Dokumente der amerikanischen Verfassungsgeschichte und ihre Bedeutung für die Politik der Vereinigten Staaten von Amerika


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

58 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1 Vorwort

2 Der lange Weg zur amerikanischen Verfassung
2.1 Die Geschichte der Puritaner
2.1.1 The Mayflower Compact
2.2 Die Ursachen des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges
2.2.1 Common Sense
2.3 Declaration of Independence
2.3.1 Articles of Confederation
2.4 The United States Constitution

3 Verschiedene Auffassungen von Menschenrechten
3.1 Menschenrechte als Teil der amerikanischen Außenpolitik
3.1.1 Die innenpolitische Entwicklung
3.1.2 Die außenpolitische Entwicklung

4 Amerikanisches politisches Denken in der Gegenwart
4.1 Inaugural address by President George W. Bush

5 Fazit

6 Literatur

Anhang
The Mayflower Compact
Die wirtschaftlichen Ursachen des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges
Declaration of Independence
The United States Constitution
Ursachen des Amerikanischen Bürgerkrieges
Die Schlacht von Gettysburg
The Gettysburg Address
Antrittsrede von Präsident George W. Bush
INAUGURAL ADDRESS BY PRESIDENT GEORGE W. BUSH

1 Vorwort

Ausgangspunkt dieser Arbeit ist die Überlegung, ob durch die Kenntnis verschiedener Dokumente der Verfassungsgeschichte der Vereinigten Staaten aktuelle politische Reden besser verstanden werden können.

Dazu sollen im ersten Teil der Arbeit ausgewählte Dokumente der amerikanischen Geschichte mit ihrem historischen Hintergrund vorgestellt werden. Dabei wird nicht nur auf geschichtliche Daten und Fakten, sondern auch auf die Bevölkerung eingegangen. Anschließend soll dargestellt werden, welchen Einfluss die Vorstellungen der Verfasser bezüglich der Religion beziehungsweise über Gott auf das Dokument ausgeübt haben. Des Weiteren soll in diesem Zusammenhang auch das Verständnis von Natur untersucht werden.

Nachdem ausgewählte Dokumente der Verfassungsgeschichte der Vereinigten Staaten vorgestellt sind, müssen die Einstellungen Amerikaner bezüglich der Menschenrechte dargestellt werden. Insbesondere ist zu untersuchen, ob diese Einstellungen allgemeingültig sind oder ob es regionale Unterschiede gibt.

Im letzten Teil dieser Arbeit soll untersucht werden, ob sowohl diese Dokumente als auch die vorgestellten Einstellungen der Menschen noch bis in unsere Tage Einfluss auf die Politik der USA haben. Es soll festgestellt werden, ob sich die in den ersten beiden Teilen dieser Arbeit dargestellten Werte und Normen wie auch die dargelegten Überzeugungen heute noch ihre Gültigkeit in den Vereinigten Staaten haben und ob und diese Einfluss auf die politische Führung der USA ausüben.

Um den Rahmen der Untersuchung nicht zu sprengen werden die einzelnen Dokumente im Originalwortlaut und weitere wissenswerte Hintergründe in einem Anhang der Arbeit aufgeführt.

2 Der lange Weg zur Amerikanischen Verfassung

2.1 Geschichte der Puritaner

England befand sich zu Beginn des sechzehnten Jahrhunderts in einer umfassenden Umbruchphase. Die alten mittelalterlichen Strukturen wichen langsam dem Gedankengut der Renaissance.[1] In dieser Zeit des Umbruchs boten die Lehren Martin Luthers dem englischen Volk eine Diskussionsgrundlage. Luthers Lehren halfen den Menschen, ihre Gefühle zu Meinungen zu ordnen. Diese verschiedenen Meinungen ermöglichten dann die Zusammenfindung Gleichgesinnter in Parteien. Dies führte zur Umgruppierung des englischen Volkes in Parteinen und Fraktionen, aber auch in Konfessionen und Sekten. In dieser Zeit wurden aber auch Bekenntnisgrenzen durch das Volk gezogen.[2]

Durch den Bruch Heinrichs VIII. mit Rom bildeten sich aus den vielen verschieden Lagern zwei Parteinen, welche langsam die Formen des Protestantismus und des Katholizismus annahmen. Daneben wurden die Fragen der Religion Teil der nationalen Politik. Während der Regierungszeit Heinrichs VIII. wurde das englische Volk am Leben der Nation beteiligt. Daher ist es selbstverständlich, dass es in Angelegenheiten, welche die Staatsreligion betrafen, gehört werden wollte. Die Missachtung dieses Sachverhaltes wurde Maria Tudor zum Verhängnis.[3]

Königin Elisabeth erkannte diesen Zusammenhang und versuchte das Problem durch Verabschiedung der Suprematsakte und Uniformatsakte zu lösen Durch die elisabethanische Kirchenverfassung erhielt die englische Kirche in etwa ihre noch heute gültige protestantische Form, bei welcher die lutheranischen Prinzipien übernommen wurden, aber der Verwaltungsapparat als auch die Zeremonien orientierten sich am katholischen Modell. Damit hatte Elisabeth genau die Mitte des englischen Meinungsspektrums gewählt und konnte die Gemäßigten aus allen Lagern anziehen. Die radikalen Protestanten auf der Linken konnten ebenfalls in diese Ordnung einbezogen werden. Die Vision dieser Puritaner war eine wahre Kirche. Ihnen gingen die Reformen noch nicht weit genug.[4] Da diese Puritaner das Gedankengut der Calvinisten teilten, richtete sich der Reformeifer vor allem gegen die Hierarchie der englischen Kirche. Da der englische König das Haupt dieser Kirche bildete, befanden sich die Puritaner zwangsläufig auch mit der weltlichen Obrigkeit im Streit. Für die Puritaner blieb nur noch die Emigration als Ausweg, da der König und die Geistlichkeit in England die Oberhand hatten.[5]

Die Situation der Puritaner verschlimmerte sich zusehends, als Jakob I. 1603 aus Edinburgh den Thron bestieg.[6] Die Gruppe der separatistischen Kongregationalisten innerhalb der Puritaner, eine radikal-religiöse Bewegung, hatte sich, um der religiösen Verfolgung in England zu entgehen, in die Niederlande abgesetzt. Hier entschloss sich die Gruppe nach Amerika auszuwandern.[7]

2.1.1 The Mayflower Compact

Am 16. September 1620 stachen die Separatisten mit ihrem Schiff Mayflower von Plymouth in England in See. Nachdem die Mayflower schon gut zwei Monate unterwegs war, verfassten die Pilgerväter den Mayflower -Vertrag. Der Mayflower-Vertrag stellt eine frühe Form der Plantation Covenants dar, welche die Art und Weise der kolonialen Selbstverwaltung begründen. Damit ist der Mayflower Compact die erste geschriebene Verfassung von Amerika.[8] Der Mayflower -Vertrag hat zwar verfassungsrechtlich wenig Bedeutung, er symbolisiert aber den starken religiösen Einfluss bei der Gründung der Kolonien.[9]

Zum besseren Verständnis ist das Vertragswerk in Englisch als auch eine kurze Analyse des Vertrages dem Anhang ab Seite 30 beigefügt.

2.2 Die Ursachen des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges

Wie bereits oben dargestellt bildete die puritanische Tradition in den neu gegründeten Kolonien die Grundlage für den Glauben der Siedler. Gemäß dieser Überzeugung war die Gemeinde der Träger des Glaubens. Auf Grund dieser Gedanken, welche noch durch die räumliche Trennung vom englischen Mutterland begünstigt wurden, wurde auch gefordert, dass die weltlichen Angelegenheiten autonom entschieden werden mussten. Von dieser Überzeugung geleitet, wählten die Bürger der Kolonien aus ihren Reihen Volksvertreter, welche zur Gesetzgebung befugt waren. Allerdings konnten diese die neuen Gesetze nicht erlassen. Die neuen Gesetze bedurften der Zustimmung der vom König eingesetzten Gouverneure, den Grundbesitzern und der zuständigen Regierungsbehörde in London. Neben dieser Volksvertretung war in den meisten Kolonien ein Rat vom Gouverneur eingerichtet. Damit waren in den meisten neuenglischen Kolonien in Amerika zu Beginn des 18. Jahrhunderts, analog dem englischen Parlament, zwei Körperschaften eingerichtet, welche dem Gouverneur zuarbeiteten. Allerdings hatte dieses Parlament noch nicht die alleinige Gesetzgebungsgewalt, über welche das englische Parlament seit 1648 verfügte.[10]

Warum es in den neuenglischen Kolonien letztendlich zum Bürgerkrieg kam, kann nicht mit Gewissheit gesagt werden, da verschiedene Ursachen bekannt sind. Zu einem war es das Auftauchen eines starken Gefühles von Selbstständigkeit und Selbstvertrauen im Bewusstsein des gemeinen Volkes, welches durch die weite räumliche Trennung vom Mutterland begünstigt wurde. In diesem Zusammenhang stand der Anspruch der Siedler auf die englischen Bürgerrechte. In diesem Kontext kann der Bürgerkrieg als Konflikt mit der englischen Verfassung angesehen werden. Zum anderen spielten aber auch wirtschaftliche Interessen eine Rolle. Die neuen Kolonien strebten wirtschaftliche Eigenständigkeit an und gerieten damit in Konflikt mit dem merkantilistischen System der englischen Regierung.[11] Die näheren Umstände der Wirtschaftsstreitigkeiten sind im Anhang ab Seite 32 aufgezeigt.

Um über gemeinsame Aktionen gegen Großbritannien zu beraten, rief die Assembly of Virginia eine Versammlung der Repräsentanten der dreizehn Kolonien und Kanadas im September 1774 in Philadelphia ein. Diese Kontinentalversammlung forderte die Kolonisten auf, die "Intolerance Acts" nicht zu befolgen, und den Handel mit Großbritannien zu boykottieren. Weiterhin begannen die Kolonisten sich systematisch zu bewaffnen und Milizen aufzustellen. Die britische Regierung versuchte dies zu verhindern und schickte am 19. April siebenhundert Soldaten von Bosten in Richtung des Ortes Concord, wo sich ein Waffenlager der Milizen befand. Bei dem Ort Lexinton (Massachusetts) trafen die britischen Truppen auf siebzig Mitglieder der neu aufgestellten Bürgerwehr. Welche Seite den ersten Schuss abfeuerte, ist unbekannt, aber damit hatte die amerikanische Revolution begonnen.[12]

Im Mai 1775 trat ein zweiter Kontinentalkongress in Philadelphia zusammen und übernahm langsam die Funktion einer nationalen Regierung.[13] Um auf die Missstände im Land aufmerksam zu machen, schrieb Tomas Pain zum Jahreswechsel seine Flugschrift Common Sense. Es wird angenommen, dass diese anonym veröffentliche Flugschrift den Anstoß zur Unabhängigkeitserklärung ein halbes Jahr später gab.

2.2.1 Common Sense

Die Flugschrift Common Sense wird von Thomas Paine am 1. Januar 1776 veröffentlicht. In seiner Schrift behauptet Paine, dass die amerikanischen Kolonien keinerlei Nutzen aus dem Mutterland England zögen, aber dass das englische Mutterland die amerikanischen Kolonien ausbeute. Aus diesen Gründen verlange die Vernunft danach, dass sich die amerikanischen Kolonien vom Mutterland lösen und sich zu einer eigenen, unabhängigen Republik zusammenschließen sollten.

2.3 Declaration of Independence

Der zweite Kontinentalkongress beschloss am 2. Juli 1776, dass „diese vereinigten Kolonien freie und unabhängige Nationen sind und von Rechts her sein sollten“. Im Anschluss daran schrieb Thomas Jefferson (Virginia), mit Unterstützung von John Adams (Massachusetts), Benjamin Franklin (Pennsylvania), Robert R. Livingston (New York) und Roger Sherman (Connecticut) den Text der Unabhängigkeitserklärung (The unanimous Declaration of the thirteen united States of America). Die Declaration of Independence wurde am 4. Juli vom Kongress angenommen. Diese Erklärung stellt eine öffentliche Verteidigung der amerikanischen Revolution dar, welches durch die aufgeführten Beschwerden über den britischen König George III. ersichtlich wird.[14]

Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung besteht aus drei aufeinander aufbauenden Teilen:

Im ersten Teil beschreibt sie in Anlehnung an die Philosophie von John Locke, dass die Menschen ein Recht auf "Life, Liberty and the Pursuit of Happiness" (Leben, Freiheit und Streben nach Glückseligkeit) haben, dass Regierungen nur mit "der Zustimmung der Regierten" herrschen können, und dass jede Regierung aufgelöst werden kann, wenn sie die Rechte der Bürger nicht schützt.[15]

Im zweiten Teil wird aufgezeigt, dass die britische Krone diese von Gott und der Natur gegebenen Rechte der Kolonisten dauerhaft und schwerwiegend verletzt. Damit seien die Kolonisten nicht mehr verpflichtet, der britischen Krone gehorsam zu sein.

Der dritte Teil stellt die logische Schlussfolgung der beiden ersten Teile dar. In Anlehnung an die Flugschrift von Thomas Paine wird festgestellt, dass die Loslösung vom Mutterland notwendig und legitim ist. Anschließend erfolgt die Feststellung, dass die unabhängigen Staaten über die volle Staatsgewalt verfügen und somit das Recht haben, den Staat nach außen zu vertreten. Zum besseren Verständnis ist die Unabhängigkeitserkärung in Englisch als auch eine kurze Analyse dem Anhang ab Seite 34 beigefügt.

Durch die Unabhängigkeitserklärung wurden in Amerika dreizehn neue Völkerrechtssubjekte geschaffen, welche bis zu diesem Zeitpunkt Kolonien des Vereinigten Königreiches von Großbritannien waren. Das gemeinsame Interesse dieser Kolonien beschränkte sich allerdings nur auf die Unabhängigkeit von Großbritannien, denn nur der Schutz der Unabhängigkeit wird in der Erklärung genannt. Trotz der formellen Vereinigung der Kolonien arbeiteten diese ohne wesentliche Unterbrechungen als politische Einheiten weiter. Die meisten Kolonien gaben sich eine neue Verfassung, diese orientierte sich allerdings am alten Regierungs- und Verwaltungswesen der Kolonialzeit.[16] Damit fehlte es den dreizehn neuen Staaten noch an einer Verfassung oder einem Vertrag. Aus diesem Grund behielt die Geschäftsordnung des Kontinentalkongresses weiterhin Gültigkeit.

2.3.1 Articles of Confederation

Wie bereits oben erwähnt waren die nun unabhängigen dreizehn Kolonien ein lockerer Staatenbund. Dieser hielt während des Krieges nur mühsam zusammen und war ständig vom Zerfall bedroht. Um diesen Zustand zu verbessern, wurden vom Kontinentalkongress die „Articles of Confederation“ am 5. November 1777 verabschiedet. Diese Artikel waren die erste Verfassung der Vereinigten Staaten. Der durch diese Artikel gegründete Staatenbund stellte allerdings keine vereinigte Nation dar. Da sich diese freien und unabhängigen Staaten ihrer Eigenheiten höchst bewusst waren, wurde die Form eines lockeren Staatenbundes gewählt.[17] Da die amerikanischen Kolonien mit der Unabhängigkeit von Großbritannien gegen ein fernes Parlament rebelliert hatten, wollten sie diese Zustände zu Hause verhindern.[18] Es wurden in der Verfassung des Staatenbundes fast keine zentralen Verwaltungsorgane vorgesehen. Die meisten Kompetenzen lagen immer noch in den Händen der einzelnen Staaten. So fehlte dem Bund beispielsweise die Kompetenz, Steuern zur Deckung seiner Ausgaben erheben zu können.[19]

Die einzelnen Staaten verfolgten weitestgehend eigene wirtschaftliche Interessen, aber zur Kapitalzuweisung an den Bund musste im Kongress Einstimmigkeit herrschen. Es ist somit nicht verwunderlich, dass sich die wirtschaftliche Lage der einzelnen Staaten zusehends verschlimmerte. Nach mehreren Unruhen in Folge von Zwangsversteigerungen von Grundstücken und bewaffneten Zwischenfällen wegen Streitigkeiten über das Fischereirecht am Fluss Potomac wurde während den Gesprächen, die anfangs nur zwischen Maryland und Virginia geführt wurden, deutlich, dass weitere Staaten ebenfalls betroffen waren. Somit mussten Gespräche zwischen allen Staaten geführt werden.

2.4 The United States Constitution

Auf die Bitte einzelner Staaten berief der Kongress einen Konvent aller Staaten im Mai 1787 in Philadelphia zusammen, um die Verfassung des Staatenbundes zu überprüfen.[20] Obwohl die Delegierten nicht den Auftrag der Erarbeitung einer neuen Verfassung erhalten hatten, erweiterten die Abgesandten, unter welchen sich auch George Washington, Benjamin Franklin und James Madison befanden, den Auftrag und entwickelten eine neue und praktikablere Verfassung.[21] Als Ergebnis dieser Versammlung wurde von den Delegierten eine neue Verfassung geschaffen, mit welcher die Kompetenzen des Bundes gestärkt und die der Staaten beschränkt wurden. In der neuen Verfassung wurde eine stärkere Zentralregierung vorgesehen. Diese hatte jetzt das Recht Steuern zu erheben, den Bund durch Diplomatie nach außen zu vertreten, eigene Streitkräfte aufzustellen und zu unterhalten als auch den Außenhandel und den zwischenstaatlichen Handel zu regulieren. Als oberste Judikative wurden ein oberster Bundesgerichtshof und andere Bundesgerichte vorgesehen. Die Exekutivgewalt wurde einem Präsidenten zugestanden. Die Legislative sollte nach einem Kompromiss aus dem Kongress mit zwei Kammern bestehen. Zum einen aus dem Senat, in dem jeder Staat durch zwei Senatoren vertreten werden sollte und zum anderen aus einem Repräsentantenhaus, in dem die Staaten gemäß ihrer Bevölkerungszahl durch Abgeordnete vertreten werden sollten.

Wegen der bereits oben dargestellten Angst gegenüber einer tyrannischen Zentralgewalt wurde in die neue Verfassung das Prinzip des Gleichgewichtes der Kräfte zwischen allen drei Zweigen der Regierung eingeführt. Damit wurde jedem Zweig die Möglichkeit eingeräumt, einen anderen Zweig bei seinen Aktivitäten zu kontrollieren und gegebenenfalls auszugleichen. Damit wurde die Machtansammlung eines Zweiges verhindert.[22]

Am 17. September 1787 wurde die Verfassung von 39 der 42 Anwesenden unterzeichnet und dem Kongress zur Ratifizierung überreicht. Von diesem wurde sie 1788 nach zahlreichen Diskussionen angenommen und trat am 4. März 1789 in Kraft. Wegen der schon zuvor dargestellten Befürchtung der amerikanischen Bevölkerung, ihre Freiheiten könnten durch eine starke Zentralregierung missachtet werden, wurde die Verfassung im Jahre 1798 durch die Hinzufügung der „Bill of Rights“ erweitert. Diese Zusatzartikel garantieren die Religionsfreiheit, eine freie Presse, Redefreiheit, das Recht Waffen zu tragen, Schutz gegen unrechtmäßige Hausdurchsuchungen, das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren mit Geschworenen und Schutz gegen "grausame und ungewöhnliche Bestrafung".[23]

Eine Gliederung der US -Verfassung wie auch eine Analyse der Präambel sind im Anhang auf Seite 42 aufgeführt.

3 Verschiedene Auffassungen von Menschenrechten

Während allen Epochen der Geschichte gab und gibt es eine unendliche Menge von Menschen, welche unter politischen Repressionen, physischen Misshandlungen und an den Auswirkungen unzureichender materieller Grundbedürfnisse zu leiden hatte. Aus diesen und anderen Gründen hat sich im Gedankengut der Menschheit der Wunsch nach allgemein anerkannten Menschenrechten entwickelt. Im Hinblick auf die oben aufgezeigten Missstände sollte ihnen von Anfang an ein gesicherter Platz unter den Normen des Völkerrechtes eingeräumt werden. Daneben sollten sie auch zu einer friedlicheren und gerechteren Weltordnung beitragen.[24]

Leider ist der völkerrechtliche Begriff der Menschenrechte nicht eindeutig formuliert. Er reicht von den Rechten auf physische Integrität überpolitische Freiheiten und die staatliche Verpflichtung, die Bürger wirtschaftlich und sozial abzusichern, bis zum Selbstbestimmungsrecht der Völker. Hierbei ist bei der weiteren Betrachtung zu berücksichtigen, dass in der westlichen Auffassung die Freiheitsrechte als einklagbare Rechte des Individuums gegen den Staat besonders betont werden.[25] Auf Grund des Fehlens eines universellen Menschenrechtsverständnisses wird nun im Folgenden auf die universell konzipierte Menschenrechtspolitik der Vereinigten Staaten eingegangen.[26]

3.1 Menschenrechte als Teil der amerikanischen Außenpolitik

3.1.1 Die innenpolitische Entwicklung

Wie bereits oben dargestellt, handelte es sich bei den ersten Siedlern der neuenglischen Kolonien in der Mehrzahl um Puritaner. Diese waren wegen ihrer religiösen Überzeugung ins Exil nach Amerika gefahren und hatten dort ein vom Glauben geprägtes Verwaltungssystem aufgebaut. Da sich diese Siedler nun in keinster Weise vom englischen König bevormunden lassen wollten, kam es unter der Einwirkung verschiedener Ursachen zur Revolution in den Kolonien und letztendlich zur Unabhängigkeit der 13 Kolonien.

Beim Studium der oben genannten Texte wird ersichtlich, dass in der amerikanischen Tradition die Freiheitsrechte von Anfang an einen hohen Stellenwert innehaben. Besonders deutlich wird dies in der Unabhängigkeitserklärung, welche unter der Federführung von Thomas Jefferson verfasst wurde, wie auch in den ersten zehn Amendments als Ergänzung der Bundesverfassung. Wie bereits oben dargestellt, herrschte in der Bevölkerung die Befürchtung, dass die Freiheiten der amerikanischen Bevölkerung durch eine Zentralregierung beschnitten werden könnten. Deshalb wurde die Verfassung im Jahre 1778 durch die „Bill of Rights“ erweitert. In diesen werden sehr speziell die persönlichen Freiheiten der Bürger gestärkt.

Im Gegensatz zum europäischen Gedankengut fehlt im amerikanischen Menschenrechtsgedanken das Sozialrecht. Dies ist vor allem durch die sehr starke Betonung der persönlichen Freiheit zu erklären. Daneben beeinflusste die protestantische Leistungsethik und der Glaube an die absolute Leistungsfähigkeit eines freien Wirtschaftssystems die Vorstellung, der „pursuits of happiness“ den Vorrang zu geben.[27] Erst die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nach dem Ersten Weltkrieg und die darauf folgende Weltwirtschaftskrise bewirkten, dass Präsident Roosevelt, das Elend der eigenen Bevölkerung vor Augen, die Notwendigkeit erkannte, umfangreiche soziale Aktivitäten in die Innenpolitik aufzunehmen.[28]

3.1.2 Die außenpolitische Entwicklung

Um das Verhältnis der amerikanischen Außen- und Innenpolitik zu den Menschenrechten näher zu erläutern, ist es notwendig, die Entwicklung der Vereinigten Staaten zu betrachten.

Die Expansion der Siedlungsgrenzen nach Westen erfolgte mit einer ungeheuren Geschwindigkeit einmal durch Besiedeln und Erschließen oder durch Kauf und Abtretung, aber auch durch Rechtsbruch und Infiltration wie auch durch Krieg und Völkermord. Diese Dynamik der Expansion stellte bereits ein Zeichen der zukünftigen Entwicklung Amerikas dar.[29]

Sehr interessant ist hierbei die Deutung dieser Landnahme durch die amerikanische Bevölkerung.

In der amerikanischen Bevölkerung wird versucht, dem Ganzen einen religiösen und einen geschichtsphilosophischen Sinn zu geben. Daneben wird ihr Handeln mit ihrer Idee einer besonderen Sendung gerechtfertigt. „Der Weg nach Westen, das ständige Vorschieben der frontier waren daher vor allem prophetisch und nicht nur ökonomisch motiviert“.[30] Daß diese Idee des spezifischen amerikanischen Sendungsbewusstseins bereits seit der Gründung der Nation als fester Bestandteil der politische Kultur der Vereinigten Staaten[31] vorhanden war, lässt sich am religiösen Missionsgedanken der Puritaner der 17. Jahrhunderts nachweisen.[32] Wie bereits oben dargestellt waren diese Siedler vor allem wegen ihrer religiösen Vorstellungen nach Amerika emigriert. Dort versuchten sie jetzt einen Staat nach ihrer Vorstellung aufzubauen. Daneben waren sie auch auf der Suche nach einer neuen Identität. Bei dieser Suche erfuhren letztendlich die alten Ideale eine komplette Änderung. Die vom Geiste der Aufklärung erfassten Gründungsväter der Union verwandelten die christlich-puritanische Sendungsidee der ersten Siedler und die Vorstellung der besonderen Stellung unter den Völkern in die Idee „einer weltlichen-politischen Mission“ der Vereinigten Staaten. Diese Vorstellung der besonderen Stellung unter den Völkern wird schon in dem oben besprochenen Mayflower- Vertrag ersichtlich. Die neuenglischen Emigranten verweisen dort auf die Auserwählung, „das Volk, das mit Gott einen besonderen Bund (covenant) geschlossen hat“. Diese Siedler waren davon überzeugt, dass sie das neue und letzte Israel der Welt gründen werden.[33]

Dies ist besonders nach der erfolgreichen Unabhängigkeit von England sichtbar. Die neuenglischen Siedler interpretierten diesen Vorgang mit einer für die damalige Zeit revolutionärer Annahme. Die junge Republik habe den universellen Anspruch aller Menschen und Völker auf Volkssouveränität, auf die Einhaltung der Grundrechte, den Anspruch auf Eigentum, die Einrichtung einer rechtlich begrenzten und aufgeteilten Staatsgewalt und auch das Recht auf das Streben nach Glückseligkeit (pursuit of happiness) stellvertretend für die gesamte Menschheit umgesetzt. Seitdem sich diese Vorstellung in der amerikanischen Gesellschaft verbreitet hat, bestimmen Herrschaft und das Versprechen der Freiheit (imperium et libertas) die Zweiseitigkeit der amerikanischen Außenpolitik.[34]

Bei diesem Vorgang der Orientierungssuche und Verschmelzung von christlich-puritanischem Glauben mit Gedankengut der Aufklärung und christlich-puritanischem Glauben mit dem spezifischen amerikanischen Sendungsbewusstsein wurde von den Gründungsvätern der Vereinigten Staaten von Amerika eine besondere zivile Religion in Amerika hervorgebracht. Diese ist eine Mischung von „christlichem Republikanismus und demokratischem Glauben“, damit ist Amerika eine Nation, welche die Seele einer Kirche besitzt.[35]

Mit der Zeit haben sich die Ziele der Sendungsidee verändert. Die ursprüngliche puritanische Vorstellung von der Vollendung der Reformation hat sich in die Vorstellung gewandelt, der Welt Freiheit und Demokratie zu bringen. Dabei wollte Amerika auf der einen Seite durch passives Handeln, durch sein Vorleben der Ideen der Welt ein Leuchtturm sein, aber auf der anderen Seite durch aktive Mission weniger demokratische Völker oder weniger zivilisierte Völker auf das Niveau von Amerika heben und damit eine neue Weltordnung zu schaffen und dadurch die Welt zu erlösen und für die Ankunft des Messias vorzubereiten.[36]

Es ist somit nicht verwunderlich, dass sich diese Sendungsidee zuerst über den nordamerikanischen Kontinent, dann über die westliche Hemisphäre ausgebreitet hatte, und schließlich globale Dimensionen angenommen hat. Allerdings benötigt eine solche Sendungsidee auch ein entsprechendes Feindbild zur Realisierung. Die Zivilreligion braucht eine konkrete Negation, das Reich des Bösen muss ausgemacht werden können, damit es notfalls durch einen Krieg bekämpft werden kann, um dort den Fortschritt zu ermöglichen und die Sendung zu erfüllen. Diese Mission kann dann zur höheren Ehre, zur Wahrung des Glaubens, für die Rassenreinheit oder den demokratischen Fortschritt erfolgen. Die notwendigen Feindbilder wurden durch die amerikanische Zivilreligion selbst entwickelt und haben sich im Laufe der Geschichte lediglich geändert.[37]

[...]


[1] Kai T. Erikson, Die widerspenstigen Puritaner, Zur Soziologie abweichenden Verhaltens, Klett-Cotta: Stuttgart 1978, S. 38.

[2] Kai T. Erikson, Die widerspenstigen Puritaner, S. 39.

[3] Kai T. Erikson, Die widerspenstigen Puritaner, S. 39.

[4] Kai T. Erikson, Die widerspenstigen Puritaner, S. 40.

[5] Francis H. Heller, USA, Politik und Verfassung, Böhlauer: Wien, 1987, S. 22.

[6] Kai T. Erikson, Die widerspenstigen Puritaner, S. 41.

[7] Kai T. Erikson, Die widerspenstigen Puritaner, S. 40.

[8] http://de.wikipedia.org/wiki/Pilgerv%C3%A4ter (abgerufen am 14.01.2005)

[9] Francis H. Heller, USA, Politik und Verfassung, S. 21.

[10] Francis H. Heller, USA, Politik und Verfassung, S. 23.

[11] Francis H. Heller, USA, Politik und Verfassung, S. 24.

[12] http://usa.usembassy.de/etexts/his/e_g_geschichte.htm (abgerufen am 14.01.2005)

[13] http://usa.usembassy.de/etexts/his/e_g_geschichte.htm

[14] http://usa.usembassy.de/etexts/his/e_g_geschichte.htm (abgerufen am 14.01.2005)

[15] http://usa.usembassy.de/etexts/his/e_g_geschichte.htm (abgerufen am 14.01.2005)

[16] Francis H. Heller, USA, Politik und Verfassung, S. 24.

[17] Francis H. Heller, USA, Politik und Verfassung, S. 25.

[18] http://usa.usembassy.de/etexts/his/e_g_geschichte.htm (abgerufen am 14.01.2005)

[19] Francis H. Heller, USA, Politik und Verfassung, S. 25.

[20] Francis H. Heller, USA, Politik und Verfassung, S. 26.

[21] http://usa.usembassy.de/etexts/his/e_g_geschichte.htm (abgerufen am 14.01.2005)

[22] http://usa.usembassy.de/etexts/his/e_g_geschichte.htm (abgerufen am 14.01.2005)

[23] http://usa.usembassy.de/etexts/his/e_g_geschichte.htm

[24] Christoph Müller, Die Menschenrechte als außenpolitisches Ziel, Das Beispiel der amerikanischen Politik der Jahre 1973-1980, Nomos Verlagsgesellschaft: Baden-Baden, 1986, S. 13.

[25] Christoph Müller, Die Menschenrechte als außenpolitisches Ziel, S. 25.

[26] Christoph Müller, Die Menschenrechte als außenpolitisches Ziel, S. 26.

[27] Christoph Müller, Die Menschenrechte als außenpolitisches Ziel, S. 27.

[28] Christoph Müller, Die Menschenrechte als außenpolitisches Ziel, S. 28.

[29] Detlef Junker, Power and Mission, Was Amerika antreibt, Herder: Freiburg, 2003, S.15.

[30] Detlef Junker, Power and Mission, S. 17.

[31] Detlef Junker, Power and Mission, S. 17.

[32] Christoph Müller, Die Menschenrechte als außenpolitisches Ziel, S. 28.

[33] Detlef Junker, Power and Mission, S. 18.

[34] Detlef Junker, Power and Mission, S. 18.

[35] Detlef Junker, Power and Mission, S. 18.

[36] Detlef Junker, Power and Mission, S. 18.

[37] Detlef Junker, Power and Mission, S. 19.

Ende der Leseprobe aus 58 Seiten

Details

Titel
Dokumente der amerikanischen Verfassungsgeschichte und ihre Bedeutung für die Politik der Vereinigten Staaten von Amerika
Hochschule
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Veranstaltung
Politische Theorien: Europäisches und Amerikanisches Denken
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
58
Katalognummer
V113307
ISBN (eBook)
9783640139729
ISBN (Buch)
9783640139781
Dateigröße
666 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Dokumente, Verfassungsgeschichte, Bedeutung, Politik, Vereinigten, Staaten, Amerika, Politische, Theorien, Europäisches, Amerikanisches, Denken
Arbeit zitieren
Steffen Sandoz (Autor:in), 2006, Dokumente der amerikanischen Verfassungsgeschichte und ihre Bedeutung für die Politik der Vereinigten Staaten von Amerika, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113307

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