Einführung in die Interpretationstechnik der objektiven Hermeneutik


Hausarbeit, 2006

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Methodologische Grundlagen der Objektiven Hermeneutik
2.1 Textinterpretation als Wirklichkeitswissenschaft
2.2 Der Text als regelerzeugtes Gebilde
2.3 Fallstruktur - Rekonstruktion
2.4 Fallrekonstruktion als Sequenzanalyse
2.5 Latente Sinnstruktur
2.6 Fallstruktur- Generalisierung

3. Die Prinzipien der objektiv-hermeneutischen Textinterpretation

4. Operationalisierung der Methode
4.1 Vor der Textinterpretation: Fallbestimmung und Interaktionseinbettung
4.2 Die Interview –Frage
4.3 Erzählen von Geschichten
4.4 Lesartenbildung
4.5 Konfrontation der Lesarten mit dem Kontext und Bildung der Fallstrukturhypothesen

5. Erläuterung der Anwendung des Verfahrens anhand eines Beispiels

6. Schlussteil

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende arbeit beschäftigt sich mit der Methode der qualitativen Sozialforschung, der Objektiven Hermeneutik. Dies ist ein wissenschaftliches Verfahren, das auf eine rationale und überprüfbare Auslegung und Interpretation von Texten, Protokollen oder Interviews abzielt. Das Wort ,, Hermeneutik“ stammt aus dem Griechischen ,,hermeneuen“, was auslegen oder aussagen bedeutet. Dabei ist mit Interpretation und Auslegung das methodische Vorgehen gemeint, in welchem der Wissenschaftler zur Erkenntnis dessen kommt, was der Text meint. Hermeneutusche Verfahren dienen also dazu, die Beobachtung, den Sinn von Menschlichen Dokumenten, insbesondere von Texten zu erfassen und zu verstehen.

Als Entwickler der Objektiven Hermeneutik gilt Ulrich Oevermann. Im Gegensatz zu anderen qualitativen Verfahren wie beispielsweise den traditionellen Hermeneutiken geht es in der Objektiven Hermeneutik also nicht nur darum einen vom Autor intendierten Sinn nachzuvollziehen, sondern den latenten Sinn, also die Struktur des Textes zu ermitteln. So soll das methodische Aufdecken latenter Sinnebenen in Texten ermöglicht werden, die darauf einer Feinanalyse unterzogen werden, d.h., es folgen ein erweiterndes Verfahren der Sinnauslegung und ein sequentielles Vorgehen (Wikpedia).

Bei der Auswertung der Texten lassen sich zwei wesentliche Aspekte unterscheiden:

1. Die dem Verfahren zugrunde liegende Annahmen über soziale Wirklichkeit
2. Die konkreten methodischen Operationen bei der Interpretation

2. Methodologische Grundlagen der Objektiven Hermeneutik

2.1 Textinterpretation als Wirklichkeitswissenschaft

Untersuchungsgegenstand der Objektiven Hermeneutik sind immer Texte, genauer: Text protokolle, da die Objektive Hermeneutik wie auch jedes hermeneutisches verfahren davon ausgeht, dass sich die sinnhafte Welt durch Sprache konstituiert und in Texten manifestiert. Diese können sich durchaus auf nicht- sprachliches Material beziehen, wobei protokollierte sprachliche Aussagen meist im Mittelpunkt der Analyse stehen. Was aber für die Forschung als Material vorliegt, ist immer ein Protokoll über beobachtete nicht- sprachliche Handlungen -, da andere Datengrundlagen für die Interpretation nicht effektiv sind.

Genau genommen erfolgt die Analyse nur von Texten, die nur in einer bestimmten Form vorliegen, nämlich in Gestalt von Protokollen. Diese werden mit Hilfe des hermeneutischen Verfahrens erstmal ausgelegt, dann interpretiert, analysiert und schließlich verstanden.

Nach Oevermann ist die soziale Wirklichkeit textförmig. Das bedeutet, dass er die Texte als eine Trägerschaft von Sinn und Bedeutung betrachtet. Mit anderen Worten verkörpern die Texte das gesamte menschliche Schaffen und diese wird in Form von Protokollen veranschaulicht. Protokolle sind, nicht anders als Texte auch, vertextete soziale Wirklichkeit, aber aus einer anderen Perspektive: Text bezeichnet im engeren Sinne einen zusammenhängenden Bereich geschriebener oder nicht- geschriebener Sprache (alles, was man denkt, fühlt oder sagt),aber ohne zeitliche und räumliche Verbundenheit zu einem bestimmten Prozess. Protokoll dagegen ist ein im Voraus und nach bestimmten Regeln definierter Ablauf eines Prozesses beziehungsweise die Aufzeichnung eines solchen Prozesses in einer zu ihm zeitlichen und räumlichen Verbundenheit.

Ein methodischer Zugriff auf die textförmige Wirklichkeit anstelle auf das Protokoll ist prinzipiell unmöglich, da die textförmige Wirklichkeit „dem Hier und Jetzt der Lebenspraxis vorbehalten bleibt“ (Oevermann 1993, 132).

Die Objektive Hermeneutik ist ein Verfahren der Textinterpretation mit dem Ziel, die Gültigkeit der Interpretation an Intersubjektive Überprüfbarkeit zu binden. Für die empirischen Sozialwissenschaft sind die Texte besonders interessant, da ihr Gegenstand ihr in Texten gegenüber tritt und weil sie die Aussagen über ihren Gegenstand nur an Texten überprüfbar ist.

2.2 Der Text als regelerzeugtes Gebilde

Ein folgender wichtiger Aspekt der Objektiven Hermeneutik ist die Regelgeleitetheit des sozialen Handels, und darauf gründet sich auch die Verbindlichkeit der objektiv-hermeneutischen Textinterpretation. Es wird davon ausgegangen, dass soziales Handeln entlang verbindlicher Regeln begründet ist. Infolgedessen wird auch die Interpretation der Protokolle dieses Handels mit der Berücksichtigung auf dieses Regelwissen erfolgt. Die Idee der Regelgeleitetheit gründet sich auf der Annahme, dass jede Handlung und jede soziale Praxis sich in einem Raum regelerzeugten Möglichkeiten bewegt.

Das bedeutet eine Menge Regeln, die bei Gegebenheit einer willkürlichen Sequenzstelle eines sozialen Ablaufs darüber bestimmen, welche Handlungen oder Äußerungen regelgeleitet vorausgehen

konnten und welche regelgeleitet folgen können. Aufgrund dessen kann sich die Lebenspraxis dieser Regelgeleitetheit weder entziehen noch kann sie die Welt der Regelgeleitetheit verlassen. Die Idee der Regelgeleitetheit unterscheidet sich von den Normen indem sie der Handlung erst eine Bedeutung zuordnet. Es geht also an erster Linie darum , was das heißt etwas zu tun, und nicht , was zu tun ist (Wernet2000, 13).

Oeverman benennt drei Regelkomplexe sozialer Regelgeleitetheit:

(1) die universellen und einzelsprachspezifischen Regeln der sprachlichen Kompetenz,
(2) die Regeln der kommunikativen oder illokutiven Kompetenz (Universalpragmatik),
(3) die universellen Regeln der kognitiven und moralischen Kompetenz

Da die Gültigkeit dieser Regeln nicht hintergehbar ist, gelten diese Regeln als universal. Aus diesem Grund ist es auch dem Verfahren der Objektiven Hermeneutik möglich, Interpretationen auf diesen Regeln basieren zu lassen(Wernet 2000,14).

2.3 Fallstruktur - Rekonstruktion

Die oben abgebildeten Regeln eröffnen für eine je konkrete Lebenspraxis charakteristische Handlungsoptionen. Über die vorliegende Aktions- oder Reaktionsmöglichkeiten beurteilt aber nicht die Handlungspraxis, sondern die Welt der sozialen Regeln. Welche regeleröffnete Handlungsoptionen aber lebenspraktisch realisiert wird, entscheidet nicht die Regel, sondern die Fallstruktur(Wernet 2000, 15).

In Zusammenhang mit der objektiven Hermeneutik sind Strukturen jene Gesetzmäßigkeiten, mit der eine Lebenspraxis (Individuum, Gruppe, Gemeinschaft, Institution, Gesellschaft) über einen bestimmten Zeitraum typische Selektionen aus den nach Regeln erzeugten offen stehenden Optionen vornimmt. Struktur lässt sich in vier Ebenen unterscheiden:

Ebene 1 mit Parameter 1: Sie enthält die Menge aller Strukturgesetzlichkeiten, die rekursiv algorithmisch wohlgeformte Möglichkeiten eröffnet.

Ebene 2 mit Parameter 2: Sind die typischen Auswahlen einer Lebenspraxis aus Ebene 1. Die Zweite Ebene ist die Ebene der Subjektivität.

Ebene 3 als Resultat der Selektion: Sie beinhaltet die Objektive Fall- Strukturgesetzlichkeit bzw. die objektive Identität. Ebene 4 als immer nur partielles Begreifen: Sie beinhaltet ein bewusstseinsfähiges Selbstbild und intersubjektive Identität Diese Strukturen sind durch Latenz geschützt (Oevrmann 2002, 7).

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Einführung in die Interpretationstechnik der objektiven Hermeneutik
Veranstaltung
Einführung in die Interpretationstechnik der objektiven Hermeneutik
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
15
Katalognummer
V113076
ISBN (eBook)
9783640132379
Dateigröße
431 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einführung, Interpretationstechnik, Hermeneutik, Einführung, Interpretationstechnik, Hermeneutik
Arbeit zitieren
Olga Herbel (Autor:in), 2006, Einführung in die Interpretationstechnik der objektiven Hermeneutik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113076

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Einführung in die Interpretationstechnik der objektiven Hermeneutik



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden