Thesenpapier zur Kritik an der PR - Ansätze und Fallbeispiele


Referat (Handout), 2008

9 Seiten


Leseprobe


Thema : Kritik an der PR Ansätze und Fallbeispiele

Datum: 17.01.2008

Referent: Oliver Tissen

Veranstaltung: PR und Öffentlichkeitsarbeit (ÖA), Modul 4 / Wirtschafts- Kommunikation

Einführung in das Thema:

Das Thema zur Kritik an der PR in Abhängigkeit zum Journalismus ist im derzeitigen und sich weiter wandelnden Medienkontext nicht nur aktuell, sondern in vielerlei Hinsicht brisant. Die Trennung zwischen redaktionellen Inhalten und werblich gefärbten aber unter dem Siegel des Journalismus veröffentlichten Anzeigentexten droht in Zeiten immer schneller publizierender Mediengattungen, gerade Online-Publikationen, immer schwieriger. Längst hat sich neben dem klassischen, im Zuge zurückgehender Anzeigenbuchungen meist schlecht bezahlten Journalismus, eine neue Form des Journalismus entwickelt. Der PR-Journalismus[1]. Klassische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit vermischt sich immer mehr mit den Marketing-Interessen der Unternehmen. Unter dem Gesichtspunkt der Wirklichkeitsbildung durch PR kommt es oftmals nicht mehr nur zur gegenseitigen „Befruchtung von PR und Journalismus“ (Intereffikation) sondern zu einer einseitigen, persuasiv interessengebundenen Abspaltung durch PR vermittelte Inhalte und Ereignisse. PR hat in Unternehmen eine strategische Management-Funktion (vgl. Merten/Westerbarkey: 1994: 210). Darüber hinaus sind PR in der Lage durch die Verbandelung mit den Medien gezielt falsch zu informieren und Wirklichkeit zu beugen bzw. zu erzeugen. In der Öffentlichkeit werden durch den Einsatz von PR positiv aufgeladene Stellvertreter sog. Images erzeugt. Diese Images werden professionell mit fiktionalen Mitteln konstruiert. Das Image hat dabei nach Merten und Westerbarkey mehrere Vorteile: es ist indifferent gegenüber Wahrheiten und lässt viel Platz für Interpretation und Konstruktion. Ein Image ist nicht manifest sondern variabel - es kann sich der Situation anpassen oder angepasst werden.

1. Betrachtungen, Kernaussagen

1.1.

70 Prozent aller redaktionellen Beiträge in Zeitungen sind durch Presseabteilungen und deren Arbeit beeinflusst (vgl. Kunczik/Zipfel: 2005: 190ff) PR und Journalismus stehen sich als Systeme im Machtkampf mit beidseitigen Interessen und Abhängigkeiten (Intereffikation/Interpenetration) gegenüber.

1.2.

Im erweiterten Intereffikationsmodell nach Liebert steht Werbung als zu kommunizierender Faktor auf der Seite der PR und wird durch die vordefinierten Kanäle transportiert.

1.3.

Aufgabe der PR: Informationsleistungen für Redaktionen bieten und Themen installieren. Ansprechpartner sein für Themen und Beiträge. Fundierte Quellen-Recherche vorausnehmen (interessengeleitete Informationspolitik)

Einige Maßnahmen:

1. Anzeigen werden so gestaltet, dass Leser sie als redaktionelle Beiträge einstuft (Advertorial).
2. Die wirtschaftliche Abhängigkeit (z.B. Rückgang in der Anzeigenbuchung) verpflichtet viele Verlage zu Koppelgeschäften.
3. Verbände, Organisationen und Unternehmen erstellen vorformulierte Beiträge als Arbeitshilfen für Journalisten, die aufgrund von Zeitnot häufig kaum redigiert in den redaktionellen Teil interessenorientierte Meinungsäußerung einbringen
4. Pressekonferenzen, Produktvorstellungen und Pressemitteilungen werden unter Berücksichtigung journalistischer Auswahlkriterien zu inszenierten Ereignissen.

1.4.

Standards und Arbeitsweisen von in der ÖA tätigen Journalisten sind hoch. Meist sind die Inhalte so aufbereitet, wie es das Zielmedium erwartet. Zeitfaktor und Fokus auf ein jeweiliges Thema sind schärfer gesetzt- Infos dementsprechend vorgefiltert und bearbeitet.

1.5.

Forscher wie Joachim Westerbarkey (1995), aber auch PR-Profis wie der frühere PR-Chef der Volkswagen AG, Klaus Kocks, haben das Bild einer parasitären Beziehung zwischen Journalismus und PR gezeichnet. Kocks zufolge ist PR „eine Kommunikationsdisziplin, die nur in einer publizistisch intakten Landschaft funktioniert“. Er sieht „PR als Parasiten (im besten Sinne)“, der „allergrößtes Interesse an der Gesundheit seines Futtertieres“ haben müsse. Soll heißen: Öffentlichkeitsarbeit ist nur so lang funktionsfähig, wie auch der Journalismus als Wirt funktioniert (Kocks 1998).

2. Fallbeispiel

2.1. Die Brutkastenlüge im Irak-Krieg

Die Brutkastenlüge

Waren es bei der Destabilisierung von missliebigen Regierungen und der Aufstandsbekämpfung in Lateinamerika überwiegend CIA-Agenten, die durch gezielte Falschmeldungen US-Interventionen legitimieren sollten, wurde zur Vorbereitung des Kriegs gegen Irak eine der größten PR-Agentur in den USA unter Vertrag genommen. Ausgestattet mit einem Budget von 10,7 Mio. $ startete die PR-Agentur Hill & Knowlton 1990 einen Propagandafeldzug für die "Befreiung" Kuweits. Höhepunkt der in der Geschichte wohl erfolgreichsten PR-Kampagne war eine gezielte Lüge, die von der Bush-Administration und der kuwaitischen Regierung gestreut wurde. Am 10. Oktober 1990 schilderte vor dem Ausschuß für Menschenrechte des US-Kongresses die 15-jährige Kuwaiterin Nayirah unter Tränen die Greueltaten irakischer Soldaten. Diese hätten in einem kuwaitischen Krankenhaus 15 Babys aus Brutkästen gerissen, auf den Boden geworfen und dort sterben lassen. Die Brutkästen seien entwendet worden. Aus anderen Krankenhäusern wurden ähnliche Vorfälle geschildert, so dass u.a. Amnesty International 312 auf diese Weise getötete Babys und gestohlene Brutkästen zählte - ai dementierte diese Angabe später. Präsident Bush griff die Greuelgeschichte in seiner Kriegskampagne immer wieder auf, so dass der zunächst kriegskritische US-Senat der Intervention zustimmte und durch die mediale Aufbereitung der Geschichte auch innerhalb der US-Gesellschaft ein Meinungsumschwung zu verzeichnen war [...] (Quelle: Gegeninformationsbüro[2] ).

2.2. Chiquita und die Agentur Edelmann

„Vom Ausbeuter zum Vorbild“ Im Januar druckte das Wirtschaftsmagazin „Brand Eins“ eine Reportage über den Bananenkonzern Chiquita. Das Stück hieß „Vom Ausbeuter zum Vorbild“ und wimmelte von Komplimenten. Zwar sei Chiquita früher „der Krake“ genannt worden, weil sich der Konzern nach Gutsherrenart in Lateinamerika breitgemacht hatte. Aber das sei Geschichte. Spätestens 2001 sei dem Konzern der „Wandel vom Saulus zum Paulus“ gelungen. [...] Im Oktober vergangenen Jahres veranstaltete Edelman in Hamburg eine große Pressekonferenz. Dabei wurde Chiquitas Engagement in der Rainforest Alliance gefeiert, die sich „nachhaltig für Mensch und Tier“ in Lateinamerika einsetze. Schon im Vorfeld des „PR-Programms“, so Kunze, seien Journalisten mit Material versorgt worden. Dann seien eben so schöne Artikel entstanden wie der in „Brand Eins“ [...]

3. Fazit und Ausblick

3.1

Einfluss von PR wächst mit Zeitnot der Journalisten und hängt ab von: eigener Rollendefinition, Medientyp, Arbeitsbereich, Berufserfahrung, Position und politischer Überzeugung (PR-Praktiker, PR-Skeptiker etc.) großer Einfluss der PR auf Journalismus bei Routine-Ereignissen oder Spezial- Stories in Konflikt- und Krisensituationen

3.2.

PR ist Metakommunikator und organisiert Kommunikation durch Steuerung von Kommunikation. Die Kommunikation ist sachlich nicht angreifbar, da vom (politischen) Tagesgeschehen abgekoppelt und anhand von Fakten schwer zu entkräften. Themen werden strategisch platziert und in Kanäle des Medien-Systems transportiert.

PR-Profis sind Wahrnehmungsmanager.

„Sie testen, wie elastisch Wahrheit sein

kann“. (Klaus Merten im Spiegel)

3.2.

Bezugnehmend auf Kocks und Liebert darf sich das Verhältnis von PR und Journalismus nicht zu einem “Reversiven Pararsitismus” hin verändern. Eine solche Veränderung würde das Gleichgewicht stören. Während in Zeiten des Anzeigendiktats und den Einbußen der Verlage und Medienhäuser auf dem Werbemarkt in vielen Redaktionen Zeit-, Personal- und Geldnot herrschen, werden in den Marketing-Abteilungen Etats und Personal aufgestockt.

Quellenangaben/Link- und Literatur

Internet-Quellen: Der Spiegel vom 21.7.2006, Nr. 31/2006: Public Relations: Meister der Verdrehung.

http://service.spiegel.de/digas/find?DID=48046168 (Kostenpflichtiger Download aus dem Archiv)

Die Reaktion von Richard Edelman auf den Artikel im Spiegel: http://www.edelman.com/speak_up/blog/archives/2006/08/hit_me_with_you.html

Liebert, Tobias (2004): „Von der Zweier- zur Dreierbeziehung (Intereffikation)“

http://www.intereffikation.de/

Klassische Literatur:

BENTELE, Günter/ LIEBERT, Tobias / SEELING, Stefan (1997): „Von der Determination zur Intereffikation. Ein integriertes Modell zum Verhältnis von Public Relations und Journalismus.“ In: BENTELE, Günter / HALLER, Michael (Hrsg.): Aktuelle Entstehung von Öffentlichkeit. Akteure, Strukturen, Veränderungen. Konstanz: UVK.

KUNCZIK, Michael / ZIPFEL, Astrid (2001): Publizistik. Ein Studienhandbuch. Köln, Weimar, Wien: Böhlau. S. 196f.

MERTEN, Klaus (1999): Einführung in die Kommunikationswissenschaft. Bd. 1: Grundlagen der Kommunikationswissenschaft. Münster, Hamburg, London: Lit. S. 268ff.

RUß-MOHL, Stefan (2004): PR und Journalismus in der Aufmerksamkeits-Ökonomie. In: RAUPP, Juliana / KLEWES, Joachim (Hrsg.): Quo vadis Public Relations? Festschrift für Barbara Baerns. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften. S. 52-65.

[...]


[1] (siehe hierzu: Liebert; Erweitertes Intereffikationsmodell)

[2] http://gib.squat.net/reader/propaganda-und-krieg.html

Ende der Leseprobe aus 9 Seiten

Details

Titel
Thesenpapier zur Kritik an der PR - Ansätze und Fallbeispiele
Hochschule
Technische Hochschule Köln, ehem. Fachhochschule Köln  (Institut für Informations- und Kommunikationswissenschaften )
Veranstaltung
PR und Öffentlichkeitsarbeit, Teilmodul Wirtschaftskommunikation
Autor
Jahr
2008
Seiten
9
Katalognummer
V111631
ISBN (eBook)
9783640096770
Dateigröße
350 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Thesenpapier, Kritik, Ansätze, Fallbeispiele, Teilmodul, Wirtschaftskommunikation
Arbeit zitieren
Oliver Tissen (Autor:in), 2008, Thesenpapier zur Kritik an der PR - Ansätze und Fallbeispiele, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/111631

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