Niccolo Machiavellis Begriff der Republik


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2.1 Machiavellis Menschenbild
2.2 Machiavellis Geschichtsverständnis

3.1 Der Kreislauf der Staatsformen
3.2 Die beste Staatsform ist die Republik
3.3 Auf- und Niedergang der Republik

4. Schlussbetrachtung

5. Literaturverzeichnis

1.Einleitung

Der Begriff Machiavellismus wird vielfach verwandt als Vorwurf und synonym gebraucht mit Bezeichnungen für skrupellose Politik und amoralische Techniken des Machterhalts. Dies ist sicherlich die in negativster Absicht interpretierte Darstellung der Werke des florentinischen Staatstheoretikers. In seiner Schrift Il Principe zieht Machiavelli den Schluss, dass der Führer des Staates nach reinen Machtinteressen verfahren müsse und in seinem an die Staatsräson gebundenen Handeln selbst über dem Gesetz stehe. Damit beschreibt Machiavelli allerdings nur das beste Verhalten des Fürsten in einer absolut krisenhaften Situation. Bezogen auf den Normal- beziehungsweise den Idealfall lesen sich seine Vorstellungen, wie die Discorsi zeigen, jedoch ganz anders. Hier zeigt sich Machiavelli als klassischer Vertreter republikanischer Denkweise, der die Freiheit der Republik als Grundlage eines lebendigen Gemeinwesens preist.

Diese Arbeit ist dem Republikaner Machiavelli gewidmet und beschäftigt sich mit der Frage, warum Machiavelli die Republik als die beste Staatsform ansieht und wie er sie sich konkret vorstellt.

Wichtig zum Verständnis seiner politische Theorie sind sein Geschichtsverständnis und sein Menschenbild, die gleichsam als Basis seines Denkgebäudes dienen. Diese werden im ersten Teil der Arbeit vor dem Hintergrund ihrer Entstehung erläutert.

Im Hauptteil werden die sechs Regierungsformen aristotelischen Typs und der Kreislauf der Staatsformen nach dem Verständnis Machiavellis behandelt, um im Anschluss in Machiavellis Sinne die Republik als beste Staatsform zu begründen und deren Wesen idealtypisch zu beschreiben. Schlussendlich soll noch eine Einschätzung zur Stabilität und den Perspektiven einer machiavellistischen Republik versucht werden.

Wie kann seine Republik dem Zyklus des Verfalls widerstehen oder zumindest eine möglichst lange Lebensdauer erreichen? Welche Beispiele gelten ihm als Vorbild?

2.1 Machiavellis Menschenbild

Machiavellis Menschenbild ist ein wichtiger Aspekt in der Konzeption seiner politischen Theorie und ist Grundlage seiner Gedanken zu Menschen- und Staatsführung. Sein Verständnis entwickelte er vor allem im Studium der Antike und durch die Lektüre ihrer Geschichtsschreiber, insbesondere der des Livius.[1] Sein derart geprägtes Menschenbild läuft konträr zu vielen anderen Denkern seiner Zeit, die die Freiheit und Rationalität des Menschen postulierten. Nach eigener Aussage im Vorwort zu seinen Discorsi verfolgt er den Anspruch, den Menschen ihren Irrtum zu nehmen und aus der Geschichte die richtigen Schlüsse zu ziehen.[2]

Ein anthropologischer Pessimismus wohnt seiner darauf fußenden Herleitungen inne und wird bereits im dritten Kapitel des ersten Buches der Discorsi auf einen programmatischen Punkt resümiert: „Alle Schriftsteller, die sich mit politischen Dingen beschäftigt haben, stimmen darin überein, und die Geschichte belegt es durch eine Menge Beispiele, daß, wer einer Republik Verfassung und Gesetze gibt, alle Menschen als böse voraussetzen und unterstellen muß, daß sie so oft ihre üblen

Neigungen zeigen werden, wie ihnen Gelegenheit dazu geboten wird.“[3]

Machiavelli geht dabei von einer unveränderlichen Natur des Menschen aus. Die Menschen würden stets von den gleichen Trieben, Liebe und Furcht, beherrscht. Im Laufe der Geschichte ist der Mensch, unabhängig von politischen Konstellationen, immer den gleichen Eigenschaften und Leidenschaften unterworfen. Dass Machiavelli die Menschen als verlogen, raffgierig, korrumpierbar etc. sieht, erklärt sich sicherlich auch vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund des Werks und der damaligen politischen Krise Italiens. Seine pessimistische Grundhaltung reflektiert die Enttäuschung über die Realität, nachdem die Renaissance ein so optimistisches Menschenbild gezeichnet hatte.

„Als nun die aus dem humanistischen Lebensideal erwachsenen Ansätze zu einer Neuordnung des individuellen und des gesellschaftlichen Lebens am Ausgang des 15. Jahrhunderts an der Wirklichkeit der historischen Gegebenheiten zerbrachen und nur noch eine neue Weltflucht in eine literarisch-ästhetische „vita contemplativa“ übrig blieb, offenbart sich die Krise der Zeit in einer Krise des humanistischen Menschenbildes.“[4] Machiavelli sieht die Gründe für die politische Krise in der Verkommenheit der Fürsten, aber auch im Sittenverfall im Innern der italienischen Staaten. Zweites führt er auf den menschlichen Ehrgeiz, die ambizione zurück, die mit Eigennutz und dem Streben nach Reichtum und Macht zu übersetzen ist. Die schlechten Eigenschaften der Menschen seien zum bestimmenden Element gesellschaftlichen und politischen Handelns geworden.[5]

Machiavelli verschleiert jedoch, dass sich sein Menschenbild im Zuge des von ihm selbst miterlebten gesellschaftlichen Prozesses, der die politische Krise nach 1494 auslöste, konditioniert hat. Dieser Prozess war gekennzeichnet durch die Anfänge des Konkurrenzkapitalismus in Florenz, welcher privates Gewinnstreben und Ausbeutung beförderte, neue Bedingungen des politischen Machtkampfes schuf und das Gemeinwesen unterminierte.[6] Von Machiavelli werden diese Einzelerfahrungen zu einer Art ahistorischem Prinzip umgedeutet und als Ausdruck der Boshaftigkeit in der menschlichen Natur interpretiert. Die ambizione sitzt in jedem Menschen und tritt besonders stark in der Krise hervor. Da die ambizione nicht endgültig zu befriedigen ist und ihr damit keine Grenzen gesetzt sind, wirkt sie sich so negativ auf das Gemeinwesen aus, dass sie eine ständige Gefahr für die politische Ordnung darstellt.

2.2 Machiavellis Geschichtsverständnis

Machiavellis Auffassung von der Geschichte wird bereits im Vorwort zu den Discorsi ansatzweise ersichtlich, wenn er das Studium des Altertums als Grundlage seiner Arbeiten benennt. Er macht sein Unverständnis deutlich, dass bestimmte Epochen oder Gegebenheiten der Geschichte zwar bewundert, jedoch nicht nachgeahmt werden.

„Als wenn der Himmel, die Sonne, die Elemente, die Menschen in Bewegung, Ordnung und Kraftvermögen verschieden wären von dem, was sie im Altertum waren.“[7]

Er sieht die Geschichte nicht als linearen, fortschreitenden Prozess, sondern stellt sie als Kreislauf von Ordnung und Verfall, von Verfall und Ordnung dar.[8]

In der Geschichte von Florenz konstatiert er:

„Es ist von der Natur den menschlichen Dingen nicht gestattet, stille zu stehen. Sobald sie ihre höchste Vollkommenheit erreicht haben und nicht mehr steigen können, müssen sie daher sinken; ebenso, wenn sie gesunken sind, durch die Unordnung zur tiefsten Niedrigkeit herabgekommen und also nicht mehr sinken können, müssen sie notwendig steigen. So sinkt man stets vom Guten zum Übel und steigt vom Übel zum Guten.“[9]

Es wiederholen sich demnach fortwährend die Ereignisse, Situationen, Probleme und die daraus resultierenden Handlungsstrukturen bleiben im jeweiligen Muster die selben. In Machiavellis statischem Modell ist die Geschichte quasi Naturbedingung politischen Handelns und impliziert die Vorstellung einer unveränderlichen Natur des Menschen. Gleichzeitig enthält es auch die Vorstellung einer ebenso statischen Beschaffenheit gesellschaftlicher Verhältnisse. Die Triebkraft dieses kontinuierlichen, sich immer wieder selbst erneuernden und vorantreibenden Zyklus ist der ständige Zweikampf zwischen einer von Machiavelli virtu genannten politischen Tüchtigkeit und der fortuna, der Zufallsgöttin. Die Phase des Niedergangs ist die Phase des Zerfalls der virtu und der Zunahme der fortuna.

[...]


[1] Vgl. Münkler, Herfried, Niccolo Machiavelli, Politische Schriften, Frankfurt am Main, 1990, S. 128

[2] Ebd., S. 128

[3] Ebd., S. 137

[4] Deppe, Frank, Niccolo Machiavelli, Zur Kritik der reinen Politik, Köln, 1987, S. 300

[5] Ebd., S. 300

[6] Ebd., S. 300

[7] Münkler, 1990, S. 128

[8] Vgl. Münkler, Herfried, Machiavelli, Die Begründung des politischen Denkens der Neuzeit aus der Krise der Republik Florenz, Frankfurt am Main, 1984, S. 338

[9] Münkler, 1990, S. 318

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Niccolo Machiavellis Begriff der Republik
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Machiavellis politische Theorie
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
17
Katalognummer
V112288
ISBN (eBook)
9783640111480
ISBN (Buch)
9783640112791
Dateigröße
428 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Niccolo, Machiavellis, Begriff, Republik, Machiavellis, Theorie
Arbeit zitieren
Benjamin Siegert (Autor:in), 2006, Niccolo Machiavellis Begriff der Republik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112288

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