – auch als „Epistemologische Dimension“ bezeichnet (vgl. Nonaka; 47; S. 69). Implizites Wissen ist schwer kommunizierbar und stark kontextabhängig, während explizites Wissen gut dokumentierbar und somit leicht zugänglich ist.

Hierbei muss allerdings abschließend angemerkt werden, dass selbst explizites, gut dokumentiertes Wissen stets Kontext-abhängig ist bzw. ohne diesen Kontext schnell wieder zu reiner Information verkümmert: Die Bedienungsanleitung eines DVD-Spielers kann vom Benutzer nur dann wirklich umfassend und vor allem einfach verstanden werden, wenn der Benutzer ein dem Verfasser der Bedienungsanleitung ähnliches Grundverständnis der Technik bzw. von DVD-Spielern generell besitzt (vgl. Rüstmann; 62;S. 59).

Ein Abwandern von Mitarbeitern mit hohem Anteil an implizitem Wissen wirkt sich entsprechend auf die organisationale Wissensbasis aus. Andererseits darf allerdings gerade implizites Wissen als schwer nachahmbarer Wettbewerbsvorteil angesehen werden. Es wird somit ein Trade-off zwischen implizitem Wissen als Schutz vor Nachahmung durch den Wettbewerb und der Sicherung der organisationalen Wissensbasis notwendig, welcher Lernformen bedingt, die beide Aspekte gleichermaßen berücksichtigen (vgl. Linhard; 38; S. 111).

Letztlich ist für ein Unternehmen auf einer dritten Ebene die Unterscheidung zwischen dem Wissen innerhalb und dem Wissen außerhalb des Unternehmens angebracht.

Beispiele für die ersten beiden Ebenen:

individuell kollektiv

Implizit Erfahrungen, Intuition Handlungsroutinen, Tradition

Explizit Fachkenntnisse Anweisungen, Dokumente

Alle drei Ebenen lassen sich graphisch wie folgt darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Der Wissenswürfel

(aus: Mittelmann; 41; S. 3)

In Anlehnung an die eben vorgestellten Wissensarten können diese Ebenen nun auch in den organisatorischen Kontext eingegliedert werden. Das Ergebnis wird durch das „Schichtenmodell der organisatorischen Wissensbasis“[1] deutlich.

Schichtenmodell der organisatorischen Wissensbasis nach Pautzke

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Schichtenmodell der organisatorischen Wissensbasis

(in Anlehnung an: Pautzke; 48; S. 79)

Die 1. Schicht beschreibt das von allen Organisationsmitgliedern geteilte Wissen (z.B. gelebte Unternehmenskultur, Weltbilder, Sinnmodelle oder Denkstile), welches sowohl im Individuum als auch in der Organisation selbst (z.B. Regelsysteme oder Artefakte) verkörpert ist. Dieses Wissen steht der Organisation also personenunabhängig zur Verfügung, ist kommunizierbar und in die organisationale Wissensbasis integriert.

Die 2. Schicht beschreibt das Wissen der Mitglieder, das diese der Organisation zur Verfügung stellen und die Wissenskapazität der Organisation – im Sinne eines "Firmengedächtnisses" -erhöht. Diese ersten beiden, inneren, Schichten bilden die „Aktuelle Wissensbasis“, die der Organisation für Handlungen und/oder Entscheidungen zur Verfügung steht.

Die 3. Schicht beschreibt das der Organisation nicht zugängliche individuelle Wissen. Hier blockieren Strukturen, Kommunikationsbarrieren oder auch Machtverhältnisse die Anreicherung der organisatorischen Wissensbasis mit relevantem Individualwissen.

Die 4. Schicht beschreibt das Wissen der Umwelt, über das ein Metawissen in der Organisation vorhanden ist.

Das spezifische (Objekt-)Wissen ist zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht verfügbar, die Akteure in einer Organisation wissen aber, dass es vorhanden ist und wie es beschafft werden kann.

Die dritte und vierte Schicht bilden die „Latente Wissensbasis“ der Organisation, also das Wissen, das theoretisch zwar erreichbar ist, aber praktisch gegenwärtig nicht zur Verfügung steht.

Die 5. Schicht beschreibt schließlich das sonstige kosmische Wissen, zu dem die Organisation keinen Zugang hat bzw. von welchem die Organisation „nur einen Bruchteil“ besitzt (vgl. Pautzke; 48; S. 78 – 82).[2]

In der beruflichen Praxis werden die im Informationswissen abrufbaren Handlungsanweisungen erprobt und – sofern erfolgreich – wiederholt und ggf. angepasst und verbessert. Die Verknüpfung von Informationswissen und praktischer Anwendung führt schließlich – mittels Übung – zum Handlungswissen (vgl. Fredrich; 18; S. 169).

In Anlehnung an die in Kapitel 2.2.2 angesprochenen Bausteine der Wissensspeicherung und des Wissenstransfers ergibt sich für Informationswissen eine gut formalisierbare und institutionalisierbare Möglichkeit für eine teilweise asynchrone Wissensspeicherung und –transferierung. Handlungswissen hingegen muss verstärkt über Wissensträger und Wissensempfänger (synchron im Dialog) transferiert werden (vgl. Fredrich; 18; S. 169 – 170).

Interessanterweise ist auch diese Definition hilfreich bei der Festlegung von personellen Wissensrisiken: Ein gut ausgebildeter Fachexperte mit wenig Erfahrung verfügt demnach eher über Informationswissen, während ein langjähriger Praxis-erfahrener Fachmann zumindest über Handlungswissen (und nicht selten zusätzlich eben auch über Informationswissen) verfügt.

Hierbei gilt es nun die generell einfachere Speicherung (Ablage) von Informationswissen mit einem nur schwer übertragbaren Handlungswissen in den unternehmerischen Kontext einzubeziehen, um unter dem Aspekt des personellen Wissensrisikos dem einen oder anderen mehr Gewicht beizumessen: So ist z.B. der Wert eines versierten Theoretikers in einer Forschungsabteilung oder einer Bildungseinrichtung anders einzustufen als in einer allg. Betriebswirtschaftlichen Abteilung einer Bank.

Aufgrund der „Griffigkeit“ (da Praxis-orientiert) der Unterscheidung zwischen Informations- und Handlungswissen – gerne auch ergänzend zum Begriffspaar Personen-gebunden resp. Personen-ungebunden - wird es nun möglich, diesen zwei Ausprägungen technische und personelle Aspekte zuzuordnen (vgl. Reinmann-Rothmeier; 56; S. 13). Eine solche Zuordnung wiederum erlaubt es,

- Maßnahmen zur Eindämmung des personellen Wissensrisikos zu definieren und
- eine Auswahl gezielter, komplementärer Weiterbildungsmaßnahmen einzuleiten.

Konkret kann dem Verlust von Informationswissen zumindest teilweise mit technischen Speichermitteln, Methoden und Applikationen (Tools, Werkzeugen) begegnet werden, während Handlungswissen verstärkt verbal (z.B. in Expertengesprächen oder Qualitätszirkeln) vermehrt werden muss. Darüber hinaus können komplementäre Weiterbildungsmaßnahmen den Träger von Informationswissen beim Einsatz von eben diesen Methoden und Applikationen unterstützen. Der Träger von Handlungswissen hingegen profitiert mehr von Maßnahmen, welche ihm helfen auf andere zuzugehen, Fachgespräche zu führen und Wissen mittels der Stärkung sozialer Kompetenzen und emotionaler Intelligenz verbal weiterzutragen (vgl. Sonntag; 66; S. 56 – 59).

Entsprechend der Unterteilung in die verschiedenen Wissensarten ergeben sich für die Wissensumwandlung – auch als Wissenstransformation bezeichnet – vier Formen: Sozialisation, Externalisierung, Internalisierung sowie Kombination.[3]

Formen der Wissenstransformation nach Nonaka / Takeuchi

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Die vier Formen der Wissenstransformation

(in Anlehnung an: Nonaka; 47; S. 75)

Sozialisation

Will man implizites Wissen austauschen, erfolgt dies hauptsächlich über direkte Kommunikation, bei der es nicht selten auch darauf ankommt, eine gemeinsame Vertrauensbasis zu haben. Hier geht es auch um das Kennenlernen und Verstehen von unterschiedlichen Haltungen und Sichtweisen in Bezug auf einen Sachverhalt.

Externalisierung

Hier steht die Konkretisierung von gemeinsamen Vorstellungen und Visionen im Vordergrund.

Internalisierung

Diese Form der Wissenstransformation wird mit dem „Learning by Doing“-Konzept beschrieben: Was einige wenige entwickelt oder eingeführt haben, wird anschließend von der breiteren Masse verinnerlicht.

Kombination

Damit ist die Verknüpfung mehrerer (isolierter) Methoden und Komponenten gemeint, um dadurch komplexe Zusammenhänge erfassen zu können (vgl. Nonaka; 47; S. 84 – 86).

Zu diesen Grundformen liegt in der Literatur eine Vielzahl von Maßnahmen vor, welche wie folgt visualisiert werden können:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Überblick über mögliche Maßnahmen gegen Wissensverlust

(aus: Dombrowski; 15; S.12)

„Wir wissen mehr, als wir zu sagen wissen.“[4]

Das größte Potenzial, die Wissensbasis des Projektes – und somit des gesamten Unternehmens – qualitativ zu verbessern, geht vom impliziten Wissen aus. Gerade dieses implizite Wissen ist allerdings stark mit den Vorstellungen des Wissensträgers verbunden (vgl. Nonaka; 46; S. 97). Dementsprechend liegt das Hauptaugenmerk (gleichzeitig auch die Hauptschwierigkeit) des Wissensverlustes auf der Sozialisation und Externalisierung von implizitem Wissen.

Während hierbei das "Know-how" ein bestimmtes Verhalten ermöglicht, ist das "Know-why" ein Verständnis über die Zusammenhänge zwischen Sachverhalten und erlaubt somit eine Erklärung des Know-how, welches letztlich im "Know-what" mündet. (vgl. Hube; 25; S. 88).

Nur das Know-how in Zusammenhang mit dem Know-why und der tatsächlichen Ausführung des Know-what gewährleistet einen erfolgreichen Einsatz des Wissens.

2.1.2.1 Fazit Wissen, Wissensarten und Wissenstransformation

Daten und Informationen sind eine notwendige, aber keineswegs eine hinreichende Bedingung für Wissen (vgl. Rüstmann; 62; S. 57).

Im vorangegangenen Abschnitt wurden die für diese Ausarbeitung relevanten Aspekte von Wissen sowie wichtige Unterscheidungsmerkmale herausgearbeitet.

Für die Identifikation von Wissensträgern im Zusammenhang mit der Identifikation von personellen Wissensrisiken ist es notwendig, zwischen dem Wissen des Einzelnen und der Organisation zu unterscheiden. Nur wenn Wissen in der Organisation nicht ausreichend vorhanden ist resp. auf (zu) wenige personelle Wissensträger verteilt ist, besteht (akutes) personelles Wissensrisiko. Allerdings muss hierbei in einem zweiten Schritt zwischen Handlungs- und Informationswissen unterschieden werden, da Informationswissen entweder leicht erlernt oder in Form eines neuen Mitarbeiters „relativ“ leicht eingekauft werden kann, während Handlungswissen ungleich mehr an die Person gebunden ist. Unter der Voraussetzung einer gleichwertigen Ausprägung des personengebundenen (nicht organisationalen Wissens) bedeutet der Fortgang einer Person mit viel Handlungswissen einen größeren Verlust für das Unternehmen als der einer Person mit viel Informationswissen.

Diese Differenzierungen müssen sich später in der hybriden Skills Matrix widerspiegeln.

Idealerweise findet auch eine Unterscheidung zwischen implizitem und explizitem Wissen statt, um personale Wissensrisiken auch bzgl. ihrer Wichtigkeit als Wettbewerbsvorteil identifizieren und entsprechende Lernformen berücksichtigen zu können.

2.1.3 Personelle Wissensrisiken

Die Wissensbasis eines Unternehmens lässt sich nicht nur in unterschiedliche Wissensarten einteilen, sondern ist darüber hinaus auch mit unterschiedlichen Wissensrisiken behaftet.

Als personelle Wissensrisiken werden dabei vor allem Risiken in Verbindung mit der Neueinstellung bzw. dem Weggang von Mitarbeitern genannt, welche zu einem Wissensverlust für die Unternehmung führen (vgl. Probst; 52; S. 42). Einen Einblick in die diversen Wissensrisiken liefert folgende Darstellung[5]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Wissensrisikokategorien

(in Anlehnung an: Zbinden; 82; S. 1)

Engpassrisiko bezeichnet das Fehlen von Leistungsträgern. Hierbei kann es zu verzögerter Leistungserstellung seitens des Unternehmens kommen oder dazu, dass Projekte gar nicht realisiert werden können, weil die Mitarbeiter dazu fehlen (vgl. Kobi; 29; S. 35).

Um Freistellungen aufgrund falscher, unbrauchbarer Qualifikationen zu vermeiden, müssen Um- und Neuqualifikationsmaßnahmen getroffen werden. Dieser Aspekt wird vor allem vor dem Hintergrund des ständigen Wandels (z.B. Technologie, Wettbewerb) und verringerter Halbwertzeit von Wissen quasi zu einem Dauerzustand - nichts ist so konstant wie der Wandel (vgl. Kobi; 29; S. 95). Diese Veränderungen zwingen Unternehmen und Mitarbeiter gleichermaßen, sich ständig um die Erweiterung des individuellen Wissensportfolios zu kümmern. Wer sich nachhaltig um (seine eigene) Weiterbildung kümmert, vermindert das Anpassungsrisiko, bleibt flexibel und chancenreich (vgl. Kobi; 29; S. 96).

Das Zurückhalten von Leistung, z.B. durch ältere oder ausgebrannte Mitarbeiter wird als Motivationsrisiko bezeichnet.

Allerdings erscheint zurückgehaltene Leistung tendenziell nur schwer nachweisbar und eher auf die Extreme beschränkt. Nur wenn von einem auf den anderen Beobachtungszeitraum stark abfallende Leistung direkt bemerkt wird, sollte man von motivationalen Ursachen ausgehen. Aufgrund dieser Einschränkung wird in der vorliegenden Ausarbeitung nicht weiter auf diese personelle Risikogruppe eingegangen.

Austrittsrisiko betrifft nur tatsächliche Austritte (interner und externer Stellenwechsel, Kündigung, Entlassung oder Pensionierung), nicht aber Ausfälle aufgrund von Krankheit oder Unfällen. Die Fristigkeit, mit welcher Unternehmensinteressen und Mitarbeiterinteressen parallel laufen, sinkt: Großunternehmen verspielen nicht selten mit spektakulären Abbaumaβnahmen das wichtige Zugehörigkeitsgefühl. Umgekehrt ist aber auch bei den Mitarbeitern selbst eine deutlich geringere Hemmschwelle festzustellen, das Unternehmen für neue Chancen zu verlassen (vgl. Kobi; 29; S. 71 - 72).

Die häufigsten Wissensverlustsituationen können prägnant in der folgenden Übersicht zusammengefasst werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Wissensverlustsituationen in Unternehmen

(aus: Trojan; 70; S. 12)

Unberücksichtigt, aber in vielen Fällen nicht weniger mit Wissensverlust verbunden, sind interne Stellenwechsel, bei welchen trotz moderner Kommunikationstechnik ein Wissensverlust (genauer: Handlungswissensverlust) verzeichnet werden kann (vgl. Rüstmann; 62; S. 92). Denn selbst bei einem „reibungslosen“ Wechsel, bei welchem der neue Mitarbeiter vergleichbares Know-how gegenüber dem alten besitzt und auch zeitlich eine gute Arbeitsübergabe und Einführung stattfindet, ist mit einer (kurzfristigen) Leistungseinbuße zu rechnen (vgl. Rüstmann; 62; S. 130).

Neben dem Wissensverlust ist auch der damit verbundene Kostenaspekt zu beachten: Verminderte Leistung vor der Entlassung/Kündigung sowie Beschaffung und Einarbeitung des Ersatzes (z.B. interimistischer Einsatz einer Hilfskraft oder Neueinstellung) schlagen durchaus zu Buche (vgl. Rüstmann; 62; S. 103).

Die zusätzlichen Kosten belaufen sich auf ca. ein Jahresgehalt der „alten“ Kraft, die das Unternehmen verlässt (vgl. Kobi; 29; S. 58).

Gerade bei der Verknüpfung von Fluktuation (intern und/oder extern) und Stellenwechsel (intern) mit Wissensmanagement-Ansätzen – z. B. im Sinne von Wissensbewahrung – gibt es in der unternehmerischen Praxis kaum strategisch geprägte, sondern nur ad-hoc Ansätze (vgl. Rüstmann; 62; S. 214).

Ähnlich wie eine Bank spezifische Risiken (z.B. Kreditrisiko oder Marktrisiko) aufgrund definierter Charakteristika erkennt und diesen unterschiedlich begegnet, ermöglicht die obige Darstellung der verschiedenen Risikoformen die gezielte Einleitung von
(Präventiv-)Maßnahmen. Diese Früherkennung ist de facto für börsennotierte Unternehmen sogar gesetzlich verordnet: Das sog. Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmen (KonTraG) verpflichtet den Vorstand ein Risikomanagement einzurichten, welches Entwicklungen, die den Fortbestand des Unternehmens gefährden können, frühzeitig erkennt (vgl. Kobi; 29; S. 15).

Konzeptionell lässt sich den in diesem Kapitel spezifizierten Risiken mittels des im Risikomanagement üblichen Regelkreises "Identifizieren, Messen, Steuern und Überwachen" aktiv begegnen:

Risikoidentifikation – Darstellung der Entstehung und Auswirkung der Risiken (vgl. Kobi; 29; S. 19).

Risikomessung – im Bereich der personellen Wissensrisiken nur bedingt quantitativ möglich, deshalb aber nicht weniger wichtig und über strategische (z.B. Früherkennung oder Zielabweichung) und qualitative (z.B. Potenzialerfassung oder Mitarbeiterzufriedenheit) Dimensionen praktikabel; für den Beginn reicht es u.U. sogar aus, vergangenheitsbezogene Erfahrungswerte zu konkretisieren (vgl. Kobi; 29; S. 20).

Risikosteuerung – Grundlage hierfür ist die Darstellung der Messwerte in einer Portfolioübersicht, um anschließend das Risiko zu verhindern resp. zu vermindern (vgl. Kobi; 29; S. 21).

Risikoüberwachung – verfolgt die Entwicklung der Risiken und der eingesetzten Maßnahmen zur Überwachung und Verbesserung des Risikomanagements. Hierzu zählen sowohl die regelmäßige Durchführung resp. Nutzung eines adäquaten Systems zur Früherkennung als auch die Analyse von Fluktuationsgründen (vgl. Kobi; 29; S. 86).

2.1.3.1 Fazit personelles Wissensrisiko

Es bleibt festzuhalten, dass ca. 50% der Fluktuation auf durch das Unternehmen planbare Ereignisse (z.B. Rente, Entlassung) zurückzuführen sind und ca. 50% (z.B. Kündigung, Tod) ein eher unplanbares, schnelles Reagieren bedingen (vgl. Rüstmann; 62; S. 93).

Fluktuation stellt demnach einen ständigen, regelmäßigen Störungs- bzw. Risikofaktor für das Unternehmen dar (vgl. Rüstmann; 62; S. 102), wobei die negativen Konsequenzen (z.B. Kosten für Neueinstellung, kurzfristige Produktivitätssenkung, Kundenverlust, etc.) durch den Wegfall eines erfahrenen Mitarbeiters mit der Komplexität der Aufgabe korrelieren (vgl. Rüstmann; 62; S. 130).

Wissensträger mit einem besonders hohen Anteil an der Wertschöpfung müssen daher

- identifiziert und
- mittels gesonderter Maßnahmen an das Unternehmen gebunden sowie
- mittels gesonderter Maßnahmen zur Wissensteilung und –speicherung als Multiplikatoren genutzt werden (vgl. Rüstmann; 62; S. 142).

Um die Gefahr des Verlustes eines Wissensträgers besser einschätzen zu können, ist folgende Subsumierung hilfreich (vgl. Rüstmann; 62; S. 167 – 169):

- Arbeitszufriedenheit (inkl. Entlohnung, Aufstiegs- und Entwicklungschancen sowie Führungsstil oder auch Unternehmenskultur) des Mitarbeiters;
- Identifikation des Mitarbeiters mit dem Unternehmen;
- Mobilität des Mitarbeiters – wonach gerade familiär ungebundene resp. Mitarbeiter, welche es ohnehin „gewohnt“ sind zu reisen oder in der Vergangenheit oft neben der Stelle auch den Wohnort gewechselt haben, „riskanter“ sind;
- Marktwert des Mitarbeiters (vor allem, wenn höher als Gehalt), inkl. „Abwerbungen“ durch sog. Head-Hunter (Personalvermittlungsagenturen).

Gerade die Identifikation (und Überwachung) von wichtigen Wissensträgern bei gleichzeitiger Quantifizierung einer gewissen Wahrscheinlichkeit des Verlusteintrittes dieses Wissensträgers muss also Teil der künftigen Lösung werden.

Im Weiteren muss eine einfach handhabbare, visualisierte Diskussionsgrundlage geschaffen werden, welche Komplex-reduzierend als Basis für Steuerungsmaßnahmen eingesetzt werden kann (vgl. Kobi; 29; S. 36).

2.2 Wissensmanagement

2.2.1 Definition von Wissensmanagement

In der gängigen Literatur über Wissensmanagement werden die Bestandteile Mensch, Technik und Organisation überwiegend gleichrangig betrachtet (vgl. Wolf; 80; S. 752).

Folgerichtig wird dieser Zusammenhang dann auch als TOM-Konzept (Technik, Organisation, Mensch) bezeichnet (vgl. Bullinger; 13; S. 9).

Dagegen wird in dieser Ausarbeitung der Standpunkt vertreten, dass die Technik nur als Befähiger dient und nicht zwingend den Status einer gleichberechtigten Komponente besitzt (vgl. Wilmes; 78; S. 94). Die Überbetonung einer rein auf die Technik ausgerichteten Einführung von Wissensmanagement birgt sogar Gefahren (vgl. Heimer; 23; S. 9).

Die folgende Abbildung soll die unterschiedliche Bedeutung und Gewichtung als Abgrenzung zu der im TOM-Konzept beschriebenen Gleichrangigkeit aufzeigen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Die drei Dimensionen des Wissensmanagements

Die drei Dimensionen des Wissensmanagements werden in einem Unternehmen manchmal nur ansatzweise und isoliert voneinander umgesetzt, z.B. im Rahmen einer geordneten Dokumentenablage oder bei der Nutzung von Intranet-Fachwörterbüchern. Dessen ungeachtet sind die drei Bestandteile Mensch, Organisation und Technik bereits durch ihre Berücksichtung auch unabhängig voneinander dem Bereich des Wissensmanagements im eigentlichen Sinne zuzuordnen.

[...]


[1] Auch als „Ontologische Dimension“ bezeichnet (vgl. Nonaka; 47; S. 69)

[2] Pautzke führt in diesem Zusammenhang strukturelle, kulturelle und individuelle Barrieren als Begründung für starke Diskrepanz zwischen dem Wissen der Organisation und dem kosmischen Wissen an (vgl. Pautzke; 48; S. 78 – 82).

[3] Durch die Übersetzung des Werkes von Nonaka und Takeuchi ins Englische wurde hierbei auch der Begriff des „SECI-Modells“ (Socialisation, Externalisation, Combination, Internalisation) geprägt.

[4] Willke illustriert dies mit dem Beispiel des Fünfjährigen, der Skifahren kann, aber nicht erklären kann, wie er es macht (vgl. Willke; 76; S.19).

[5] In dieser Abbildung wird auch die bereits bekannte Dreiteilung in technische, organisatorische und menschliche Aspekte deutlich, welche bei der Definition von Wissensmanagement eine zentrale Rolle spielt.

Ende der Leseprobe aus 86 Seiten

Details

Titel
Bestimmung und Eindämmung von Wissensverlust sowie personellen Wissensrisiken
Note
1.0
Autor
Jahr
2007
Seiten
86
Katalognummer
V113417
ISBN (eBook)
9783640135790
ISBN (Buch)
9783640135950
Dateigröße
1123 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bestimmung, Eindämmung, Wissensverlust, Wissensrisiken
Arbeit zitieren
Carsten Held (Autor:in), 2007, Bestimmung und Eindämmung von Wissensverlust sowie personellen Wissensrisiken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113417

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