Zur Beziehung zwischen dem Arendtschen Arbeitsbegriff und ihrem Verständnis von Öffentlichkeit


Seminar Paper, 2007

19 Pages, Grade: 2,7


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2.Die Öffentlichkeit nach Hannah Arendt

3.Die Arbeit nach Hannah Arendt

4. Arbeitslosigkeit und soziale Isolation heute
4.1.Lebensstile und Milieus

5.Arbeit heute

6 Zusammenfassung

7 Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Ich möchte versuchen in dieser Hausarbeit darzustellen, welche Auswirkungen die immer weiter voranschreitende Modernisierung der Gesellschaft auf die „Öffentlichkeit“ und die „Arbeit“ nach Hannah Arendts Definition hat.

Auch vor Deutschland machte die Industrielle Revolution und die Modernisierung der Produktionsverhältnisse nicht halt. Die Erstellung von Produkten und Dienstleistungen, und damit die Arbeit der Menschen, ist einer steten Veränderung und Weiterentwicklung unterworfen. In deren Folge ging in wachsendem Maße ein Ersatz der menschlichen Arbeitskraft durch Maschinen vonstatten. In der Folge dessen gerieten und geraten auch heute noch mehr und mehr Arbeitsplätze in Gefahr abgebaut zu werden. Der massive Stellenabbau und die damit einher gehende steigende Arbeitslosigkeit, die in vielen Fällen auch eine soziale Isolation der Betroffenen nach sich zog, legt die Frage nahe, ob und wie Arendts Definition von Arbeit und von Öffentlichkeit auch heute noch zutreffen.

In dieser Arbeit werde ich anhand der Definition von Öffentlichkeit nach Hannah Arendt versuchen darzustellen, welche Beziehung zwischen dem Arendtschen Begriff von Arbeit und ihrem Verständnis von Öffentlichkeit sichtbar wird. Hierzu ist noch anzumerken, dass ich mich hauptsächlich auf das Buch „Vita activa oder Vom tätigen Leben“ von Hannah Arendt, das 1958 zunächst in der USA erschien, beziehen werde. Dieser Umstand, dass seitdem fünfzig Jahre vergangen sind und die Modernisierung stets weiter vorangeschritten ist, erklärt auch, dass eventuell ihre damaligen Definitionen – zumindest partiell – nicht mehr zutreffen.

In dem benannten Buch wird des weiteren ausführlich auf die Begrifflichkeiten „das Arbeiten“, „das Herstellen“ und „das Handeln“ eingegangen. Ich werde mich jedoch fast ausschließlich auf die Begrifflichkeiten der Arbeit und der Öffentlichkeit konzentrieren und die anderen nur randläufig streifen.

2.Die Öffentlichkeit nach Hannah Arendt

In diesem Abschnitt der Arbeit möchte ich die von Hannah Arendt erstellte Definition der Öffentlichkeit betrachten, skizzieren und versuchen darzulegen, für welche Inhalte „Öffentlichkeit“ bei Hannah Arendt steht.

Die Öffentlichkeit kann auch als „das Gemeinsame“ bezeichnet werden, eine „Mitwelt“, die klar von der Dingwelt[1] getrennt ist. Zu dieser gehören nach Arendt zwei miteinander verzahnte Phänomene die jedoch nicht identisch sind.

Erstens: Als Individuum von der Allgemeinheit gesehen, gehört und schlicht wahrgenommen zu werden, bedeutet für einen Menschen die Herstellung größtmöglicher Öffentlichkeit, derer ein Individuum teilhaftig werden kann. Dies bedeutet, dass das Wahrnehmen, das Sehen, das Hören und das Fühlen, dass wir mit anderen Menschen teilen, uns in der menschlichen Welt hilft, die Wirklichkeit zu erkennen und uns selbst als Teil dieser Welt zu sehen. Das, was andere sowie wir selbst als „gleich“ wahrnehmen, wird Teil dessen, was unsere „Wahrheit“ ausmacht.[2] Solange ein Gedicht noch das „Hirngespinst“ des Dichters und somit für andere nicht erreichbar ist, da es nur ein im Kopf des Dichters existentes Bild ist, ist es nur in der Sphäre des Privaten angesiedelt und erreicht keinerlei Öffentlichkeit. Wenn der Dichter sein „Gespinst“ jedoch auf das Papier bringt und es somit für andere (be-) greifbar macht, bekommt es einen Zugang zum Öffentlichen. „Sobald wir anfangen, von Dingen auch nur zu sprechen, deren Erfahrungsort im Privaten und Intimen liegt, stellen wir sie heraus in einen Bereich, in dem sie eine Wirklichkeit erhalten, die sie ungeachtet der Intensität, mit der sie uns betroffen haben mögen, vorher nie erreicht haben.“[3] Die Mitwelt ist nicht dinghaft, sie drückt sich vielmehr durch das gemeinsame Handeln oder das miteinander Sprechen der Menschen aus. Die Öffentlichkeit und die Gegenwart anderer Menschen, die das, was wir hören, sehen oder fühlen, auch hören, sehen oder fühlen können, versichert uns somit der Realität – der Echtheit unserer Welt. Das Realitätsgefühl der Menschen hängt also davon ab, dass es einen öffentlichen Raum gibt, der das, was sonst nur im Verborgenen existiert, herausstellt und damit in die Öffentlichkeit transportiert.[4] Weiterhin zeigen die zwischenmenschlichen Handlungen, die Interaktionen zwischen Individuen, sowohl die Einzigartigkeit als auch die Pluralität der Menschen.

Zweitens: Das Öffentliche ist auch die Welt an sich, da sie allen Menschen und doch auch jedem einzelnen Menschen zueigen ist, dennoch nicht unser alleiniges Privateigentum. Hiermit ist jedoch nicht „der Naturzustand“ der Erde gemeint, der das Wasser, die Luft, den Wald oder die Felder beschreibt und der für unser Leben überlebenswichtig ist. Vielmehr ist die Komplexität dessen gemeint, was wir als unser Gemeinsames betrachten. Die Erde mit all ihren gegenständlichen Dingen ist sowohl ein Gebilde von Menschenhand als auch ein Ausdruck der zwischenmenschlichen Beziehungen, die sich in der hergestellten Welt spiegeln. Die Erde ist ein Ort, an dem die Menschen versammelt sind, dennoch aber dabei nicht in Gefahr geraten, ineinander zu verschmelzen. „(…) die uns gemeinsame Welt versammelt Menschen und verhindert gleichzeitig, dass sie gleichsam über- und ineinanderfallen.“[5] Die Welt ist etwas, dass die Menschen miteinander verbindet, aber doch auch die nötige Distanz für das Öffentliche bietet und sie bleibt dabei doch das alles Verbindende, da sie für alle die selbe ist – nur mit unterschiedlichen Zugängen zu dieser. So ist sie das, „(…) was zwischen uns liegt und unterschiedlichste Standpunkte und Alternativen überhaupt erst ermöglicht. (…) ein Begriff von Welt-als-Öffentlichkeit zu setzen, der Begriff einer Welt, die uns nicht um- und einschließt, sondern zwischen jenen entsteht, die handelnd neu beginnen. Was auch immer die altermundialistische Bewegung, wie sie vielleicht besser genannt werden sollte, erreicht hat, sie hat für eine bestimmte Zeit die Welt selbst, den Zustand der Welt als Welt und damit als Öffentlichkeit, zur res publica gemacht(:) (und) zum Thema politischer Verhandlungen.“[6]

Die Welt ist nach Arendt etwas, das über das Sterbliche hinausgehen muss, denn nur so kann sie die nötige Öffentlichkeit über das Individuum hinaus gewährleisten. So ist die Welt etwas, dass wir mit denen, die vor und mit denen, die nach uns leben, teilen. Die Welt gibt den Menschen das wichtige Gefühl, sich über ihre Sterblichkeit hinaus auf der Welt verewigen zu können. Dies erläutert Arendt am Beispiel der Antike. Sie beschreibt, wie die Polis für die Griechen das war, was für die Römer die Res publica war. Und das war vorrangig der Wunsch nach einer Sicherheit, dass etwas über das vergängliche Leben des Einzelnen hinaus weiter existierte. Dies war die Öffentlichkeit, die dauerhafter war als jedes Leben und so den Menschen, welche etwas im öffentlichen Raum schufen, tendenziell ein Gefühl der Unsterblichkeit geben konnte.[7] Diese Dauerhaftigkeit kann nur durch die Öffentlichkeit gewährleistet werden, zum Beispiel auch dadurch, dass die folgenden Generationen dieses Bleibende noch wahrnehmen können.

[...]


[1] Dingwelt ist nach Hannah Arendt die Welt der hergestellten Dinge die uns auf der Welt umgeben

[2] Vergl. Arendt Hannah, Vita activa oder Vom tätigen Leben, Piper, München 1967, Seite 62

[3] Vergl. Ebenda, Seite 63

[4] Vergl. Ebenda, Seite 64

[5] Vergl. Ebenda, Seite 66

[6] Marchart Oliver, Die Welt und die Revolution, Aus Politik und Zeitgeschichte 39, 2006, http://www.bpb.de/publikationen/DKUA01,2,0,Die_Welt_und_die_Revolution.html#art2, gelesen am 17.01.2008

[7] Vergl. Arendt Hannah, Vita activa oder Vom tätigen Leben, Piper, München 1967, Seite 70

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Details

Title
Zur Beziehung zwischen dem Arendtschen Arbeitsbegriff und ihrem Verständnis von Öffentlichkeit
College
University of Hamburg  (Sozial und Gesellschaftstheorie)
Course
Gesellschaftstheorie
Grade
2,7
Author
Year
2007
Pages
19
Catalog Number
V113170
ISBN (eBook)
9783640135509
ISBN (Book)
9783640135561
File size
428 KB
Language
German
Keywords
Beziehung, Arendtschen, Arbeitsbegriff, Verständnis, Gesellschaftstheorie
Quote paper
Katarina Hoberg (Author), 2007, Zur Beziehung zwischen dem Arendtschen Arbeitsbegriff und ihrem Verständnis von Öffentlichkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113170

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