Das Gartenmotiv in der Kinderliteratur in „The Secret Garden“ von Frances Hodgson Burnett


Seminararbeit, 2005

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Gartenmotive im Buch „Der geheime Garten“
2.1 Aufbau, Thematik und Personenkonstellation des Werkes
2.2 Interpretation der Gartenmotive
2.3 Fazit

3 Kurzer „Spaziergang“ durch andere Gärten der Kinderliteratur

4 Schluss

5 Literaturverzeichnis
5.1 Primärliteratur
5.2 Sekundärliteratur

1 Einleitung

Am Anfang war der Garten. Jener paradiesische Garten Eden galt und gilt bis heute noch als das Symbol für unbefangene Glückseligkeit, Schönheit und Vollkommenheit. In der Literatur über Gärten jedweder Epochen schlug sich das Sinnen und Trachten nach dem Mythos Eden immer wieder nieder, wie Volkmann mit ihrem Buch „Unterwegs nach Eden“ beweist.[1] Auch in Kinderbüchern spielt der Garten als Ort der Geborgenheit, des Glücks und der Freude eine nicht zu unterschätzende Rolle.[2] Das Paradebeispiel dafür scheint mir das berühmte und bis in unsere heutig Zeit vielfach wieder aufgelegte Werk von Frances Hodgson Burnett „The Secret Garden“ (1911) zu sein.[3] Die Autorin selbst wurde 1849 in Manchester geboren und wanderte nach dem Tod ihres Vaters nach Amerika aus, wo sie mit 17 Jahren zu schreiben begann.[4] Die Motive ihrer Erzählungen schöpfte Burnett vorrangig aus ihrer englischen Heimat und so spielt das Geschehen des Buches Der geheime Garten, mit dem ich mich in der vorliegenden Hausarbeit beschäftigen will, auf einem englischen Landsitz in Misselthwaite bei Yorkshire. Wie schon aus dem Titel zu entnehmen, ist der Garten, um welchen sich die Geschichte spinnt, der zentrale Handlungsgegenstand des Buches. Ihm soll in dieser Arbeit spezifische Aufmerksamkeit gewidmet werden, wobei weniger seine Äußerlichkeiten, als vielmehr seine Symbolträchtigkeit im Mittelpunkt stehen soll. Folgende Fragen sollen dabei berücksichtigt werden: Welche Gartenmotive lassen sich aus dem Werk herausarbeiten? Welche Rolle spielt der Garten für die Protagonisten? Und was bezwecken die Motive des Gartens?

Um diesen Fragen nachzugehen, soll im ersten Teil der Arbeit das Buch Der geheime Garten zunächst inhaltlich reflektiert werden, um anschließend im Hauptteil bestimmte Gartenmotive zu erklären. Dies wird fast ausschließlich durch eigene Interpretation geschehen, da bisher das Motiv des Gartens in der Kinderliteratur oder speziell in Burnetts Buch nicht wissenschaftlich erforscht worden ist.[5] Im letzten Abschnitt möchte ich in einem knappen Exkurs auch andere Bücher aus dem Bereich der Kinderliteratur sprechen lassen, die sich ähnlicher Gartenmotive wie des untersuchten Werkes bedienen. Vielleicht ergibt sich aus der „Literaturschau“ nicht nur der pädagogisch hoch einzuschätzende Wert des Gartens für Kinder im Speziellen, sondern auch ein Nachdenken über die Beziehung zwischen Mensch und Natur im Allgemeinen.

2 Gartenmotive im Buch „Der geheime Garten“

2.1 Aufbau, Thematik und Personenkonstellation des Werkes

Das Buch Der geheime Garten, das in 26 kurze Kapitel untergliedert ist, die jeweils mit einer entsprechenden Überschrift versehen sind, wird der Ort des Geschehens folgendermaßen beschrieben: „Das Haus ist sechshundert Jahre alt und steht am Rande des Moores. Es hat ungefähr hundert Zimmer, wenn auch die meisten davon immer verschlossen sind. […] Rund um das Haus ist ein großer Park mit Bäumen, deren Zweige manchmal bis auf den Boden hängen.“ (S.16) Burnett soll als Vorbild für diesen Park und den von Mauern umgebenen Gärten die Anlage von Great Maytham Hall in Kent genommen haben.[6]

An diesen Ort verschlägt es nun die 10jährige Protagonistin Mary Lennox, die nach dem Tod ihrer Eltern von Indien nach England zu ihrem Onkel Sir Archibald Craven kommt. Als Kind wurde das Mädchen von ihrer Mutter stark vernachlässigt und einer indischen Kinderfrau überlassen. Demnach wird Mary im Buch auch als trotzig, unfreundlich und missgelaunt charakterisiert und ihre physische Erscheinung komplettiert das Bild eines geradezu abstoßenden Mädchens: Sie ist klein, mager, kränklich und hässlich. Diese beschriebene „Hässlichkeit“ taucht ungewöhnlich häufig im ersten Teil des Buches auf und spielt eine wichtige Rolle, die schon durch den ersten Satz des Werkes untermauert wird: „Als Mary Lennox in das Herrenhaus Misselthwaite geschickt wurde, um dort bei ihrem Onkel zu leben, sagten alle Leute, einem so unangenehm aussehenden Kind seien sie noch nie begegnet.“ (S.5)

Marys wohlhabender Onkel, der sie nach ihrer Ankunft erst gar nicht sehen will, lebt seit dem Tod seiner Frau einsam und zurückgezogen. „Er liebt niemanden. […] Meist ist er fort, aber wenn er in Misselthwaite ist, schließt er sich im Westflügel ein“ (S.17), so beschreibt die Haushälterin Mrs. Medlock den Hausherrn. Durch die vielen Reisen in vollkommener Einsamkeit und durch seine Unnahbarkeit umgibt Sir Craven ein scheinbar ungelöstes Rätsel, das erst durch ein monologartiges Kapitel am Schluss des Buches gelöst wird.[7]

Da Mary wieder einmal allein und einsam ist, unternimmt sie ausgedehnte Expeditionen durch das riesige Schloss und hört bald von einem verwunschenen Garten, der seit 10 Jahren verschlossen gehalten wird, weil dort die Frau ihres Onkels gestorben ist, die den Garten sehr geliebt hatte. Das Mädchen wird neugierig und geht auf Entdeckungsreise in die von hohen Mauern umgebenen Gartenanlagen. Sie findet durch Zufall den Schlüssel und das Tor zu dem verschlossenen Garten und verschafft sich Zutritt. Fortan geht sie jeden Tag dorthin und richtet den Garten allmählich wieder her. Sie schließt schnell Freundschaft mit dem zwölfjährigen „Naturburschen“ Dickon, den Mary durch ein Hausmädchen kennen lernt. Er schult sie in der Gartenarbeit und unterstützt sie tatkräftig. Im Buch wird jetzt schon eine Wandlung sichtbar: Mary isst mit Appetit, nimmt an Gewicht zu, erhält eine gesunde Gesichtsfarbe, ist ausgeglichen und verhält sich freundlich.

Eines Tages lernt sie durch Zufall ihren bisher von den Angestellten geheim gehaltenen zehnjährigen Cousin Colin kennen, einen Hypochonder, der fest davon überzeugt ist, bald sterben zu müssen. Schon seit jeher an das Bett und den Rollstuhl gefesselt, wiederholen sich die Kindheitserfahrungen bei ihm in gleicher Weise wie die (früheren) Eigenschaften von Mary: Colin wird von seinem Vater vernachlässigt, der ihn wegen der lebendigen Erinnerung an dessen Frau nicht sehen will. Gegenüber den Angestellten verhält er sich in ähnlicher Weise herrisch, verwöhnt und selbstgerecht. Auch äußerlich gleichen sich die Kinder, denn durch fehlende Bewegung und mangelnden Appetit ist Colin klein und dürr. Mary beginnt sich sogleich energisch um Colin zu kümmern und erzählt ihm von ihrer geheimen Entdeckung. Die Aussicht auf einen Besuch im geheimen Garten erweckt den kranken Jungen zu neuem Leben. Dickon, Mary und Colin schließen eine intensive Freundschaft und verbringen täglich viel Zeit im Garten. Während dieses Zeitraumes hüten die Kinder ein doppeltes Geheimnis: Sie erzählen niemanden von ihrer Entdeckung und verheimlichen die Genesung Colins, der immer kräftiger wird und laufen lernt. Am Ende begegnen sich Sohn und Vater, der von einer seiner Reisen nach Hause zurückkehrt, zufällig im Garten. Beim Anblick seines gesunden Sohnes wird auch Marys Onkel von seiner Melancholie geheilt.

2.2 Interpretation der Gartenmotive

Heilung

Die offensichtlichste Wirkung, die von dem Garten ausgeht, ist die Genesung der beiden Kinder. Im Buch werden zwar körperliche Gebrechen herausgearbeitet, die beiden Kindern zueigen sind, wie etwa Unterernährung, blasse bis kränklich gelbe Haut, Appetitlosigkeit, körperliche Schwäche und häufige bzw. andauernde Krankheitsgeschichten. Aber deutlich wird doch, dass alle diese Symptome Folgen psychischer Probleme sind, genauer: Resultate der Vernachlässigung. War es bei Mary die Mutter, die sich nicht für sie interessierte, so ist es bei Colin nicht nur das Fehlen derselben, sondern auch das Verhalten seines Vaters ihm gegenüber. Es mache Mr. Craven traurig, so Colin, ihn wegen der lebendigen Erinnerung an seine Mutter anzusehen. „Er glaubt, ich wisse es nicht“, fährt Marys Cousin fort, „aber ich habe die Leute darüber reden hören. Er haßt mich.“ (S.92f.)

Die Ursache für Colins Hypochondrie resultiert aber auch und in erster Linie aus der Unwissenheit und Naivität der Leute, genauer des Arztes und der Hausangestellten.[8] Sie redeten ihm die Krankheit regelrecht ein, denn so lange er zurückdenke, meint Colin, habe er die Leute sagen hören, er könne nicht leben. (S.95) Wenn er jedoch weiter leben würde, so seine Vermutung, bekäme er einen Buckel wie sein Vater.[9] Erstaunlicherweise sind es nicht die Erwachsenen, sondern seine Cousine selbst, die seinen Rücken untersucht und jeglichen Verdacht auf eine Verkrümmung der Wirbelsäule abweist und damit Colin von seiner „Todesahnung“ erlöst. (S.126ff.) Auf anderem Wege deutet sich hier an, wie wichtig die von - Kind - zu - Kind - Kommunikation im Buch ist.

[...]


[1] Volkmann, Helga: Unterwegs nach Eden. Von Gärten und Gärtnern in der Literatur, Göttingen 2000.

[2] In dieser Untersuchung soll das Märchen und dessen Gartenmotive von vornherein ausgeklammert werden, da diese einer eigenen Bearbeitung bedürften, die den Rahmen der Hausarbeit sprengen würden. Zu Märchen vgl.: Meinel, Gertraud: Art. Garten und Gärtner, in: Bredniek, Rolf u.a. (Hrsg.): Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung Band 5, Berlin/New York 1987, S.699-711.

[3] Die Interpretation des vorliegenden Buches basiert auf der deutschen Ausgabe: Burnett, Frances Hodgsen: Der geheime Garten, aus d. Engl. v. Friedel Hömke, München 41984. Im Folgenden werden Nachweise aus der genannten Ausgabe in den Text eingebunden, Bsp.: „…“ (S.6). Wichtig zu betonen ist, dass es sich bei der deutschen Ausgabe um eine Kürzung handelt, und dass „jede Übersetzung dieses Buches […] gegenüber dem Original zurückbleiben“ muss. Vgl. Stephan-Kühn, Freya: Nachwort, in: Frances Hodgson Burnett: Der geheime Garten, übers. u. bearb. v. Freya Stephan-Kühn, Würzburg 62001, S.224.

[4] Vgl. Schwandke, Elmo: Art. Burnett, in: Bondy, François u.a. (Hrsg.): Harenbergs Lexikon der Weltliteratur. Autoren – Werke – Begriffe, Band 1, Dortmund 21989, S. 525f.

[5] Nur bei Volkmann: Unterwegs nach Eden, finden sich auf den Seiten 97f. Ansätze hierzu.

[6] Vgl. (<www.nord.ac.uk/cliss/greatmaytham.htm> am 12.11.2005)

[7] Dieses Kapitel (S. 184-187) unterscheidet sich durch die vorangehenden dadurch, dass hier phasenweise ein innerer Monolog stattfindet, der seine Gefühle und sein Verhältnis zu seinem Sohn aus väterlicher Sicht beleuchtet.

[8] Colin erwähnt in diesem Zusammenhang, dass der ihn behandelnde Arzt ein Vetter seines Vaters sei, der Misselthwaite erben könnte, wenn Colin stirbt. Aus Habgier habe er kein Interesse daran, dass es ihn besser geht. Vgl. S.95f. u. 108f.

[9] Dieser Verdacht auf einen Buckel, den Mr. Craven angeblich besitzt, revidiert Mary schon bei ihrer ersten Begegnung, vgl.S.84.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das Gartenmotiv in der Kinderliteratur in „The Secret Garden“ von Frances Hodgson Burnett
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Bereich Volkskunde)
Veranstaltung
Gartenkultur
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
15
Katalognummer
V111789
ISBN (eBook)
9783640161638
ISBN (Buch)
9783668104044
Dateigröße
481 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
MutterGarten, Gartenkultur
Arbeit zitieren
Tina Schüßler (Autor:in), 2005, Das Gartenmotiv in der Kinderliteratur in „The Secret Garden“ von Frances Hodgson Burnett, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111789

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