„Die Koalitionspolitik der FDP - machiavellistische Machtpolitik?“


Seminararbeit, 2008

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


A – Gliederung

B – „Die Koalitionspolitik der FDP – machiavellistische Machtpolitik?“
I. Einleitung
II. Die Koalitionen der FDP
1. Der Anfang: Die Ära Adenauer
2. Der erste „Umfall“ – Übergang von Adenauer zu Erhard
3. Die sozialliberale Koalition
4. Die doppelte „Wende“
III. Machiavelli
1. Zentrale Begriffe Machiavellis
2. Das Bündnis bei Machiavelli
IV. Machiavellistische Machtpolitik?

C – Anhang

B – „Die Koalitionspolitik der FPD – machiavellistische Machtpolitik?“

I. Einleitung

„Wir sind immer und zuerst die Liberale Partei in Deutschland und erst in zweiter Linie Koalitionspartei.“[1] mahnte wiederholt Hans-Dietrich Genscher auf Parteitagen. Inwieweit dieser Satz der historischen Realität entspricht, soll an dieser Stelle keine Rolle spielen. Entscheidend dabei ist aber, dass das Wort „Koalition“ darin vorkommt. Koalitionen erfüllen im demokratischen System eine wichtige Funktion: Sie sind der Zugang zur Regierungsmehrheit und damit zur Macht. Wer Koalitionen eingeht, will, neben allen altruistischen, ökonomischen und politischen Motiven seines Regierens, Macht erringen oder zumindest erhalten.

Um Macht geht es auch in den Schriften Niccolo Machiavellis. Der florentinische Politiker und Philosoph hat die Anleitung schlechthin zum Umgang mit der Macht zu Papier gebracht. Die Intention dieser Schriften, dass Politik durch Menschen gestaltbar ist und nicht mehr nur von höheren Mächten abhängt, war zum Ausgang des Mittelalters revolutionär.

Gleichwohl an die Stelle der Fürsten Demokratie und Parteien getreten sind, lassen sich dennoch Parallelen erkennen. Am Beispiel der FDP soll untersucht werden, wie sich eine solche Partei beim Eingehen von Regierungsbündnissen verhalten hat.

Die FDP mit ihrer spezifisch ausgerichteten Programmatik vertritt eine bestimmte Wählerklientel. Sie konnte somit nie zu einer großen Volkspartei werden, wie es die CDU oder SPD sind. Das wollte sie aus ihrem Selbstverständnis heraus auch gar nicht. Dennoch hat es die FDP geschafft, seit Gründung der Bundesrepublik 1949 immer ein wichtiger Teil des politischen Systems zu sein. Ihre häufige Regierungsbeteiligung ist Beleg dafür.

Des weiteren hat sich die Parteienlandschaft der Bundesrepublik im Laufe ihres Bestehens erheblich verändert. In den Anfangsjahren existierten noch viele kleinere Parteien, welche jedoch durch Abnahme ihrer Bedeutung immer mehr gezwungen waren, sich den „großen“ Parteien anzuschließen oder sich aufzulösen. Die Folge war ein Konzentrationsprozess, der darin mündete, dass lange Zeit nur drei relevante Parteien (CDU, SPD und FDP) übrig blieben. Zu Beginn der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts begann sich dieser Prozess jedoch umzukehren: Mit Gründung der „Grünen“ setzte wieder ein Ausdifferenzierungsprozess ein, welcher seine Fortsetzung mit dem Aufkommen der PDS, der heutigen Linken, fand. Wer also in diesem breit gefächerten Parteienspektrum Macht erlangen will, denn darum geht es letztendlich, ist auf Koalitionen angewiesen. Dies gilt insbesondere für die FDP.

Es stellt sich somit die Frage, ob sie sich in ihren Koalitionsaussagen, bei der Auswahl der Koalitionspartner im Sinne Machiavellis verhalten hat. Gibt es vielleicht bestimmte Muster, oder existiert überhaupt kein Zusammenhang? Die FDP wird zudem als „Umfallerpartei“, die sich allein nach der Macht ausrichtet, in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Ist dies vielleicht ein Zeichen für bewussten Machiavellismus?

Um diese Fragen zu beantworten, muss zunächst erarbeitet werden, wie sich die Partei seit ihrer Gründung in der Bundesrepublik verhalten hat. Dazu ist ein historischer Überblick notwendig, bei dem die verschiedenen Regierungsbündnisse dargestellt werden. Sodann gilt es, das Werk Niccolo Machiavellis zu beleuchten. Der Fokus liegt dabei besonders auf seinen Sichtweisen zum Bündnis, also dem, was heute unter einer Koalition verstanden wird. In einem letzten Schritt werden die im historischen Überblick dargestellten Regierungsbündnisse auf Handlungsweisen im Sinne Machiavellis überprüft.

Dies ist allerdings mit einigen Problemen behaftet. Das Werk Machiavellis, „Der Fürst“ und die „Discorsi“, beziehen sich auf die Herrschaft von Monarchen oder Republiken. Die Übertragung seiner Thesen und Leitsätze auf Parteien ist nicht in vollem Umfang möglich. Es muss daher der normative Trick angewandt werden, Parteien als Herrschaftsausübende anzusehen, was sie ja in einer Demokratie nur indirekt sind, da sie weder Verfassungsorgan sind, noch eigene Willensbildungskraft besitzen, beides aber sehr wohl kontrollieren.

Zudem sind die Werke Niccolo Machiavellis, aufgrund seiner florentinischen Abstammung, im Original in italienischer Sprache verfasst. Eine sprachliche Analyse der originalen Schriften ist aus diesem Grund nicht möglich. Begriffsbestimmungen beziehen sich daher immer auf die deutschen Übersetzungen. Auf den Umstand der möglichen Unschärfe bei der Übersetzung der Schriften weist auch der Herausgeber Horst Günther hin. Er merkt in seinem Nachwort an, dass Machiavelli „ (...) an entscheidender Stelle verbale Formen und noch nicht zu Substantiven verfestigte Termini benutzt.“.[2] Dennoch lässt sich das Werk Machiavellis gut bearbeiten. Zwar umfasst dies noch weitere Bücher als „Der Fürst“ und „Discorsi“, jedoch soll die Bearbeitung des Themas auf diese beschränkt bleiben. Ebenso sind die Geschichte der FDP und die historischen Fakten der Bundesrepublik gut dokumentiert. Udo Leuschners „Geschichte der FDP“ soll als Leitfaden des historischen Überblicks dienen, welcher von anderen Autoren ergänzt wird.

II. Die Koalitionen der FDP

1. Der Anfang: Die Ära Adenauer

Nach den Ereignissen des II. Weltkrieges und der vorausgegangenen Gleichschaltung der Parteien im Nationalsozialismus begannen sich zum Ende der vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts wieder demokratische Strukturen in Deutschland zu entwickeln. Dies, wenn auch unter dem scharfen Auge der alliierten Siegermächte, führte zu ersten regionalen Parteigründungen. So wurde als erste liberale Partei die „Demokratische Volkspartei“ (DVP) bereits am 16. September 1945 in Stuttgart gegründet. Weitere Neugründungen liberaler Parteien erfolgten in Bayern, Hessen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen, sowie die „Liberal-Demokratische Partei Deutschlands“ (LDPD) in der damaligen Sowjetzone. Auch der Versuch, eine gesamtdeutsche liberale Partei zu gründen, wurde unternommen. Jedoch überlebte die am 17. März 1947 in Rothenburg ob der Tauber aus der Taufe gehobene „Demokratische Partei Deutschlands“ (DPD) aufgrund des heraufziehenden Kalten Krieges ihr Gründungsjahr nicht. Weitere dieser Experimente wurden nicht unternommen und so vereinigten sich die liberalen Parteien der westdeutschen Besatzungszonen am 11. Dezember 1948. Mit der Fusion der Landesverbände von FDP, Demokratischer Partei und Demokratischer Volkspartei wurde die Freie Demokratische Partei (FDP) in Heppenheim an der Bergstraße gegründet.[3]

Der Zusammenschluss durch die „Heppenheimer Proklamation“ hatte jedoch noch weitgehend formalen Charakter, da die einzelnen Landesparteien auch weiterhin ihren alten Parteinamen führen konnten. Die Partei konstituierte sich erst wirklich auf ihrem erstem Parteitag vom 10. bis 12. Juni 1949 in Bremen. Auf diesem Parteitag wurde zum ersten Vorsitzenden Dr. Theodor Heuss und Franz Blücher, als sein Stellvertreter, gewählt. Dieser Parteitag diente vor allem der Vorbereitung zu den ersten Wahlen zum Deutschen Bundestag. Eine Koalitionsaussage ist dort allerdings nicht getroffen worden.[4]

Die erste Bundestagswahl fand am 14. August 1949 statt. Dabei erreichte die FDP 11,9% der Stimmen und zog mit 52 der 402 Mandate in den Bundestag ein. Als stärkste Partei war die CDU/CSU mit ihrem Vorsitzenden Konrad Adenauer aus der Wahl hervorgegangen. Ihr stand somit das Recht zur Regierungsbildung zu. Allerdings war bei Konrad Adenauer klar, dass nicht über Koalitionen verhandelt wird, sondern er bestimmt, wie sie gebildet werden. Da er aber lediglich Vorsitzender der CDU in der britischen Zone und Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag war, hatte er keinerlei Befugnisse in dieser Hinsicht. Er machte sich jedoch die

Tatsache zunutze, dass sich die zuständige CDU/CSU-Bundestagsfraktion noch nicht konstituiert hatte. Bereits eine Woche nach der Bundestagswahl, am 21. August 1949, hatte der „Al-

te von Rhöndorf“ in sein Haus geladen, um über die zukünftige Regierung zu diskutieren. In dieser Runde brachte er sich selbst als Bundeskanzler ins Spiel und plädierte, unterstützt von Ludwig Erhard und Franz-Josef Strauß, für eine Koalition mit der FDP und der Deutschen Partei und somit für „ (..) die Schaffung eines bürgerlichen Blocks (...)“[5] und gegen eine Große Koalition, wie sie mancher in der CDU gern gesehen hätte. Adenauer hatte es damit geschafft in „ (...) einer Runde, die nichts zu beschließen hatte, (...)“, obwohl er „ (...) keinerlei gesamtstaatliche Funktionen besaß, (...) zum Kanzlerkandidaten einer von ihm gewünschten Koalition aus CDU/CSU, FDP und DP (...)“[6] nominiert zu werden.

Zwar verursachte die von der FDP verlangte Kandidatur von Theodor Heuss zum Bundespräsidentenamt als Bedingung für das erfolgreiche Zustandekommen der Koalition einigen Wirbel und lieferte den Befürwortern der Großen Koalition noch einmal Munition, aber die erfolgreiche Wahl Adenauers zum Bundeskanzler und die Konstitution seiner Regierung blieben letztendlich ungefährdet.[7] Neben der erfolgten Wahl von Theodor Heuss stellte die FDP in dieser Regierung drei Minister: Franz Blücher als Vizekanzler, Thomas Dehler als Justizminister und Eberhard Wildermuth als Wohnungsbauminister.

Dass diese Koalition dennoch nicht so harmonisch war, sollte sich noch zeigen. Insbesondere nach dem überragenden Wahlsieg der Union 1953 schien der Erfolg Adenauer völlig Recht zu geben. Dies führte immer wieder zu Differenzen mit der FDP, die versuchte sich klare liberale Positionen zu erarbeiten und sich dadurch vom Koalitionspartner abzuheben. Vor allem in Fragen der nationalen Einheit, wie der Saarfrage oder der Neutralität Deutschlands im Gegenzug für die Wiedervereinigung, war die FDP oftmals auf Konfrontationskurs mit Adenauers Politik.[8]

Ende 1955 war das Verhältnis der beiden Parteien dann endgültig zerrüttet. Kanzler Adenauer war es „(...) leid, die Unbotmäßigkeit der FDP noch länger zu dulden.“[9] Mit dem Entwurf eines neuen Wahlgesetzes, welches ein einfaches Mehrheitswahlrecht einführen sollte, wollte er die FDP zur Bedeutungslosigkeit verurteilen. Allerdings musste die Union diese Gesetzesinitiative auf betreiben der SPD wieder zurückziehen. Dass es Adenauer dennoch schaffte, die Koalition zu beenden, lag an den ihm dienstbaren FDP-Ministern. Unter Führung von August Martin Euler gaben am 23. Februar 1956 16 Abgeordnete, inklusive der vier Minister, ihren Austritt aus der Fraktion bekannt. Die abtrünnige Gruppe gründete sodann die „Freie Volkspartei“ (FVP), mit der Adenauer die Koalition fortsetzte. Die FDP fand sich in der Opposition wieder.

[...]


[1] Genscher, 1995, S.73

[2] Machiavelli, 2000, S.464

[3] Leuschner, 2005, S.1-4

[4] Bertsch, 1965, S.212

[5] Görtemaker, 1999, S.86 f.

[6] Görtemaker, 1999, S.94

[7] vgl. Görtemaker, 1999, S.99

[8] vgl. Leuschner, 2005, S.13 f.

[9] Leuschner, 2005, S.30

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
„Die Koalitionspolitik der FDP - machiavellistische Machtpolitik?“
Hochschule
Freie Universität Berlin
Veranstaltung
Machiavellis Begründung der Politikwissenschaften und der Machiavellismus in der gegenwärtigen Politik
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V113084
ISBN (eBook)
9783640133055
Dateigröße
469 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Koalitionspolitik, Machtpolitik, Machiavellis, Begründung, Politikwissenschaften, Machiavellismus, Politik
Arbeit zitieren
Markus Böde (Autor:in), 2008, „Die Koalitionspolitik der FDP - machiavellistische Machtpolitik?“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113084

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