Die Pompé des Ptolemaios II.


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

20 Seiten, Note: 1.7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

I.Einleitung: Die Pompé des Ptolemaios

II.Die Pompé als Teil der Ptolemaia?

III.Die Datierung der Ptolemaia

IV.Sinn und Zweck der Ptolemaia

V.Schlussbetrachtung

VI. Quellenverzeichnis

VII. Literaturverzeichnis

VIII. Versicherung der Selbstständigkeit nach ZPO I §7. 6 (2)

I. Einleitung: Die Pompé des Ptolemaios

Welches Königreich war nun, liebe Tischgenossen, so reich an Gold? […] Philadelphos übertraf viele Könige an Reichtum und hatte sich in jeder Hinsicht mit der Ausstattung gemäß seinem Ehrgeiz Mühe gegeben.1

Athen. V, 203 b-c

Kallixeinos von Rhodos, ein Historiograph des späteren 3. oder frühen 2. Jahrhunderts v. Chr., berichtet über die große Pompé des zweiten Ptolemaios in Alexandria. Nach seinen Beschreibungen, die leider nur in einem Exzerpt in Athenaios Werk das Gelehrtenmahl überliefert wurden2, bot Philadelphos3 „eine Show, die schier unfassbare Dimensionen hatte“4. Doch was beschreibt Kallixeinos so Erstaunliches, dass Athenaios - er lebte an der Schwelle vom 2. zum 3. nachchristlichen Jahrhundert - noch Jahrhunderte später Reichtum und Ehrgeiz des Philadelphos in höchsten Tönen hervorhebt?

Ellen Rice bringt die Ausführungen des Kallixeinos auf den Punkt, wenn sie zusammenfasst „the description of the Grand Procession appears as the culmination of a catalogue of wonders which surpass each other in luxury and ostentation”.5 Kallixeinos setzt bei seinen Ausführungen jedoch nicht unmittelbar bei der Prozession an: „Bevor ich beginne, werde ich das Zelt beschreiben, das im Burgbereich abseits der Unterkunft der Soldaten, Handwerker und Fremden errichtet worden war. Es war nämlich über alle Maßen schön […].“6

Kallixeinos erzählt detailliert von einem „Prachtzelt“7, welches Abseits der

Unterkünfte errichtet worden war.8 „Einhundertunddreißig im Kreis aufgestellte Liegen“9 standen dort für die Gäste bereit und der „gesamte Boden war mit Blüten aller Art bestreut.“10 Erst nach vielen bewundernden Zeilen über Ausstattung und Architektur des Zeltes widmet sich Kallixeinos schließlich der Prozession selbst.

Den Beschreibungen des Kallixeinos nach schien der Festzug tatsächlich

„jeden Rahmen zu sprengen“11. „Der Zug glich einer riesigen Prozession. Überdimensionale Götterfiguren paradierten auf gewaltigen Wagen, gezogen von Hunderten von Menschen.“12 Schauplatz des Spektakels war das Stadion inmitten der Stadt.13 Dort führte die gesamte Prozession hindurch, die in vier Abteilungen aufgeteilt war:

Zuerst schritt die Abteilung des Morgensterns. Denn der Zug nahm seinen Anfang zu der Zeit, da der erwähnte Stern aufgeht. Dann folgte die Abteilung, die nach den Eltern des Königspaares genannt ist, anschleißend die Abteilung aller Götter mit einer eigenen Darstellung der Geschichte für jeden einzelnen von ihnen. Den Abschluss bildete die Abteilung des Abendsterns […] Athen. V, 197d

Der Absatz lässt erahnen, welche bemerkenswerte Show der zweite Ptolemaios seinen Zeitgenossen darbot. Leider sind die Ausführungen des Kallixeinos von Athenaios stark verkürzt worden, so dass von den vier Abteilungen nur die Dionysos-Sektion detailliert wiedergegeben wird.14 Ferner lassen die exzerptartig wiedergegebenen Informationen über die Pompé und das Festzelt wichtige Fragen ungeklärt.

„The description of the Pompe of Philadelphos, narrated hundreds of years after the event by Athenaeus, has produced much speculation”, stellt Victoria Fortmeyer zutreffend fest.15 Im Zentrum der historischen Forschung stehen vor allem drei Fragen, die auch in der vorliegenden Arbeit aufgegriffen werden. War die Pompé Teil des Olympia-ähnlichen Ptolemaia-Festes?16 Wie ist die von Kallixeinos beschriebene Prozession zu datieren? Welche Intention hatte

Ptolemaios II, wenn er solch eine spektakuläre und kostenintensive Prozession veranstaltet?17

Die Seminararbeit wird diesen Fragen im Folgenden etappenweise nachgehen. Zunächst gilt es herauszufinden, ob es Sinn macht die von Kallixeinos beschriebene Pompé dem Fest der Ptolemaia zuzuordnen. Neben dessen Beschreibungen, als Quelle grundlegend für alle Fragestellungen in dieser Arbeit, kommt hier vor allem einer auf der Kykladeninsel Nikuria gefundene

Inschriftenstele eine bedeutende Rolle zu.18 Sie dokumentiert den Beschluss der

Nesioten, Gesandte zu den Festlichkeiten in Alexandria zu entsenden. Neben der Nesiotenbundstele wird außerdem eine Textpassage des griechischen Dichters Theokrit zu Rate gezogen.

Zur fundierten Diskussion über die Datierung der Pompé ist es ebenfalls unerlässlich, weitere Quellen hinzuzuziehen. Das von Leslie Shear jr. edierte Kalliasdekret19 ist in dieser Thematik unverzichtbar, da es maßgeblich zu einer zeitlichen Einordnung des Ptolemäenfestes beiträgt.20 Die abschließende Frage nach der Intention der Feierlichkeiten sowie dem Adressatenkreis wird sich wieder voll auf die Beschreibungen des Kallixeinos stützen.

II. Die Pompé als Teil der Ptolemaia?

Sie sollten Synhedroi nach Samos ent[se]nden, welche [beratschla]gen sollten bezüglich des Opfers, der The[ore]n und des Agons, den König Pt[ole]maios als dem olymp[ischen (Agon)] gleichrangig in Alexandria ausrichtet zu Ehren seines Vaters.

Ehrenbeschluss des Nesiotenbundes, Zl. 4 - 9

Die Quellenlage zur Ptolemaia ist leider ausgesprochen dürftig.21 So erwähnt die Nesiotenbundstele lediglich ein den olympischen Wettkämpfen gleichrangiges Fest in Alexandria, zu dem eine Delegation zu entsenden sei. Ferner ist der Stele zu entnehmen, dass Ptolemaios II. diese Feierlichkeit für seinen Vater veranstaltete und für „gymnische, hippische und musische“22 Wettkämpfe gesorgt hatte. Das Kalliasdekret charakterisiert die Feierlichkeiten ebenfalls als „Opfer und Agone zu Ehren seines Vaters“23, so dass man davon ausgehen kann, dass beide Quellen die gleiche Festivität beschreiben. Zusätzlich fällt im Kalliasdekret auch der konkrete Name der „Ptolemaia“24.

Die Ptolemaia war also, um die bekannten Charakteristika zusammenzufassen, „ein an Renommee den Olympischen Spielen gleichkommendes, d.h. isolympisches Fest“ zu dem Gesandtschaften aus diversen griechischen Städten geschickt wurden und umfasste „Opfer und […] Wettkämpfe aller Art“25. Neben diesen Informationen geizen die Quellen mit weiteren Details, ein möglicher Ablauf der Wettkämpfe oder Einzelheiten davon sind gänzlich unbekannt.

Abhilfe schaffen könnte hier der von Kallixeinos beschriebene Festzug, denn seine Exzerpte könnten die umfassendste Quelle zur Ptolemaia darstellen:

„The coincidence between the existence of this description of the Grand Procession and the independently attested Ptolemaia festival has led to many assumptions of a connection between the two.”26 Die Frage drängt sich auf: War die Pompé ein eigenständiges Fest oder gehörte sie zur Ptolemaia?

Im Falle einer Zusammengehörigkeit von Festzug und Ptolemaia ergäbe sich ein wesentlich schärferes, ausdifferenziertes Bild vom ptolemäischen Agon. Allerdings ist sich die historische Forschung in dieser Frage uneins. So betont zum Beispiel Ellen Rice, dass weder das Kalliasdekret noch die Nesiotenbundstele eine Prozession erwähnen. In der Tat gehen die Inschriften zwar auf die unterschiedlichen Arten der Wettkämpfe ein27, ein Festzug wie in den Aufzeichnungen des Kallixeinos wird aber nicht erwähnt.

Der Einwand von Ellen Rice ist also berechtigt, wird aber von ihr selbst wenige Zeilen später entkräftet: „The omission of the procession from the decrees may perhaps be explained by the fact that it was the one feature of the festival which would have been staged by Ptolemaic authorities alone.“28 Die Pompé könnte also die alleinige Angelegenheit des ausrichtenden Ptolemaios gewesen sein, ähnlich den Eröffnungszeremonien bei heutigen sportlichen Großveranstaltungen. Im Gegensatz zu den Opfergaben oder den Wettkämpfen, in welchen die Gäste traditionell eingebunden schienen, waren die griechischen Gesandtschaften nicht aktiv an der Prozession beteiligt. Daher fällt es auch nicht ins Gewicht, wenn diese weder im Ehrenbeschluss des Nesiotenbundes noch im Ehrenbeschluss für Kallias erwähnt wird.

Ellen Rice besteht dennoch darauf, Pompé und Ptolemaia als zwei verschiedene Feierlichkeiten zu betrachten. Zwar verweist sie auf „gewisse Parallelen“29 zwischen den beiden Ereignissen, aber diese resultieren aus traditionellen Standartelementen, die typisch für griechische Kulte seien.30 Trotz der Ähnlichkeiten müsse man daher Abstand nehmen, voreilige Schlüsse zu ziehen: „Attempts to identify the Grand Procession as part of the Ptolemaia must therefore be confined.“31

Um ihrer Feststellung Nachdruck zu verleihen argumentiert Rice vor allem, dass Kallixeinos dem Ptolemaios Soter nicht die herausragende Stellung in der Pompé einräumt, die ihm in den beiden Inschriften zuteil wird. Sowohl im Kalliasdekret als in der Nesiotenbundstele wird jeweils betont, dass die Ptolemaia von Ptolemaios II. vor allem aus einem Grund ins Leben gerufen worden war: Um seinen Vater zu ehren.

[...]


1 Athenaios, Das Gelehrtenmahl. Buch I – VI. Eingebettet und übersetzt von Claus Friedrich. Kommentiert von Thomas Nothers. Stuttgart, 1998, hier: Buch V, 203 b – c.

2 Kallixeinos Exzerpte sind wiedergegeben in Athen. V, 196 - 203

3 Richard Hazzard, Imagination of a Monarchy. Studies in Ptolemaic Propaganda. Toronto, 2000, S.62: Hazzard betont, dass Kallixeinos sich auf den Beinamen des zweiten Ptolemaios, Philadelphos, stützt. Dieser Zusatz wurde vom vierten Ptolemäerkönig, Ptolemaios IV Philopator, um die 165 v. Chr. eingeführt.

4 Werner Huß, Ägypten in hellenistischer Zeit. München, 2001, S. 321.

5 Ellen Rice, The Grand Procession of Ptolemy Philadelphus. Oxford, 1981, S. 1.

6 Athen. V, 195f.

7 Günther Hölbl, Geschichte des Ptolemäerreiches. Darmstadt, 1994, S. 37.

8 Ausführliche Beschreibungen zum Zelt zu finden in: Franz Studniczka, Das Symposion Ptolemaios II. In: Abhandlungen der philologischhistorischen Klasse der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften. Leipzig, 1914, S.30ff.

9 Athen. V, 196b.

10 Ebd. 196d.

11 Hans-Joachim Gehrke, Geschichte des Hellenismus. München, 2003´, 104.

12 Michael Pfrommer, Alexandria. Im Schatten der Pyramiden. Mainz, 1999, S. 95.

13 Athen. V, 197c.

14 Vgl. Richard Hazzard, Imagination at Monarchy, S.69.

15 Victoria Foertmeyer, The Dating of the Pompe of Ptolemy II Philadelphus. In: [Hrsg.] Paschoud, François et al: Historia, Band XXXVII. Stuttgart, 1988, S. 90 – 104, hier S. 90. Siehe auch: Richard Hazzard, Imagination of a Monarchy, S.60ff.

16 Vgl. Ebd., S.90f

17 Vgl. z.B. Ellen Rice, Grand Procession, S. 190f.

18 Ehrenbeschluss des Nesiotenbundes für Ptolemaios II. und Anerkennung der Ptolemaia in Alexandreia, in: Kai Brodersen, Wolfgang Günther und Hatto H Schmidt, Historische griechische Inschriften in Übersetzung. II: Spätklassik und früher Hellenismus. (Texte zur Forschung 68) Darmstadt 1996. XVIII, S. 109 – 111.

19 Athen: Ehrenbeschluss für Kallias aus Spettos, in: Kai Brodersen, Wolfgang Günther und Hatto H Schmidt, Historische griechische Inschriften in Übersetzung. II: Spätklassik und früher Hellenismus. (Texte zur Forschung 68) Darmstadt 1996. XVIII, S. 118 – 121.

20 Boris Dreyer: Der Beginn der Freiheitsphase Athens 287 v. Chr. und das Datum der Panthenäen und Ptolemaua im Kallisdekret. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 111.,1996, S. 206f. Siehe auch: Ellen Rice, Grand Procession, S. 181f.

21 Vgl. Ellen Rice, Grand Procession, S. 182f.

22 Ehrenbeschluss des Nesiotenbundes, Zl. 21-23.

23 Ehrenbeschluss für Kallias, Z. 56.

24 Ebd. Z. 55.

25 Günther Hölbl, Geschichte des Ptolemäerreiches, S.87.

26 Ellen Rice, Grand Procession, S. 182.

27 Ehrenbeschluss des Nesiotenbundes, Zl. 21 – 23.

28 Ellen Rice, Grand Procession, S. 183.

29 Ebd., S. 183f.: „[...] have a certain similarity […]“

30 Ebd., S. 184.

31 Ebd., S. 183.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Pompé des Ptolemaios II.
Hochschule
Universität zu Köln  (Universität zu Köln)
Veranstaltung
Ptolemaios und seine Zeit
Note
1.7
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V113259
ISBN (eBook)
9783640136735
ISBN (Buch)
9783640247653
Dateigröße
510 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pompé, Ptolemaios, Zeit
Arbeit zitieren
Christoph Haeberlein (Autor:in), 2008, Die Pompé des Ptolemaios II., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113259

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