Die Attentate auf Oskar Lafontaine und Wolfgang Schäuble


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

38 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Forschungsstand

2 Attentat und Attentäter – Definition und Charakterisierung der Begriffe

3 Das Attentat auf Oskar Lafontaine
3.1 Die Biographie und politische Karriere Lafontaines bis zu dem Zeitpunkt des Anschlags
3.2 Das Attentat
3.3 Die Attentäterin

4 Das Attentat auf Wolfgang Schäuble
4.1 Die Biographie und politische Karriere Schäubles bis zu dem Zeitpunkt des Anschlags
4.2 Das Attentat
4.3 Der Attentäter

5 Die Folgen der Attentate
5.1 Posttraumatisches Belastungssyndrom als Folge durchlebter Extremsituationen
5.2 Erschütterte Grundüberzeugungen
5.3 Politische Folgen

6 Hätten die Attentate verhindert werden können?

7 Fazit

8 Literaturverzeichnis
8.1 Quellen:
8.2 Sekundärliteratur:
8.3 Zeitschriftenaufsätze:
8.4 Zeitschriftenartikel:
8.5 Websites:

Einleitung

Du sollst nicht töten. So besagt es das 5. Gebot. Eine einfache Regel, doch schon immer hat der Mensch diese missachtet und ist seinen Mitmenschen mit Gewalt begegnet. „Homo homini lupus“ – der Mensch ist dem Menschen ein Wolf – mit diesem Satz bringt es Thomas Hobbes in seinem Werk „Leviathan“ ganz treffend auf den Punkt. Die Erörterung ob der Mensch von Natur aus gut oder böse ist, soll nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit sein, es ist jedoch festzustellen, dass es bestimmter Regulationsmechanismen und Ordnungsprinzipien bedarf, um ein störungsfreies menschliches Zusammenleben zu gewährleisten.

In vielen Fällen richten sich Gewalt und Aggression gegen eben jene politischen und gesellschaftlichen Systeme und deren Repräsentanten, Personen von öffentlichem Interesse. Solche in der Regel politisch oder ideologisch motivierten Anschläge, Attentate genannt, hat es zu allen Zeiten gegeben. Sie wurden seit Beginn der schriftlich fixierten Menschheitsgeschichte registriert und analysiert. Schon in der Antike wurden rege Diskussionen darüber geführt, ob der Tyrannenmord rechtmäßig sei. Das Attentat auf Julius Caesar in den Iden des März des Jahres 44 v. Chr. gilt geradezu als klassisches Beispiel für den politischen Mord in der Geschichte.[1]

Doch muss man nicht unbedingt so weit in die Vergangenheit schauen. Allein im noch jungen 21. Jahrhundert fanden bereits mehrere Attentate und Attentatsversuche auf bedeutende politische Amts- und Würdenträger statt. Der Anschlag auf Benazir Bhutto am 27. Dezember 2007 löste überall große Bestürzung aus und begrub die Hoffnung auf einen schnellen und friedlichen politischen Machtwechsel in Pakistan, und erst vor vier Wochen, am 11. Februar 2008, wurde José Ramos-Horta, Staatspräsident von Osttimor, von Rebellen bei einem Attentat durch mehrere Schüsse schwer verletzt.[2],[3]

Auch die deutsche Geschichte ist nicht frei von politischen Anschlägen. Zu nennen wären an dieser Stelle die Morde an Matthias Erzberger, einem Politiker der Zentrumspartei, im Jahre 1921 und an dem damaligen Reichsaußenminister Walther Rathenau im Folgejahr. Auch auf Bundeskanzler Konrad Adenauer wurde 1952 ein Bombenattentat verübt, welches fehlschlug und stattdessen einen unbeteiligten Polizisten tötete.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Attentaten auf die deutschen Politiker Oskar Lafontaine und Wolfgang Schäuble im Jahre 1990. Sie wird den Verlauf und die Hintergründe untersuchen, sowie die persönlichen und politischen Folgen der Anschläge beleuchten. Dabei soll auch die Frage beantwortet werden, ob sich diese bei konsequentem Einschreiten der Behörden hätten verhindern lassen.

Es wird ersichtlich werden, dass nicht hinter jedem Attentat eine groß angelegte politische Verschwörung stecken muss. Manchmal sind es lediglich geistig verwirrte Einzeltäter, die versuchen, durch ihre Handlung auf sich und ihr Schicksal aufmerksam zu machen.

Auch wenn Lafontaine und Schäuble die Anschläge schwer verletzt überlebt haben und letztlich keine fundamentalen politischen Veränderungen herbeigeführt worden sind, so darf man eines nicht vergessen: Attentate sind immer auch persönliche Dramen, die einen radikalen Bruch in der Biografie des Opfers darstellen und dessen Leben radikal verändern – Wolfgang Schäuble ist seit den Schüssen auf ihn querschnittsgelähmt und an den Rollstuhl gefesselt.

1 Forschungsstand

Die Literatur über Attentate ist vielfältig, doch aus wissenschaftlicher Sicht häufig von geringer Qualität.[4] Viele Autoren begnügen sich damit, lediglich die Ursachen, den Verlauf und die Folgen der Attentate darzustellen. Die Motivation der Attentäter, geprägt durch den historischen und gesellschaftlichen Kontext, wird oft vernachlässigt. Der US-Historiker Franklin L. Ford bot lange Zeit die beste Darstellung der Thematik.[5] Allerdings mussten aufgrund des Umfanges der Beispiele notgedrungen Abstriche in der Analyse gemacht werden. Harris M. Lentz hat die wahrscheinlich umfassendste Liste von politischen Gewalttaten zwischen 1865 und 1986 vorgelegt.[6] Allerdings musste Lentz aufgrund der enormen Anzahl der Ereignisse auf eine tiefer gehende Analyse verzichten. Aus geschichtswissenschaftlicher Sicht ist der Sammelband Alexander Demandts „Das Attentat in der Geschichte“ aus dem Jahre 1996 die wohl beste Darstellung.[7] Besonders lesenswert ist seine Charakterisierung des Attentatsbegriffs. Einen aktuellen Stand der Forschungsergebnisse bietet das Werk Sven Felix Kellerhoffs. Hierbei legt er bewusst den Darstellungsschwerpunkt nicht auf das Opfer, sondern den Attentäter. Erwähnenswert ist der Band von Michael Gehler und René Ortner.[8] In ihm wird nicht nur das jeweilige Attentat als solches beschrieben, sondern auch dessen historische Rezeption.

Was die Anschläge auf Oskar Lafontaine und Wolfgang Schäuble betrifft, so werden sie aufgrund ihrer „geringen“ historischen Bedeutung kaum in der Literatur über Attentate erwähnt. Daher bieten Biographien die beste Möglichkeit, an relevante Informationen zu gelangen. Hierbei sind insbesondere die Biographien von Werner Filmer und Heribert Schwan zu nennen.[9] Sind sie vom Stil her ein wenig „romanhaft“ und teilweise etwas reißerisch geschrieben, enthalten diese Werke doch die umfangreichsten Informationen zu den beiden Attentaten. Weiteres Material lässt sich in zeitgenössischen Zeitschriftenartikeln etwa denen des SPIEGELS finden. Einen großen Fundus an Informationen bietet darüber hinaus selbstverständlich das Internet.

2 Attentat und Attentäter – Definition und Charakterisierung der Begriffe

Entgegen der landläufigen Meinung hat der Begriff „Attentat“ primär nichts mit dem deutschen Wort „Tat“ zu tun. Er ist seit dem 16. Jahrhundert im Deutschen bezeugt, sein Ursprung liegt aber im Lateinischen. „Attentare“ bedeutet auf Deutsch „versuchen“. Unter dem Einfluss des Französischen wandelte sich die Wortbedeutung in den Sinn „versuchtes Verbrechen“.[10],[11]

Aus dem Arabischen stammt eine weitere Bezeichnung für „Attentäter“ bzw. „Mörder“ in der englischen und französischen Sprache. Der Begriff „Assassin“ leitet sich von dem Wort hashshashin, „Haschischfresser“ ab – ursprünglich die Bezeichnung einer berüchtigten Sekte schiitischer Moslems im 11. Jahrhundert. In ihr versammelten sich die Anhänger Hasan ibn al-Sabahs, welche über mehrere Jahrhunderte hinweg große Macht im Nahen Osten erlangten, indem sie heimtückische und brutale Anschläge auf die lokalen Herrscher verübten. Kreuzfahrer nahmen das Wort und die Legende aus Syrien mit nach Europa, und schon bald wurde die Bezeichnung für jemanden gebraucht, der einen unerwarteten, aber im Voraus geplanten Anschlag verübt.[12]

Nach Alexander Demandt ist das „Attentat“ der „von Einzelnen oder Verschwörergruppen mit geringen Mitteln unternommene, durch Geheimhaltung, List und Überraschung aussichtsreiche und dennoch unkalkulierbare Anschlag auf eine führende Persönlichkeit oder eine Versammlung, auf ein repräsentatives Bauwerk oder Fahrzeug, meist mit Tötungsabsicht, selten ohne Todesfolge. Das Motiv ist gewöhnlich im weitesten Sinne politisch, bisweilen Ruhmsucht oder einfach Rache“.[13]

Mit dieser Definition ist das Wesen des Attentats sehr gut auf den Punkt gebracht. Für eine Klassifizierung des Attentats ist es angebracht, das Augenmerk auf die Täter, die Opfer und die angestrebten Ziele zu richten.

Alexander Demandt beschreibt den idealtypischen Attentäter als jungen Mann, der eine „traurige Jugend hatte, dem im bürgerlichen Leben der Erfolg versagt blieb, im Beruf wie in der Liebe, der als Einzelgänger und Eigenbrödler lebte, sich in eine Traumwelt hineinphantasierte und nun Rache am Schicksal nehmen will.“[14]

Dabei ist eine allgemeingültige Darstellung schwierig. Es gibt sicher eine große Anzahl von Personen, die sich dem von Demandt beschriebenen Profil zuordnen lassen, doch gibt es „den“ typischen Attentäter schlicht nicht. Es existiert kein „Attentäter-Gen“, welches eindeutige Merkmale ausbildet und einen unbedingten Hang zur Gewalttätigkeit auslöst. Beispielsweise hatten viele Mitglieder der Roten Armee Fraktion weder eine traurige Jugend noch waren sie seltsame Eigenbrödler. Im Gegenteil, sie waren teilweise hoch intelligent und kamen aus gutbürgerlichem Hause.

Einige Tendenzen lassen sich aber sehr wohl festmachen, so unter anderem die Tatsache, dass sich unter den Attentätern der Weltgeschichte vorwiegend Männer finden lassen. Frauen wie Charlotte Corday, die 1793 Jean-Paul Marat in seiner Badewanne erstach, sind die Ausnahme. Des Weiteren sind Attentäter eher jung. In seinem Buch „Attentäter – Mit einer Kugel die Welt verändern“ schreibt Sven Felix Kellerhoff, dass nicht einmal ein Viertel der von ihm recherchierten Attentäter älter als 35 Jahre war. Fast die Hälfte von ihnen konnte der Altersgruppe der 17-25jährigen zugeordnet werden. Außerdem träfe es zu, dass die Mehrheit der untersuchten Attentäter eine mangelnde Integration in ihrer persönlichen Umgebung aufwies.[15]

Versuche, die Attentäter in spezifischen Kategorien zu ordnen, gab es bisher viele. Eine Einteilung nach der verwendeten Tatwaffe, wie sie Hans Langemann in seinem Werk „Das Attentat: Eine kriminalwissenschaftliche Studie zum politischen Kapitalverbrechen“ vorschlägt, scheint eher ungeeignet für eine vergleichende und systematische Untersuchung zu sein.[16] Auch die Unterscheidung in „Königsmorde“, „nihilistische Morde“ und „Morde in der Parteipolitik“ von Alphonse Nobel in seinem Buch „Mord in der Politik“ sind eher willkürlicher Natur.[17] Eine gelungene Kategorisierung nimmt Kellerhoff vor. Er unterscheidet sechs grundsätzliche Typen von Attentätern, basierend auf deren Motivation: Die „geistig verwirrten Einzeltäter“, welche losgelöst von der Realität und ohne direkte Verbindung zu ihrem Opfer, meist getrieben von Wahnvorstellungen töten. Weiterhin die „idealistischen Einzeltäter“, welche rationale Gründe für ihre Tat haben, und sich in den Dienst einer höheren Sache stellen. Darüber hinaus gibt es die „religiösen Eiferer“. Diese Fanatiker gibt es in allen Religionen. Sie töten aus Überzeugung in dem Glauben, von Gott beauftragt zu sein, meist in der Hoffnung auf ein Weiterleben und eine Belohnung im Jenseits. Ein vierter Typ sind nach Kellerhoff die „gedungenen Mörder“, die ohne Beziehung zu ihrem Opfer lediglich für Geld oder ähnliche materielle Vorteile töten. Die „Vollstrecker von Verschwörungen“ werden als Kategorie gesondert aufgeführt, da neben dem eigentlichen Tötungsakt in der Regel weitere Maßnahmen ergriffen werden, um wesentliche politische Veränderungen oder Ziele zu erreichen. Einen letzten Typus bilden die „politischen Terroristen“. Für sie ist der Mord Selbstzweck, um Angst und Schrecken zu verbreiten, Gegner einzuschüchtern und Verunsicherung und Destabilisierung zu erzeugen. Ein konkretes Ziel ihrer Aktionen wird meist nicht oder nur sehr wage formuliert.[18]

Uneinigkeit herrscht unter den Autoren bei der Frage, ob Attentäter überwiegend allein oder als Teil einer Verschwörung handeln. Kellerhoff meint, die meisten Attentate seien von Einzeltätern begangen worden.[19] Er folgt dabei der Argumentation Franklin L. Fords in dessen Standardwerk „Der politische Mord: von der Antike bis zur Gegenwart“. Darin behauptet Ford, Einzeltäter seien potentiell erfolgreicher, da Gruppenaktionen generell unter mangelnder Geheimhaltung, Absprache und Entschlossenheit leiden. Allerdings könne man nicht wissen, wie viele Aktionen von Verschwörern unentdeckt geblieben sind, weil ein oder mehrere Teilnehmer kurz vor der Tat Skrupel bekommen hätten.[20]

Demandt schreibt hingegen, Attentate, die von Einzeltätern begangen worden sind, seien nicht der Normalfall.[21] Dieser Meinung schließt sich Jörg von Uthmann an. In seinem Buch „Attentat – Mord mit gutem Gewissen“ behauptet auch er, dass die Mehrzahl der Attentate das Werk von Verschwörern gewesen war. Gleichwohl gibt Uthmann zu bedenken, dass oftmals Verschwörungen konstruiert werden, wo sich gar keine Beweise dafür finden lassen.[22] Auch diese Position ist nachvollziehbar. So ist ein Erfolg versprechendes Attentat gerade bei gut geschützten Personen oft mit einem großen finanziellen und logistischen Aufwand verbunden, welcher von einer Person alleine kaum zu bewerkstelligen ist.

Der besondere Wesenszug aller Attentate ist, dass die Opfer einen hohen Rang einnahmen. Sie alle waren führende Persönlichkeiten und Schlüsselfiguren in einem verhassten System oder zumindest ein Repräsentant dieses Systems. Fehlt dem Opfer diese Prominenz, kann der Anschlag laut Demandt nicht als Attentat gewertet werden.[23]

Eine zentrale und vieldiskutierte Frage in der Literatur ist die nach dem Sinn von Attentaten. Sind Attentäter mit ihren Aktionen überhaupt in der Lage, den Lauf der Geschichte zu ändern? Hierin sind sich die Forscher einig. Nein, Attentate mögen spektakulär sein, signifikante Veränderungen in politischen oder gesellschaftlichen Systemen ermöglichen sie nicht. Oftmals werden lediglich die Figuren auf dem Schachbrett der Geschichte ausgetauscht. Jeder ist ersetzbar. „Durch Nacht- und Nebelaktionen läßt sich der Lauf der Geschichte nicht bestimmen. Der Tyrannenmord beseitigt den Tyrannen, aber nicht die Tyrannis; der Terrorakt stürzt kein System.“, so heißt es bei Demandt.[24] Hans Magnus Enzensberger drückt es besonders treffend aus: „Der individuelle Terror basiert auf der Überzeugung, Geschichte werde von Kaisern, Königen und Präsidenten gemacht; eine Überzeugung, die nur von Kaisern, Königen und Präsidenten geteilt wird. Kein Bombenwerfer kann die großen und anonymen gesellschaftlichen Kräfte verändern.“[25] Kaum ein Attentat in der Geschichte hat ein Ergebnis geliefert, das sich mit den Zielen der Attentäter deckt. Die große Diskrepanz zwischen dem Grad an Aufsehen, den Attentate erregen, und ihrer objektiven Wirkungslosigkeit ist erstaunlich. Doch beschäftigen sich Historiker mit diesem Thema aus einem guten Grund. In Attentaten manifestieren sich gewaltsam Subströmungen und Problematiken innerhalb einer Gesellschaft.[26] Die Mörder Caesars versuchten mit ihrer Tat, die Macht des Senats wiederherzustellen. Den Untergang der Republik konnten sie nicht verhindern. Der Mord an Mahatma Gandhi geschah im Zuge der tiefen Spaltung innerhalb der Bevölkerung, nachdem Indien und Pakistan in die Unabhängigkeit entlassen und der Subkontinent aufgeteilt worden war.

Gleichzeitig haben Attentate schon immer auch eine besondere Anziehungskraft ausgeübt. Sie bieten ein hohes Identifikations- und Sympathiepotential – entweder für den Täter, der den grausamen Tyrannen beseitigt, oder für das unschuldige Opfer. Viele Attentate wurden daher das Sujet von literarischen Werken, Musik- und Theaterstücken oder Filmen. Zu nennen wären an dieser Stelle unter anderem die Dramen „Macbeth“ und „Julius Cäsar“ von Shakespeare oder die Oper „Wilhelm Tell“ von Rossini. Das Attentat vom 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler ist Gegenstand mehrerer Filme und unzähliger Dokumentationen. Der neueste Film „Walküre“ über jene schicksalhaften Tage wird in Kürze in den deutschen Kinos anlaufen.

3 Das Attentat auf Oskar Lafontaine

Am 25. April 1990 verübte die schwer an Schizophrenie erkrankte Adelheid Streidel auf einer Wahlkampfveranstaltung in Köln ein Messerattentat auf den damaligen saarländischen Ministerpräsidenten und SPD-Kanzlerkandidaten Oskar Lafontaine. Er überlebte den Anschlag schwer verletzt, doch sollte dieser nicht ohne Folgen bleiben - weder für Lafontaine selbst, noch für den weiteren Verlauf seines Wahlkampfes.

3.1 Die Biographie und politische Karriere Lafontaines bis zu dem Zeitpunkt des Anschlags

Oskar Lafontaine wurde am 16. September 1943 als Zwillingskind des Bäckers Hans Lafontaine und seiner Frau Katharina in Saarlouis-Roden geboren. Der Vater fiel im Alter von 29 Jahren kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges.[27]

In dem Eifelort Prüm, 80 Kilometer nördlich von Trier, besuchte Lafontaine zusammen mit seinem Bruder eine katholische Klosterschule. 1962 legte er dort am staatlichen Regino-Gymnasium das Abitur ab. Zwischen 1962 und 1969 absolvierte er das Studium der Physik an den Universitäten Bonn und Saarbrücken. Dieses schloss er 1969 mit dem Erhalt des Diploms ab.[28]

Im Jahr 1966 trat Lafontaine in die SPD ein. Die Jungsozialisten des Bezirks Saarbrücken, denen er sich schon zu Beginn seines Studiums angeschlossen hatte, wählten ihn im gleichen Jahr zu ihrem Vorsitzenden. Schnell zeigte sich die machtpolitische Zielstrebigkeit Lafontaines; nur zwei Jahre später wurde er Mitglied im Vorstand der SPD im Saarland.[29]

Nach Abschluss seines Studiums wurde Lafontaine von der Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft Saarbrücken eingestellt, für die er bis 1974 tätig war. Doch schon früh richtete er den Focus auf den Ausbau seiner politischen Karriere. Noch im gleichen Jahr wurde Lafontaine Mitglied des Stadtrates und machte gleich auf sich aufmerksam, indem er dem CDU/FDP-Kabinett Unregelmäßigkeiten und Korruption vorwarf.[30]

1970 wurde Oskar Lafontaine Mitglied der SPD-Landtagsfraktion, welche ihn sofort zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden wählte. Nachdem er in mehreren Ausschüssen gearbeitet hatte, wurde er 1971 zum Vorsitzenden des SPD-Unterbezirks Saarbrücken-Stadt gewählt. Im gleichen Jahr trat Lafontaine seine Arbeit als Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Straßenbahnen in der Saartal AG an.[31]

Politisch machte Lafontaine schnell Karriere. Im Oktober 1974 übernahm er das Amt des Bürgermeisters in Saarbrücken. Nur zwei Jahre später wurde er für 10 Jahre in das Amt des Oberbürgermeisters gewählt. Im folgenden Jahr wurde er Landesvorsitzender der SPD im Saarland und versuchte mit einem Sieben-Punkte-Plan der Saar-Wirtschaftskrise zu begegnen.[32] Damit schien er die Wähler für sich einnehmen zu können. Bei der Bundestagswahl 1980 erreichte die Saar-SPD mit 48,3 Prozent der Wählerstimmen das beste SPD-Ergebnis aller Flächenstaaten.[33]

[...]


[1] Ortner, René: Attentate, Terror und Terrorismus: Begriffe und Theorie. In: Gehler, Michael; Ortner, René: Von Sarajewo zum 11. September – Einzelattentate und Massenterrorismus. Innsbruck 2007. S. 9.

[2] Kazim, Hasnain: Spiegel online. http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,525551,00.html, Stand, 21.03.2008.

[3] Spiegel online: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,534354,00.html, Stand: 21.03.2008.

[4] Ein guter Überblick über die Literatur findet sich bei Kellerhoff, Sven Felix: Attentäter – Mit einer Kugel die Welt verändern. Köln 2003.

[5] Ford, Franklin L.: Der politische Mord: von der Antike bis zur Gegenwart. Hamburg 1990.

[6] Lentz, Harris M.: Assassinations and Executions – An encyclopedia of political violence, 1865-1986. London 1988.

[7] Demandt, Alexander: Das Attentat in der Geschichte. Köln 1996.

[8] Gehler, Michael; Ortner, René: Von Sarajewo zum 11. September – Einzelattentate und Massenterrorismus. Innsbruck 2007.

[9] Filmer, Werner; Schwan, Heribert: Oskar Lafontaine. Düsseldorf 1990. auch: Filmer, Werner; Schwan, Heribert: Wolfgang Schäuble – Politik als Lebensaufgabe. München 1992.

[10] Ortner, René: Attentate, Terror und Terrorismus. (wie Anm. 2). S. 21.

[11] Demandt, Alexander: Das Attentat als Ereignis. In: Demandt, Alexander: Das Attentat in der Geschichte. Köln 1996. S. 449.

[12] Lentz, Harris M.: Assassinations and Executions – An encyclopedia of political violence, 1865-1986. London 1988. S. 13. Vgl. Meysels, Lucian O.: Morde machen Geschichte – Politische Gewaltakte im 20. Jahrhundert. Wien 1985. S. 7.

[13] Demandt, Alexander: Das Attentat als Ereignis. (wie Anm. 4). S. 449.

[14] Ebenda, S. 450.

[15] Kellerhoff, Sven Felix: Attentäter – Mit einer Kugel die Welt verändern. Köln 2003. S. 20.

[16] Zitiert nach: Kellerhoff, Sven Felix: Attentäter (wie Anm. 8). S. 24f.

[17] Zitiert nach: Ebenda. S. 25.

[18] Kellerhoff, Sven Felix: Attentäter. S. 21ff.

[19] Ebenda, S. 21.

[20] Ford, Franklin L.: Der politische Mord: von der Antike bis zur Gegenwart. Hamburg 1990. S. 450.

[21] Demandt, Alexander: Das Attentat als Ereignis. S. 450.

[22] Uthmann, Jörg v.: Attentat – Mord mit gutem Gewissen. Berlin 1996. S. 8.

[23] Demandt, Alexander: Das Attentat als Ereignis. S. 452.

[24] Demandt, Alexander: Das Attentat als Ereignis. S. 456.

[25] Zitiert nach: Plat, Wolfgang: Attentate: Eine Sozialgeschichte des politischen Mordes. Düsseldorf 1982. S. 338.

[26] Demandt, Alexander: Das Attentat als Ereignis. S. 460.

[27] Roll, Evelyn: Oskar Lafontaine – Ein Portrait. München 1990. S. 109.

[28] Ebenda, S. 109.

[29] Theato, Gerhard: Die Weihen der Macht – Die politische Karriere des Oskar Lafontaine. In: Roll, Evelyn: Oskar Lafontaine – Ein Portrait. München 1990. S. 57.

[30] Ebenda, S. 57.

[31] Ebenda, S. 58.

[32] Ebenda S. 61.

[33] Der Bundeswahlleiter. Statistisches Bundesamt. Ergebnisse der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag am 5. Oktober 1980. http://www.bundeswahlleiter.de/ergebalt/d/t/bt-int80.htm, Stand, 24.03.2008.

Ende der Leseprobe aus 38 Seiten

Details

Titel
Die Attentate auf Oskar Lafontaine und Wolfgang Schäuble
Hochschule
Universität Rostock  (Historisches Institut)
Veranstaltung
Attentate des 20. Jahrhundert in Europa III
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
38
Katalognummer
V113205
ISBN (eBook)
9783640136100
ISBN (Buch)
9783640136346
Dateigröße
567 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Attentate, Oskar, Lafontaine, Wolfgang, Schäuble, Attentate, Jahrhundert, Europa
Arbeit zitieren
Martin Schröder (Autor:in), 2008, Die Attentate auf Oskar Lafontaine und Wolfgang Schäuble, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113205

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