Digitale Musik und effiziente Allokation

Urheberrechtsschutz und Copyright im Bereich Musik - Ein Vergleich


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

45 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

0 Einleitung

1 Digitale Musik als öffentliches Gut
1.1 Öffentliche Güter
1.2 Anreize zur marktlichen Bereitstellung

2 Grundlagen der Property-Rights-Theory

3 Property Rights für Musik in Urheberrecht und Copyright
3.1 Das kontinental-europäische Urheberrecht
3.1.1 Inhalte
3.1.2 Property Rights
3.2 Das anglo-amerikanische Copyright Law
3.2.1 Inhalte
3.2.2 Property Rights

4 Copyright und Urheberrecht - Rahmenbedingungen für eine effiziente Allokation von Musik?

5 Fazit

Anhang
A Gesetzestexte
A.1 Urheberrechtsgesetz
A.2 Copyright Law

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

0 Einleitung

In der heutigen Zeit ist es einfach geworden, sich jederzeit mit digitaler Musik zu versorgen. Besonders die illegalen Musiktauschbörsen erlebten in den neunziger Jahren einen Boom. Musik war sofort und kostenlos verfügbar. Aufgrund der Neuheit und Einfachheit dieser Möglichkeiten gibt es wenig Rechtsbzw. Unrechtsempfindungen bei den Nutzern. Der Schaden, der durch dieses Verhalten bei den Produzenten der Musik entsteht, ist, besonders nach Angaben der Musikindustrie, groß.

Unter anderem aus diesem Grund gibt es Gesetze, die die Produzenten von geistigen Schöpfungen vor unbefugter Nutzung ihrer Werke schützen. In Europa existiert hierzu das Urheb err echtsgesetz , in den Vereinigten Staaten von Amerika wird das Copyright angewandt. Die beiden Gesetze haben Gemeinsamkeiten und Unterschiede,[1] auf die im Verlauf der Arbeit näher eingegangen wird. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den ökonomischen Auswirkungen der beiden Konzepte. Als Grundlage für diese Betrachtung wird die Theorie der Property Rights dienen. In diesem Zusammenhang soll untersucht werden, wie sich die Aspekte der Verfügungsrechte, des Eigentums und der Allokation jeweils in den unterschiedlichen Szenarien verhalten.

Zuerst soll zu diesem Zweck auf digitale Musik als öffentliches Gut und die Probleme, die dadurch entstehen eingegangen werden. Im Folgenden werden die Grundlagen der Property- Rights-Theory erläutert und diese, nach der Vorstellung der beiden Gesetze, auf die vorliegende Rechtslage angewandt.

1 Digitale Musik als öffentliches Gut

1.1 Öffentliche Güter

Ökonomische Güter lassen sich anhand unterschiedlicher Kriterien in verschiedene Kategorien einteilen. Anhand der folgenden zwei Eigenschaften lassen sich private bzw. öffentliche Güter differenzieren.[2] Als erstes Kriterium soll die Ausschließbarkeit herangezogen werden. Öffentliche Güter gelten als nicht-ausschließbar.[3] Dies bedeutet, dass es grundsätzlich unmöglich, bzw. mit hohen Kosten verbunden wäre, diejenigen von der Nutzung des Gutes auszuschließen, die keinen Preis dafür entrichten.[4] Sind öffentliche Güter erst einmal produziert, können sie praktisch keinem mehr vorenthalten werden.[5] Hierzu auch Bauckhage:

Once it is shared and no guarded secret anymore, its proliferation cannot be controlled or ” stopped and it is difficult to keep certain groups excluded from its consumption. The enforcement of exclusion of information goods is often difficult.“[6] Am Beispiel digitaler Musik ist dies daran zu erkennen, dass ein Stück, ist es erst einmal geschrieben, aufgenommen, produziert und veröffentlicht, als ein Werk geistiger Schöpfung jedem zugänglich ist, der daran Interesse zeigt. Im Gegensatz dazu gilt z.B. eine Kinovorführung als ein ausschließbares Gut, da für dessen Nutzung ein Eintrittspreis entrichtet werden muss.

Das zweite Kriterium zur Einordnung ökonomischer Güter ist die Rivalität. Allgemein heißt es hierzu: wenn ein Gut von einem Individuum verbraucht, konsumiert wurde, steht es niemand anderem mehr zur Verfügung“.[7] In Bezug auf Informationsgüter (also auch digitale Musik)[8] kann davon ausgegangen werden, dass eine Information (ein Musikstück), wenn sie durch ein Wirtschaftssubjekt verwendet (gehört) wird, ein weiteres Wirtschaftssubjekt die Information genauso nutzen kann, ohne dass dieses Subjekt hierbei durch die vorherige Nutzung beeinträchtigt wird.[9] Es liegt Nicht-Rivalität in der Nutzung vor.

Wenn allerdings davon ausgegangen wird, dass digitale Musik zu einem erheblichen Teil aus geistiger Schöpfung der Urheber, also einem Immaterialgut besteht, ist bei genauer Betrachtung eine Besonderheit zu beachten: Die eigentliche Nutzenstiftung - die das immaterielle

Gut erst zu einem Gut im ökonomischen Sinne macht - kann immer erst in Kombination mit einem privaten Gut erfolgen.[10] Im Fall digitaler Musik ist dieses private Gut der Datenträger, der dem Nutzer das Abspielen der Musik ermöglicht. Dieser Datenträger, beispielsweise in Form einer Festplatte oder CD trägt folglich die Merkmale der Rivalität und Ausschließbarkeit. Aus dieser Kombination von geistiger Schöpfung (öffentliches Gut) und einem Datenträger (privates Gut) erschließt sich für digitale Musik die Klassifizierung eines öffentlichen Gutes mit den Merkmalen der Ausschließbarkeit und der Nicht-Rivalität.[11] Diese Kombination wird als ausschließbar öffentliches Gut bezeichnet. Das Trägermedium als Komponente des öffentlichen Gutes ist ausschließbar, bei der Nutzung der digitalen Musik beeinträchtigen sich mehrere Wirtschaftssubjekte allerdings nicht gegenseitig (Nicht-Rivalität).

Ein gewisser Grad an Ausschließbarkeit kann auch ungewollt erzeugt werden. Digitale Musik wird durch den Einsatz von technischen Mitteln verbreitet. In diesem Zusammenhang spielt das Internet eine große Rolle. Nutzer haben die Möglichkeit, die gewünschten Musikstücke von Internetplattformen herunterzuladen. Den Distributionskanälen dieser Download-Plattformen sind quantitative Grenzen gesetzt, d.h. dass es bei extrem großer Nachfrage zu einer überlastung kommen kann. Diese überlastung führt zu Verzögerungen der gewünschten Downloads, bzw. auch zu einem Versagen des gesamten Systems. So können einzelne User daran gehindert werden, in den Besitz eines bestimmten Musikstücks zu gelangen. Die gewünschten Güter wären also in diesem Moment ausschließbar.

Analog dazu wird aktuell versucht durch sogenannte Digital Rights Management-Systeme“ Ausschließbarkeit zu erzeugen. Beispiele hierfür sind z.B. sogenannte Wasserzeichen, die in die digitale Informationen eingebettet werden und Informationen über den Urheber beinhalten können, oder Verschlüsselungen, die die unbefugte Nutzung von digitalen Gütern verhindern. Durch Implementierung dieser Mechanismen kann es zu einer Senkung der Qualität des digitalen Gutes kommen. Auf die Frage der Qualität soll im Zusammenhang mit Kopien von digitalen Informationsgütern in Abschnitt 1.2 noch näher eingegangen werden. In den weiteren Ausführungen wird, wenn nicht anders erwähnt, vom Fehlen solcher Schutzsysteme ausgegangen.

Wie oben erwähnt, handelt es sich also bei digitaler Musik um ein ausschließbar öffentliches Gut. Die damit einhergehenden Probleme werden im folgenden Abschnitt erläutert.

1.2 Anreize zur marktlichen Bereitstellung

Wird davon ausgegangen, dass bei digitaler Musik weder durch technische noch durch allokative Engpässe eine Begrenzung der Nutzung vorliegt, haben die Konsumenten keinen Grund ihre Zahlungsbereitschaften für das Gut darzulegen, bzw.

überhaupt einen Preis für die Nutzung des Gutes zu entrichten. Aufgrund der heutigen technischen Gegebenheiten ist es möglich geworden, Informationsgüter, zu denen auch die Musik gehört, zu beanspruchen, oh-ne dafür ein Entgeld zu bezahlen.[12] Ein gutes Beispiel hierfür sind die schon angesprochenen Download-Plattformen in ihrer illegalen Ausprägung. Da es heutzutage technisch möglich ist, digitale Information relativ anonym über schnelle Distributionswege weiterzugeben, nutzen immer mehr Menschen die Möglichkeit, Musik kostenlos zu konsumieren. Eine Begründung für den Anstieg des illegalen Kopierverhaltens ist auch bei Landes und Posner[13] zu finden: Die Kosten einer Kopie liegen für den illegalen Kopierer niedriger als für den Urheber, da für Ihn nicht die Kosten (und Zeit) für die Bearbeitung des Originals anfallen. Somit ist er in der Lage, das Gut günstiger oder kostenlos anzubieten. Weitere Gründe für den Anstieg des unbefugten Kopierens sind neben der Anomymität auch die schlechte Sanktionierbarkeit im Raum Internet. Die Konsumenten wissen, dass sie nicht oder nur schlecht überwacht werden können und verfolgen deswegen ihre eigenen Interessen und nehmen auch in Kauf, anderen zu schaden.[14] Durch die illegale, kostenlose Nutzung entgehen den Produzenten der Musik Einnahmequellen. Natürlich fallen aber für die Produktion des Gutes Musik Kosten an, die im Fall von privaten Gütern nach dem Prinzip der Gleichheit von Grenzkosten und Preis an den Konsumenten weitergegeben werden. Folglich sind Produzenten eines öffentlichen Gutes nicht in der Lage ihre Grenzkosten über den Preis des hergestellten Gutes zu decken.

Verstärkt wird dieser Effekt dadurch, dass die Musik beliebig oft kopiert und weitergegeben werden kann. Aufgrund des angesprochenen Trittbrettfahrerverhaltens[15] fehlen den Produzenten die Anreize, weitere Güter zu produzieren und bereitzustellen. Im Zusammenhang mit der dynamischen Effizienz, d.h. der zukünftigen Entwicklung, ist folglich festzustellen, dass aus der aktuellen Nicht-Entlohnung der Künstler in ihrer Funktion als Bereitsteller von Informationsgütern ein Marktversagen in der Form resultiert, dass die Produzenten in der Zukunft keine oder nicht genügend Güter herstellen werden. Es ist in diesem Zusammenhang von einem nicht-absoluten Marktversagen[16] auszugehen. Ein völliger Stillstand des Marktes entsteht nur, wenn hohe Transaktionskosten[17] den Tausch komplett verhindern.

Fraglich ist jedoch, ob den Produzenten tatsächlich Einnahmequellen entgehen.[18] Durch die Existenz illegaler Kopien, die billiger angeboten werden können als Kopien des Originals, wird dem Anbieter des Originals nicht die Möglichkeit genommen seinerseits Kopien anzubieten. Sollten diese Kopien qualitativ höher eingeordnet werden können als die illegalen Kopien, stellen diese kein Substitut zum Originalanbieter dar. Somit werden die Einnahmen des Schöpfers in keinem erheblichen Maße beeinträchtigt. Hierzu Posner genauer: a copy, ” however accurate, may be such a poor substitute in the market that it will have no negative effects on the price of the artist’s work.“[19]

Stellt man sich ein anderes Szenario vor, so können Kopien sogar den Absatz des Originals erhöhen. Im Zusammenhang mit Musik kann man hier an eine öffentliche Aufführung eines Musikstückes denken.[20] So kann die Darbietung eines Künstlers die Rezipienten dazu bewegen (sofern ihnen die Darstellung gefallen hat) ein Exemplar des Originals käuflich zu erwerben. Kopien in dem eben dargestellten Sinn sind also keineswegs ausschließlich negativ zu bewerten.

2 Grundlagen der Property-Rights-Theory

Beschäftigt man sich mit den ökonomischen, rechtlichen oder sozialen Handlungsrechten von Wirtschaftssubjekten, versteht man unter Property Rights“ Handlungsoder Verfügungsrechte[21], die sozial akzeptierte Handlungsmöglichkeiten[22] im Umgang mit Gütern und Ressourcen darstellen. In der Theorie der Property Rights wird davon ausgegangen, dass Einzelpersonen Verfügungsrechte nach dem Grundsatz des Privateigentums erhalten, und dass Eigentumsrechte nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit übertragbar sind.[23] Auf der Grundlage von knappen Gütern und Ressourcen[24] entstehen die Property Rights als sanktionierte Verhaltensbeziehungen zwischen Menschen.[25] Die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten von Gütern und Ressourcen werden durch die Verfügungsrechtsstruktur einer Gesellschaft, die sich aus den ökonomischen und sozialen Beziehungen zusammensetzt, festgesetzt.[26] Das Hauptziel der Property Rights-Theorie ist die Untersuchung der Auswirkungen des Inhalts der Verfügungsrechte auf die Allokation und die Nutzung der Güter. Nicht nur die phyischen Eigenschaften eines Gutes beeinflussen dessen Wert oder die Nutzungsintensität.[27] Vielmehr kann auch die Veränderung der dem Gut zugehörigen Eigentumsoder Handlungrechte zu einem veränderten Verhalten der Wirtschaftssubjekte führen und allokative und distributive Auswirkungen verursachen.

Sind die Handlungsund Verfügungsrechte in Bezug auf ein Gut vollständig spezifiziert, werden externe Effekte internalisiert und eine effiziente Ressourcennutzung möglich gemacht.[28] Nur durch übertragung aller Verfügungsrechtstypen kann exklusives Eigentum, welches eine effiziente Allokation[29] ermöglicht, hergestellt werden.[30]

Die Theorie der Property Rights unterscheidet vier Arten von Verfügungsrechten[31] :

1. Das Recht der Nutzung (usus)

Ein Gut kann mehrere, sich gegenseitig nicht ausschließende, Nutzungsmöglichkeiten besitzen. Es muss nicht der volle Umfang der Nutzungsrechte auf ein Wirtschaftssubjekt konzentriert sein. Besitzt jemand das Recht der Nutzung an einem Gut, ist er außerdem befugt, andere von der Nutzung dieses Gutes auszuschließen.

2. Das Recht der Ver ¨ anderung (ab usus)

Das Recht der Veränderung befugt den Eigentümer dazu, das vorliegende Gut nach seinem Ermessen und Wunsch zu verändern.

3. Das Recht der Fruchtziehung (usus fructus)

Hierbei handelt es sich um das exklusive Recht, sich die Erträge aus der Nutzung eine Gutes anzueignen“ sowie andere davon auszuschließen.

4. Das Recht der übertragung (Transferrecht)

Der Träger dieses Rechts ist dazu befugt die soeben genannten Rechte auf andere zu übertragen und zu diesem Zweck Verträge zu gestalten und zu schließen.

Erwirbt ein Wirtschaftssubjekt alle Verfügungsrechtstypen über ein Gut auf sich, so wird exklusives Eigentum hergestellt. Durch den Transfer des kompletten“ Verfügungsrechtsbündels wird sichergestellt, dass das Gut auf der Basis des freiwilligen Tauschs an den Ort der höchsten Bewertung, und folglich auch der höchsten Nutzenstiftung, gelangen kann.[32] Dieser Zusammenhang wird auch als (wie obig schon erwähnt) effiziente Allokation bezeichnet.

Durch die Zuordnung exklusiven Eigentums an einer Knappheit (die zur Internalisierung externer Effekte dient) entstehen Transaktionskosten, die sich vorrangig aus den Kosten für die

Spezifikation, die personelle Zuordnung, Kontrolle und Durchsetzung der Verfügungsrechte zusammensetzen.[33] Diese Transaktionkosten dürfen, um Effizienz zu sichern, den Wert des Gutes nicht überschreiten.[34] Die Transaktionskosten bilden in Verbindung mit dem Wert des Gutes die Grundlage für ein Wert-Kosten-Kalkül, durch welches die sogenannte angepasste Exklusivität entsteht.[35]

überschreiten die Kosten für die Internalisierung der externen Effekte den Wert des Gutes, unterbleibt diese. Es liegen also prohibitiv hohe Transaktionskosten vor. Je nach Grad der Internalisierung - dieser ergibt sich aus dem eben schon erwähnten Wert-Kosten-Kalkül zwischen Transaktionskosten und Wert des Gutes - kann also die Exklusivität zwischen absoluter und und Non-Exklusivität variieren. Für den Umgang mit Knappheiten muss angepasste Exklusivität hergestellt werden, um die Möglichkeit zu haben, den Exklusivitätsgrad (mit dem Ziel einer effizienten Allokation) zu steigern.

Die Möglichkeiten des Handels mit Verfügungsrechten werden durch Gesetze, wie das Urheberrecht und das Copyright, eingeschränkt und begrenzt.[36] Sie stellen also Sets sanktionierender Handlungsbeschränkungen dar.[37] Durch Bündel von Handlungsrechten werden die Handlungsmöglichkeiten definiert, und durch die Sets sanktionierender Handlungsbeschränkungen (wie das Urheberrecht und das Copyright) ein Anreiz erzeugt, Eigentum zu respektieren. Die beschränkenden Gesetze müssen nach Hayek die Anforderungen universeller Regeln erfüllen.[38] Diese definiert er als A l lgemeinheit (auf alle Individuen gleich anwendbar), A bstraktheit (keine Berücksichtigung von partikulären Umständen) und Gewissheit (Rechtssicherheit auch in der Zukunft). Werden gültige allgemeine Regeln verwendet, so wird exklusives Eigentum zugeordnet und konkurrierende Ansprüche ohne die Verwendung von willkürlichem Zwang entschieden.[39] Handlungsbeschränkungen wie das Urheberrecht und das Copyright sollen Anreize generieren, eben diese Beschränkungen zu akzeptieren.

Wird eine überwachung, und bei einem Verstoß gegen die Handlungsbeschränkungen, auch die Durchsetzung dieser notwendig, steigen die Transaktionskosten.

3 Property Rights für Musik in Urheberrecht und Copyright

Wie in Abschnitt 1.2 geschildert, fehlen den Produzenten von digitaler Musik Anreize zur ausreichenden Produktion Ihrer Kreationen. Grund dafür sind die Eigenschaften der ausschließbar öffentlichen Güter, die der Musik anhaften. Aufgrund der nicht autorisierten Nutzung durch die Trittbrettfahrer entsteht ein Marktversagen.[40] Zur Lösung dieses Problems müssen Anreize in Form von Erträgen, die der Produzent für seine Schöpfung erhält, geschaffen werden. Copyrights und Urheberrechte stellen eine künstliche Versteuerung dar, um die technisch problemlose übertragung von Informationsgütern auf Informationsträger für Unbefugte zu kompensieren, bzw. zu sanktionieren.[41] Sie schützen den Produzenten (oder auch Rechteinhaber) vor unbefugter Nutzung seiner Schöpfung und erzeugen hinsichtlich der Vermarktung des Gutes eine gesetzlich geschützte, zeitlich begrenzte Monopolstellung. Das im europäischen Raum entstandene und verwendete Urheberrecht sowie das amerikanische Copyright weisen grundlegende, juristisch und ökonomisch relevante, Unterschiede auf,[42] die im Folgenden erläutert werden sollen. Dabei sollen auch die Aspekte der Property Rights-Theory einbezogen werden.

3.1 Das kontinental-europäische Urheberrecht

3.1.1 Inhalte

Das kontinental-europäische Urheberrecht findet in Deutschland seine gesetzliche Verankerung im Urheberrechtsgesetz (UrhG)[43] und schützt die Hervorbringer von Geisteswerken ” gegen die Entstellung und gegen die wirtschaftliche Ausbeutung ihrer Werke. Schutzgobjekt des Urheberrechts sind nicht die Werke selbst, sondern der Urheber.“[44] Hierzu § 11 UrhG: Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen ” zum Werk und in der Nutzung des Werkes“ und dient zugleich der Sicherung einer ange- ” messenen Vergütung für die Nutzung des Werkes.“ Hier finden sich sogleich die elementaren Aspekte des Urheberrechts: Es besteht zum einen aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht (§§ 12, 13 und 14 UrhG), das den Urheber gegen die Entstellung seines Werkes schützt, zum anderen aus dem Verwertungsrecht (§ 15-24 UrhG), das zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen des Urhebers am Werk dient.[45] Während sich die §§ 12 bis 14 UrhG mit der persönlichen Beziehung des Urhebers zu seinem Werk beschäftigen, regeln die §§ 15 bis 24 UrhG das ausschließliche Recht des Urhebers, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten. Hierzu zählen insbesondere das Vervielfältigungs-, Verbreitungsund Ausstellungsrecht. Weitere Verwertungsformen sind u.a. das Senderecht oder das Recht der Wiedergabe durch Bildund Tonträger.

§ 2 UrhG i.V.m. § 1 UrhG definiert, welche Werke dem Schutz des Gesetzes unterstehen.

Besonders hervorzuheben ist hierbei der Aspekt der persönlichen geistigen Schöpfung“( 2 Abs. 2 UrhG). Das Urheberrecht kennt nur die natürliche Person als Schöpfer eines Werks.[46]

Eine Besonderheit des europäischen Urheberrechtsgesetzes findet sich in § 29 UrhG. Hier heißt es:

(1) Das Urheberrecht ist nicht übertragbar, es sei denn, es wird in Erfüllung ” einer Verfügung von Todes wegen oder an Miterben im Wege der Erbauseinandersetzung übertragen.

(2) Zulässig sind die Einräumung von Nutzungsrechten (§ 31), schuldrechtliche Einwilligungen und Vereinbarungen zu Verwertungsrechten sowie die in § 39 geregelten Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte.“

Im Urheberrecht sind also die persönlichkeitsrechtlichen Elemente des Urheberrechts unveräußerlich, unübertragund verzichtbar.[47] Das bedeutet, dass das Werk im Kern - die Idee, bzw. die Schöpfung - beim Urheber verbleibt und auch nicht abgetreten werden kann. Es werden lediglich die Werknutzungsrechte in unterschiedlichen Variationen verkehrsfähig“[48].

Laut § 39 UrhG darf der Urheber gegenüber dem Inhaber eines Nutzungsrechts allerdings Einspruch erheben, sollte dieser das Werk in einer Weise verändern und veröffentlichen wollen, die der Urheber für nicht zumutbar hält. Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten (die nach § 31 UrhG zeitlich beschränkt werden dürfen) Anspruch auf eine angemessene Vergütung (§ 32 UrhG). Es ist also nicht erlaubt, ein Werk zu nutzen, ohne ein Entgeld dafür zu entrichten. Zu dieser Regelung werden in den §§ 44a ff UrhG Ausnahmen eingeräumt. So ist es z.B. Schulen erlaubt, Werke oder Teile von Werken in geringem Umfang für den Unterricht in Sammlungen zusammenzufassen und zu nutzen (§ 46 UrhG) oder Kopien von Werken, die für Schulfunksendungen genutzt werden, anzufertigen (§ 47 UrhG). Eine weitere Ausnahme stellen Vervielfältigungen zum privaten und sonstigem eigenen Gebrauch“ dar (§ 53 UrhG). Das europäische Urheberrecht bleibt nach dem Tod des Urhebers 70 Jahre lang bestehen (§ 64 UrhG).

3.1.2 Property Rights

Wie schon in Kapitel 2 erläutert wurde, definiert sich der Wert eines Gutes nicht nur über seine physischen Eigenschaften, sondern auch maßgeblich über die ihm anhaftenden Verfügungsrechte. Weiterführend lässt sich sagen, dass nicht das Gut selbst, sondern die Bündel der Verfügungsrechte der Nutzung, Veränderung, Fruchtziehung und des Transfers Objekt des Austauschs sind. Soll also digitale Musik erworben werden, ist für den Käufer entscheidend, welche Rechte er mit dem Kauf eines Stücks erwirbt.

Aus den §§ 12, 13 und 14 UrhG, die das Urheberpersönlichkeitsrecht begründen, resultiert in Verbindung mit § 29 UrhG, dass im europäischen Urheberrechtsgesetz keine vollständige übertragung des gesamten Verfügungsrechtsbündels vom Urheber auf Dritte erfolgen kann.[49] Durch Vertragsschluss können nur die durch das Urhebergesetz definierten Teilbereiche usus, ab usus und usus fructus personell zugeordnet werden. Das Transferrecht über die anderen Verfügungsrechte muss beim Urheber verbleiben, dieses ist ihm auf Lebenszeit zugeordnet.

Zu § 39 UrhG ist im Zusammenhang mit Property Rights nochmals daran zu erinnern, dass dem Urheber ein Einspruchsrecht“ im Falle einer ihm nicht zumutbar erscheinenden ” Veränderung seines Werkes zusteht, das er im Rahmen einer Transaktion an einen Interessenten übergeben hat. Dies stellt eine Einschränkung des erworbenen R e chts der Ver ¨ anderung (ab usus) dar. Sollten z.B. die Rechte an einem Musikstück vom Urheber auf einen Interessenten übertragen werden, da dieser das Stück als Vorlage für eine Cover-Version[50] verwenden möchte, kann der Urheber im Falle von einer starken Veränderung (Eingriff in Musik/Arrangement oder Text) die Veröffentlichung der Bearbeitung verhindern. Weiter ist zu beachten, dass das Urheberrecht u.a. durch die §§ 46, 47 und 57 UrhG Ausnahmen einräumt, innerhalb derer die Nutzung eines Werks auch unentgeltlich möglich ist.

Der Urheber hat also nicht die volle Gewalt über das komplette Verfügungsrechtsbündel, das seinem Werk anhaftet.[51] Diese Ausnahmen stellen einen Verstoß gegen Hayeks Grundsätze für allgemeine Regeln dar[52], da es nicht auf alle Individuen gleich anwendbar ist.

3.2 Das anglo-amerikanische Copyright Law

3.2.1 Inhalte

Im Gegensatz zum Urheberrecht stellt das Konzept des Copyright, wie es in den USA angewendet wird, den ökonomischen Aspekt einer Schöpfung in den Vordergrund.[53] Das Copyright belohnt nicht den Schöpfer eines Werkes, sondern schützt lediglich die wirtschaftlichen Investitionen. Ferner gibt es keine Differenzierung zwischen Sachund Persönlichkeitsrechten, jedes in Geld bewertbare Recht wird als Property Right verstanden.[54] Folglich können auch juristische Personen Inhaber des Copyrights sein. Häufig zu finden sind Arbeitgeber als Inhaber der Rechte an geistigen Schöpfungen ihrer Angestellten.

Ein wichtiger Gegensatz zum Urheberrecht liegt darin, dass das Copyright in vollem Umfang übertragbar ist.[55] Diese Tatsache wird in § 106 i.V.m. § 201 Abs. (d) Copyright Law deutlich. Es können also alle Rechte an einer Schöpfung an einen Interessenten verkauft werden, der dann die Schöpfung komplett sein Eigen nennen darf. In der Praxis bedeutet dies, dass der Autor eines Musiktitels alle Rechte an dem von ihm geschriebenen Stück an einen

Produzenten abgibt. Diese komplette Loslösung der Schöpfung vom Schöpfer ist im kontinentaleuropäischen Urheberrecht nicht denkbar. Die übertragung der Rechte kann laut §

203 Copyright Law vom Urheber zeitlich begrenzt werden. Details zum übergang der Rechte sind in den §§ 201 bis 205 Copyright Law zu finden, genaueres zu den Rechten des Inhabers des Copyrights im Spezialfall Musik wird in § 114 des Copyright Law erläutert.

Auch im amerikanischen Copyright gibt es für den Urheber Einschränkungen des Rechts auf Vergütung für die Nutzung. Diese werden in den §§ 107 und folgende des Copyright Laws genannt und erläutert. Einen wichtigen Punkt bildet in diesem Zusammenhang das sogenannte fair use“-Prinzip ( 107 Copyright Law), aufgrund dessen die Nutzung für bestimmte Zwecke auch unentgeltlich erlaubt ist. Das Copyright Law hierzu: the fair use of ” a copyrighted work, including such use by reproduction in copies or phonorecords or by any other means specified by that section, for purposes such as criticism, comment, news reporting, teaching (including multiple copies for classroom use), scholarship, or research, is not an infringement of copyright“.[56] Dieser Aspekt verhält sich ähnlich wie im Urheberrecht, eine genauere Betrachtung der Einzelfälle soll in dieser Arbeit nicht stattfinden.

Für Werke, die dem Schutz des amerikanischen Copyrights unterliegen und am oder nach dem 1. Januar 1978 geschaffen wurden, bzw. nicht vor dem 1. Januar 1978 veröffentlicht oder für das Copyright angemeldet wurden, greift das Recht noch für 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (§§ 302, 303 Copyright Law). Die Anmeldung für das Copyright wird empfohlen, ist heutzutage aber nicht mehr Voraussetzung (§ 408 Copyright Law).

3.2.2 Property Rights

Wie schon in Abschnitt 3.2.1 festgestellt wurde, ist im amerikanischen Copyright - im Gegensatz zum europäischen Urheberrecht - die übertragung aller Nutzungsund Verfügungsrechte über das Werk möglich. Es werden die Rechte der Nutzung, der Veränderung, der Fruchtziehung sowie das Transferrecht übertragen. Der Käufer eines Werks wird durch diese Tatsache zum Eigentümer der vollständigen Schöpfung und hat seinerseits wieder die Möglichkeit, die Rechte an dem Gut zu verwalten und sie nach Belieben auf den Nächsten zu übertragen. Durch die übertragung des kompletten Verfügungsrechtsbündels wird exklusives Eigentum an einer Knappheit, dem Werk, hergestellt.[57]

Wie auch schon im Urheberrecht existieren im Copyright Ausnahmen, im Falle derer die Nutzung der Werke unentgeltlich möglich ist (z.B. das fair use“-Prinzip). Diese Ausnahmen ” stellen einen Eingriff in die dem Urheber zustehenden Handlungsrechte dar und weichen von den Anforderungen ab, die Hayek[58] an allgemeine Regeln, wie es das Urheberrecht und das Copyright ja sein sollen, stellt.

[...]


[1] Vgl. Schack (2005), S. 11.

[2] Vgl. zum folgenden Absatz Kiefer (2001), S. 132-134.

[3] Vgl. zu öffentlichen Gütern Samuelson (1954).

[4] Vgl. Hardege (2006), S. 26.

[5] Vgl. Hardege (2006), S. 27.

[6] Bauckhage (2003), S. 235.

[7] Kiefer (2001), S. 132.

[8] Vgl. hierzu Raschka (2006), S. 32-34.

[9] Vgl. Hardege (2006), S. 26.

[10] Vgl. Walterscheid (2007), S. 112.

[11] Vgl. hierzu Wegehenkel (1991), S. 116f.

[12] Vgl. zum folgenden Absatz Hardege (2006), S. 27f.

[13] Vgl. Landes/Posner (1989), S. 329.

[14] Vgl. Richter/Furubotn (2003), S. 89.

[15] Vgl. hierzu Samuelson (1958), S. 334.

[16] Vgl. Richter/Furubotn (2003), S. 81.

[17] Vgl. hierzu Abschnitt 2

[18] Vgl. zu dieser Problematik Posner (2005), S. 64.

[19] Landes/Posner (1989), S. 329.

[20] Vgl. Posner (1998), S. 48f.

[21] Vgl. Tietzel (1981), S. 209.

[22] Vgl. Schmidtchen (1983), S. 9.

[23] Vgl. Richter/Furubotn (2003), S. 90.

[24] Die Knappheit zeigt sich durch Konflikte in der exklusiven Zuordnung der Güter und Ressourcen. Vgl. hierzu Walterscheid (2007), S. 99.

[25] Vgl. Furubotn/Pejovich (1974) b , S. 3.

[26] Vgl. zum folgenden Absatz Richter/Furubotn (2003), S. 91.

[27] Vgl. zur folgenden überlegung Tietzel (1981), S. 210.

[28] Vgl. Schmidtchen (1998), S. 8.

[29] im Sinne einer bestmöglichen Verwendung

[30] Vgl. hierzu Schmidtchen (1983), S. 27.

[31] Vgl. grundlegend zum folgenden Abschnitt Schmidtchen (1983), S. 8f.

[32] Vgl. Schmidtchen (1998), S. 10.

[33] Vgl. Walterscheid (2007), S. 102.

[34] Vgl. hierzu näher Walterscheid (2007), S. 102.

[35] Vgl. zu dieser überlegung Walterscheid (2007), S. 102-104.

[36] Vgl. Schmidtchen (1983), S. 11.

[37] Vgl. zur folgenden überlegung Walterscheid (2007), S. 100.

[38] Vgl. hierzu Hayek (1981), S. 31f.

[39] Vgl. zur Abgrenzung von allgemeinen Regeln und willkürlichem Zwang Schmidtchen (1983), S. 11-19.

[40] Vgl. Hardege (2006), S. 31f.

[41] Vgl. Koboldt/Weise (1994), S. 75.

[42] Vgl. Schack (2005), S. 11.

[43] alle für diese Arbeit relevanten Teile der Gesetzestexte sind im Anhang der Arbeit zu finden

[44] Fechner (2006), S. 100.

[45] Vgl. Fechner (2006), S. 101f.

[46] Vgl. Schack (2005), S. 11.

[47] Vgl. Jakob (2003), S. 17.

[48] Jakob (2003), S. 17.

[49] Vgl. zur folgenden überlegung Walterscheid (2007), S. 115.

[50] eine ” “ des ursprünglichen Stückes, je nach Wunsch des Bearbeiters mehr oder weniger stark Neuauflage verändert

[51] Vgl. hierzu Walterscheid (2007), S. 118.

[52] Vgl. Hayek (1981), S. 31f.

[53] Vgl. zum folgenden Absatz Schack (2005), S. 11f.

[54] Vgl. Jakob (2003), S. 16.

[55] Vgl. Jakob (2003), S. 17.

[56] Vgl. § 107 Copyright Law

[57] Vgl. Walterscheid (2007), S. 102.

[58] Vgl. Hayek (1981), S. 31f.

Ende der Leseprobe aus 45 Seiten

Details

Titel
Digitale Musik und effiziente Allokation
Untertitel
Urheberrechtsschutz und Copyright im Bereich Musik - Ein Vergleich
Hochschule
Technische Universität Ilmenau  (Wirtschaftswissenschaften)
Veranstaltung
Medienökonomie
Note
3,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
45
Katalognummer
V112298
ISBN (eBook)
9783640116904
Dateigröße
574 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Digitale, Musik, Allokation, Medienökonomie
Arbeit zitieren
Iris Grelus (Autor:in), 2007, Digitale Musik und effiziente Allokation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112298

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Digitale Musik und effiziente Allokation



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden