Automatisierung der morphometrischen Analyse des Neokortex von Tau-transgenen Mäusen


Bachelorarbeit, 2008

103 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Alzheimerkrankheit
1.2. Tau
1.2.1. PHP-Tau
1.3. Transgene Mäuse
1.4. Hintergrund der Arbeit
1.5. Ziel der Arbeit

2. Material und Methoden, Datenaufbereitung
2.1. Material
2.1.1. Chemikalien
2.1.2. Puffer und Stammlösungen
2.1.3. (Transgene) Mäuse
2.1.4. Konfokales Laserscanning-Mikroskop
2.1.5. Software
2.2. Methoden
2.2.1. Präparation der Mausgehirne
2.2.2. Koronarschnitte
2.2.3. Immunfärbung von Schnitten
2.2.4. Konfokale Laserscanning-Mikroskopie
2.3. Datenaufbereitung
2.3.1. Bildanalyse
2.3.2. Umwandlung in TIFF mit EZ-Limo
2.3.3. Bearbeitung mit ImageJ
2.3.4. Statistische Auswertung mit R

3. Ergebnisse
3.1. ImageJ - Plugins (NeuN1 & NeuN2)
3.1.1. Manuelle Bildbearbeitung
3.1.2. Grundlage für das Plugin
3.1.3. Probleme
3.2. Entwicklung von NeuN1 und NeuN2
3.2.1. Handhabung Plugin
3.2.2. Fazit
3.3. Statistische Auswertung mit R - Ergebnis
3.3.1. Extraktion der Daten
3.3.2. Ergebnisdateien
3.3.3. Höhere Neuronendichte in Region 3 als in Region 1 und 2 in Linie C57 und 4WT1
3.3.4. Neuronendichte und durchschnittliche Größe der Neurone sind vom Geschlecht unabhängig
3.3.5. Mit steigendem Alter steigt die Neuronendichte und sinkt die Größe der Neurone

4. Diskussion

5. Zusammenfassung und Ausblick

Anhang
A. Abkürzungsverzeichnis
B. Tabellenverzeichnis
C. Abbildungsverzeichnis
D. Tabellarische Zusammenstellung der den Graphen zu Grunde liegenden Daten
E. Anleitung
F. Literatur

1. Einleitung

Das menschliche Gehirn ist einzigartig und ohne Zweifel das komplizierteste Organ, das die Evolution je hervorgebracht hat. Unser Gehirn verleiht uns unser eigentliches Menschsein. Ähnlich wie ein Computer fungiert unser Gehirn als persönliche Schaltzentrale all unserer lebenswichtigen Funktionen, ist aber im Gegensatz zu diesem weitaus komplexer im Aufbau und in der Möglichkeit seiner Funktionen. Unser Gehirn ist das Zentrum unserer Intelligenz, unseres Bewusstseins, steuert fast unbemerkt alle körperlichen Prozesse, die uns das Leben ermöglichen. Unsere Persönlichkeit, unser Handeln – sei es willkürlich oder unbewusst – alles was uns zum Menschen macht und uns als Mensch ausmacht wird vom Gehirn gesteuert.

Die Koordination unserer körperlichen und geistigen Fähigkeiten erfolgt im Gehirn über Nervenzellen (Neurone). Man schätzt, dass allein das menschliche Gehirn aus ca. 1011 Neuronen besteht. Diese unvorstellbar große Zahl ist vergleichbar mit der Anzahl der Sterne in unserer Milchstraße. Das Neuron hat denselben Grundbauplan wie andere Zellen, unterscheidet sich jedoch durch drei Besonderheiten:

1. in seiner Form fallen die langen Fortsätze auf;
2. die Zellmembran ist spezialisiert Signale zu erzeugen und zu leiten;
3. an seinen Endigungen produziert es spezifische Substanzen (Transmitter) und gibt diese ab (chemische Synapse). In manchen Fällen findet eine direkte elektrische Weiterleitung statt (elektrische Synapse).

Ein Neuron (Abb. 1) besitzt einen Zellkörper (oder Soma). Im Soma liegen Zellkern, zahlreiche Mitochondrien und Nissl-Schollen[1]. Hier werden Enzyme und Membranbausteine hergestellt. Die Dendriten, röhrenförmige, meist reich verästelte Fortsätze am Soma, können die ankommenden Signale aufnehmen. Ein Neuron besitzt meist nur ein einziges Axon, welches dünner und viel länger als die Dendriten ist. Das Axon verästelt sich erst wo es mit anderen Zellen in Kontakt tritt. Das kann einen Meter oder sogar weiter vom Soma entfernt sein. Die Verzweigungen sind am Ende verdickt (Endknöpfchen) und bilden mit der Membran der folgenden Zelle die Synapsen. In diesem Bereich erfolgt die Erregungsübertragung (Aktionspotential) vom Axon der einen Nervenzelle zu den Dendriten der nachfolgenden Nervenzellen mithilfe chemischer Überträgersubstanzen, den Neurotransmittern. In einigen Fällen gibt es jedoch eine direkte elektrische Weiterleitung. In elektrischen Synapsen wird das Aktionspotential direkt und ohne Umwege auf die nachfolgende Zelle durch Verbindungskanäle (Gap junctions) weitergeleitet. Die Struktur der Neurone wird dabei vom Zytoskelett aufrechterhalten. Im Inneren jedes Neurons liegt ein Gerüst vor, das aus drei Komponenten besteht. Diese sind die Mikrotubuli, die Neurofilamente und die Mikrofilamente. Die Gesamtheit dieser filamentösen Proteine bilden dann das Zytoskelett, das die Struktur der Neurone von innen aufrechterhält. Nach Abschluss der Embryonalentwicklung teilen sich die Nervenzellen nicht mehr. Zwar findet im Hippocampus auch im adulten Gehirn noch eine Neurogenese[2] statt, aber für die meisten Hirnareale muss der bei der Geburt vorhandene Vorrat (beim Menschen ca. 100 Mrd. Neurone) ein Leben lang reichen.

Im Gehirn kommt außer dem Neuron noch ein anderer Zelltyp vor – die Gliazelle. Während die Nervenzellen für Reizaufnahme, Erregungsleitung und Reizverarbeitung zuständig sind, sind die Gliazellen als eine Art „Nervenbindegewebe“ (Neuroglia) zu verstehen. Sie sind gleichsam Ernährungsund Stützgewebe für die Nervenzellen und dienen zusätzlich der Abwehr von Krankheiten sowie der Isolierung von Nervenfasern. Somit sind sie, wenn auch nur indirekt, an der Erregungsleitung beteiligt. Gliazellen behalten, anders als Neurone, die sich nach der Geburt nicht mehr teilen können, zeitlebens die Fähigkeit zur Zellteilung. Gehen Nervenzellen zugrunde, z.B. durch Krankheit, Sauerstoffmangel oder Verletzungen, werden sie durch eine Glianarbe ersetzt.

Entsprechend der überragenden Bedeutung des Gehirns können Schädigungen im Nervensystem verheerend sein. Da sich Nervenzellen nicht regenerieren können, kommt es bei Verletzungen oder Nervenzelltod zu Strukturveränderungen im Gehirn, was zu einer Veränderung in der Bewusstseinsund

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Abbildung 1: Schematische Darstellung einer Wirbeltier Nervenzelle.

Persönlichkeitsstruktur, verschlechterter Koordination und Demenz[3] führen kann.

Die bekannteste und am weitesten verbreitete Form der Demenzerkrankung ist die Alzheimer-Krankheit. Weltweit sind schätzungsweise 15 Millionen Menschen betroffen und die Zahl der Alzheimer-Kranken steigt mit höherer Lebenserwartung [2]. Da die genauen Ursachen der Alzheimer-Demenz bis heute nicht genau bekannt sind, rücken Studien über die genauen Vorgänge immer mehr ins Zentrum der Forschung. Somit wird es vielleicht möglich sein die Krankheit eines Tages zu heilen.

1.1. Alzheimerkrankheit

Der deutsche Psychiater und Neuropathologe Dr. Alois Alzheimer (1864-1915) beschrieb diese Krankheit als erster an der Patientin Auguste D. und stellte sie 1907 auf einem wissenschaftlichen Kongress in Tübingen vor [3].

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Abbildung 2: Alois Alzheimer (1864- 1915)[4]

Es handelt sich hierbei um eine degenerative Hirnerkrankung mit progredienter[4] Hirnatrophie[5] unter Bildung bestimmter pathologischer Veränderungen im Gehirn [5]. Der Verlauf der Krankheit ist durch die fortschreitende Abnahme der allgemeinen geistigen Fähigkeiten und des Gedächtnisses gekennzeichnet. Weltweit leiden ca. 5% der Bevölkerung über 65 Jahre an einer Demenz. Davon sind mehr als 60% aller Demenzen vom Alzheimer-Typ [6]. Allein in Deutschland leiden ca. 1,2 Millionen Menschen an Alzheimer und jedes Jahr sind mehr als 200.000 Menschen von dieser Diagnose betroffen. Wegen der höheren Lebenserwartung überwiegt wahrscheinlich das weibliche Geschlecht [2].

Die Diagnose einer Alzheimer-Demenz (AD) ist im Wesentlichen eine Ausschlussdiagnose, das heißt, nach Überprüfung einer Reihe von Kriterien, kann die Diagnose einer klinisch wahrscheinlichen AD gestellt werden. Eine sichere Bestätigung der klinischen Verdachtsdiagnose ist nur durch neuropathologische Post-Mortem-Untersuchungen möglich [7].

Ein dementielles Syndrom liegt dann vor, wenn gravierende Gedächtnisstörungen und intellektuelle Einbußen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der sozialen Kompetenz geführt haben, wenn ein progredienter Verlauf zu beschreiben ist und wenn Defizite in mindestens zwei verschiedenen Bereichen von Gedächtnis, Merkfähigkeit und anderen Bereichen der Kognition zu quantifizieren sind [5]. Da die Symptome solch einer Demenz aber eine Vielzahl von Ursachen haben können, ist die diagnostische Abklärung dieser Störungen mitunter sehr schwierig und zeitaufwendig. Daher ist eine umfassende neuropsychologische Untersuchung notwendig um die Demenz-Symptome nachzuweisen.

Charakteristische Symptome der Alzheimer-Krankheit sind Störungen der Sprache, des Denkvermö- gens und des Gedächtnisses. Während sich der Verlust der Merkfähigkeit anfangs nur in der Unfähigkeit, neue Ereignisse zu behalten, äußert, wird im Verlauf der Krankheit auch das Altgedächtnis erfasst. Die daraus entstehende Desorientierung führt dazu, dass die Neuorientierung an bisher unbekannten Orten, zum Beispiel im Urlaub, nicht mehr möglich ist. Später findet sich der Patient auch im häuslichen Umfeld nicht mehr zurecht [7]. Dadurch wird die Alltagskompetenz zunehmend beeinträchtigt. Da der Verlauf der Krankheit einen Abbau aller höheren Hirnfunktionen nach sich zieht, kommt es zum Verlust der Abstraktionsfähigkeit, zur Störung der Koordination (Apraxie)[6] und Sprache (Aphasie)[7]. Im weiteren Verlauf wird der Patient immer orientierungsloser und ist schließlich sogar nicht mehr in der Lage Verwandte zu erkennen (Agnosie)[8]. Die fortschreitende Verschlimmerung der Symptome führt schließlich zu einer reduzierten Kommunikation, die sich auf stereotype verbale Äußerungen beschränkt. Die Patienten werden schließlich pflegebedürftig und sterben nach einer Krankheitsdauer von ca. fünf bis acht Jahren an den Folgen der Bettlägrigkeit [6].

Die genauen Ursachen der Krankheit sind bisher nicht bekannt, jedoch konnte eine Vererbung mit autosomal dominantem Erbgang in 5-10% der Fälle nachgewiesen werden (FAD)[9]. Sicher ist jedoch, dass die klumpenund fadenförmigen Gebilde, die Alzheimer bei der Untersuchung des Gehirns der Patientin Auguste D. vorfand, mit zu den Verursachern der AD zählen. Bei diesen auffälligen molekularen Veränderungen des Hirngewebes handelt es sich um extrazelluläre amyloide Plaques und intrazelluläre neurofibrilläre Knäuel (NFTs)[10]. Ferner konnte Alois Alzheimer Neurodegeneration im Neokortex und Hippocampus feststellen. Der Vergleich eines an Alzheimer erkrankten Gehirns mit einem gesunden Gehirn zeigt, dass die Patienten bis zu 10% ihrer Hirnmasse verlieren (siehe Abb.7 auf S.17). Betroffene Regionen sind vor allen Dingen die Schläfenlappen, die für die Gedächtnisleitung von großer Bedeutung sind. Die Neurodegeneration am Hippocampus ist für die Einbußen an Konzentration und Merkfähigkeit verantwortlich. Eine weitere Ursache zeigt sich mikroskopisch auch in der Abnahme der Synapsendichte, was mit hoher Wahrscheinlichkeit mit den kognitiven Einbußen der Krankheit korreliert. Diese neuronalen Anomalien kommen bei allen Alzheimer-Patienten, gegenüber der gesunden Altersgruppe, in stark erhöhter Häufigkeit vor [5].

Die extrazellulären Plaques bestehen aus Ablagerungen von Amyloidprotein und werden von einem Proteinfragment namens Aβ gebildet, welches als Abbauprodukt bei der Prozessierung des β-Amyloid- Vorläuferproteins (APP) entsteht und im extrazellulären Raum Plaques bildet (Abb. 3).

Die intrazellulären neurofibrillären Knäuel bestehen hingegen hauptsächlich aus hyperphosphoryliertem Tau, einem mikrotubuliassoziierten Protein. Tau formiert sich dabei über das normale Maß hinaus zu Aggregaten (Abb. 3).

Eine kausale Therapie ist bei der Alzheimerkrankheit nicht bekannt, jedoch behandelt man die Patienten mit Acetylcholinesterase-Hemmern, da man bei der AD von einem Acetylcholinmangel[11] im Kortex ausgeht. Ein weiterer Ansatz ist die Beeinflussung des Botenstoffes Glutamat, dem häufigsten erregenden Botenstoff im ZNS, der an Lernprozessen und Gedächtnisfunktionen beteiligt ist. Vollständig heilen kann man die Krankheit damit zwar nicht, je-

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Abbildung 3: Darstellung von Neuronen in einem gesunden (links) und einem an Alzheimer erkrankten Gehirn (rechts). Die Neurone des erkrankten Gehirns weisen die für die Alzheimer-Krankheit typischen Abnormalitäten auf: Amyloide Plaques und Neurofibrilläre Bündel [9]. doch können Maßnahmen wie ausreichende Bewegung und gesunde Ernährung, sowie ein hohes Ausbildungsniveau und der Verzicht auf Nikotin, das Risiko an Alzheimer zu erkranken mindern. Dagegen stehen häufiger Fernsehkonsum, hoher Blutdruck und ein erhöhter Cholesterinspiegel im Verdacht das Alzheimer-Risiko zu erhöhen [10]. Ausreichende Behandlungsmöglichkeiten lassen sich jedoch erst dann erreichen, wenn die Krankheit und deren Ursachen vollständig geklärt sind.

1.2. Tau

Die charakteristische Eigenschaft des Neurons ist seine strukturelle und funktionale Aufteilung in Axon und Soma. Diese Anordnung erfordert intrazelluläre Strukturen, die die Regulierung der Ausdehnung und Polarisation sichern. Dies wird durch das Zytoskelett ermöglicht, welches sich aus drei Filamentkomponenten zusammensetzt: Mikrotubuli, Aktinfilamente und Intermediärfilamente. Die Mikrotubuli stellen die wichtigste intrazelluläre Filamentstruktur dar. Sie kommen in Nervenzellen ubiquitär, in Neuriten konzentriert vor und orientieren sich kompartimentspezifisch. Sie bilden eine Struktur, an der der schnelle axonale Transport erfolgt. Ihre Stabilität und Polymerisation wird durch mikrotubuli-assoziierte Proteine (MAPs) bewirkt.

Tau gehört zu der Familie der MAPs. Es wird größtenteils in Neuronen exprimiert, in denen es eine regulierende Funktion bezüglich der Organisation sowie der Intaktheit des Zytoskeletts einnimmt (Abb. 4). Neurofibrilläre Veränderungen von Tau, wie dessen Hyperphosphorylierung, zählen zu den Merkmalen der Alzheimer- Krankheit und einer Vielzahl anderer Tauopathien[12]. Die genetische Information des humanen Tau-Proteins wird auf einem einzigen Chromosom, 17q21 codiert. Durch alternatives Spleißen der mRNA an den Exons 2, 3 und 10 werden im adulten ZNS sechs verschiedene Isoformen gebildet. Sie unterscheiden sich durch ihre Länge (352 – 441 Aminosäuren) und der Anzahl (drei oder vier) ihrer Mikrotubuli-bindenden Wiederholungsmotive. Das Vorkommen der verschiedenen Isoformen ist sowohl gewebeals auch altersspezifisch, so wird im fötalen Gehirn nur

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Abbildung 4: Funktionale Organisation des Tau Proteins. Tau lässt sich anhand von biochemischen Merkmalen in mehrere Domänen unterteilen. Aktionen und Interaktionen, die den spezifischen Tau-Regionen zugeordnet sind, sind durch Farben gekennzeichnet. Die C-terminale Mikrotubuli-Bindedomäne (auch Repeat-Domäne) ist schwarz gekennzeichnet, die Prolinreiche Region ist rot gekennzeichnet und die N- terminale Projektionsdomäne ist gelb gekennzeichnet (MT Mikrotubuli) [11]. die kürzeste Isoform des Tauproteins exprimiert, wohingegen im adulten Gehirn alle sechs Isoformen vorkommen. Die Isoformen unterscheiden sich auf Proteinebene durch die Anoder Abwesenheit von Exon 2 bzw. Exon 3 am N-terminalen Ende und Exon 10 am C-terminalen Ende. Hier befindet sich auch die „Mikrotubuli-Bindedomäne“ [12].

Taus Affinität zu den Mikrotubuli lässt sich durch den Einoder Ausschluss des Exons 10 regulieren (vgl. Abb. 5). Entsprechend der jeweiligen Isoform wird die Mikrotubuli–Bindedomäne durch drei (3R- Tau) oder vier (4R-Tau) 18 AS lange Sequenzwiederholungen („repeats“) charakterisiert, daher wird sie auch „Repeat“-Domäne genannt. Je höher die Anzahl der „Repeats“, desto höher die Bindungsaffinität von Tau zu den Mikrotubuli [12].

Im gesunden Gehirn ist Tau vermutlich daran beteiligt, die polare Verteilung der Mikrotubuli in der Nervenzelle aufzubauen. Tau kann phosphoryliert werden und weist je nach Entwicklungszustand (fötal vs. adult) und Lage im Axon (distal vs. zentral) einen unterschiedlichen Phosphorylierungszustand auf.

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Abbildung 5: Schematische Darstellung der Isoformen des humanen Tau: Tau-Isoformen mit den variablen Exons 2, 3 (hellgraue Kästchen) und 10 (dunkelgraues Kästchen, inkl. R2) und den kombinierten Repeats (schwarze Kästchen) [12].

Dieser Phosphorylierungsgradient von Tau könnte an der Ausbildung der Polarität der Nervenzelle beteiligt sein. Ferner ist Tau in der Lage mit Komponenten des Membrankortex zu interagieren und Mikrotubuli zu erhalten und zu stabilisieren. Dabei ist anzunehmen, dass die verschiedenen Funktionen von Tau innerhalb einer Zelle unabhängig voneinander über dessen Phosphorylierungsgrad und weiteren proteineigenen Modifikationen reguliert wird. Ein normales Tau-Protein besitzt im menschlichen Gehirn ca. zwei bis drei Mol Phosphat pro einem Mol Tau. Liegen mehr Mol Phosphat pro einem Mol Tau vor, spricht man von einer Hyperphosphorylierung. Diese vermindert die Bindungsaffinität von Tau an Mikrotubuli und anderen Zellkomponenten und verändert so die Funktionsfähigkeit von Tau [12].

Viele neurodegenerative Erkrankungen sind durch Abnormitäten im Zytoskelett, sowie eine Verlagerung von Tau in das somatodendritische Kompartiment charakterisiert. Dort aggregiert Tau im anormal phosphorylierten Zustand zu paarig helikalen Filamenten (PHFs). Bei der Alzheimer-Demenz stellen Aggregate des mikrotubuli-assoziiertem Protein Tau in den NFTs ein typisches histopathologisches Merkmal dar [13].

1.2.1. PHP-Tau

Im gesunden Gehirn ist Tau hauptsächlich in den Axonen vorhanden. Bei der Alzheimer-Demenz befindet sich Tau zusätzlich im somatodendritischen Kompartiment, in dem das abnormal hyperphosphorylierte Tau zu NFTs aggregiert, welche sich aus paarig helikalen Filamenten (PHFs)[13] oder glatten Filamenten (SF)[14] zusammensetzen [14].

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Abbildung 6: Pseudohyperphosphoryliertes Tau (PHP-Tau) der längsten humanen Isoform; die mit rot gekennzeichneten Aminosäurereste wurden in PHP-Tau zu Glutamat mutiert, die Mikrotubuli- Bindedomäne ist als roter Block dargestellt (Anne Kosfeld, Bachelorarbeit 2006).

PHP-Tau ist ein künstliches Modell, welches die Hyperphosphorylierung bei AD simulieren soll. Um die Rolle des hyperphosphorylierten Taus genauer untersuchen zu können, wurden Tau-Konstrukte der längsten Tau-Isoform hergestellt, bei denen zehn Serinund Threoninreste zu Glutamat mutiert wurden (Abb. 6). Ein stabiler und hyperphosphorylierter Zustand von Tau soll dadurch imitiert und die strukturellen und funktionellen Aspekte nachgeahmt werden. Biochemische Studien und Zellstudien haben gezeigt, dass PHP-Tau strukturelle und funktionelle Ähnlichkeiten zu hyperphosphoryliertem Tau aufweist. Das in zellfreien Versuchen verwendete PHP-Tau induziert keine Nukleation von Mikrotubuli im Vergleich zu Kontrollversuchen mit Wildtyp-Tau. Nach längerer Kultivierung der Zellen konnte ein verstärkt toxischer Effekt von PHP-Tau im Vergleich zum Wildtyp-Tau festgestellt werden, sogar in Abwesenheit von NFTs. Dies deutet darauf hin, dass bereits die Hyperphosphorylierung von Tau ausreicht, um die typischen krankheitsbedingten Erscheinungen auszulösen.

Um diese Hypothese der Tau-induzierten Neurodegeneration zu testen, wurden verschiedene Maus- Modelle entwickelt. Diese Methode hat gegenüber den vorigen Studien an Zellkulturen u.a. den Vorteil, dass die Effekte humanen Taus (WT oder PHP) in einem Tiermodell bis zu einem Alter von zwei Jahren analysiert werden können. Dazu wurden in der Arbeitsgruppe an den Universitäten Heidelberg und Osnabrück Mauslinien entwickelt, die sowohl das PHP-Tau, wie auch eine unveränderte Form des humanen Tau exprimieren (Personal Communication, Monika Hundelt).

1.3. Transgene Mäuse

Bei transgenen Lebewesen handelt es sich um genetisch veränderte Organismen, die zusätzlich zu ihrem Genom Gene aus anderen Arten enthalten. Zu diesem Zweck werden DNA - Konstrukte mit dem gewünschten Fremdgen in die befruchtete Eizelle eingebracht und diese dann in die Muttertiere implantiert. Erhält man Nachkommen, untersucht man, ob diese transgen sind.

Die Verwendung transgener Mäuse zur Untersuchung der Alzheimer-Krankheit ermöglicht die systematische Analyse der Neurodegeneration. Ein Nachteil dabei ist jedoch, dass solche Studien sehr zeitund kostenaufwendig und ethisch schwierig zu rechtfertigen sind. Zudem kann man in Zellkulturen humane Neurone untersuchen. Ergebnisse von Tierversuchen sind dagegen nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragbar. Ein Vorteil ist jedoch, dass es bei einer chronischen Krankheit wie Alzheimer sinnvoll ist altersabhängige Studien über einen längeren Zeitraum zu ermöglichen. Zudem kann die Komplexität des gesamten Organismus und Gehirns in die Untersuchung einfließen, sowie Verhaltensforschungen im direkten Zusammenhang mit Veränderungen auf zellulärer Ebene.

An der Universität Heidelberg wurden die Mauslinien mit Hilfe der Forschungsgruppe von Prof. Hannah Monyer (Heidelberg) hergestellt. Dazu wurden die Konstrukte in die Oozyten von B6D2F2-Mäusen implantiert. Positiv transgene Mäuse wurden dann mit Mäusen der Linie C57B16 gekreuzt. Dabei wurden zwei verschiedene Linien konstruiert: die WT-Linie und die PHP-Linie. Erstere exprimiert die längste Isoform des humanen Tau und Letztere das PHP-Konstrukt der gleichen Isoform. Beide Konstrukte sind zusätzlich an ein FLAG-Epitop gebunden, um die Identifizierung der humanen Tau-Konstrukte über Antikörperfärbungen zu erleichtern. Ein vorgeschalteter CamKinase-II-Promoter reguliert die Expression des jeweiligen Gens. Bei diesen Linien treten weder NFTs noch Amyloide Plaques auf. Das ermöglicht die Konzentration auf die Rolle der Hyperphosphorylierung von Tau in der Komplexität eines gesamten Organismus (Personal Communication, Monika Hundelt).

1.4. Hintergrund der Arbeit

In allen Regionen des Nervensystems sind Zellen von den Auswirkungen des Alterns betroffen. Dazu gehört die Abnahme der motorischen, sensorischen und kognitiven Funktionen, deren Ausmaß sich mit Fortschreiten der Zeit erhöht. Mit zunehmendem Alter steigt auch die Wahrscheinlichkeit einer Neurodegenerativen Erkrankung[15] wie Alzheimer oder Parkinson. Das gibt Grund zur Annahme, dass Neurone während des Alterns mehr und mehr dem Nervenzelltod erliegen. Damit stellt sich die Frage, ob die normalen Alterungsprozesse des Nervensystems Grundlage der Neurodegenerativen Erkrankungen sind [15].

Sowohl bei der AD als auch im normal alternden Gehirn kann man eine Abnahme des Gehirnvolumens feststellen (vgl. Abb. 7). Während gesunde ältere Menschen ca. 1% der gesamten Hirnmasse abbauen, sind es bei Alzheimer-Patienten bis zu 10% [3]. Ob diese Abnahme nur auf reinen Nervenzelltod, einem Schrumpfen der Nervenzellen, oder schlicht einer Verringerung der Neuronendichte (auf Grund anderer Faktoren) zurückzuführen ist, bleibt unklar.

Möglicherweise ist es auch eine Kombination dieser verschiedenen Ursachen.

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Abbildung 7: Querschnitt durch das Gehirn in Frontalansicht, links ein normales Gehirn, rechts ein Gehirn mit Alzheimer-Krankheit [16].

Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Peters et al. (1998) fassten verschiedene Studien zu den Auswirkungen des Alterungsprozesses im Gehirn im Artikel „Are Neurons Lost from the Primate Cerebral Cortex during Normal Aging?“ zusammen. Die Studien wurden im cerebralen Kortex von Primaten durchgeführt. So wurde zum einen ein Zusammenhang zwischen Alter, Geschlecht und der Anzahl der Neurone im Neokortex und zum anderen ein Zusammenhang zwischen dem Körpergewicht des Individuums und des Gewichts des Gehirns vermutet. Die Untersuchungen ergaben jedoch keine eindeutigen Ergebnisse. Andere Studien ergaben eine Abnahme der Kortexdicke um 9-15% nur in einigen Hirnregionen, was zum Teil auf einen Verlust von Neuronen zurückgeführt wurde. Demgegenüber existieren aber Ergebnisse, die eine mit dem Altern einhergehende ansteigende Neuronendichte bei sich verringernder Volumenabnahme in bestimmten Hirnarealen (z.B. Brodmann Areale 6 und 11 im Frontallappen) beschreiben [17].

Die Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass es in Hinblick auf die genauen zellulären Vorgänge im Gehirn noch keine eindeutigen Ergebnisse gibt, es sich aber abzeichnet, dass die Veränderungen in den unterschiedlichen Hirnregionen und zwischen den unterschiedlichen Nervenzelltypen verschieden sind. So neigt das Zytoskelett von großen Neuronen wahrscheinlich besonders zur Dysfunktion, was die Aggregation und Deplazierung der Neurofilamente und des MAPs Tau bei Alzheimer vermuten lässt [15].

Daher wäre es sinnvoll, Studien zu zellulären Veränderungen während des Alterns nur in bestimmten Regionen miteinander zu vergleichen. So kann man vielleicht eindeutige Schlüsse ziehen, die die Ursachen des Gewebsverlust im Gehirn normal alternder gesunder Menschen erklären. Dies könnte dann helfen Methoden oder Medikamente zu finden, die solche Prozesse in Neurodegenerativen Erkrankungen verhindern oder zumindest verlangsamen.

1.5. Ziel der Arbeit

Tau bildet im normal alternden Gehirn, aber vor allem im Gehirn von Alzheimer-Patienten fibrilläre Aggregate (NFTs) in Neuronen. Dies führt zu einer Fehlfunktion der Mikrotubuli, was wahrscheinlich zum Zelltod der Neuronen in Tauopathien wie bei Alzheimer und im geringeren Ausmaß zur Neurodegeneration im alternden Gehirn führt [15].

Um die genauen Vorgänge der Hirnatrophie bei Alzheimer zu erforschen wird daher der Neokortex (NC) von tau-transgenen Mäusen, sowie der von nicht-transgenen Kontrolltieren morphometrisch analysiert. Es werden sowohl die Neuronendichte als auch die Größe der Neurone im NC bestimmt. Ver- änderungen könnten sowohl in der grauen wie auch in der weißen Substanz auftreten. Neurone können entweder absterben, kleiner werden oder sich in ihrer Neuronendichte verändern. Es ist auch möglich, dass sich die Neuronen selbst nicht verändern, sondern nur ihre Neuronendichte zunimmt. Dieser Effekt wäre auf ein Absterben oder Schrumpfen der Gliazellen zurückzuführen. Um Angaben zu den genauen Vorgängen machen zu können, werden Neuronenanzahl und -dichte mit Hilfe eines Computerprogramms untersucht.

Der Neokortex eignet sich deshalb so gut zu dieser Untersuchung, da er in den transgenen Mäusen humanes Wildtyp-Tau oder PHP-Tau exprimiert und eine hochorganisierte 6-Schichten-Struktur aufweist, die deutlich zu erkennen ist. Die Schichten unterscheiden sich durch die verschiedene Form, Größe und

Anzahl der enthaltenen Nervenzellen und der Dichte der markhaltigen Nervenfasern (Abb.8).

(I) Lamina molecularis Molekularschicht, zellarm, äußerste Schicht (A4)

(II) Lamina granularis externa äußere Körnerschicht, dicht mit kleinen Körnerzellen angefüllt (A5)

(III) Lamina pyramidalis äußere Pyramidenschicht, überwiegend mittelgroße Pyramidenzellen (A6)

(IV) Lamina granularis interna innere Körnerschicht, dichtliegende kleine Körnerzellen (A7)

(V) Lamina ganglionaris innere Pyramidenschicht, enthält große Pyramidenzellen (A8)

(VI) Lamina multiforis, locker liegende unterschiedliche Zellformen, Abschluss (A9)

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Abbildung 8: Sechsschichtung

des Neokortex [18]

Zuerst werden mit Hilfe des Konfokalmikroskops Bilder des Neokortex der Versuchstiere gemacht. Durch die vorherige Immunfärbung der Schnitte sind die Nervenzellkörper deutlich sichtbar. Nach Auswahl des gewünschten Analysebereiches wird die Bildserie mit der Software bearbeitet. Da die Bestimmung der Neuronenanzahl sowie der Neuronendichte von jedem einzelnen Bild erfolgen muss, ist diese Art der Analyse sehr zeitaufwendig.

Ziel der Arbeit ist es, die morphometrische Analyse des Neokortex der tautransgenen Mäuse zu automatisieren. Dabei werden die einzelnen Arbeitsschritte in einem Plugin (Zusatzprogramm) zusammengefasst. Die Automatisierung ermöglicht eine wesentlich schnellere Bearbeitung der Bilder, als wenn alle Arbeitsschritte einzeln von Hand gemacht würden. Zudem können Bearbeitungsfehler auf ein Minimum reduziert werden, da der Benutzer auf Grund der Automatisierung kaum noch Möglichkeiten zum aktiven Eingreifen hat. Dadurch wird eine zügige standardisierte Bearbeitung der gesamten Bildserie möglich.

Bei der anschließenden statistischen Auswertung der Daten müssen die Linien, das Alter und das Geschlecht der verwendeten Schnitte Berücksichtigung finden.

2. Material und Methoden, Datenaufbereitung

2.1. Material

2.1.1. Chemikalien

Betäubung:

Ketanest (Betäubungsmittel): Wirkstoff: Ketamin in einer Konzentration von 5 mg/ml, eingesetzt werden 100 mg/kg Körpergewicht

Rompun (Beruhigungsmittel): Wirkstoff: Xylasin in einer Konzentration von 20 mg/ml, eingesetzt werden 16 mg/kg Körpergewicht

Das Betäubungsund das Beruhigungsmittel werden gemischt. Die einzusetzende Menge der Medikamente wird anhand des Gewichtes des Tieres bestimmt. Eine junge weibliche Maus wiegt etwa 20 - 30g und eine männliche alte Maus ca. 30 - 40g. Die Wirkung des Betäubungsmittels hält etwa 90 Minuten an. Wenn die Betäubung verlängert werden soll, wird zusätzlich ¼ der ursprünglichen Menge verabreicht. Bei einer Überdosierung stirbt das Tier.

Reagenzien:

BSA (Rinderserumalbumin) Glyzin

Kaliumchlorid (KCl) Natirumchlorid (NaCl) Paraformaldehyd (PFA) Phosphat

Tween

2.1.2. Puffer und Stammlösungen

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2.1.3. (Transgene) Mäuse

Die hier aufgeführten Versuchstiere wurden an der Universität Osnabrück nach SPF-Bedingungen (spezifiziert pathogenfrei) gehalten. Tabelle 1 gibt die genauen Details der verwendeten Zuchtlinie an. Die Tiere werden entsprechend ihres Alter mit „j“ für jung (4 - 4,5 Monate) und „a“ für alt (20 Monate) gekennzeichnet und entsprechend des Geschlechts in Sets unterteilt.

Tabelle 1: (Transgene) Mäuse, Angaben der Idendifikationsnummer, des Geschlechts und des Alters und der Linie.

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Die mit C57 gekennzeichneten Tiere stellen die nicht transgenen Kontrolltiere dar. Die in Tabelle 2 aufgezeigten Hauptund Nebenlinien der Mäuse unterscheiden sich im Expressionslevel des jeweiligen Tau-Proteins.

Tabelle 2: Expressionslevel des humanen Tau-Proteins (humanes Tau relativ zum Maus-Tau)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die in der Tabelle aufgeführten Nummern, die mit Hilfe von Ohrmarken an der Maus befestigt sind, ermöglichen eine eindeutige Identifikation des Versuchstiers. Wenn die Mäuse die Ohrmarken im Käfig verloren haben, wurde ihnen eine Nummer aus dem Käfig zugeteilt um sie dennoch identifizieren zu können. Allerdings erhielten nicht-transgene Mäuse, die aus Verpaarungen von zwei nicht-transgenen Eltern stammen, keine Ohrmarken. Die Nummern wurden mit „unbekannt“ ersetzt. Da für meine statistische Analyse die Nummer der Maus von erheblicher Bedeutung ist, wurde ein neues Nummerierungssystem eingeführt. Dieses besteht aus den Buchstaben „nn“[16] gefolgt von einer Zahl. In diesem Fall sind das

„nn1“ und „nn2“.

Da im Laufe der vielen Versuchsreihen einzelne nicht-transgene Individuen gleicher Linie mit gleichem Alter und Geschlecht ohne Ohrnummer nicht mehr einwandfrei zu unterscheiden sind, ist die neue Nummerierungsart auch für spätere Auswertungen sinnvoll. Somit wird bei einem Vergleich von älteren und neueren Analysen die eindeutige Indentifikation der Individuen gewährleistet.

2.1.4. Konfokales Laserscanning-Mikroskop

Theoretische Grundlagen der Konfokalmikroskopie: Das Prinzip der Konfokalmikroskopie wurde 1953 von Marvin Minsky, einem Professor am Massachusettes Institute of Technology in Cambridge, entwickelt. Mit Hilfe dieses neuen Mikroskops war es möglich sukzessive tiefere Schichten von relativ dicken Präparaten abzubilden ohne vorher Dünnschnitte anfertigen zu müssen.

Das Laserscanning-Mikroskop ("laser-scanning confocal microscope", LSCM oder LSM) kann in drei wesentlichen Punkten vom konventionellen Mikroskop unterschieden werden:

1.) Statt das gesamte Objekt gleichmäßig auszuleuchten wird nur jeweils ein winziger Lichtpunkt durch das Objektiv auf das Präparat fokussiert und dort abgebildet [19].
2.) Dickere Objekte lassen sich bei konventioneller Mikroskopie nicht mehr scharf abbilden, da dem Bild von oberund unterhalb der Brennebene unscharfe Beiträge beigemischt werden. Dadurch werden alle feineren Objektstrukturen überstrahlt und verschwimmen. Die einfache Lochblende des LSMs, das "pinhole", verhindert dieses Problem durch Eliminierung des störenden Streulichtanteils außerhalb der Brennebene. So wird ein konfokales Abbilden des Lichtpunktes möglich, d.h. Streulicht außerhalb der Focusebene (=Brennebene) wird ausgeblendet und trägt nicht zur Bildentstehung bei [19].
3.) Das Gesamtbild entsteht schließlich dadurch, dass der winzige Lichtpunkt zeilenförmig über das Objekt geführt wird (scannen). Bilddatensätze, die bei diesem Rastervorgang aufgenommen werden, können nachträglich zu einem 2D- bzw. 3D-Bild kombiniert werden[19].

Mithilfe der konfokalen Mikroskopie ist es also möglich virtuell optische Schnitte durch ein Objekt in unterschiedlicher Schichttiefe vorzunehmen. Anschließend können diese Bilder mit einer entsprechenden Software zusammengefügt werden [19].

2.1.5. Software

Zur Auswertung und Analyse der experimentell ermittelten Daten wurden drei Softwareprogramme verwendet:

Umwandlung von ids/ics zu tiff EZ-FLIM Off-Line, Version 2.5 build 136 Coord Automatisering C.J.R. van.der.Oord@Coord.nl Copyright © 2001 Analyse des Neokortex ImageJ 1.37c Wayne Rasband

National Institutes of Health, USA Java 1.5.0-06

Auswertung der Daten R version 2.6.1 (2007-11-26) Copyright © 2007 The R Foundation for Statistical Computing

2.2. Methoden

2.2.1. Präparation der Mausgehirne

Bevor das Gehirn bearbeitet und analysiert werden konnte musste die Maus perfundiert werden. Vor der Perfusion wurde die Maus tierschutzkonform[17] betäubt und dann auf einer vorbereiteten Platte befestigt. Dies geschah mit Hilfe von Klebeband an den Extremitäten mit der Ventralseite nach oben liegend. Wurde die Maus vorschriftsmäßig befestigt, überprüfte man durch eine schmerzhafte Reizung der Extremitäten mit einer Pinzette, ob die Betäubung vollständig eingetreten war. War dies der Fall konnte der Bauchraum geöffnet werden. Dann wurde durch Kappen der Rippenbögen das Herz ohne beschädigt zu werden freigelegt und der Herzbeutel entfernt. Danach wurde eine Kanüle in die linke Herzkammer des noch schlagenden Herzens eingeführt und der rechte Vorhof aufgeschnitten. Die Vorspüllösung (0,9% NaCl) floss ca. fünf Minuten über die Infusionsnadel ins Herz und verließ den Körper über den rechten Vorhof. Dadurch wurde das Herausleiten des Blutes aus dem

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Perfusion Setup

Diagramm [20]

Tier gewährleistet, da sonst bei weiterer Behandlung mit PFA, die im Blut enthaltenen Proteine aggregieren würden. Wenn das Blut entfernt wurde, konnte man die Fixierlösung (4% PFA in PBS) verwenden. Durch die an der Kanüle befestigte Gabelung zweier Schläuche konnte ein reibungsloser Übergang zwischen beiden Lösungen erfolgen. Der dazu benötigte Druckausgleich wurde duch Zudrehen der Vorspüllösung und gleichzeitiger Öffnung der Fixierlösung erreicht. Nach ca. zehn Minuten trat die Erstarrung des Körpers ein. War dieser Zustand erreicht wurde die Perfusion beendet (Abb. 9).

Zur weiteren Durchführung der Präparation des Gehirns wurde das Tier vom Arbeitsplatz entfernt und an gesonderter Stelle dekapitiert[18], der restliche Körper wurde entsorgt. Zur Freilegung des Gehirns wurden unterhalb der Medulla Schnitte vom Nacken in Medianebene zur Schnauze vorgenommen. Das Gehirn wurde von der Hirnhaut und der Bulbus Olfaktorius vom Rest des Gehirns getrennt. Jetzt konnte das Gehirn in 4% PFA in PBS überführt werden und im Kühlraum bei 4°C für 24h zur Nachfixierung auf eine Schüttelwaage gestellt werden. Danach wurde das Gehirn bis zur Weiterverarbeitung bei 4°C in PBS gelagert. Die Beschriftung des Behältnisses erfolgte entsprechend der Mauslinie.

2.2.2. Koronarschnitte

Nach Entnahme des Gehirns wurden mit Hilfe eines Vibratoms (Leica VT1000S) Koronarschnitte in 50µm Dicke angefertigt. Während der Durchführung befanden sich die Schnitte in PBS unter Kühlung durch Eis. Die Schnitte wurden ab sichtbarem Erscheinen des Hippocampus gesammelt (siehe Abb.10) und in PBS befüllten Well-Platten bei 4°C gelagert. Die Platten wurden mit einem Deckel und Parafilm abgedichtet. Die späteren Mikroskopien wurden an drei bestimmten Regionen durchgeführt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: K oronarschnitt eines Mausgehirns; Hippocampus ist zu sehen (rot eingekreist). Die lilafarbenen Kästchen (Region 1 bis 3) bezeichnen den Analysebereich. Von diesen Regionen werden später Fotos am LSM gemacht, die anschließend ausgewerted werden [21].

[...]


[1]das sind Stapel des Endoplasmatischen Reticulums mit zahlreichen Ribosomen

[2]Unter Neurogenese versteht man die Bildung von Nervenzellen aus bestimmten Stammoder Vorläuferzellen. Neuere Untersuchungen zeigen, dass die Neurogenese nicht nur während der Embryonalentwicklung, sondern auch noch im adulten Gehirn stattfindet. Neugebildete Körnerzellen scheinen im Hippocampus eine Funktion in der Bildung oder Konsolidierung des Lanzgzeitgedächtnisses zu haben. Im wesentlichen ist über die Funktion der neugebildeten Zellen beim Menschen jedoch wenig bekannt, da die bisherigen Aussagen auf Tiermodellen beruhen [1].

[3]Unter einer Demenz versteht man eine fortschreitende Erkrankung des Gehirns, die die bereits erworbenen kognitiven Funktionen und geistige Leistungsfähigkeit bei einem erwachsenen bzw. alten Menschen vermindert.

[4]Das Fortschreiten oder die zunehmende Verschlimmerung des Krankheitsverlaufs.

[5]Ein über das gesunde Altersmaß hinausgehender Gewebsschwund wird als Atrophie bezeichnet.

[6]Die Unfähigkeit erlernte willkürliche Handlungen bei intakter motorischer Funktion auszuführen wird als Apraxie bezeichnet. Es liegt dabei keine Lähmung vor [8].

[7]Eine Aphasie bezeichnet eine Sprachstörung nach abgeschlossenem Spracherwerb, bei der der Patient nicht in der Lage ist Informationen in Form von Sprache oder Schrift zu verstehen oder bzw. zu begreifen. Man unterscheidet die motorische und sensorische Aphasie [8].

[8]Eine Agnosie bezeichnet die Unfähigkeit Dinge zu erkennen, obwohl die erforderliche Sinnesfunktion intakt ist [8].

[9]Bei der familiär gehäuften AD (FAD, familiar alzheimer disease) ist der Gendeffekt auf die Mutation des Presenilin 1-Gens auf Chromosom 14, des Presenilin 2-Gens auf Chromosom 1 oder Mutation des APP-Gens auf Chromosom 21 zurückzuführen. Des weiteren besteht eine Verbindung zwischen der Erkrankung und dem e4-Allel von Apolipoprotein E (ApoE) [5].

[10]neurofibrillary tangles

[11]Acetylcholin dient im Gehirn vor allem Nervenzellen, die für das Erinnern, das Denken, das Lernen und das räumliche Orientieren zuständig sind, zur Signalübertragung.

[12]Neurodegenerative Krankheitsbilder, deren gemeinsames Merkmal die Ansammlung des Tau-Proteins im Gehirn ist, werden als Gruppe der Tauopathien zusammengefasst.

[13]paired helical filamentes

[14]straight filaments

[15]Bei einer Neurodegenerativen Erkrankung handelt es sich um eine meist langsam fortschreitende Erkrankung des Nervensystems, die sowohl erblich als auch sporadisch auftreten kann. Das Hauptmerkmal bildet dabei der fortschreitende Verlust von Nervenzellen, der zu verschiedenen neurologischen Symptomen wie Demenz und Bewegungsstörungen führt [6].

[16]„nn“ steht dabei wahlweise für „nicht nummeriert“ oder auch „no number“

[17]laut: Tierschutzkonforme Anästhesie und Analgesie bei Labornagetieren

[18]Kopf wird vom Nacken abgetrennt

Ende der Leseprobe aus 103 Seiten

Details

Titel
Automatisierung der morphometrischen Analyse des Neokortex von Tau-transgenen Mäusen
Hochschule
Universität Osnabrück
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
103
Katalognummer
V112455
ISBN (eBook)
9783640111510
ISBN (Buch)
9783640112821
Dateigröße
4420 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Interdisziplinäre Arbeit der Fächer Informatik und Neurobiologie
Schlagworte
Automatisierung, Analyse, Neokortex, Tau-transgenen, Mäusen
Arbeit zitieren
Bachelor of Science Miriam Kreyenborg (Autor:in), 2008, Automatisierung der morphometrischen Analyse des Neokortex von Tau-transgenen Mäusen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112455

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