Das Verbot als Chance

Kundenbindung mittels Internet-Marketing in Branchen, die Werbebeschränkungen unterliegen, am Beispiel von Rechtsanwälten in Österreich


Diplomarbeit, 2007

134 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG
l.l PROBLEMSTELLUNG
l.2 ZIELSETZUNGEN DER ARBEIT
l.3 AUFBAU DER ARBEIT
l.4 METHODENAUSWAHL

2 RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
2.l WERBEVERBOTE VS. WERBEBESCHRÄNKUNGEN
2.2 AKTUELLE SITUATION FÜR RECHTSANWÄLTE IN ÖSTERREICH
2.2.1 Notwendigkeit anwaltlicher Werbung
2.2.2 Wachsende Konkurrenz in der Branche
2.2.3 Branchenranking
2.2.4 Werbebeschränkungen für Rechtsanwälte in Österreich
2.3 WEITERE BETROFFENE BRANCHEN IN ÖSTERREICH
2.3.1 Alkoholische Getränke
2.3.2 Tabak
2.3.3 Apotheken

3 KUNDENBINDUNG UND CUSTOMER RELATIONSHIP MANAGEMENT
3.l CUSTOMER RELATIONSHIP MANAGEMENT (CRM)
3.1.1 Begriffsabgrenzung
3.1.2 Vom Transaktionsmarketing zum Relationship Marketing
3.1.3 Grundprinzipien des Relationship Marketing
3.1.4 Bereiche des CRM
3.2 KUNDENBINDUNG ALS ZIEL DES RELATIONSHIP MANAGEMENT
3.2.1 Definition von Kundenbindung
3.2.2 Charakteristika von Kundenbindung
3.2.3 Operationalisierung und Messung von Kundenbindung
3.2.4 Typologien von Kundenbindung
3.2.5 Zusammenfassung: Von Kundenorientierung zur Loyalität
3.3 CRM-INSTRUMENTE IM MARKETING-MIX
3.3.1 Produktpolitik
3.3.2 Preispolitik
3.3.3 Distributionspolitik
3.3.4 Kommunikationspolitik
3.4 ECRM – ELECTRONIC CUSTOMER RELATIONSHIP MANAGEMENT..
3.4.1 Definitionsansätze
3.4.2 Grundprinzipien des eCRM
3.4.3 Der Loyalitätskreislauf im Internet
3.4.4 Operationalisierung und Messung der Kundenbindung im Online-Marketing und eCommerce

4 AUSGEWÄHLTE INSTRUMENTE DES INTERNET-MARKETING
4.l BEGRIFFSABGRENZUNG
4.2 BEDEUTUNG EINER UNTERNEHMENSWEBSITE
4.2.1 Definition und Abgrenzung
4.2.2 Nutzen und Zweck eines Webauftritts für Unternehmen
4.2.3 Erfolgsfaktoren einer Website
4.3 SUCHMASCHINENMARKETING
4.3.1 Definition und Abgrenzung
4.3.2 Methoden des Suchmaschinenmarketing
4.3.3 Erfolgskontrolle
4.4 E-MAIL MARKETING
4.4.1 Definition und kritische Würdigung
4.4.2 Vor- und Nachteile des E-Mail Marketing
4.4.3 Massenmedium vs. Individualmarketing
4.4.4 Kundenbeziehungsmanagement mittels E-Mail Marketing
4.4.5 Rechtliche Einschränkungen
4.5 AFFILIATE MARKETING
4.5.1 Definition und Ablauf
4.5.2 Vorteile für Merchant und Affiliate
4.6 ONLINE-WERBUNG UND ONLINE-SPONSORING
4.6.1 Online-Werbung
4.6.2 Online-Sponsoring
4.7 INTERAKTIVE MÖGLICHKEITEN IM WEB
4.7.1 Begriffserklärung
4.7.2 Applikationen im Web 2.0
4.7.3 Vorteile und mögliche Probleme
4.8 VIRALES MARKETING
4.8.1 Begriffserklärung
4.8.2 Formen von Viral-Marketing
4.8.3 Vor- und Nachteile von Viral-Marketing

5 STRATEGIEENTWICKLUNG: SINNVOLLER EINSATZ DES INTERNET IM KANZLEIMARKETING VON RECHTSANWÄLTEN
5.l WEBSITE
5.2 SUCHMASCHINENOPTIMIERUNG
5.3 EINTRAG AUF JURISTISCHEM INTERNETPORTAL
5.4 NEWS UND NEWSLETTER
5.5 INTERAKTIVE MÖGLICHKEITEN IM WEB 2.O
5.6 SONSTIGE INSTRUMENTE

6 BEST PRACTICE: KUNDENBINDUNG DURCH INTERNET-MARKETING BEI RECHTSANWÄLTEN
6.l WEBSITE
6.1.1 Existenz und Aufbau der Website
6.1.2 Usability
6.1.3 Inhalte der Website
6.1.4 Kontaktmöglichkeiten per E-Mai
6.2 SUCHMASCHINENOPTIMIERUNG
6.2.1 Keyword-Analyse
6.2.2 Backlink-Analyse
6.3 EINTRAG AUF JURISTISCHEN PORTALEN
6.4 NEWS UND NEWSLETTER
6.4.1 Aktualität der News
6.4.2 Newsletter
6.5 METHODEN ZUM KOMPETENZBEWEIS
6.6 CORPORATE BLOGGING
6.7 WEITERE INSTRUMENTE ZUR ERHÖHUNG DER KUNDENBINDUNG
6.7.1 Online Akteneinsicht
6.7.2 Klientenzeitschrift zum Download
6.7.3 Stiftungen
6.7.4 Downloads und weitere Services
6.8 ZUSAMMENFASSUNG

7 FAZIT

ANHANG I

A LITERATURVERZEICHNIS
A.1 Literaturquellen
A.2 Zeitschriften
A.3 Online-Quellen

B ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

C ABBILDUNGSVERZEICHNIS

D TABELLENVERZEICHNIS

E QUALITATIVE EXPERTENBEFRAGUNGEN
E1 Dr. Alexander Christian
E2 Dr. Thomas Schweiger
E3 Mag. Franz Galla
E4 Anonymisiertes Interview mit einem Organisationsleiter einer großen internationalen Sozietät von Wirtschafts- und Unternehmensanwälten
E5 Vera Steinhäuser

F BRANCHENRANKING DER RECHTSANWALTSKANZLEIEN IN

ÖSTERREICH

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Das Internet und dessen Dienste revolutionieren die Gesellschaft, ändern deren Bedürfnisse und stellen Kaufgewohnheiten auf den Kopf. Noch nie war es so einfach, von einem Anbieter zum nächsten zu wechseln – ein Mausklick reicht dazu meistens aus. Internet und langfristige Kundenbeziehungen – wie lässt sich dies vereinen? Diese Frage stellen sich Unternehmen seit der flächendeckenden Verbreitung des Internet zu Beginn dieses Jahrtausends. Mit riesigen Marketing- und Werbebudgets wird versucht, innovative Dienstleistungen und Dienste anzubieten, um so Kunden zu binden. Doch nicht jedem Unternehmen ist dies erlaubt. Viele Branchen, wie bspw. Ärzte, Steuerberater oder die Tabakindustrie unterliegen teils weit reichenden Werbebeschränkungen, die teilweise bis zu gänzlichen Werbeverboten führen. Dies ist auch in der Rechtsberatung der Fall. Diese Diplomarbeit widmet sich voll und ganz der Branche der Rechtsanwälte, da diese die durch Werbebeschränkungen entstandenen Probleme am besten bündelt

Doch weshalb haben es Anwälte überhaupt Not, sich innerhalb des gesetzlichen Rahmens zu vermarkten? Bis Anfang der l99Oer-Jahre war es schlichtweg nicht erforderlich, dass sich Anwälte mit dem Thema Marketing und Mandantenbindung befassen. Das beste Marketing war es bis dahin, Prozesse zu gewinnen und dadurch persönliche Empfehlungen zu generieren. Kanzleien sind damals von allein gelaufen. Diese Zeiten haben sich geändert. Vielen Rechtsanwälten ist trotz der zunehmend schwieriger werdenden Wettbewerbsbedingungen und der wachsenden Konkurrenz nicht bewusst, dass Marketing und Werbung sowie Mandantenorientierung zentrale Eckpfeiler eines modernen anwaltlichen Businessplans darstellen. Anwaltliches Marketing bedeutet heute, das Dienstleistungsangebot aus Sicht des Mandanten zu betrachten und sich gegen die wachsende Konkurrenz abzugrenzen. Zudem sind anwaltliche Dienstleistungen zumeist regional und lokal orientiert, weshalb der Einsatz des World Wide Web oftmals nicht als adäquates Mittel für lokale Kommunikation angesehen wird. Vor allem kleinere Kanzleien oder Einzelanwälte, die über keinen festen Mandantenstamm verfügen, sehen einen professionellen Webauftritt als Chance, um Kunden gewinnen und langfristig binden zu können

1.2 Zielsetzungen der Arbeit

Diese Arbeit beschäftigt sich primär mit der Beantwortung folgender zentraler Forschungsfragen:

- Warum ist es für Rechtsanwälte wichtig, sich zu vermarkten?
- Wie sehen rechtliche Restriktionen in Bezug auf Werbung aus?
- Warum macht es für eine Anwaltskanzlei Sinn, einen Webauftritt zu haben?
- Wie können Mandanten theoretisch durch Internet-Marketing an die Kanzlei gebunden werden?
- Welche Instrumente des Internet-Marketing finden in dieser Branche bereits Anwendung, welche (noch) nicht? Wie werden diese eingesetzt?
- Sind die Werbebeschränkungen für diese Branche nur eine Einschränkung, oder können sie auch als Chance für diese angesehen werden?

1.3 Aufbau der Arbeit

Um diese Fragen beantworten zu können, bedarf es vorerst einer theoretischen Basis. Kapitel 2 widmet sich daher den rechtlichen Rahmenbedingungen für Rechtsanwälte in Österreich und klärt, was im Bereich Werbung und Marketing für diese Branche erlaubt bzw. verboten ist. Kapitel 3 geht auf die theoretischen Grundlagen der Kundenbindung ein und erläutert, wie Kundenbindung entstehen kann und welche Instrumente dafür im On- und Offlinebereich angewandt werden. Spezifischer auf das Internet und dessen Dienste geht Kapitel 4 ein. In dies]em werden die Grundlagen des Internet-Marketing aufgearbeitet und die wichtigsten Instrumente vorgestellt. Dies reicht von der Bedeutung einer Website über den Einsatz klassischer Instrumente, wie bspw. Bannerwerbung und E-Mail Marketing, bis hin zu modernen Diensten des Web 2.O

Basierend auf den theoretischen Grundlagen der Kapitel 2 bis 4 widmet sich Kapitel 5 der Strategieentwicklung aus Sicht des Autors. Die vorgestellten Instrumente des Internet-Marketing werden anhand von drei Kriterien auf ihren sinnvollen Einsatz für Rechtsanwaltskanzleien analysiert. Ziel dieses Kapitels ist es, konkrete Vorschläge für den Einsatz von Internet-Marketing- Instrumenten auf Kanzleiwebsites, mit dem Ziel der Klientenbindung, zu machen. Kapitel 6 untersucht die Websites der 25 größten Kanzleien Österreichs und stellt so eine Bestandsaufnahme der Branche in Sachen Internet-Marketing und Kundenbindung dar. Die besten und schlechtesten Mittel und Instrumente werden in diesem Kapitel vorgestellt. Abgerundet wird dieses Kapitel durch Meinungen von Experten und Betroffenen

Den Abschluss dieser Arbeit bildet Kapitel 7. In diesem Fazit werden die Forschungsfragen zusammenfassend beantwortet. Zusätzlich dazu wird ein kurzer Ausblick in die Zukunft des Internet-Marketing in der Branche der Rechtsberatung aus Sicht von Standesangehörigen gegeben

1.4 Methodenauswahl

Bei der vorliegenden Diplomarbeit kommen zwei empirische Methoden zum Einsatz. Der gesamte Theorieteil dieser Arbeit basiert auf einer umfassenden Literaturrecherche in deutsch- und englischsprachigen Werken, abgerundet durch aktuelle Artikel in Zeitungen, Zeitschriften und im Internet. Bei der zweiten Methode handelt es sich um eine qualitative Befragung in Form von Interviews, die mit Standesangehörigen der 25 größten Anwaltskanzleien geführt werden. Die Interviews finden entweder im Gespräch oder in Form von E-Mail-Befragungen statt. In beiden Fällen handelt es sich um Leitfadeninterviews, die einen bestimmten Rahmen des Gesprächs vorgeben aber dennoch die Möglichkeit bieten, weitere Fragen einzuwerfen. Im Vergleich zu Fragebögen werden bei den Interviews ausschließlich offene Fragen gestellt, die dem Befragten die Möglichkeit bieten, seine Meinungen und Erfahrungen frei zu formulieren

2 Rechtliche Rahmenbedingungen

Werbung ist in der heutigen, durch Medien geprägten Zeit, nicht mehr aus der Gesellschaft wegzudenken. Sie stellt eine Form der Selbstpräsentation dar und verfolgt das Ziel, dem Konsumenten Produkte und Dienstleistungen bekannt zu machen. Auch Klienten einer Rechtsanwaltskanzlei benötigen Informationen über Kanzleien und deren Dienstleistungen, um sich einen geeigneten Rechtsbeistand auszusuchen. Werbung ist daher auch für diese Branche ein adäquates Mittel, um potenzielle Klienten zu informieren bzw. anzusprechen und um deren Wahl zu beeinflussen

Doch die Branche der rechtsberatenden Berufe unterliegt, wie auch andere Branchen in Österreich, speziellen Werbebeschränkungen. Ein generelles Werbeverbot gibt es allerdings nicht

2.1 Werbeverbote vs. Werbebeschränkungen

Grundsätzlich werden zwei Kategorien von Werbebeschränkungen unterschieden, nämlich absolute Werbeverbote und Werbebeschränkungen Absolute Werbeverbote verbieten jegliche Art der Werbung. Diesem Verbot unterlagen in Österreich die Wirtschaftstreuhänder, also Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Buchprüfer und selbstständige Buchhalter. Doch dieses Verbot wurde am 24. Juni l992 mit der Begründung der Verfassungswidrigkeit vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Auch Notare unterliegen seit dem l. Januar 2OOO nicht mehr dem absoluten Werbeverbot. Die Richtlinien wurden gelockert und durch Werbebeschränkungen ersetzt

Werbebeschränkungen unterscheiden sich von absoluten Verboten insofern, als dass Werbung nur innerhalb eines gesetzten Rahmens erlaubt ist, aber nicht generell jede werbliche Maßnahme untersagt ist

2.2 Aktuelle Situation für Rechtsanwälte in Österreich

2.2.1 Notwendigkeit anwaltlicher Werbung

Auf Grund zunehmender Konkurrenz erfreuen sich Marketing und Werbung in der Rechtsberatung immer größerer Beliebtheit. Werbe- und Marketingtätigkeiten, auch wenn sie von noch so geringem Umfang sind, sind heutzutage entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg eines Anwalts oder einer Kanzlei. Denn die regelmäßige Präsenz in unterschiedlichen

Medien erweckt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit.l Selbst gezielte, kommerzielle Werbung kann, bei richtiger Betrachtung des heutigen Wirtschaftsgeschehens, keineswegs als negativ für den Stand angesehen werden.2 Axmann sieht neben der zunehmenden Konkurrenz und der damit verbundenen Abgrenzungsnotwendigkeit noch zwei weitere Hauptgründe für anwaltliche Werbung: Erstens erhöht Werbung die Markttransparenz und erleichtert so potenziellen Klienten die Auswahl des für sie bestgeeigneten Anwalts. Außerdem meint er, dass eine kanzleispezifische Werbung und eine Corporate Identity zu jedem Marketingplan einer erfolgreichen Kanzleigründung gehören. Er plädiert für einen Mix aus klassischen Werbeinstrumenten und Werbung in neuen Medien. So gehören zu einem gut durchdachten Werbemix bspw. Visitenkarten, Imagebroschüren, und einem Kanzleilogo auch eine Website und ein E- Mail-Newsletter3

2.2.2 Wachsende Konkurrenz in der Branche

Die Anzahl der Anwälte und Kanzleien in Österreich ist stetig am steigen. Waren es l995 noch 326l Rechtsanwälte, so sind es aktuell 5O57, wobei 7l davon noch Rechtsanwaltsanwärter sind. Über 43% davon entfallen allein auf Wien, gefolgt von Oberösterreich mit ll%, Tirol mit lO% und der

Steiermark mit 9%.4 Zum Vergleich: Der Deutsche Markt umfasst ca. das 27-fache des österreichischen. Im Jahr 2OO6 betrug die Anzahl der Rechtsanwälte in Deutschland l386795

Diese wachsende Konkurrenz ist auch ein Mitgrund für die zunehmende Relevanz des Marketing für diese Branche

2.2.3 Branchenranking

Das Branchenranking der rechtsberatenden Kanzleien wird, anders als in anderen Branchen, lediglich nach der Anzahl der teilhabenden Partneranwälte gemessen. Umsatz- oder Gewinnzahlen sowie Madantenzahlen unterliegen der Verschwiegenheitspflicht und sind nicht einmal der Österreichischen Rechtsanwaltskammer (ÖRAK) bekannt. Tabelle l listet die zehn größten Kanzleien Österreichs auf (Stand vom O4.O4.2OO7)6:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle l: Branchenranking der größten Kanzleien in Österreich, Stand: O4.O4.2OO7 Quelle: Österreichische Rechtsanwaltskammer

2.2.4 Werbebeschränkungen für Rechtsanwälte in Österreich

Die Werbebeschränkung für Rechtsanwälte betrifft nicht die Werbung generell, sondern nur bestimmte Formen. Hauptkriterium hierbei ist die sachliche Bewerbung der anwaltlichen Leistung. Vergleichende oder

übertriebene Werbungen sind verboten. Weiters ist es im Interesse aller Standesangehörigen, dass unsachliche Anpreisungen anwaltlicher Dienstleistungen vermieden werden, da der Stand unter anderem von seiner Seriosität lebt. Werbung soll die Integrität des Berufsstandes nicht gefährden, das freie Berufsbild durch Kommerzialisierung nicht verfälschen und das Vertrauen der Öffentlichkeit gegenüber dem Berufsstand aufrechterhalten7

Sämtliche für Österreich geltenden Werbebeschränkungen und Verbote für die Rechtsberatung sind in den Richtlinien zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufes, für die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwalts und für die Ausbildung der Rechtsanwaltsanwärter von 1977/99 (RL-BA) geregelt. Artikel VIII umfasst §45 bis § 47 und regelt das Kapitel Rechtsanwalt und Öffentlichkeit. Folgende Regelungen gelten für Rechtsanwälte in Österreich in Bezug auf Werbung:

§ 45

(l) Der Rechtsanwalt wirbt vornehmlich durch die Qualität seiner anwaltlichen Leistung

(2) Werbung ist zulässig, sofern sie wahr, sachlich, in Einklang mit Ehre und Ansehen des Standes, den Berufspflichten sowie der Funktion des Rechtsanwaltes im Rahmen der Rechtspflege ist

(3) Unzulässig ist insbesondere
a) Selbstanpreisung durch marktschreierische Werbung;
b) vergleichende Werbung gegenüber Standesangehörigen;
c) Mandatsakquisition unter Ausnützung einer Zwangssituation;
d) Überlassung von Vollmachtsformularen an Dritte zwecks Weitergabe an einen unbestimmten Personenkreis;
e) Nennung von Mandanten ohne deren Einwilligung;
f) das Anbieten oder Gewähren von Vorteilen für Mandatszuführungen;
g) Bezugnahme auf Erfolgs- oder Umsatzzahlen

§ 46

Der Rechtsanwalt hat in zumutbarer Weise dafür zu sorgen, dass standeswidrige Werbung für ihn durch Dritte, insbesondere durch Medien, unterbleibt

§ 47

Im Umgang mit Medien hat der Rechtsanwalt die Interessen seines Mandanten, Ehre und Ansehen des Standes, sowie die Berufspflichten zu beachten. In Ausübung eines Mandates veranlasste Veröffentlichungen in Medien sind zulässig, wenn die Veröffentlichung dem legitimen Interesse des Mandanten nicht widerspricht und von diesem ausdrücklich gestattet wurde

Die RL-BA wurde l999 überarbeitet und gekürzt. In der ursprünglichen RL-BA 1977 waren noch folgende Bestimmungen festgelegt, die nun aufgehoben sind:

§ 48

Dem Rechtsanwalt ist es jedenfalls untersagt, für die Zuführung von Parteien Leistungen in Aussicht zu stellen oder zu erbringen

§ 49

Der Rechtsanwalt darf seinen Namen in allgemeine oder Berufsverzeichnisse, die allen Rechtsanwälten zugänglich sind, und in Mitglieder- oder sonstige Verzeichnisse, auch wenn sie nicht allen Rechtsanwälten zugänglich sind, aufnehmen lassen, sofern eine Hervorhebung seines Namens oder seiner Anschrift unterbleibt

2.3 Weitere betroffene Branchen in Österreich

Neben Rechtsanwälten unterliegen auch andere Branchen in Österreich Werbebeschränkungen. Dies betrifft vor allem die freien Berufe sowie Branchen, deren Werbebeschränkung zum Ziele des Jugendschutzes erlassen wurde. Exemplarisch wird im Folgenden auf die Gründe der Beschränkungen von einigen dieser Branchen eingegangen

2.3.1 Alkoholische Getränke

Grundsätzlich ist Werbung für alkoholische Getränke in Österreich erlaubt. Werbebeschränkungen betreffen Getränke ab einem bestimmten Alkoholgehalt und sind vor allem für TV und Radio vorgesehen. Geregelt sind diese Beschränkungen im Rundfunkgesetz, im Regionalradiogesetz sowie im Kabel- und Satellitenrundfunkgesetz8

Die Beschränkungen der Werbung für Alkohol dienen hauptsächlich dem Jugendschutz. Dies hat mehrere Gründe: Werbung fördert den Alkoholkonsum, indem positive Werte im Zusammenhang mit dem Trinken vermittelt werden. Vor allem Jugendliche sprechen sehr auf Alkoholwerbung an. Das Werbeverbot begründet sich daher mit der präventiven Wirkung zur Verringerung des Alkoholkonsums, speziell in der Jugend

Das Verbot von Alkoholwerbung ist allerdings in der EU nicht einheitlich geregelt. Einige EU-Länder, wie bspw. Frankreich, haben diese Werbung in allen Medien und in allen Formen vollkommen verboten. Andere EU- Länder, wie auch Österreich und Deutschland, lassen Alkoholwerbung zumindest im Internet noch zu

2.3.2 Tabak

Das Tabakwerbeverbot ist das am strengsten ausgelegte in der EU und somit auch in Österreich. Seit am 3l. Juli 2OO5 die EU-Richtlinie über das Tabakwerbeverbot in Kraft getreten ist, ist Werbung in Rundfunk, Printmedien und im Internet gänzlich untersagt. Auch das bis dahin in dieser Branche weit verbreitete Sponsoring von grenzüberschreitenden Kultur- und Sportveranstaltungen wurde verboten. Auch dies ist, wie bei Alkohol, eine Maßnahme zum Jugendschutz

2.3.3 Apotheken

Da Apotheken nicht als reiner Gewerbebetrieb angesehen werden, können die Regeln des freien, uneingeschränkten Wettbewerbes auf Apotheken nicht angewendet werden, da das Arzneimittel eine Ware besonderer Art ist. Unternehmerische Zielsetzung darf es nicht sein, möglichst viele Arzneimittel umzusetzen, oder durch den Einsatz von Marketing- Maßnahmen und Werbung den Arzneimittelkonsum zu steigern. Dennoch darf, wenn auch eingeschränkt, für Arzneimittel geworben werden

In der Apothekenbetriebsordnung 2005 ist in Bezug auf Werbung lediglich geregelt, dass der Apotheker weder marktschreierisch auftreten noch aufdringlich werben darf. Marktschreierische Werbung ist dadurch gekennzeichnet, dass die Werbeaussage nicht wörtlich, sondern als nicht ernst zu nehmende Übertreibung aufzufassen ist. Demnach wäre also bloß irreführende marktschreierische Werbung bedenklich9

Detaillierter geht hier das Arzneimittelgesetz vor, das in Abschnitt V die produktbezogenen Werbebeschränkungen ausführlich behandelt. Demnach gelten als Werbung für Arzneimittel sämtliche Maßnahmen zur Information, zur Marktuntersuchung und Marktbearbeitung sowie zur Schaffung von Anreizen mit dem Ziel, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern. Erlaubt sind u.a. Arzneimittelwerbung für Endkunden, Besuche von Pharmareferenten, die Abgabe von Arzneimittelmustern bei Ärzten oder auch das Sponsoring von Veranstaltungen zur Verkaufsförderung. Einschränkungen sind insofern gegeben, als dass Werbung für Arzneimittel die Eigenschaften der Arzneispezialität objektiv und ohne Übertreibung darstellen muss. Die größte Einschränkung ist allerdings, dass keinerlei Werbung für rezeptpflichtige Arzneimittel betrieben werden darf.10

3 Kundenbindung und Customer Relationship Management

Die Zukunft des Verkaufens liegt im Management der bestehenden Kundenbeziehungen, denn erst langfristige Kundenbeziehungen sind für ein Unternehmen ertragreich.ll Die langfristige Bindung von Kunden ans Unternehmen wurde in den letzten Jahren immer mehr zum zentralen Aspekt des Marketing. Durch innovative Konzepte sowie neue Technologien werden sowohl das Angebot als auch die Kommunikation individualisiert und personalisiert und somit auf die jeweiligen

Kundenbedürfnisse abgestimmt. Primäres Ziel des sog. Customer Relationship Marketing ist die Personalisierung:

„The retailer shall not be satisfied with simply collecting and analysing data; he needs to actively use the information. The retailer does this by personalising sites and providing added value. This is the process of customer relationship marketing. The objective: to build customer loyalty.” l

3.1 Customer Relationship Management (CRM)

3.1.1 Begriffsabgrenzung

Im täglichen Sprachgebrauch werden viele Begriffe mit CRM gleich gesetzt und verwendet. Folgende Abgrenzung spiegelt die Unterschiede, aber auch die Gemeinsamkeiten anerkannter Begrifflichkeiten wieder:l

Kundenbeziehungsmanagement oder Customer Relationship Management (CRM) bezeichnet eine kundenorientierte Unternehmensphilosophie, die versucht, auf lange Sicht profitable Kundenbeziehungen durch ganzheitliche Marketing-, Vertriebs- und Servicekonzepte aufzubauen und zu festigen. Diese Beziehungen sollen gezielt aufgebaut, vertieft und gegen Einflüsse der Umwelt und der Konkurrenz abgesichert werden13

Elektronisches Kundenbeziehungsmanagement (eCRM) umfasst die Analyse, Planung und Steuerung sämtlicher Kundenbeziehungen mittels elektronischer Medien. Hier kommt vor allem das Internet zum Einsatz.14 Aufgabe des Beziehungsmarketing bzw. Relationship Marketing ist die Pflege von Geschäftsbeziehungen. Ziel ist es, dank erhöhter Kundenbindung, die Profitabilität zu sichern. Dieser Ansatz erfasst neben Kunden auch Lieferanten, Mitarbeiter, Gesetzgeber etc. und somit sämtliche

Stakeholder eines Unternehmens. Als Stakeholder (siehe Abbildung l) werden alle Personen, Gruppen oder Institutionen bezeichnet, die Einfluss auf ein Unternehmen ausüben bzw. ausüben können, aber auch vom Unternehmen beeinflusst werden und somit mit diesem in wechselseitiger Abhängigkeit stehen.15 Beziehungsmarketing umfasst daher die bedürfnisorientierte Gestaltung von Interaktionsprozessen im Rahmen sämtlicher Transaktionen mit Anspruchsgruppen und Stakeholdern

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung l: Das Stakeholder-Konzept am Beispiel der Rechtsberatung Quelle: Eigene Darstellung

Es existieren somit zwei Auslegungsvarianten von CRM: Während die enge Auslegung lediglich das Management und das Marketing der Kundenbeziehungen zum Ziel hat, umfasst die weite Auslegung sämtliche Stakeholder und Anspruchsgruppen eines Unternehmens

3.1.2 Vom Transaktionsmarketing zum Relationship Marketing

Klassische Marketingstrategien wenden sich an einen unbekannten Massenmarkt. Zwar kann diese Masse durch Segmentierungsverfahren eingegrenzt und in Zielgruppen unterteilt werden, doch die in der Zielgruppe vorhandenen Personen bleiben anonym und somit dem Unternehmen meist unbekannt. Klassisches Marketing wird oftmals als Transaktionsmarketing bezeichnet, weil es auf einseitige Transaktionen mit den Austauschpartnern und einseitige Kommunikation ausgerichtet ist. Das Ziel ist hier, den potenziellen Kunden zum Kauf zu bewegen, ohne jedoch eine Beziehung zu diesem aufzubauen

Einen Schritt weiter geht das Dialogmarketing, bei dem durch zweiseitige Kommunikation versucht wird, in eine Beziehung mit dem Kunden zu treten. Dies ist auch die Basis für Relationship Marketing, da hier die Person eine bekannte Einzelperson ist, die durch individualisierte und personalisierte Kommunikation dem Unternehmen bewusst oder unbewusst Informationen zur Verfügung stellt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Unterschied zwischen Transaktionsmarketing und Relationship Marketing Quellen: Eigene Darstellung in Anlehnung an Müller 2OO5, S. l

3.1.3 Grundprinzipien des Relationship Marketing

Die grundsätzliche Idee des Relationship Marketing ist die Bindung profitabler Kunden durch Personalisierung. Um dies zu erreichen, basiert das CRM auf vier grundlegenden Prinzipien, die gleichzeitig die Säulen der Kundenbindung sowie die Gestaltungsmerkmale der Personalisierung darstellen. Dies sind die Prinzipien der Individualisierung, der Interaktion, der Integration sowie der Selektion bzw. Investition.16

3.1.3.1 Individualisierung

Das grundlegendste Merkmal des CRM ist die Individualisierung. Ziel ist es nicht, anonyme Zielgruppen oder Marktsegmente zu erfassen, sondern vielmehr, jeden einzelnen Kunden individualisiert anzusprechen. Unternehmen legen von jedem Kunden ein Kundenprofil an, das dessen Bedürfnisse, Eigenschaften, Wünsche oder Erwartungen als Inhalt hat. Somit kann jeder Kunde gemäß seinem Profil angesprochen und bspw. das Leistungsangebot und die Kommunikation auf diesen individuell abgestimmt werden. Vor allem der individualisierten Kommunikation wird eine zentrale Rolle zugeschrieben. Doch auch weitere Unternehmensbereiche können an Kundenbedürfnisse angepasst werden: Service, Werbung, Preisforderungen oder Bereiche der Website. So bietet gerade das Internet eine optimale Plattform für Individualisierung

3.1.3.2 Interaktion

Ebenfalls durch digitale Medien und wiederum vor allem durch das Internet revolutioniert wurde die Möglichkeit der Interaktion. Einseitige Kommunikation wird durch Dialog- und Direktmarketing abgelöst, wodurch dem Kunden ein Rückkanal für Feedback jeder Art zur Verfügung gestellt wird. Doch bedarf es aktiver Kommunikationsstrategien, die den Kunden dazu veranlassen, diesen Rückkanal auch zu nutzen und mit dem Unternehmen zu interagieren. Nur so kann das Unternehmen die Wünsche, Bedürfnisse oder Vorschläge des Kunden gewinnen. Es liegt also am Unternehmen, die Eigeninitiative seiner Kunden zu fördern. Sowohl

Unternehmen als auch Kunden müssen ihre Interaktion so aufeinander abstimmen, dass dem jeweiligen Gegenüber ein Nutzen davon entsteht und dieser zur weiteren, regelmäßigen Kommunikation motiviert wird und dadurch eine Bindung eingehen kann

Die Rechtsberatung ist eine der Branchen, die sich um Interaktion wenig sorgen muss. Um die Hilfe des Rechtsbeistands so ausgedehnt wie möglich zu gestalten, müssen Klienten ihren Anwälten von sich aus „ihr Herz ausschütten“. Neueste Entwicklungen werden stets mit ihm besprochen und so wird gemeinsam auf ein Ziel hingearbeitet

3.1.3.3 Integration

Das Prinzip der Integration ist eng mit der Interaktion verbunden. Die Integration des einzelnen Kunden erstreckt sich über mehrere Kommunikationsvorgänge bzw. Transaktionen, da nur so der Kunde in Unternehmensprozesse eingebunden werden kann. Der Kunde offenbart seine Wünsche, Vorschläge oder Bedürfnisse und kooperiert auf diesem Wege - wiederum bewusst oder unbewusst - mit dem Anbieter beim Finden einer Idealleistung oder einer Spezialisierung bzw. Spezifizierung

Auch hier hat die Rechtsberatung - aus denselben Gründen wie bei der Interaktion - keine Holschuld, sondern plant und realisiert Konzepte gemeinsam mit den Klienten

3.1.3.4 Selektion bzw. Investition

Gemäß dem Prinzip der Selektion bzw. Investition sind nicht alle Kunden gewillt, eine Bindung mit dem Unternehmen einzugehen. Gleichermaßen sind nicht alle Kunden für ein Unternehmen profitabel, weshalb von der Bindung abgesehen wird. Da sämtliche Personalisierungsmaßnahmen auch Kosten verursachen, werden Kunden anhand ökonomischer Gesichtspunkte analysiert und identifiziert und so Selektionen vorgenommen. Des Weiteren belaufen sich die Kosten einer Neukundengewinnung auf das Vier- bis Fünffache als jene einer aktiven Kundenbetreuung. Dies liegt darin begründet, dass erst nach einigen Einkäufen eines Kunden der Break-Even-

Punkt einer Neukundengewinnung erreicht wird.17 Eine zentrale Rechengröße hierfür ist der Customer Value bzw. Customer Lifetime Value (CLV). Bei dieser monetären Analyse des Kundenwerts wird jeder Kunde über den gesamten Lebenszyklus betrachtet und anhand seines Potenzials entschieden, ob er eine Investition in ein Kundenbindungsprogramm wert ist. Diese rein monetäre Betrachtung des Kunden findet allerdings nicht in allen Branchen sinnvollen Einsatz, wie bspw. auch in der Rechtsberatung. Das Thema CLV wird in Kapitel 3.2.3.5 noch ausführlicher erläutert

3.1.4 Bereiche des CRM

Customer Relationship Management und dessen Instrumente lassen sich in drei Bereiche untergliedern. Diese sind das analytische, das operative sowie das kollaborative CRM. Über den Einsatz der Instrumente im Rahmen des Marketing-Mix siehe Kapitel 3.3

3.1.4.1 Analytisches CRM

Analytisches CRM dient der Erfassung, Aufbereitung und Auswertung von Kundendaten. Dies wird mit Hilfe von Database Marketing oder Data Warehouses realisiert.18 Ziel ist es, möglichst viel wichtiges und interessantes Wissen über den Kunden aufzubauen und zu speichern, um dies später für Personalisierungen und Individualisierungen zu verwenden

3.1.4.2 Operatives CRM

Unter das operative CRM fallen sämtliche Tätigkeiten im Rahmen eines CRM-Konzepts, die die auf Kunden ausgerichteten Geschäftsprozesse von Marketing, Vertrieb und Service unterstützen.19 Der Kunde erwartet vom Unternehmen, dass er individuell und nach seinen Wünschen betreut wird, unabhängig davon, über welchen Kanal der Kunde das Unternehmen kontaktiert. Die Aufgabe des operativen CRM ist es, das über analytisches CRM gewonnene Wissen über den Kunden zu dessen Vorteil einzusetzen

Hierzu zählen bspw. ein Customer Care Center, ein Kundenklub oder auch Kundenbewertungssysteme

3.1.4.3 Kollaboratives und kommunikatives CRM

Zum kollaborativen und kommunikativen CRM zählen sämtliche Kommunikationskanäle und Instrumente, die der Interaktion zwischen Anbieter und Kunden dienen. Kanäle können bspw. das Telefon für ein Call Center oder das Internet für einen Online Shop sein. Weiters zählen auch klassische Kanäle, wie bspw. ein persönlicher Besuch eines Außendienstmitarbeiters oder Briefpost dazu

3.2 Kundenbindung als Ziel des Relationship Management

Das Ziel jedes CRM-Programms ist es, die Bindung ausgewählter Kunden ans Unternehmen zu erhöhen. Dies bringt neben Wachstum und Rentabilität auch erhöhte Sicherheit für beide Seiten. Diese Faktoren sind in Zeiten des Verdrängungswettbewerbs und der Sprunghaftigkeit der Kunden von besonderer Bedeutung.20

3.2.1 Definition von Kundenbindung

Seit Anfang der l99Oer-Jahre versucht die Literatur, das Phänomen der Kundenbindung zu erklären. Damals erlangten Begriffe wie Beziehungsmarketing, Kundenzufriedenheit, Kundennähe oder Kundenorientierung große Beliebtheit bei Wissenschaftlern und Theoretikern. Einig war man sich lediglich darüber, auf welchen Faktoren Kundenbindung basiert. So wurden von Beginn an hauptsächlich Zufriedenheit, Nutzenvorteile, Kundennähe- und Orientierung, Commitment und Service-Orientierung als Grundbausteine genannt.21 Eine allgemein gültige Definition für Kundenbindung gibt es allerdings bis heute noch nicht

Diller führt Kundenbindung auf Geschäftsbeziehungen zwischen Anbieter und Kunden zurück. Die Definition kann auf Aktivitäten des Anbieters,

Merkmale des Kunden oder Aspekte der Geschäftsbeziehung fokussieren.22 Die anbieterorientierte Definition basiert auf einem Bündel an Aktivitäten des Anbieters, die darauf ausgerichtet sind, Geschäftsbeziehungen mit Kunden näher und enger zu gestalten. Hier bleibt allerdings offen, ob der Kunde diese Bindung freiwillig eingeht oder ein gewisser Zwang dahinter steckt. Die nachfrageorientierte Definition inkludiert Erkenntnisse aus der Verhaltens- und Einstellungsforschung. Hier wird Kundenbindung aus Sicht des Kunden zur Geschäftsbeziehung mit einem Anbieter gesehen, unter Berücksichtigung seiner affektiven, kognitiven und intentionalen Einstellungen. Müller fügt dem hinzu, dass die Bereitschaft zur Bindung an einen Anbieter hier nicht notwendigerweise auf Freiwilligkeit basiert, sondern auch durch Umstände, die bspw. einen Anbieterwechsel erschweren, beeinflusst werden kann.23 Die dritte Erklärung von Diller basiert auf Geschäftsbeziehungen zwischen beiden Parteien, wobei dies sämtliche Austauschprozesse, von Informationen über materielle und immaterielle Güter bis hin zu Geldwerten, inkludiert. Kundenbindung wird hier also als Ergebnis der Bemühungen beider Seiten angesehen, das sich langfristig im Verhalten des Kunden äußert und so bspw. an Wiederkaufhäufigkeit, Empfehlungen des Kunden an Bekannte oder an Cross-Buying gemessen werden kann. Weiters grenzt Diller Kundenbindung von Markenbindung ab, da Markenbindung nicht auf interaktiven Transaktionen und somit nicht zwingend auf Geschäftsprozessen basieren muss

Müller kritisiert an Dillers Definitionsansätzen, dass der zeitliche Aspekt gänzlich vernachlässigt wird und dass zu wenig psychologische Aspekte beinhaltet sind

Unter Berücksichtigung des zeitlichen Aspekts liefern Homburg und Bruhn einen weiteren Definitionsansatz: Kundenbindung umfasst hier sämtliche Maßnahmen eines Unternehmens, die drauf abzielen, sowohl die bisherigen Verhaltensweisen als auch die zukünftigen Verhaltensabsichten eines Kunden gegenüber einem Anbieter oder dessen Leistungen positiv zu gestalten, um die Beziehung zu diesem Kunden für die Zukunft zu stabilisieren beziehungsweise auszuweiten.25 Dieser Ansatz verknüpft die von Diller verwendeten angebots- und nachfrageorientierten Ansätze

Darauf basierend versucht Müller, einen alle drei Faktoren integrierenden Ansatz von Kundenbindung zu definieren: Kundenbindung stellt ihm zufolge die freiwillige oder temporär erzwungene Intensität des materiellen oder immateriellen Transaktionsgeschehens zwischen Anbietern und Kunde in der Vergangenheit oder Zukunft dar. Als Kunden sollen Individuen verstanden werden, die auf mindestens eine Transaktion mit dem Anbieter zurückblicken können

Auch er sieht Transaktionen nicht nur im Sinne von monetären Geschäftsbeziehungen, sondern inkludiert ebenfalls alle Arten von Austauschprozessen. Kritisiert werden kann hier, dass der Begriff des Kunden zu wenig genau eingeschränkt wird. So werden bspw. auch Personen als Kunden gezählt, die einen Anbieter in der Vorkaufsphase kontaktieren, sich aber für einen anderen Anbieter entscheiden

Die Definition von Müller gilt auch als Basis einer eigenen Arbeitsdefinition. Hinzugefügt wird dem der Aspekt, dass nicht jede Transaktion als Basis einer Geschäftsbeziehung zwischen Anbieter und Kunden gilt, sondern erst dann vorliegt, wenn einmalig ein Kaufprozess stattgefunden hat und dieser erfolgreich abgeschlossen wurde. Individuen in der Vorkaufsphase dazu zu bewegen, sich für einen bestimmten Anbieter zu entscheiden, ist Ziel der Neukundengewinnung, nicht der Kundenbindung

3.2.2 Charakteristika von Kundenbindung

Nach Ansicht von Müller gibt es fünf Charakteristika der Kundenbindung, die im Folgenden beschrieben werden

3.2.2.1 Bindungszustand

Der Zustand der Verbundenheit beschreibt eine freiwillige Bindung des Kunden an einen Anbieter und stellt dessen Willen des „Nicht-wechseln- wollens“ heraus, wohingegen die Gebundenheit durch „Nicht-wechseln- können“ gekennzeichnet ist. Der Kunde nimmt den Nachteil der Gebundenheit dann in Kauf, wenn er durch andere Vorteile kompensiert wird. Weitere Typologien und Bindungsarten finden Sie in Kapitel 3.2

„Typologien von Kundenbindung“

Abbildung 2 zeigt die vier möglichen Kundenbindungszustände:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die vier möglichen Zustände der Kundenbindung Quelle: Müller 2OO5, S. lO

3.2.2.2 Bindungsebene

Die ökonomische Kundenbindungsebene hängt direkt mit der Leistung zusammen. Der Anbieter kann die Bindung für den Kunden ökonomisch gestalten, indem er bspw. spezielle Services oder Preise anbietet, ihm einen Treuebonus verspricht oder einen anderen individuellen Nutzen schafft. Die technisch-funktionale Ebene hingegen spiegelt die Prozesse zwischen Anbieter und Kunden und somit die Verzahnung wider. Dies betrifft bspw. Personalisierungstechnologien, bei denen durch wiederholte Austauschprozesse das Kundenprofil erweitert und um neu gewonnene Informationen angereichert wird. Dadurch kann der Anbieter den Kunden weiter individuell bedienen. Zur vertraglichen Ebene werden sämtliche juristische Vereinbarungen zwischen beiden Parteien gezählt, bspw. Vertragsklauseln oder für einen bestimmten Zeitraum abgeschlossene Abonnements. Erst auf der sozialpsychologischen Kundenbindungsebene spielt die Zuneigung des Kunden eine Rolle. Diese lässt sich in dessen emotionaler oder moralischer Verpflichtung gegenüber einem Anbieter manifestieren. Erreicht wird eine solche Bindung erst durch aufwändige CRM-Programme, persönliche Ansprache oder andere Aufmerksamkeiten

3.2.2.3 Bezugsobjekt

Bei den Bezugsobjekten unterscheidet Müller zwischen Personen, der Leistung sowie dem Unternehmen. Ein starker Personenbezug ist bspw. in der Finanzbranche oder der Rechtsberatung gegeben, in welcher der persönliche Kontakt eines Kundenbetreuers mit seinen Klienten eine essentielle Rolle spielt. Erst durch Sympathie zu einer Bezugsperson im Unternehmen wird die Bindung hergestellt. Im Gegensatz dazu steht der Bezug auf Grund der Leistung. Dies bedeutet dass der Kunde die Bindung mit einem Unternehmen auf Grund dessen Produkte oder Dienstleistungen eingeht. Auch dieser Bezug ist in der Rechtsberatung denkbar. Letztendlich kann auch das Unternehmen selbst Bezugsobjekt sein, auch wenn dieser Bezug stark mit Personen und Leistung des Unternehmens zusammenhängt

3.2.2.4 Zeithorizont der Bindung

Der Zeithorizont der Bindung ist stark von der Lebensdauer der Produkte sowie von dem damit zusammenhängenden Wiederbeschaffungszyklus des Kunden abhängig. Die Unterscheidung in kurz-, mittel- und langfristig korreliert stark mit der in der Literatur anerkannten Differenzierung von Konsumgütern in Convenience Goods (Güter des täglichen Bedarfs), Shopping Goods (Güter des Such- und Vergleichskaufs), Speciality Goods

(Sonderprodukte und Spezialitäten) und Unsought Goods (Luxusgüter des fremdinitiierten Kaufs mit geringer Nachfrage).28 Auch in der Rechtsberatung spielt der Zeithorizont eine tragende Rolle, da gerade das

Anwalt-Klienten-Verhältnis stark auf Vertrauen basiert und dieses sich erst im Laufe der Zeit entwickeln kann

3.2.2.5 Bindungsabsicht

Die Absicht der Bindung kann aus der Sicht des Kunden geplant oder ungeplant sein. Die geplante Bindung beginnt ab der ersten Transaktion und wird bspw. durch ein Registrieren des Kunden auf der Website des Anbieters initiiert. Er nimmt somit Aufwände in Kauf, um mit dem Anbieter eine Geschäftsbeziehung einzugehen. Im Gegensatz dazu gibt es bei der ungeplanten Bindung bei der ersten Transaktion keinerlei Hinweise auf eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehung und keine Abhängigkeiten. Erst durch die Wiederholung von ungeplanten Transaktionen entstehen Präferenzen, die die Basis für eine geplante Bindung sein können. Es liegt in der Macht des Anbieters, dem Kunden die Angst vor geplanten Bindungen zu nehmen

3.2.3 Operationalisierung und Messung von Kundenbindung

Dillers Definition zu Folge ist das Ziel der Kundenbindung, Geschäftsbeziehungen aufzubauen, um zu erreichen, dass ein Kunde Folgetransaktionen beim selben Anbieter tätigt. Um sie zu operationalisieren, also messbar zu machen, gibt es drei Möglichkeiten: Messung mit Hilfe von Vergangenheitsdaten, das Befragen des Kunden hinsichtlich seiner zukünftigen Kaufabsichten und das Messen mittels Indikatoren und Kennzahlen. Ersteres ist einfach umzusetzen: Da durch moderne IT-Systeme vergangene Transaktionen, seien es Kaufabschlüsse oder Informationsaustauschprozesse, dokumentiert werden können, liegen diese Daten den meisten Unternehmen vor und können gezielt und systematisch ausgewertet werden. Zukünftige Absichten der Kunden sind allerdings in der Gegenwart noch nicht bekannt oder messbar, weshalb man für deren Messung den Kunden entweder befragen oder auf statistische Analysemethoden zurückgreifen muss. Anhand folgender Messgrößen kann der Grad der Kundenbindung festgestellt werden:29

3.2.3.1 Kundendurchdringungsrate

Nach Diller ist dies die valideste Kennzahl zur Messung von Kundenbindung. Sie beschreibt den Anteil der Bedarfsdeckung des Kunden bei einem bestimmten Anbieter und erfasst somit auch die Nicht- Hinwendung dieses Kunden zu einem anderen Anbieter bzw. Konkurrenten. Kauft ein Kunde mehr bei Anbieter A, so kann er weniger bei Anbieter B kaufen. Optimum der Durchdringung ist eine sog. „Single-Source- Beziehung“, bei der sich ein Kunde nur auf einen einzigen Anbieter stützt. In der Rechtsberatung kommt diese Kennzahl allerdings weniger zum Einsatz, da der durchschnittliche Bürger - wenn überhaupt - nur einen Anwalt hat

3.2.3.2 Kaufintensität

Die Intensität des Kaufs beschreibt die Anzahl der Kaufakte jedes einzelnen Kunden pro Zeiteinheit. Unterschieden wird hier zwischen seltenen Käufen (Autos oder Wohnungseinrichtung), Einzelkäufen (Haus) und regelmäßigen Käufen (Lebensmittel). Das Ergebnis dient als Indikator für die Qualität der Anbieter-Kunden-Beziehung und hat laut Diller großen Einfluss auf den Zeithorizont der Bindung. Auch dieser Indikator findet in der Branche der rechtsberatenden Berufe wenig Anwendung, da die Häufigkeit der Inanspruchnahme der anwaltlichen Dienstleistung situativ bedingt ist

3.2.3.3 Treue-Indikator

Unter Treue versteht Diller die Anzahl oder den Anteil der Einkäufe, die (zuletzt oder durchschnittlich, bezogen auf Kaufsequenzen) in unmittelbarer Folge, d.h. ohne zwischenzeitlichen Anbieterwechsel, getätigt wurden.30 In diesem Zusammenhang ist auch die Dauer des Zeitraums seit dem letzten Einkauf des Kunden sowie dessen Kaufintensität von Bedeutung

3.2.3.4 Cross-Buying-Verhalten

Kunden gehen eine Geschäftsbeziehung meistens auf Grund einer bestimmten Leistung ein. Gerade bei längeren Bindungen lernt ein Kunde das Angebot eines Anbieters besser kennen und wird so auch auf andere

Produkte oder Leistungen aufmerksam. Ziel von vielen CRM-Programmen ist es, den Kunden eben genau auf diese hinzuweisen und eventuell einen Bedarf zu wecken. Kauft der Kunde dann auch andere Produkte als jenes, auf Grund dessen er die Bindung eingegangen ist, wird von Cross-Buying gesprochen. Dies bringt für den Anbieter nicht nur weitere finanzielle Vorteile, sondern vor allem eine höhere Kundenbindung. Messen lässt sich dieses Verhalten allerdings lediglich in der Anzahl der verschiedenen Produktarten, die ein Kunde bei einem Anbieter kauft

Große Anwaltskanzleien bspw., die sich nicht nur auf ein Fachgebiet spezialisiert haben, setzen stark auf dieses Kaufverhalten des Kunden

3.2.3.5 Customer Lifetime Value

Der Customer Lifetime Value (CLV) ist der monetäre Wert, den ein Kunde im Verlauf seines Kundenlebens durch den Kauf von Produkten oder Dienstleistungen zum Deckungsbeitrag des Unternehmens beisteuert. Der CLV muss allerdings diskontiert, d.h. auf den gegenwärtigen Zeitpunkt abgerundet, betrachtet werden. Man ermittelt so den gegenwärtigen Wert eines Kunden, in dem sämtliche zukünftige Zahlungsströme, über die gesamte Dauer der Geschäftsbeziehung betrachtet, akkumuliert werden. Im Gegensatz zur klassischen Deckungsbeitragsrechnung werden in den CLV auch qualitative Faktoren, wie bspw. das Cross-Selling-Potenzial, miteinbezogen.31

Vorteil dieser Berechnung ist die sehr einfache Vergleichbarkeit zwischen sämtlichen Kunden. So wird der CLV oft als Entscheidungsgrundlage für Selektionen herangezogen, um festzustellen, ob sich eine Investition in die Bindung dieses Kunden für einen Anbieter lohnt. Nachteil ist, dass es sich hierbei um zukünftige Daten handelt, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bzw. nur sehr begrenzt zur Verfügung stehen und meistens nur prognostiziert werden können. Weitere Kritik erfährt der CLV, weil es sich hierbei um eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen CLV und Kundenbindung handelt: Ist der CLV hoch genug, wird in einen Kunden investiert. Doch erst die Investition in den Kunden und die damit verbundene Verlängerung und Intensivierung der Bindung erhöht den CLV. Diese rein monetäre Betrachtungsweise des Kunden findet allerdings nicht in allen Branchen Verwendung. Vor allem in Dienstleistungsbranchen, wie bspw. auch in der Rechtsberatung, kommt der CLV nur bedingt zum Einsatz. Hier spielen auch andere Faktoren eine wichtige Rolle in der Entscheidungsfindung. So wird bspw. dem zeitlichen Aufwand eines besonders beratungsintensiven Klienten dessen monetärer Wert gegenübergestellt, um festzustellen, ob sich die Investition in eine Beziehung zu diesem Kunden lohnt oder nicht

3.2.3.6 Punktbewertungsverfahren und Scoring-Modelle

Bereits in den Anfängen der l93Oer-Jahre wurden von amerikanischen Versandhäusern sog. Scoring-Modelle entwickelt, um eine Kundenbewertung als Basis des Relationship Managements durchzuführen. Bei diesen werden Kunden anhand bestimmter Faktoren Punkte vergeben, um anschließend die Gesamtpunktezahl als Entscheidungsgrundlage für bspw. Werbemaßnahmen zu verwenden. Die beiden bekanntesten Scoring-

Modelle sind RFMR und FRAT32

Beim RFMR-Modell fließen drei Parameter des Kaufverhaltens ein, nämlich Recency (die Zeitspanne seit dem letzten Kauf), Frequency (die Häufigkeit und Regelmäßigkeit der Einkäufe innerhalb einer definierten Zeitspanne) sowie Monetary Ratio (der kumulierte Umsatz des Kunden innerhalb der Zeitspanne)

Etwas weiter geht das Modell des FRAT. Zum Unterschied zum RFMR- Modell bezieht das FRAT auch die Warenart bzw. das Sortiment in die Berechnung mit ein. Es umfasst wie das RFMR-Modell die Parameter Frequency, Recency und Amount (also das Monetary Ratio), fügt dem allerdings den Type of Merchandise, also die Art der gekauften Ware, hinzu

3.2.4 Typologien von Kundenbindung

In der Literatur wird oft versucht, Ursachen und Wirkungen der Kundenbindung zu erklären und zu typisieren. Die am meisten anerkannten Typologien sind Involvement, Commitment und Vertrauen

3.2.4.1 Involvement

Involvement stellt eine psychologische Einflussgröße auf die Kundenbindung dar und wird als der Grad der inneren Beteiligung und des Interesses eines Beteiligten oder eines Konsumenten verstanden. Involvierte Kunden können sich also besser mit dem Anbieter und dessen Leistungen identifizieren. Sie sind stärker an Details interessiert, fragen mehr und häufiger Informationen ab, verbringen mehr Zeit auf der Website und haben auch mehr Interesse an Werbematerial des jeweiligen Anbieters.33 Schweiger und Schrattenecker definieren Involvement als das Engagement, mit dem sich jemand einem Gegenstand oder einer Aktivität widmet

Involvement ist sozusagen ein Maß für die individuelle, persönliche Bedeutung, die jemand einem Produkt oder einer Leistung in einer spezifischen Situation beimisst34

Im Bezug auf Kundenbindung ist ein hohes Involvement des Kunden für jeden Anbieter wünschenswert, da es dessen Bereitschaft zum Eingehen einer Bindung erhöht. Diller unterscheidet vier Arten von Kundenbindung mittels Involvement:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Kundenbindung und Involvement Quelle: Diller l996, S.

Ein Beispiel für kalte Kundenbindung ist, wenn ein Klient einen nahe gelegenen Rechtsanwalt aus Bequemlichkeit auswählt. Heiße Kundenbindung wäre in diesem Fall, wenn er den Anwalt wählt, weil dieser Arbeitsweisen anwendet, mit denen sich der Klient voll identifizieren kann. Diller nennt weiters folgende Einflussfaktoren auf das Involvement: Produktinteresse, die eigene Belohnung beim Kauf des Produkts bzw. die Inanspruchnahme der Dienstleistung, die Höhe des beim Kauf empfundenen Risikos und dessen Minimierung

3.2.4.2 Commitment

Sehr stark ausgeprägtes Involvement kann zur äußerst intensiven Hinwendung zum Geschäftspartner oder zur Anhängerschaft führen. Positiv formuliert äußert sich dies in Loyalität. Loyalität ist eine Ausdrucksform des Commitments, also die innere Verpflichtung einer Person gegenüber einem Bezugsobjekt. Folgende Formen der Loyalität werden unterschieden:35

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4: Kundenbindung und Commitment Quelle: Diller l996, S.

Unter Fesselung wird eine unfreiwillige oder erzwungene Kundenbindung verstanden, die bspw. durch das Monopolistendasein und das damit verbundene Fehlen von Alternativen bedingt sein kann

Eine Zweckbindung liegt dann vor, wenn der Anbieter dem Kunden Barrieren schafft, um diesem einen Anbieterwechsel zu erschweren. Dieses sog. erkaufte Commitment äußert sich darin, dass ein Anbieterwechsel oft mit hohen Kosten oder erheblichen Nachteilen für den Kunden verbunden sein kann. Ein Beispiel aus der Rechtsberatung wäre, wenn ein Anwalt einen Pauschalbetrag für eine Dienstleistung verlangt, der Kunde aber nach den ersten Maßnahmen seines Rechtsbeistands mit diesem nicht mehr zufrieden ist und den Anwalt wechseln möchte. In diesem Fall bekäme er sein Geld nicht zurück und würde den Anwalt nicht wechseln, das Commitment und die Kundenbindung wären somit „erkauft“

Loyalität entsteht dann, wenn sich der Kunde dem Anbieter gegenüber verpflichtet fühlt. Dies kann bspw. in der Rechtsberatung auf moralisch- ethischen Dankbarkeitsbeziehungen basieren. Der Kunde möchte den Anwalt nicht wechseln, weil er diesem auf Grund seiner bisherigen Leistungen zu Dank verpflichtet ist. Geteilte Loyalität meint, dass ein Kunde Loyalität für mehrere sich konkurrierende Anbieter empfindet

3.2.4.3 Vertrauen

Vertrauen spielt in Kundenbindungsstrategien eine sehr wichtige Rolle, denn erst durch Vertrauen kann Kundenbindung entstehen. Andererseits kann Vertrauen auch als Folge von Kundenbindung und langjährigen Geschäftsbeziehungen angesehen werden.36 Dies ist der sog. Echo-Effekt: Vertrauen stellt Harmonie in Beziehungen her, das aber selbst wiederum Vertrauen bewirkt

Auch das Selbstvertrauen des Kunden soll in CRM-Konzepten bedacht werden. Demnach sollte ein Anbieter die Selbstständigkeit und die Individualität des Kunden oder Geschäftspartners wahren, um damit die Basis für freiwillige Bindungen zu legen. Zuletzt darf nicht auf den zeitlichen Aspekt vergessen werden, da Vertrauen auf Erfahrungen basiert. Holland definiert weitere Faktoren, die vertrauenswürdiges Verhalten ausmachen: berechenbares Verhalten des Anbieters, klare und deutliche

Mitteilungen und Äußerungen, das Einhalten von Versprechen und Zusagen sowie Ehrlichkeit37

Folgende Arten der Kundenbindung werden auf Grund von Vertrauen unterschieden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 5: Kundenbindung und Vertrauen Quelle: Diller l996, S.

Eine vertrauensvolle Kundenbindung oder Liaison liegt vor, wenn der Kunde hohes Vertrauen einbringt und auch die Kundenbindung als hoch angesehen werden kann. Ist im Gegensatz dazu die Kundenbindung niedrig, spricht man von einer latenten Kundenbindung oder einer Geschäftsfreundschaft

3.2.5 Zusammenfassung: Von Kundenorientierung zur Loyalität

Die Basis für die langfristige Bindung profitabler Kunden ans Unternehmen ist eine ausgeprägte Kundenorientierung. Ausgehend davon fasst Abbildung 3 alle Schritte bis hin zur Kundenloyalität zusammen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Vgl. Benn-Ibler 2OO4, S. 489 ff

2 Vgl. Barazon l999, S. 6O2 ff

3 Vgl. Axmann/Degen 2OO6, S. 36 ff

4 Vgl. ÖRAK O4.O4.2OO7, l, Statistik: http://www.rechtsanwaelte.at/www/getFile.php?id=43&nav=l

5 Vgl. BRAK O4.O4.2OO7, Statistiken: http://www.brak.de/seiten/pdf/Statistiken/MGgrossO6.pdf

6 Vgl. Anhang F: „Branchenranking der Rechtsanwaltskanzleien in Österreich“

7 Vgl. Höhne l999, S. 6lO f

8 Vgl. Fachverband Werbung und Marktkommunikation O4.O4.2OO7, 3, Werbebeschränkungen: http://www.fachverbandwerbung.at/de-service- werbebeschraenkungen.shtml

9 Vgl. Österreichische Apothekenkammer l2.O4.2OO7, 4.l: Apothekenbetriebsordnung 2OO5 http://www.apotheker.or.at/Internet/OEAK/NewsPresse_l_O_Oa.nsf/agentEmergency!Open Agent&p=ACOA7l6B3C2ED3OFCl256FBFOO3l9lO3&fsn=fsStartHomeFachinfo&iif=O

10 Vgl. Österreichische Apothekenkammer l2.O4.2OO7, 4.2: Arzneimittelgesetz http://www.apotheker.or.at/internet/OEAK/NewsPresse_l_O_Oa.nsf/agentEmergency!Open Agent&p=2l4O4E7DlE4B5D24Cl256B45OO3385EA&fsn=fsStartHomeFachinfo&iif=O

11 Vgl. Aschoff 2OO5, Vorwort

12 Walsch/Godfrey 2OOO, S. 87

13 Vgl. Müller 2OO5, S.7

14 Siehe Kapitel 3.4: „eCRM – Electronic Customer Relationship Management“

15 Vgl. Lechner/Egger/Schauer 2OO3, S.87

16 Vgl. Müller 2OO5, S. l3 ff

17 Vgl. Förster/Kreuz 2OO2, S. 23

18 Vgl. Holland u.a. 2OOl, S. 56

19 Vgl. Holland u.a. 2OOl, S. 56

20 Vgl. Diller l996, S. 66 f

21 Vgl. Müller 2OO5, S. 99

22 Vgl. Diller l996, S. 8l ff

23 Vgl. Müller 2OO5, S. lOl

24 Vgl. Müller 2OO5, S. lO3

25 Vgl. Homburg / Bruhn 2OOO, S. 8

26 Vgl. Müller 2OO5, s. lO4

27 Vgl. Müller 2OO5, S. lO4 ff

28 Vgl. Kotler u.a. 2OO3, S. 62l

29 Vgl. Diller 1996, S. 84 ff

30 Vgl. Diller 1996, S. 86

31 Vgl. Belz/Bieger 2006, Vorwort

32 Vgl. Holland u.a. 2OOl, S. 37 ff

33 Vgl. Fritz 2OO4, S. l22

34 Vgl. Schweiger/Schrattenecker 2OOl, S.33

35 Vgl. Diller l996, S. 88

36 Vgl. Diller l996, S. 89

37 Vgl. Holland u.a. 2OOl, S. 26

Ende der Leseprobe aus 134 Seiten

Details

Titel
Das Verbot als Chance
Untertitel
Kundenbindung mittels Internet-Marketing in Branchen, die Werbebeschränkungen unterliegen, am Beispiel von Rechtsanwälten in Österreich
Hochschule
Fachhochschule St. Pölten
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2007
Seiten
134
Katalognummer
V112082
ISBN (eBook)
9783640120253
ISBN (Buch)
9783640120642
Dateigröße
2172 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verbot, Chance
Arbeit zitieren
Mag. (FH) Christian Rus (Autor:in), 2007, Das Verbot als Chance, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112082

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