Anwendung der Balanced Scorecard für das Supply Chain Management


Diplomarbeit, 2008

104 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG

2 ÜBERBLICK ÜBER DAS MANAGEMENT UND DAS CONTROLLING VON SUPPLY CHAINS
2.1 GEGENSTAND DES SUPPLY CHAIN MANAGEMENTS UND –CONTROLLINGS
2.2 ZIELE DES SUPPLY CHAIN MANAGEMENTS UND –CONTROLLINGS
2.3 AUFGABEN DES SUPPLY CHAIN MANAGEMENTS UND –CONTROLLINGS
2.4 INTRUMENTE DES SUPPLY CHAIN MANAGEMENTS UND –CONTROLLINGS
2.5 ZUSAMMENFASSUNG

3 GRUNDLAGEN DER BALANCED SCORECARD
3.1 ENTSTEHUNG UND EINORDNUNG DER BALANCED SCORECARD
3.2 DIE BALANECED SCORECARD ALS MANAGEMENTSYSTEM
3.3 AUFBAU UND FUNKTIONSWEISE DER BALANCED SCORECARD
3.4 PERSPEKTIVEN DER BALANCED SCORECARD
3.4.1 FINANZWIRTSCHAFTLICHE PERSPEKTIVE
3.4.2 KUNDENPERSPEKTIVE
3.4.3 INTERNE PROZESSPERSPEKTIVE
3.4.4 LERN- UND ENTWICKLUNGSPERSPEKTIVE
3.4.5 WEITERE PERSPEKTIVEN
3.5 MERKMALE DER BALANCED SCORECARD
3.6 ZUSAMMENFASSUNG

4 DIE BALANCED SCORECARD IM SUPPLY CHAIN MANAGEMENT UND –CONTROLLING
4.1 ANFORDERUNGEN AN DAS CONTROLLING VON SUPPLY CHAINS
4.2 EIGNUNG DER BALANCED SCORECARD ALS INSTRUMENT DES SUPPLY CHAIN MANAGEMENTS UND –CONTROLLINGS
4.3 INHALTLICHE DARSTELLUNG UND BEWERTUNG EXISTIERENDER ANSÄTZE ZUR KONZEPTION EINER BALANCED SCORECARD FÜR DAS SUPPLY CHAIN MANAGEMENT
4.3.1 INHALTLICHE MODIFIKATION BEI GLEICHBLEIBENDER STRUKTUR DER TRADITIONELLEN BALANCED SCORECARD
4.3.1.1 INHALTLICHE DARSTELLUNG
4.3.1.2 BEWERTUNG
4.3.2 INHALTLICHE UND GERINGFÜGIGE STRUKTURELLE MODIFIKATION DER TRADITIONELLEN BALANCED SCORECARD
4.3.2.1 INHALTLICHE DARSTELLUNG
4.3.2.2 BEWERTUNG
4.3.3 INHALTLICHE UND UMFANGREICHE STRUKTURELLE MODIFIKATION DER TRADITIONELLEN BALANCED SCORECARD
4.3.3.1 INHALTLICHE DARSTELLUNG
4.3.3.2 BEWERTUNG
4.4 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

5 IMPLEMENTIERUNG EINER BALANCED SCORECARD FÜR DAS SUPPLY CHAIN MANAGEMENT
5.1 KLÄRUNG DER STRATEGISCHEN GRUNDLAGEN
5.2 ENTWICKLUNG DES ORGANISATORISCHEN RAHMENS FÜR DIE IMPLEMENTIERUNG
5.3 ENTWICKLUNG DER BALANCED SCORECARD
5.4 MANAGEMENT DES ROLL-OUT
5.5 SICHERSTELLUNG DES KONTINUIERLICHEN EINSATZES DER BALANCED SCORECARD
5.6 ZUSAMMENFASSUNG

6 FAZIT

LITERATURVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung

1: Entwicklungsphasen der Logistik und Herausbildung des SCMs

2: Bull-Whip-Effekt

3: Darstellung einer Supply Chain von Wertschöpfungsstufe –2 bis +2 mit Hilfe des SCOR – Modells

4: Die Balanced Scorecard als Strategischer Handlungsrahmen

5: Grundstruktur der Balanced Scorecard nach Kaplan / Norton

6: Beispiel einer Strategy Map nach Kaplan / Norton

7: Linking the SCM to BSC nach Brewer / Speh

8: Darstellung der Kaskade von Balanced Scorecard über verschiedene Ebenen

9: Die Balanced Scorecard auf Ebene der Supply Chain nach Weber / Bacher / Groll

10: Beispielhafte Darstellung von strategischen Zielen, Messgrößen und Maßnahmen für die vier Dimensionen einer BSC der Supply Chain

11: Beispielhafte Darstellung von Ursache-Wirkungszusammenhängen einer BSC für das Supply Chain

1 EINLEITUNG

Die Unternehmen befinden sich derzeit in einem turbulenten Wandel. Dementsprechend wird das Umfeld von verschiedenen Entwicklungstrends geprägt, wie beispielsweise der Globalisierung der Märkte, der Konzentration auf Kernkompetenzen, der zunehmenden Arbeitsteilung sowie der Wandel der Verkäufer- zum Käufermarkt. Um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden, weitet sich der Blick zunehmend über die Unternehmensgrenzen aus, wobei das Management von Supply Chains immer mehr in den Mittelpunkt von Theorie und Praxis rückt. Die Supply Chain erstreckt sich im Extremfall von der Rohstoffquelle „source of supply“ bis zum Endkunden „point of consumption“. Entscheidungen des Supply Chain Managements sind folglich in einem Umfeld zu treffen, welches einem kontinuierlichen Wandel unterliegt und sich durch steigende Dynamik, Komplexität und Intransparenz von Handlungssituationen auszeichnet. Durch die angesprochenen Problemfelder wird ein erhöhter Koordinations- und Steuerungsbedarf deutlich. Das Supply Chain Management erfordert durch den gestiegenen Koordinations- und Steuerungsbedarf eine Unterstützung durch das Supply Chain Controlling.

Die veränderten Bedingungen stellen steigende Anforderungen an die Instrumente, die im Supply Chain Management und im Supply Chain Controlling zum Einsatz kommen. Von der Wissenschaft werden diesbezüglich verschiedene Instrumente vorgeschlagen, um eine erfolgsorientierte Steuerung der Supply Chain zu gewährleisten.

Im Rahmen dieser Arbeit wird das Instrument der Balanced Scorecard, welches derzeit in Theorie und Praxis eine hohe Aufmerksamkeit genießt, bezüglich seiner Anwendung im Rahmen des Supply Chain Managements eingehend untersucht. Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen zwei Fragen:

Stellt die Balanced Scorecard ein geeignetes Instrument dar, um das Supply Chain Management und –Controlling zu unterstützen?

Wie ist die Balanced Scorecard inhaltlich und strukturell zu gestalten, um den spezifischen Anforderungen bzw. Aufgaben des Supply Chain Management und
–Controllings gerecht zu werden?

In Kapitel 2 wird zunächst ein einführender Überblick über das Management und Controlling von Supply Chains gegeben. Gegenstand, Ziele, Aufgaben sowie spezifische Instrumente des Supply Chain Managements und –Controllings, die in diesem Zusammenhang diskutiert werden, stehen dabei im Mittelpunkt.

Kapitel 3 beschäftigt sich mit dem Instrument der Balanced Scorecard, um dem Leser einen Überblick über die Grundlagen der Balanced Scorecard zu vermitteln.

In Kapitel 4 werden schließlich die beiden Themenkomplexe der Kapitel 2 und 3 zusammengeführt, indem die Balanced Scorecard als Instrument des Supply Chain Managements und –Controllings vorgestellt wird. Nachdem die generelle Eignung der Balanced Scorecard, anhand der spezifischen Anforderungen von Supply Chains, untersucht wurde, werden im Anschluss verschiedene Ansätze zur Konzeption einer Balanced Scorecard für das Supply Chain Management inhaltlich vorgestellt und untersucht, inwieweit sie in der Lage sind, unternehmensübergreifende Sachverhalte und beziehungsrelevante Aspekte abzubilden, um letztendlich den Anforderungen des Supply Chain Managements gerecht zu werden und eine erfolgreiche Steuerung der Supply Chain zu gewährleisten.

Kapitel 5 stellt schließlich ein Beispiel für den Vorgang der Implementierung einer Balanced Scorecard für das Supply Chain Management dar, bevor die Arbeit mit einem Fazit in Kapitel 6 abgeschlossen wird.[1]

2 Überblick über das Management und Controlling von Supply Chains

Das folgende Kapitel soll dem Leser einen einführenden Überblick über den Untersuchungsbereich dieser Arbeit geben. Als zentrale Begriffe hinsichtlich ihres Gegenstandes sowie ihre Ziele und Aufgaben werden das SCM und das SCC betrachtet. Des Weiteren erfolgt eine kurze Darstellung von Instrumenten des SCMs und –Controllings.

2.1. Gegenstand des Supply Chain Managements und –Controllings

In der Praxis stellt die Supply Chain ein Netzwerk von Organisationen dar, die an der Leistungserstellung mitwirken.

Die Supply Chain kann folgendermaßen übersetzt werden: Lieferkette, Versorgungskette oder auch als unternehmensübergreifende Wertschöpfungskette.

Im Extremfall erstreckt sie sich von der Rohstoffquelle „source of supply“ bis zum Endkunden „point of consumption“ (vgl. Busch/ Dangelmeier 2002, S. 4).

Bis zum heutigen Zeitpunkt hat sich noch keine einheitliche Definition für das SCM durchgesetzt. Dies hängt im Wesentlichen davon ab, dass es sich beim SCM um eine relativ junge betriebswirtschaftliche Disziplin handelt, die sich noch in einem fortschreitenden Entwicklungsprozess befindet.

Die Vielfalt der Definitionsvorschläge kann jedoch auf zwei grundlegende Betrachtungsweisen reduziert werden.

Anhänger der ersten Betrachtungsweise beziehen den Gegenstand des SCMs direkt auf die Logistik. Es wird also überhaupt kein Unterschied zwischen Logistikmanagement und SCM gemacht: „we do not distinguish between logistics and SCM“ (Simchi-Levi, D./ Kaminsky / Simchi-Levi, E. 2000, S. 3). Dementsprechend dient SCM als alternative Bezeichnung des integrierten, unternehmensübergreifenden Logistikmanagements (vgl. Kotzab 2000, S. 40).

Im Gegensatz dazu zeigt die zweite Betrachtungsweise keinen unmittelbaren Bezug des SCMs zur Logistik auf, sondern definiert SCM als umfassendes Managementkonzept, interorganisationales Management von Geschäftsprozessen bzw. Kooperations- oder Beziehungsmanagement (vgl. Kaufmann / Germer 2001, S.177 f.; Seuring 2001, S. 6 ff; Weber, J. / Dehler, M./ Wertz, B. 2000, S. 264 f.; Krüger / Steven 2000, S. 503).

Betrachtet man eine Wertschöpfungskette genauer, so wird deutlich, dass die einzelnen Unternehmen, die am Leistungserstellungsprozess beteiligt sind, durch die Güter-, Informations- und Geldflüsse miteinander verbunden sind. Legt man dementsprechend die Flussperspektive zugrunde, so zeigt sich der Zusammenhang zwischen dem SCM und der Logistik, die sich traditionell mit Objektflüssen beschäftigt

(vgl. Göpfert 2002, S. 30; Göpfert / Neher 2002a, S. 35). „Werden Wertschöpfungssysteme aus dieser Flussperspektive heraus betrachtet, dann kann die Komplexität der Leistungsbeziehungen zwischen Wertschöpfungspartnern auf den Güter-, Informations- und Geldfluss reduziert werden“ (Göpfert 2002, S. 30). Mängel in der Handhabung der Objektflüsse haben u. a. zur Entwicklung des SCMs beigetragen (vgl. Göpfert 2002, S. 30).

Im Folgenden soll die erste Betrachtungsweise dargestellt werden.

SCM als unternehmensübergreifendes Logistikmanagement ist als eine qualitativ höhere Entwicklungsstufe des Logistikmanagements anzusehen und stellt aktuell die letzte Phase der Logistikentwicklung dar (vgl. Werber 2002a, S. 19). „SCM ist und bleibt Logistik, jedoch auf einer qualitativ hohen Entwicklungsstufe“ (Göpfert 2001a, S. 348).

Abbildung 1, auf der nächsten Seite, zeigt die Entwicklungsphasen der Logistik hin zum SCM.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Entwicklungsphasen der Logistik und Herausbildung des SCMs (Quelle: In Anlehnung an Göpfert 2002, S.31)

Folgende Definition soll für den weiteren Verlauf der Arbeit zugrunde gelegt werden:

„Das SCM bildet eine moderne Konzeption für Unternehmensnetzwerke zur Erschließung unternehmensübergreifender Erfolgspotenziale mittels der Entwicklung, Gestaltung und Lenkung effektiver und effizienter Güter-, Informations- und Geldflüsse“ (Göpfert 2002, S. 32).

Mit anderen Worten versteht man unter SCM die Planung, Steuerung und Kontrolle des gesamten Material- und Dienstleistungsflusses. Einschließlich der damit verbundenen Informations- und Geldflüsse innerhalb eines Netzwerkes von Unternehmungen und deren Bereichen, die im Rahmen von aufeinanderfolgenden Stufen der Wertschöpfungskette an der Entwicklung, Erstellung und Verwertung von Sachgütern und/oder Dienstleistungen partnerschaftlich zusammenarbeiten (vgl. Hahn 2002, S.12). Anzumerken ist, dass das SCM eine Optimierung intra- sowie interorganisatorischer Prozesse anstrebt (vgl. Pfohl 2000, S.29 f; Kuhn/Hellingrath/Kloth 1998, S.7).

Mit wachsender Bedeutung des SCMs rückt auch das SCC immer mehr in den Mittelpunkt der wissenschaftlichen Bemühungen. Auch hier muss jedoch vorab festgestellt werden, dass eine allgemein anerkannte wissenschaftliche Konzeption des SCC bis heute nicht vorliegt[2] (vgl. Stölzle 2002, S.10).

Die bisherigen Versuche, eine Konzeption für das SCC zu finden, orientieren sich stark an den traditionellen Controlling Konzeptionen[3]. Um sich dem Gegenstand des SCC zu näheren, bietet es sich an, den Begriff näher zu beleuchten.

Das klassische Verständnis des Controllings beschränkt sich auf die unternehmensinterne Sicht und klammert unternehmensübergreifende Aspekte aus (vgl. Kummer 2001, S.81).

Controlling wird als eine Führungsfunktion angesehen, die neben einer Führungsunterstützung als eine Managementberatung charakterisiert wird. Das Logistikcontrolling zeichnet sich dadurch aus, dass das allgemeine Controlling auf die Logistik angewendet wird. Der spezifische Inhalt wird durch das Merkmal der Objektflussperspektiven geprägt. Es beschränkt sich nicht auf einen speziellen Funktionsbereich, sondern erstreckt sich auf das Management des gesamten Wertschöpfungssystems (vgl. Göpfert 200, S.49 ff).

Das Logistikcontrolling unterstützt bei der Entscheidungsfindung und –durchsetzung das Logistikmanagement und erhöht somit die Effektivität und die Effizienz sowie die Entwicklungs- und Anpassungsfähigkeit des Managements maßgeblich (vgl. Baumgarten/Pladeck 2002, S.27). Durch die Ansicht, dass es sich beim SCM um eine qualitative Weiterentwicklung des Logistikmanagements handelt, ist es naheliegend, dass das SCC in gleicher Weise eine Weiterentwicklung des Logistikcontrollings verkörpert (vgl. Göpfert/Neher 2002 a, S.35 f.): SCC stellt schließlich eine Erweiterung des unternehmensweiten Logistikcontrollings durch unternehmensübergreifende Logistikcontrollingsysteme für ganze Wertschöpfungssysteme dar (vgl. Göpfert 2001a, S.350). Die Integration der unternehmensübergreifenden Sichtweise kann als prägendes Merkmal des SCC im Vergleich zum Logistikcontrolling bestimmt werden.

Im Folgenden soll die nachstehende Definitionen des SCC als Grundlage dienen: „SCC hat sich mit der Zielsetzung, Planung, Steuerung und Kontrolle sowie Informationsversorgung der Supply Chain Manager zu befassen und durch Koordination dieser Aktivitäten eine zielgerichtete Regelung der Lieferketten zu gewährleisten“ (Zäpfel/Peikarz 1996, S.26).

Eine im Rahmen der Aktivität des Marburger Logistikvisionsteams[4] durchgeführte Befragung[5] über das Verständnis von SCC in der Praxis kam zu folgender, am häufigsten getroffener Aussage: „Das SCC unterstützt das SCM im Prozess der Entscheidungsfindung und –durchsetzung. Es hat vor allem beratenden Charakter“ (Göpfert/Neher 2002a, S.39f.). Durch diese Aussage wird die Nähe des SCCs zur klassischen Controlling Auffassung nochmals deutlich.

2.2 Ziele des Supply Chain Managements und –Controllings

Wie schon in Kapitel 2.1 erwähnt, haben Defizite in der Handhabung der Objektflüsse zwischen Unternehmen der Wertschöpfungskette zur Entstehung des SCMs geführt.

Die Beherrschung bzw. Optimierung der Güter-, Informations- und Geldflüsse vom Rohstofflieferanten bis zum Endkunden stellt das Kernziel des SCMs dar. Als zentrales Problem stellt sich den Unternehmen der sogenannte Bull-Whip-Effekt[6].

Der Bull-Whip-Effekt beschreibt das brisante Problem der Nachfrageverzerrung und

-aufschaukelung. Dadurch das nicht alle an der Supply Chain kooperierenden Unternehmen einen direkten Zugriff auf die Nachfrageinformation der Endkunden haben, kommt es zu einem mangelhaften Informationsfluss in der Supply Chain und damit zu überhöhten Bestands- und Sicherheitsreserven bei den einzelnen Unternehmen. Die notwendigen Nachfrageinformationen werden nicht direkt allen Supply Chain Partnern zugängig gemacht, sondern erst mit erheblichen Zeitverzögerungen weitergeleitet. Diese Zeitverzögerungen führen schließlich zu einer Aufschaukelung der Bestellmengen entlang der Wertschöpfungskette. Die Nachfrageaufschaukelung nimmt zu, je weiter das jeweilig betrachtete Unternehmen vom „point of consumption“ entfernt ist.

In der Praxis zeigt sich, dass kleinste Veränderungen in der Kundennachfrage zu überproportionalen Veränderungen der Bestellmengen und den Beständen der beteiligten Unternehmen führt (vgl. Göpfert 2002, S.33 f.; Corsten/Gössinger 2001, S.85 ff.; Simchi-Levi, D. / Kaminsky / Simchi-Levi, E. 2000, S.82 ff; von Steinaecker/Kühner 2001, S.43 f). Das Informationsdefizit hinsichtlich des Endkundenbedarfs, den Produktionsplänen, den Beständen sowie den Plan- und Prognosedaten der einzelnen Unternehmen führt zu isolierten Planungen auf einzelnen Wertschöpfungsstufen. Aufgrund von Prognosefehlern und Sicherheitsaufschlägen sinkt die Qualität der Daten von Stufe zu Stufe, und es kommt zu einer Verstärkung der Nachfrageaufschaukelung entlang der Supply Chain (vgl. Baumgarten/Darkow 2002, S.83; Krüger/Steven 2000, S.502; Boutellier/Kobler 1996, S.8). Abbildung 2 zeigt den Effekt der Nachfrageaufschaukelung entlang der Supply Chain (Bull-Whip-Effekt).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Bull-Whip-Effekt

(Quelle: Simchi-Levi, D./Kaminsky/Simchi-Levi, E. 2000, S.84)

Als Ursache des Bull-Whip-Effektes sind die mangelnde Koordination der beteiligten Unternehmen sowie die fehlende Informationstransparenz entlang der gesamten Supply Chain anzusehen (vgl. Corsten/Gössinger 2001, S.86;Gericke u.a. 1999, S.269). Ziel des SCMs muss sein, dass Problem des Bull-Whip-Effektes zu beseitigen, um so eine Synchronisation von Nachfrage und Angebot entlang der Supply Chain zu ermöglichen. Alle in der Literatur aufgeführten Zielsetzungen lassen sich auf die Lösung des Kernproblems, nämlich der Beseitigung des Bull-Whip-Effektes, zurückführen (vgl. Göpfert 2002, S. 35).

Als klassische Zielsetzungen des SCMs lassen sich Folgende identifizieren[7]:

- Verkürzung der Durchlaufzeiten
- Reduzierung bzw. Abbau der Bestände
- Synchronisation von Angebot und Nachfrage
- Erhöhung der Liefertreue, Lieferbereitschaft und Lieferflexibilität
- sowie Verbesserung der Lieferzeit
- Kostensenkung
- konsequente Orientierung an der Nachfrage der Endkunden
- sowie Erhöhung des Serviceniveaus für die Endverbraucher
- höherer Auslastung der Lager-, Transport- und Fertigungskapazität
- sowie Flexibilisierung und bedarfsgerechte Produktion

Werner spricht allgemein von der Optimierung der Effektivität und Effizienz der Unternehmensaktivitäten sowie von einer Harmonisierung der Wettbewerbsfaktoren Kosten, Zeit, Qualität, Flexibilität und Wissen als Ziel des SCMs (vgl. Werner 2000b, S.9; Busch/Dangelmeier 2002, S.8).

Die vorab angeführten Ziele des SCMs lassen sich den drei Zielbereichen der Logistik „Flusskostensenkung, Objektwertsteigerung und Anpassungs- und Entwicklungsfähigkeit von Fliesssystemen zuordnen (vgl. Göpfert/Neher 2002a, S.41).

Da noch keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Konzeption des SCCs vorliegt, ist es folglich schwierig, ausgereifte Aussagen zu der Zielsetzung des SCCs zu tätigen. Um einen Überblick über die verschiedenen Zielsetzungen des SCCs zu bekommen, ist auf die Übersicht der SCC Konzeptionen zu verweisen (vgl. Göpfert/Neher 2002a, S.36 ff.).

Die Ziele des SCCs orientieren sich an den Zielen des SCMs und lassen sich von den allgemeinen Zielen des Controllings ableiten. Das Controlling zeichnet sich allgemein durch eine Führungsunterstützungsfunktion gegenüber dem Management aus, mit dem Ziel, die Effektivität und die Effizienz der Unternehmensführung zu erhöhen sowie die Anpassungs- und Entwicklungsfähigkeit des Managements zu verbessern.

Überträgt man die allgemeinen Controllingziele auf die Supply Chain, so besteht eine Zielformulierung des SCCs darin, die Effektivität und die Effizienz der Supply Chain Führung zu erhöhen sowie die Anpassungs- und Entwicklungsfähigkeit der Supply Chain Führung zu verbessern (vgl. Göpfert/Neher 2002 a, S.40 f.). Durch ihre Funktion als Führungsunterstützung übt das SCC Einfluss auf die Erfüllung der Ziele des SCMs aus. Da sich die Ziele des SCMs und des SCCs komplementär zueinander verhalten, ist eine Abgrenzung nur sehr schwierig vorzunehmen.

Bestätigt wird diese Aussage durch eine Praxisuntersuchung über die Zielsetzung des SCCs, die von dem Marburger Logistikvisionsteam durchgeführt wurde. Die Auswertung der Befragung macht deutlich, dass die wichtigsten Ziele des SCCs mit den Zielsetzungen des SCMs übereinstimmen (vgl. Göpfert/Neher 2002a, S.40 f).

2.3 Aufgaben des Supply Chain Managements und –Controllings

Aus den Zielen des SCMs und –Controllings lassen sich unmittelbar die Aufgaben ableiten. Nachdem die Beherrschung bzw. Optimierung der Güter-, Informations- und Geldflüsse vom Rohstofflieferanten bis zum Endkunden als das Kernziel des SCMs identifiziert wurde, geht es bei den Ermittlungen der Aufgaben darum, wie diese Zielsetzung erreicht werden kann.

Nach Göpfert leiten sich alle spezifischen Zielsetzungen des SCMs aus dem Kernproblem des Bull–Whip-Effektes ab (vgl. Göpfert 2002, S.35). Verantwortlich für den Bull–Whip-Effekt ist die fehlende Informationstransparenz sowie die mangelnde Koordination der Supply Chain Partner (vgl. Corsten/Gössinger 2001, S.86; Gericke u.a. 1999, S.269). Demzufolge ist entlang der Supply Chain die gewünschte Informationstransparenz durch eine ganzheitliche Planung, Steuerung und Kontrolle der Informationen über alle Prozesse hinweg zu realisieren (vgl. Gericke u.a. 1999, S.269). Informationen über den Bedarf der einzelnen Glieder der Wertschöpfungskette sowie über aktuelle Bestände und Kapazitäten sind Voraussetzung um die Ziele des SCMs zu erreichen (vgl. Göpfert 2002, S.36 f).

Das SCM hat die Aufgabe, für eine zeitnahe Bereitstellung aller Informationen bezüglich der Bedarfe, Kapazitäten, Bestände, Durchlaufzeiten und Lieferzeiten zu sorgen. Nur durch einen transparenten Informationsfluss entlang der Supply Chain ist eine Koordination der Supply Chain Partner sowie eine unternehmensübergreifende Optimierung der Objektflüsse zu realisieren. Die Schaffung der Informationstransparenz kann als kritischer Faktor hinsichtlich der Erreichung der Ziele des SCMs angesehen werden (vgl. Hillek 2001, S.15 f). Nach Weber besteht die Aufgabe des SCMs allgemein in der Integration der gesamten Wertschöfpungskette (vgl. Weber 2002a, S.19). Auch Pfohl betont die steigende interorganisationale, interfunktionale und interinstrumentale Bedeutung der Integrationsaufgaben im Rahmen des SCMs (vgl. Pfohl 2000, S.9).

Ein erfolgreiches SCM erfordert, vor allem hinsichtlich der angestrebten Informationstransparenz sowie eine Koordination der Netzwerkpartner, die Unterstützung durch das SCC (vgl. Baumgarten/Klinker/Stommel 2002, S.43). Neben einer flussorientierten Gestaltung der Wertschöpfungskette hat das SCC die Funktion, das Management hinsichtlich der Koordinations- und Kooperationsentscheidungen zwischen den Netzwerkpartnern zu unterstützen sowie ein konsistentes Informationssystem aufzubauen, mit dem die unternehmensübergreifenden Prozesse abgebildet werden können. Unternehmendübergreifende finanzielle und nichtfinanzielle Kennzahlen rücken hierbei in den Mittelpunkt des Interesses (vgl. Weber / Bacher / Groll 2002a, S.135).

Neben einer Koordination der gesamten Supply Chain besteht die Aufgabe des SCCs vor allem in der Zielsetzung, Planung, Steuerung, Kontrolle sowie Informationsversorgung im Rahmen des SCMs (vgl. Zäpfel / Piekarz 1996, S.24 ff; Krüger / Steven 2000, S.507; Stölzle /Heusler / Karrer 2001, S.77f).

Anhand der Praxisuntersuchung, die im Rahmen der Aktivitäten des Marburger Logistikvisionsteams stattgefunden hat, wurden als Kernaufgaben des SCCs folgende identifiziert[8]: Schaffung einer einheitlichen Kommunikationsbasis, Entwicklung eines wertschöpfungsstufenübergreifenden Kapazitäts- und Bestandsmanagements sowie einer unternehmensübergreifenden Prozessorganisation und Bereitstellung von Informationen zur Leistungsbewertung der einzelnen Netzwerkpartner bzw. der Supply Chain (vgl. Göpfert/Neher 2002b, S.36).

Auffallend ist die Ähnlichkeit der Zielsetzungen und damit auch der genannten Aufgaben zur Zielerreichung von SCM. und -Controlling, sodass an dieser Stelle anzumerken ist, dass nicht die direkte Durchführung der genannten Aufgaben in den Bereich des SCCs fällt, sondern die Unterstützung des SCMs in Vorbereitung und Umsetzung (vgl. Göpfert / Neher 2002a: S.41 f).

2.4 Instrumente des Supply Chain Managements und –Controllings

Die Nutzung geeigneter Instrumente ermöglicht und unterstützt die Durchführung von Aufgaben des SCMs und –Controllings, die zur Realisierung der genannten Ziele erforderlich sind. In der aktuellen Literatur finden sich eine Reihe von Instrumenten, die im Rahmen des SCMs bzw. SCCs ihre Anwendung finden. Teilweise werden speziell für die Supply Chain entwickelte Instrumente eingesetzt. Die zweite Möglichkeit besteht darin, klassische Management- bzw. Controllinginstrumente, die gegebenenfalls modifiziert werden, im SCM und –Controlling anzuwenden. Im Folgenden werden, als ein kleiner Ausschnitt der wissenschaftlich diskutierten Instrumente, die Nutzung geeigneter SCM-Softwarsysteme sowie das speziell für die Supply Chain entwickelte SCOR-Modell dargestellt.

Hinsichtlich des SCMs wird vor allem die Nutzung geeigneter Planungs- und Steuerungssoftware als Basisinstrument hervorgehoben (vgl. Göpfert 220, S.37). Die Weiterentwicklung hin zu einer integrativen Betrachtung komplexer Wertschöpfungsnetzwerke zeigt die steigende Bedeutung des Produktionsfaktors „Information“ auf und verlangt folglich die Generierung einer neuen Generation der Planungs- und Steuerungssoftware.

„Der Einsatz und die Leistungsfähigkeit von Informationssystemen determinieren Effektivität und Effizienz des SCMs“ (Krüger/Steven 2002, S.172). Die traditionellen Softwaresysteme, beispielsweise MRP I, MRP II, DRP oder auch ihre Weiterentwicklung zu ERP- und PPS-Systemen sind auf die Sicht des einzelnen Unternehmens beschränkt und genügen somit nicht mehr den gestiegenen Anforderungen des SCMs (vgl. Krüger / Steven 2002, S.171 ff; Wolf 1999, S.157).

Die Anforderungen lassen sich allgemein mit der steigenden Komplexität, der Schaffung von Transparenz und der Unterstützung der Dynamik logischer Netzwerke umschreiben (vgl. von Steinaecker / Kühner 2001, S. 52 ff). In den Vordergrund rücken heute SCM–Softwaresysteme.

Hierbei spielt die Entwicklung und Nutzung sogenannter APS-Systeme[9], mit denen die komplexen logistischen Abläufe von Wertschöpfungsnetzwerken abgebildet werden können, eine herausragende Rolle. APS-Systeme, welche speziell auf die netzwerkweite Zusammenarbeit ausgelegt sind, beschreiben modular strukturierte Software- bzw. Informationssysteme zur integrativen Unterstützung einer unternehmensübergreifenden Planung und Steuerung von Prozessen unter Berücksichtigung von Mengen-, Termin- und Kapazitätsrestriktionen.

Anzumerken ist, dass APS-Systeme nicht als Ersatz der bestehenden Systeme zu sehen sind, sondern eine notwendige Ergänzung hinsichtlich der gestiegenen Anforderungen darstellen.

Bestehende Systeme (z.B. ERP-, PPS-Systeme) stellen hinsichtlich der Datenverwaltung sowie Ausführungsunterstützung auf Unternehmensebene die Basis dar, auf der die Anwendung von APS-Systemen aufbaut (vgl. Steven / Krüger 2002, S.174 ff; Corsten / Gössinger 2001, S.152 f). Die Entwicklung von APS-Systemen wird in der Zukunft eine immer größere Rolle einnehmen (vgl. Wolf 1999, S.159).

Ein weiteres Instrument, welches eigens für die Supply Chain konzipiert wurde, ist das sogenannte SCOR–Modell (Supply Chain Operation Reference-Modell)

Das SCOR–Modell wurde von dem Supply Chain Council entwickelt, einer unabhängigen gemeinnützigen Vereinigung von Praxisunternehmen, welche heute ca. 600 Unternehmen umfasst.

Das Ziel des Supply Chain Councils, welches 1996 gegründet wurde, ist der Entwurf eines „idealen“ Modells der Supply Chain (vgl. Hellingrath 1999, S.77).

Das SCOR-Modell stellt ein branchenunabhängiges Standard-Prozess-Referenzmodell zur Gestaltung der Strukturen und Abläufe innerhalb der gesamten Supply Chain dar (vgl. Corsten / Gössinger 2001; S. 140 f). „Mit dem SCOR–Modell soll eine einheitliche Beschreibung, Bewertung und Analyse von Supply Chains sowohl firmen- als auch branchenübergreifend möglich sein“ (Hellingrath 1999, S.77).

Mit Hilfe des Modells sollen die unternehmensübergreifenden Prozessketten standardisiert werden, indem eine einheitliche Sprache und Kommunikationsbasis für das SCM bereitgestellt wird. Dadurch kann die Leistung von Supply Chains bewertet und verglichen werden, eine Gestaltung der integrierten Supply Chains verschiedener Partner ermöglicht sowie ein optimaler Einsatz von SCM-Software in der Supply Chain gewährleistet werden (vgl. Hellingrath 1999, S.77; Weber 2002b; S.197).

Das SCOR–Modell geht von der Annahme aus, dass sich alle Supply Chain Aktivitäten den vier grundlegenden Prozessen Planung, Beschaffung, Herstellung und Lieferung zuordnen lassen (vgl. Becker 2001, S.118). Teilweise wird als fünfter Prozess die Rücklieferung mit aufgeführt (vgl. Weber 2002b, S.198). Durch die Verbindung dieser Prozesse zu einer Kette kann die gesamte Supply Chain vom Rohstoffhersteller bis zum Endkunden abgebildet werden (siehe Abbildung 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung 3: Darstellung einer Supply Chain von Wertschöpfungsstufen –2 bis +2 mit Hilfe des SCOR – Modells (Quelle: Supply Chain Council 2002, S.3).

Das SCOR–Modell ist hierarchisch angeordnet und umfasst vier Ebenen. Die vier bzw. fünf zuvor genannten Prozesse stellen die höchste Ebene (Top-Level) dar und können in den darauffolgenden Ebenen weiter spezifiziert werden in Prozesskategorien (Konfigurationsebene), Prozesselemente (Gestaltungsebene) bis zur vierten Ebene (Implementierungsebene), in der die Prozesselemente weiter in die einzelnen Aktivitäten zerlegt werden können, um eventuell unternehmens- oder branchen-

spezifische Besonderheiten zu berücksichtigen.

Ebene 1 und 2 bilden die gesamte Supply Chain ab und sind eher strategisch ausgerichtet, wohingegen Ebene 3 und 4 die Optimierung von Teilaspekten beinhaltet (vgl. Weber 2002b, S.198 ff; Geimer / Becker 2001, S.122 ff).

Das SCOR–Modell enthält ein umfangreiches Kennzahlensystem, welches sich an die Struktur der hierarchischen Anordnung anpasst. Das Kennzahlensystem trägt damit den unterschiedlichen Steuerungs- und Informationsbedürfnissen der Unternehmung Rechnung (vgl. Becker 2002; S.81). Die Kennzahlen können, beispielsweise in Verbindung mit der BSC, als laufende Überprüfung und Verbesserung der Supply Chain Performance eingesetzt werden (vgl. Hellingrath 1999, S.78)[10].

Kritisch Anzumerken ist, dass eine Standardisierung der Prozesse und Strukturen auch zu Wettbewerbsnachteilen führen kann im Sinne einer „Standardisierungsfalle“ (vgl. Göpfert 2002, S.38). Allgemein stellt das SCOR–Modell ein hilfreiches Instrument zur Abbildung unternehmensübergreifender Wertschöpfungsketten dar, auf dem andere Instrumente, wie beispielsweise die BSC, aufbauen können.

Im Rahmen dieser Arbeit kann keine vollständige Darstellung über die aktuell in der wissenschaftlichen Literatur diskutierten Instrumente des SCMs und -Controllings angeführt werden[11], sodass im Folgenden das Instrument der BSC, das bisher nicht weiter dargestellt wurde, hinsichtlich seiner Anwendung auf das SCM eingehend untersucht wird.

2.5 Zusammenfassung

SCM und –Controlling stellen eine Weiterentwicklung des Logistikmanagements und –Controllings auf einem qualitativ hohen Niveau dar. Wurde in der Vergangenheit eine unternehmensweite Sichtweise zugrunde gelegt, so strebt das SCM und –Controlling heute eine unternehmensübergreifende Sichtweise an. Diese äußert sich in einer integrativen Betrachtung der Objektflüsse entlang der Wertschöpfungskette von der Rohstoffgewinnung bis zur Endkundenbefriedigung.

Bislang liegen noch keine voll ausgereiften Konzeptionen über das SCM sowie SCC vor. Festzuhalten ist die Tatsache, dass es bisweilen Schwierigkeiten macht, eine klare Trennlinie zwischen Management und Controlling zu ziehen. So sind die Ziele und Aufgaben des SCMs komplementär zu denen des SCCs anzusehen.

Wichtig ist hierbei, dass das SCC, in Anlehnung an das traditionelle Controllingverständnis, vor allem als eine Unterstützung und Betrachtung für das Management zu betrachten ist. Das Management und speziell das Controlling von Supply Chains befindet sich bezüglich der theoretischen Fundierung sowie der praktischen Umsetzung noch in einer frühen Entwicklungsphase.

Liegen auch noch keine voll ausgereiften Konzeptionen für das SCM und –Controlling vor, so herrscht über die Kernaussage doch weitgehend Einigkeit. Zentrale Aufgaben liegen in einer koordinativen Abstimmung der Supply Chain Partner sowie in der Schaffung einer Informationstransparenz entlang der gesamten Supply Chain, um so effektive und effiziente Güter-, Informations- und Geldflüsse zu gewährleisten.

Aufgrund der schwierigen Trennung von Management und Controlling (von Supply Chains) beziehen sich die weiteren Ausführungen explizit auf das Management und Controlling von Supply Chains.

Zur Durchführung der zuvor genannten Aufgaben und Realisierung der angestrebten Ziele ist die Auswahl und Nutzung geeigneter Instrumente von großer Bedeutung. Im Rahmen dieser Arbeit steht das Instrument der BSC bezüglich der Anwendung auf das SCM im Mittelpunkt der Betrachtung.

3 Grundlagen der Balanced Scorecard

In einer Untersuchung der Unternehmensberatung Horvath&Partner, in der 100 Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz über den konkreten Nutzen des BSC befragt wurden, gaben 80% der Anwender an, stärker zu wachsen als ihre Wettbewerber, und 72% erzielten nach eigenen Angaben eine überdurchschnittliche Rendite. Vorstandssprecher der Unternehmensberatung Horvath&Partner, Bernd Gaiser, zeigt die Bedeutung des Instrumentes auf, indem es keine Frage mehr des ob wäre, sondern nur noch eine Frage wie die BSC im Unternehmen eingesetzt würde (vgl. Bierach 2002, S.80).[12]

Nachstehend werden dem Leser die Grundlagen des erfolgsversprechenden Konzeptes der BSC vermittelt.

3.1 Entstehung und Einordnung der Balanced Scorecard

Im Rahmen einer Studie zum Thema „Performance Measurement“ wurde Anfang der neunziger Jahre in den USA das Konzept der BSC von Professor Robert S. Kaplan und David P. Norton in Zusammenarbeit mit Vertretern aus der Praxis entwickelt. Den Anstoß für die Entwicklung der BSC stellt die Kritik an traditionellen Kennzahlensystemen[13] dar.

Sowohl die Literatur als auch die Praxis beanstandeten die gängigen Steuerungskonzepte, welche vorwiegend finanzielle Kennzahlen berücksichtigten, vergangenheitsorientiert ausgelegt waren, eine wenig ausgeprägte Kundenorientierung vorwiesen und nicht an die strategische Planung angebunden waren (vgl. Gleich 2002, S. 447; Morganski 2001, S.9; Weber/Schäffer 1999, S. 153). Als Beispiel für traditionelle Kennzahlensysteme können das Du-Pont-System oder das ZVEI-Kennzahlensystem angeführt werden[14].

Das Management von Unternehmen sieht sich heutzutage einer steigenden Komplexität innerhalb des Betriebsgeschehens gegenüberstehen, sodass eine erfolgreiche Unternehmenssteuerung mit ausschließlich finanzorientierten Kennzahlen nicht mehr ausreicht. Mit Hilfe der BSC strebt das Management eine Komplexitätsreduktion innerhalb des Betriebsgeschehens an (vgl. Morganski 2001, S. 31 f).

Das Konzept der BSC wurde von Kaplan/Norton als Lösung für die Probleme traditioneller Kennzahlensysteme konstruiert, indem die eindimensionale, finanzielle Sicht durch die Integration nichtfinanzieller Kennzahlen ergänzt wurde, um so den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden. Die ausschließliche Steuerung über finanzielle Kennzahlen wurde durch eine Kunden-, eine interne Prozess- sowie eine Lern- und Entwicklungsperspektive erweitert[15] (vgl. Weber/Schäffer 2000, S.3 f).

Kaplan / Norton veranschaulichen die Bedeutung der Integration weiterer Perspektiven, indem sie ihren Leser auffordern, sich vorzustellen, wie er das Cockpit eines modernen Flugzeugs betritt und nur ein einziges Instrument vorfindet:

Wie würden Sie sich nach dem folgenden Gespräch mit dem Kapitän fühlen?

Frage:

Es überrascht mich zu sehen, dass Sie in

Ihrem Flugzeug mit nur einem Instrument zurechtkommen.

Wozu dient es?

Antwort:

Fluggeschwindigkeit. Heute konzentriere ich

mich auf die Fluggeschwindigkeit.

Frage:

Das ist gut. Die Fluggeschwindigkeit ist

bestimmt wichtig. Aber was macht die Höhe?

Wäre ein Höhenmesser nicht auch nützlich?

Antwort:

Auf die Höhe habe ich mich während der

letzten Flüge konzentriert und bin schon ziemlich gut darin.

Jetzt muss ich an der optimalen Fluggeschwindigkeit arbeiten.

Frage:

Mir ist aufgefallen, dass Sie gar keine

Kraftstoffanzeige haben. Stört Sie das nicht?

Antwort:

Sie haben recht. Nützlich wäre so ein Ding schon.

Aber ich kann mich nicht auf mehrere Geräte

gleichzeitig konzentrieren. Wenn ich das mit der

Fluggeschwindigkeit im Griff habe, werde ich mich

nächstes Mal auf den Kraftstoffverbrauch konzentrieren.

Wahrscheinlich würden Sie nach dieser Diskussion nicht mehr an Bord des Flugzeugs gehen (Kaplan/Norton 1997, S. 1).

Diese Cockpitgeschichte macht deutlich, dass es wenig sinnvoll ist sich nur an einer Perspektive zu orientieren. Vielmehr sollten unterschiedliche Perspektiven bei Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden.

Die BSC dient hier als Hilfe für das Unternehmensmanagement und strebt eine Komplexitätsreduktion sowie Transparenzerhöhung innerhalb des Betriebsgeschehens an. Dies geschieht indem die eindimensionale Sicht um weitere Kennzahlen bzw. Perspektiven ergänzt wird, um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden. Wichtig dabei ist es, sich auf wenige Kennzahlen, hier jedoch auf die wesentlichen, zu konzentrieren[16].

Ihre konkrete Anwendung findet die BSC als strategisches Managementsystem, indem sie den strategischen Führungsprozess bei der Realisierung der Unternehmensstrategie unterstützt. Da eine Supply Chain jedoch nicht nur unternehmensweit agiert, wäre es sinnvoll die BSC auch im SCM anzuwenden. Hierauf

wird in Kapitel 4 näher eingegangen, dieses zeigt die Anforderungen, Eignung und bereits existierende Ansätze zur Konzeption einer BSC für das SCM.

Unternehmen sehen in der BSC ein Führungs- und Managementinstrument bzw. ein Steuerungs- und Controllinginstrument (vgl. Töpfer/Lindstaedt/Förster 2002, S. 80).[17] Der Terminus der Performance Measurementsysteme stiftet ein wenig Verwirrung.

Einerseits wird die Entwicklung der BSC auf die massive Kritik gängiger Perfomance Measurementsysteme zurückgeführt (vgl. Weber/Schäffer 1999, S. 153; Horvarth & Partner 2000, S. 3).

Andererseits wird besonders die Entwicklung von Performance Measurementsystemen als Neuanfang für den Einsatz neuer Konzepte und Kennzahlen zur Unternehmenssteuerung angesehen. Zu diesen neuen Konzepten wird schließlich auch die BSC gezählt (vgl. Gleich 2002, S. 447; Zimmermann/Jöhnk 2001, S. 516 f; Stölzle 2002, S. 14 ff).

Begründen kann man diese differierende Sichtweisen mit der unterschiedlichen Handhabung des Begriffes „Performance“. Der Begriff „Performance“ hat noch keine eindeutige Übersetzung gefunden, was speziell darauf zurück zu führen ist, dass die Bedeutung von „Performance“ kontextbezogen und von den jeweiligen Verwendern und dem Verwendungsgebiet abhängig ist. Wurden in der Vergangenheit finanzielle Messgrößen synonym mit dem Begriff Performance verwendet, so hat mittlerweile ein Wandel von dem eindimensionalen, finanziellen zum mehrdimensionalen Performancebegriff stattgefunden (vgl. Hoffmann 2000, S. 7 ff).

Unter einem Performance Measurementsystem verstehen wir folglich den Aufbau und Einsatz meist mehrerer Kennzahlen verschiedener Dimensionen (z. B. Kosten, Zeit,

Qualität, Innovationsfähigkeit, Kundenzufriedenheit), die zur Beurteilung der Effektivität und Effizienz der Leistung und Leistungspotenziale unterschiedlicher Objekte im Unternehmen, so genannter Leistungsebenen (z.B. Organisationseinheiten unterschiedlicher Größe, Mitarbeiter, Prozesse), herangezogen werden (vgl. Gleich 2002, S. 447).

Das Konzept der BSC hat sich während seiner noch relativ jungen Entwicklungsgeschichte stetig weiterentwickelt (vgl. Hoffmann 2000, S. 57; Werner 2000 a; s. 455). Die BSC stellt nicht nur ein modernes Kennzahlensystem dar, sondern dient gleichermaßen als Managementsystem dazu, die Strategie eines Unternehmens mit Hilfe von ausgewogenen Zielen, Zielwerten, Messgrößen und der Ableitung von Maßnahmen umzusetzen und zu kommunizieren (vgl. Morganski 2001, S. 9 f).

3.2 Die Balanced Scorecard als Managementsystem

Wie zuvor erwähnt ist die BSC mehr als nur ein taktisches oder operatives Meßsystem. Die BSC findet ihre konkrete Anwendung als strategisches Managementsystem, indem sie den strategischen Führungsprozess bei der Realisierung der Unternehmensstrategie unterstützt (vgl. Kaplan/Norton 1997, S. 8 f).

Als strategisches Managementsystem beinhaltet die Balanced Scorecard vier Komponenten:

- die Übersetzung der Unternehmensvision und –strategie,
- die Kommunikation und Verknüpfung der strategischen Ziele mit jenen tieferer Hierarchiestufen
- die Ausrichtung der gesamten Planungsprozesse auf die Unternehmensstrategie
- sowie ein strategisches Feedback und Lernen (vgl. Hoffmann 2000, S. 57 ff; Kaplan/Norton 1997, s. 9 ff).

Diese vier Komponenten, die auch als Intention des BSC Konzeptes bezeichnet werden können, werden im Folgenden vorgestellt.

Die Anwendung der BSC ermöglicht eine Operationalisierung der Visionen und der daraus abgeleiteten Strategien. Es erfolgt eine Übersetzung der Vision bzw. Strategie in ein ausgewogenes Zielsystem mit konkreten Maßnahmen (vgl. Hoffmann 2000, S. 58; Morganski 2001, S. 33 ff). Die BSC ermöglicht eine Umsetzung der Strategie in die Realität. „Translation strategy into action“ (Kaplan/Norton 1997).[18]

Als weitere Intention hat die BSC zum Ziel, die Unternehmensstrategie den Mitarbeitern nahe zu bringen, d. h. im ganzen Unternehmen zu kommunizieren. Die Umsetzung einer Strategie setzt voraus, dass alle Mitarbeiter eines Unternehmens die Strategie und das Verhalten zum Erreichen der gesetzten Ziele verinnerlichen (vgl. Morganski 2001, S. 37 f). Hoffmann spricht in diesem Zusammenhang von einer „Kommunikation und Verknüpfung der strategischen Ziele mit jenen tieferen Hierarchiestufen“ (Hoffmann 2000, S.58).

Die BSC wird Top-Down von der obersten Ebene auf nachfolgenden Einheiten herunter gebrochen. Auf diese Weise sind das gesamte Unternehmen, alle untergeordneten Einheiten sowie alle Mitarbeiter auf die Strategie hin ausgerichtet.

Durch die Formulierung von Zielen und Kennzahlen für die einzelnen Unternehmenseinheiten bzw. Mitarbeiter wird jedem Einzelnen der geleistete Beitrag zum Erreichen der Unternehmensstrategie deutlich (vgl. Gehringer / Michel 2000,

S. 16 f). Die Strategie wird durch die Überführung in nachgelagerte Scorecards kommuniziert und weiter konkretisiert (vgl. Horvath & Partner 2000, S. 14). Auf diese Weise erfolgt eine Identifizierung der einzelnen Mitarbeiter mit der Gesamtunternehmensstrategie. Mit Hilfe der BSC erfolgt eine Ausrichtung der Planungsprozesse auf die Unternehmensstrategie, sodass im Idealfall jeder Einzelne einen Plan erhält, der alle Kennzahlen, Verantwortlichkeiten, Ziele, Maßnahmen und Budgets enthält. Die Strategie wird in der Planung verankert, indem sie bei der Verabschiedung der operativen Maßnahmen sowie der Aufstellung operativer Budgets berücksichtigt wird (vgl. Morganski 2001, S. 38 ff; Hoffmann 2000, S. 59; Gehringer/Michel 2000, S. 16 f).

Als weitere Intention der BSC lässt sich die laufende Strategieanpassung an veränderte Gegebenheiten anführen. Mit dem Einsatz der BSC erfolgt ein fortlaufendes Feedback und Lernen. Die Scorecard dient dazu, die aufgestellten Hypothesen der Strategie anhand der ermittelten Kennzahlen und Messgrößen zu überprüfen und eventuell zu ergänzen (vgl. Morganski 2001, S. 42 ff; Hoffmann 2000, S. 59 f). Man kann in diesem Zusammenhang auch von einer lernenden Organisation sprechen, indem durch ein strukturiertes Feedback die Verbesserungsmöglichkeiten der Strategie aufgezeigt und möglicherweise Korrekturen vorgenommen werden (Kaplan/Norton 1997, S. 15). Abbildung 4 zeigt den strategischen Handlungsrahmen der BSC.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Die Balanced Scorcard als strategischer Handlungsrahmen (Quelle: In Anlehnung an Kaplan/Norton 1997, S. 10).

Zusätzlich sollte an dieser Stelle auf eine weitere Funktion der BSC eingegangen werden, die im Rahmen des turbulenten Wandels immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Die BSC bietet die ideale Voraussetzung für die Entwicklung eines funktionsfähigen Früherkennungssystems, indem mit Hilfe der BSC Frühindikatoren identifiziert und über Ursache-Wirkungsbeziehungen miteinander vernetzt werden. Die BSC unterstützt demzufolge die Entwicklung eines Früherkennungssystems der vierten Generation[19].

Der Schwerpunkt von Früherkennungssystemen der 4.Generation liegt in der Identifizierung von Kausalzusammenhängen zwischen den einzelnen Indikatoren, die über künftige Chancen und Risiken informieren sollen (vgl. Müller 2001, S. 218 f).

Speziell der Aufbau von Ursache-Wirkungsbeziehungen zwischen den identifizierten Einflussfaktoren stellt ein wesentliches Charakteristikum der BSC dar und zeigt somit den grundlegenden Zusammenhang zwischen Entwicklung moderner Früherkennungssysteme und dem System der BSC[20].

3.3 Aufbau und Funktionsweise der Balanced Scorecard

Die Vision bzw. die Strategie steht im Mittelpunkt der BSC. Wie bereits zuvor herausgestellt wurde, dient die BSC dazu, die Strategie eines Unternehmens, welche die ausformulierte Vision des jeweiligen Unternehmens wiedergibt, zu operationalisieren.

Es stellt sich nun die Frage, wie man von den abstrakten Strategien zu konkreten Maßnahmen kommt. Das Instrument der BSC betrachtet das Unternehmen aus verschiedenen Perspektiven, die auch als Erfolgsfaktoren bezeichnet werden (vgl. Probst 2001, S. 14 f).

Die klassischen Perspektiven der BSC bestehen aus:

- der finanzwirtschaftlichen Perspektive
- der Kundenperspektive
- der internen Prozessperspektive
- sowie der Lern- und Entwicklungsperspektive[21]

Je nach Branche, Unternehmen und Situation können alternative oder zusätzliche Perspektiven angebracht sein (vgl. Kaplan/Norton 1997, S. 33 f; Weber/Schäffer 1998, S. 17 f). Die traditionellen, sowie weitere Perspektiven, werden in Kapitel 3.4 behandelt. Nachdem die Erfolgsfaktoren (Perspektiven) identifiziert worden sind, stellt sich nun die Frage, wie diese gesteuert werden.

Für jede Perspektive sind, ausgehend von der Strategie des Unternehmens,

- strategische Ziele
- Kennzahlen bzw. Indikatoren
- die entsprechende Vorgaben
- sowie Maßnahmen bzw. Aktionen zu bestimmen.

Diese vier Elemente bestimmen den Inhalt der verschiedenen Perspektiven (vgl. Probst 2001, S. 18; Frille / Ivisic /Sommer-Dittrich 2001, S. 60).

Die strategischen Ziele der einzelnen Perspektiven bilden das Herzstück der verschiedenen Erfolgsfaktoren. Sie werden aus der Unternehmensstrategie abgeleitet, sodass diese eine Konkretisierung erfährt. Die strategischen Ziele der einzelnen Perspektiven werden schließlich miteinander verknüpft, indem Kausalzusammenhänge identifiziert werden, die über Ursache-Wirkungsbeziehungen dargestellt werden können (vgl. Horvath & Partner 2000, S. 13; Ehrmann 2000, S. 37 ff).

Um die strategischen Ziele messbar zu machen, bedient man sich verschiedener Kennzahlen bzw. Indikatoren, die auf spezielle Perspektiven zugeschnitten sind. Man unterscheidet hier zwischen Früh- und Spätindikatoren. Spätindikatoren dienen der Messung von gegenwärtigen und vergangenen Leistungen, wohingegen Frühindikatoren Informationen bezüglich des künftigen Erfolges liefern und infolgedessen die Spätindikatoren beeinflussen (vgl. Ehrmann 2000, S. 48 ff; Zimmermann / Jöhnk 2001, S. 524). Die Einstufung, ob eine Zahl als Früh- oder Spätindikator gesehen wird, ist davon abhängig, aus welcher zeitlichen Position ein Prozess betrachtet wird (vgl. Müller 2001, S. 220). Durch die Identifikation von Frühindikatoren gewinnt die BSC, wie bereits oben erwähnt, zunehmend als Früherkennungssystem an Bedeutung (vgl. Gehringer / Michel 2000; Baumgarten / Pladeck 2002, S. 29).

Die Ziele werden durch bestimmte Vorgaben der Kennzahlen präzisiert, um so den Grad der Zielerreichung verfolgen zu können. Erst durch gezielte Vorgaben der betrachteten Größen sind Soll/Ist-Vergleiche möglich (vgl. Ehrmann 2000, S. 130 f).

Eine Operationalisierung der Unternehmensstrategie erfolgt schließlich durch die Ableitung konkreter Maßnahmen und Aktionen aus den vorgegebenen Zielen (vgl. Ehrmann 2000, S. 131 ff).

Hinsichtlich der angestrebten Komplexitätsreduktion und Informationstransparenz sollte man die einzelnen Perspektiven nicht mit den Zielen und Kennzahlen überlasten, sondern sich auf eine überschaubare Anzahl von ca. fünf Zielen bzw. Kennzahlen pro Perspektive konzentrieren (vgl. Probst 2001, S. 18). Zusätzlich erhalten die strategischen Maßnahmen Termin- und Budgetvorgaben sowie einen Verantwortlichen (vgl. Horvath & Partner 2000, S. 9).

Nachdem die BSC auf oberster Unternehmensebene definiert worden ist, wird sie vertikal ausgedehnt, d.h. auf die nachgelagerten Unternehmenseinheiten herunter gebrochen, sodass im Extremfall jede Abteilung bzw. jeder Mitarbeiter seine eigene BSC besitzt. Die unternehmensweite Ausdehnung der BSC wird auch als Roll-out bezeichnet. Die Ziele der nachgelagerten BSCs sind von der übergeordneten BSC abgeleitet, sodass im Idealfall jedem Mitarbeiter transparent wird, welchen Teil er zur Realisierung der Unternehmensstrategie leistet (vgl. Ehrmann 2000, S. 149 ff). Von der zentralen BSC, die ihre strategischen Ziele von der Unternehmensstrategie ableitet,

entwickelt man die Ziele der bereichsspezifischen BSCs. Von diesen Zielen leiten sich wiederum spezielle Abteilungsziele der entsprechenden Scorecards ab, bis zu der

Vereinbarung von Mitarbeiterzielen in den BSCs der einzelnen Personen[22]

(vgl. Gehringer / Michel 2000, S. 222; Fisch / Schäfer 2001, S. 309f).

Mit anderen Worten werden alle Organisationseinheiten mit Hilfe der abgeleiteten BSCs auf die Vision und Unternehmensstrategie ausgerichtet. In Abbildung 5, auf der folgenden Seite, wird die Grundstruktur der BSC nochmals verdeutlicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Grundstruktur der Balanced Scorecard nach Kaplan / Norton
(Quelle: In Anlehnung an Kaplan / Norton 1997, S. 9).

3.4 Perspektiven der Balanced Scorecard

Die Perspektiven einer BSC[23] stellen die Betrachtungsweisen des Unternehmens aus unterschiedlichen Sichten dar.

Die Integration verschiedener Perspektiven sowie die zusätzliche Verwendung nichtfinanzieller Kennzahlen bietet dem Management ein effizienteres Informationssystem, das sich durch eine ganzheitliche Betrachtungsweise des betrieblichen Geschehens ausrichtet (vgl. Fisch / Schäfer 2001, S. 307; Vollmuth 1999, S. 208 f).

Die klassische BSC umfasst vier Perspektiven, mit deren Hilfe die Strategie eines Unternehmens umgesetzt werden soll. Die Perspektiven sind nicht starr vorgegeben, sondern beliebig austausch- und erweiterbar. Die Perspektiven können branchen- und

unternehmensspezifisch anpasst werden (vgl. Horvath & Partner 2000, S. 10).

[...]


[1] Für die Begriffe Supply Chain Management, Supply Chain Controlling und Balanced Scorecard werden im Folgenden die Abkürzungen SCM, SCC und BSC verwendet.

[2] Ein Überblick über die verschiedenen Konzeptionen des SFCC im deutschsprachigen Raum findet sich bei Göpfert/Neher 2002a, S.34 ff

[3] Detailiertere Informationen zu den traditionellen Controlling-Konzeptionen finden sich bei Göpfert 200, S.23 ff

[4] Das Marburger Logistikvisionsteam wurde 1996 an der Phillips-Universität Marburg gegründet. Teammitglieder sind Logistik-Experten aus Industrie, Handel und Dienstleistung. Ausführlicher siehe Göpfert 2001b, S.VII ff

[5] Detailiertere Informationen über die Untersuchung hinsichtlich des Umsetzungsstandes und zukünftiger Vorhaben im SCC finden sich bei Göpfert/Neher 2002a, S.34 ff.

[6] Andere Bezeichnungen für den Bull-Whip-Effekt sind Forrester-, Whiplash-, Whipsaw- oder Peitschenschlageffekt.

[7] (vgl. Göpfert 2002, S.35; Baumgarten/Darkow 2002, S.92 f; Corsten/Gössinger 2001, S.94 f; Kloth 1999 a, S.26 f)

[8] Ein umfassender Überblick über die Aufgaben des SCCs, die sich aus der Praxisuntersuchung ergeben haben, findet sich bei Göpfert / Neher 2002 a, S.41.

[9] Ausführliche Informationen bezüglich der Funktionalität und Anwendung von APS-Systemen finden sich bei Steven / Krüger 2002; Kilger / Müller 2002 und Corsten / Gössinger 2001, S.151 ff.

[10] Zu einer eingehenden Darstellung des SCOR – Modells siehe Kloth 1999b, Geimer / Becker 2001.

[11] Ein Überblick über die Instrumente, die hinsichtlich des SCMs und –Controllings vorgeschlagen und diskutier werden, findet sich bei Göpfert / Neher 2002a, S.34 ff und Kaufmann/Germer 2001.

[12] Eine empirische Untersuchung zu Erfahrungen der Unternehmenspraxis bezüglich des Einsatzes des BSC finden sich bei Zimmermann/Jöhnk 2000 und Töpfert/Lindstädt/Förster 2002. Unternehmensspezifische Erfahrungen hinsichtlich der Anwendung der BSC finden sich u.a. bei Kaplan/Norton 2001.

[13] „Kennzahlen sind quantitative Größen, die in bewusster Verdichtung der komplexen Realität über messbare Sachverhalte informieren“. „Unter einem Kennzahlensystem wird eine Zusammenstellung von Kennzahlen verstanden, die in einer sachlich sinnvollen Beziehung zueinander stehen, einander ergänzen oder erklären und insgesamt auf ein gemeinsames übergeordnetes Ziel ausgerichtet sind“ (Göpfert 2000, S.340 ff).

[14] Siehe ausführlich Perridon/Steiner 1999, S. 555 ff.

[15] Auf die Grundstruktur sowie Funktionsweise des BSC wird in Kapitel 3.3 und 3.4 näher eingegangen.

[16] siehe hierzu Kapitel 3.4

[17] Auf eine Unterscheidung zwischen Management- oder Controllingsysteme wird im Folgenden verzichtet, wobei anzumerken ist, dass beide Begriffe ihre Berechtigung haben und in der Literatur anzufinden sind. Eine eindeutige Zuordnung der BSC als Management bzw. Controllinginstrument ist ohnehin nur schwer realisierbar, sodass im Rahmen dieser Arbeit beide Begriffe verwendet werden.

[18] An dieser Stele soll nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die BSC der Strategieumsetzung dient und kein Instrument der Strategiefindung darstellt (vgl. Morganski 2001, S. VIII; Horvath & Partner 2000, S. 5). Die Trennung von Strategiefindung und Strategieumsetzung führt jedoch häufig zu Verwirrungen. Auf der einen Seite ist die Strategie der Ausgangspunkt, an dem die BSC ansetzt, auf der anderen Seite ist das Ergebnis des Prozesses eine Darstellung der Strategie selbst. Falls noch kein Strategieverständnis gemeinsam getragen wird, kommt dem BCS Prozess eine besondere Bedeutung zu, da durch die Formulierung strategischer Ziele eine Harmonisierung der Strategievorstellungen angestrebt wird. Es müssen vorab nicht alle Details der Strategie geklärt sein, jedoch sollten übereinstimmende Grundpositionen herrschen. Die BSC dient schließlich einer kontinuierlichen Weiterentwicklung der Gesamtstrategie (vgl. Horvath & Partner 2000, S. 69).

[19] Siehe ausführlicher zur Entwicklung verschiedener Generationen von Früherkennungssystemen Müller 2001 und Krytek 1990.

[20] Eine Darstellung der BSC als Früherkennungssystem findet sich bei Müller 2001 und Gehringer/Michel 2000.

[21] vgl. Kaplan/Norton 1997, S. 23 ff

[22] Die Entwicklung von BSCs bis in die kleinsten Unternehmenseinheiten stellt das Ideal dar, was jedoch in der Praxis nur schwer realisierbar ist.

[23] Eine umfassende Beschreibung der klassischen BSC Perspektiven findet sich bei Kaplan/Norton 1997, S. 46 ff; Morganski 2001, S. 46 ff.

Ende der Leseprobe aus 104 Seiten

Details

Titel
Anwendung der Balanced Scorecard für das Supply Chain Management
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
104
Katalognummer
V112179
ISBN (eBook)
9783640120352
Dateigröße
1066 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Anwendung, Balanced, Scorecard, Supply, Chain, Management
Arbeit zitieren
Manuela Kliem (Autor:in), 2008, Anwendung der Balanced Scorecard für das Supply Chain Management, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112179

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